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Wider die kleinen Mörder


Wider die kleinen Mörder


1. Auflage

von: Brigitte Birnbaum

5,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 08.06.2012
ISBN/EAN: 9783863940683
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 114

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Wir schreiben das Jahr 1869. März 1869. Ein junger, zweiundzwanzigjähriger Arzt beendet sein Medizinstudium in Greifswald. Allerdings ungern und erst etwas später, als es seine Mutter und der Bürgermeister seiner Heimatstadt wollen:
Dennoch ertrotzte sich Jacob Robert Andreas Wullwäwer noch das chirurgische Examen. Obwohl Mutter schrieb, sein Vater hätte auch ohne Examen die Kranken behandelt. Überhaupt sei die Chirurgie ein unfeines Geschäft.
Aber Jacob, ihr Sohn, tat, was er für notwendig hielt. Nahm sogar noch an einem Operations-Kursus teil. Das eigentlich, um sich nicht vom Labor und von der Universitätsbibliothek trennen zu müssen. Nur im Labor würde er den kleinen Mördern auf die Schliche kommen, glaubte er.
Um welche kleinen Mörder geht es? Gemeint sind Bakterien, an die auch sein kurz zuvor angeblich an einer Blutvergiftung verstorbener Vater, ebenfalls Arzt, nicht geglaubt hatte:
Nie hatte sich Dr. med. Robert Wullwäwer von seiner Uhr getrennt. Das kühle Metall zwischen den Fingern spürend, begriff Jacob endgültig: Vater ist tot.
„Eine Blutvergiftung war's?“, fragte der Sohn.
„Wahrscheinlich.“
Die hätte er vermeiden können, dachte Jacob. Aber Vater glaubte nicht an Bakterien. „Ich hab noch keine gesehen“, pflegte er zu sagen. Das war die Wahrheit. Gesehen hatte auch Jacob sie noch nicht. Trotzdem war er überzeugt, dass sie existierten. Ebenso war Jacob davon überzeugt, dass seine beiden kleinen Schwestern von Bakterien umgebracht worden waren, wenn es auch hieß, sie seien an der Halsbräune gestorben. Erstickt. Zuerst Friederike. Drei Stunden später Katerina. Friederike im Alter von acht Jahren, drei Monaten und fünf Tagen. Katerina wurde nur sechs Jahre, einen Monat und sieben Tage alt.
Der junge Arzt, der seinen ersten Fall übernommen hatte, der ihm gleichsam vor die Postkutsche gelaufen war, noch bevor er überhaupt richtig zu Hause angekommen war, wollte am liebsten in einem Laboratorium mit dem Mikroskop herausfinden, ob es diese Bakterien wirklich gab und wie man sie am besten bekämpfen konnte. Und der arme Junge, den Wullwäwer ins Armenhospital eingewiesen hatte und dessen gebrochenes Bein er selbst behandelte, wurde zu einem Experiment in den Antworten auf eine medizinische Gretchenfrage: Wie hast du’s mit Bakterien?
Die Position des jungen Landarztes war umso schwieriger, da damals selbst große Mediziner die Existenz von Bakterien total ablehnten. Würde er dem Jungen und der medizinischen Wissenschaft helfen können?
Brigitte Birnbaum
Geboren 1938 in Elbing/Westpr., 1945 Flucht über Berlin nach Mecklenburg, Abitur, Ausbildung als Apothekenhelferin, Studium am Institut für Literatur in Leipzig (Diplom), Antiquarbuchhändlerin.
Seit 1968 freischaffende Schriftstellerin in Schwerin. Seit 1969 Mitglied im Schriftstellerverband der DDR, seit 1974 Mitglied im Bezirksvorstand, seit 1978 Mitglied im Vorstand des DSV. Nach seiner Auflösung Mitglied des VS/IG Medien, 2001 ausgetreten.
Sie lebte von 1960 bis 2003 in Schwerin, seit 2003 in Hamburg, seit 2013 wieder in Schwerin.
Auszeichnungen:
1977: Fritz-Reuter-Preis des Bezirkes Schwerin
1985: Kunstpreis der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft
Bibliographie:
Bert, der Einzelgänger, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1962
Reise in den August, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1967
Leute von Karvenbruch (Mitautorin am Szenarium), DFF 1968
Tigertod, Fernsehfilm für Kinder, DFF 1969
Pawlucha, Fernsehfilm für Kinder, DFF 1970
Nur ein Spaß, Fernsehfilm für Kinder, DFF 1971
Der Hund mit dem Zeugnis, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1971
Wer ist Fräulein Papendiek?, Fernsehfilm für Kinder, DFF 1972
Tintarolo. Ein Buch für Kinder über Käthe Kollwitz, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1975, Tallinn 1980, Berlin-West 1981
Winter ohne Vater, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1977
Ab morgen werd ich Künstler, Kinderbuch über Heinrich Zille, Berlin 1978, Tallinn 1987, Berlin-West 1986
Alexander in Zarskoje, Kinderbuch über Alexander Puschkin, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1980
Löwen an der Ufertreppe, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1981
Das Siebentagebuch, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1985
Kathusch, Jugendbuch über Käthe Kollwitz, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1986
Fragen Sie doch Melanie!, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1987
Von einem, der auszog, neue Eltern zu suchen, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1989
Der Maler aus der Ostbahnstraße, Jugendbuch über Hans und Lea Grundig, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1990
Das Schloss an der Nebel, Erzählung, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH Mecklenburg & Co. KG, Schwerin 1991
Spaziergänge durch Güstrow, Ein Stadtführer, Verlag Reinhard Thon, Schwerin 1992
Welche Stadt hat schon 7 Seen? in: Kleine Bettlektüre für liebenswürdige Schweriner, Scherz Verlag, Berlin/München/Wien 1993
Wider die kleinen Mörder, Kiro-Verlag, Schwedt 1994
Fontane in Mecklenburg, Demmler Verlag, Schwerin 1994
Ernst Barlach. Annäherungen, Demmler Verlag, Schwerin 1996
Noch lange kein Sommer, Verlag Reinhard Thon, Schwerin 1998
Wullwäwer nickte. "Ja. Diphtherie."
"Was nun?", fuhr Tressow dazwischen. "Die Bräune oder Diphtherie?"
"Das ist ein und dasselbe, Herr von Tressow. Und es steht ernst. Ich muss eine Tracheotomie machen, dass heißt, die Luftröhre öffnen."
"Schneiden? Sie wollen an meinem Kind herumschneiden?"
"Operieren", sagte Wullwäwer. Sophie-Margaret wand sich in einem erneuten Erstickungsanfall. Schutzsuchend sank sie ihrer Gouvernante in die Arme, drängte sich an sie, als versuchte sie, sich vor Wullwäwer zu verstecken.
Wullwäwer rückte den Tisch von der Wand, verlängerte durch Ausklappen die Platte, bedeckte sie mit einem Laken, das für solche Fälle bereit lag. Mit Hilfe der jungen Frau bettete er die nach Luft Ringende darauf. Rollte ein Handtuch zusammen, schob es unter ihren Nacken und beugte Sophies Kopf weit nach hinten.
Er rief in die Küche nach heißem Wasser, das die Mutter persönlich brachte. Warf Instrumente in Karbollösung. Metall klirrte gegen Porzellan. All diese Vorbereitungen dauerten dem besorgten von Tressow viel zu lange. Sophies Gesicht verfärbte sich bläulich. Und Wullwäwer begann sich die Hände zu schrubben.
"Mann! Sind Sie ein Waschbär! Wozu das Geplansche! Schneiden Sie doch! Sie ist schon wieder ohnmächtig."
"Dann brauch ich ihr keine Narkose zu geben", überlegte Wullwäwer. Ehe er nach dem Skalpell griff, schickte er von Tressow hinaus.
Widerstrebend und erleichtert zugleich verließ er den Raum. Die Gouvernante wollte ihm folgen.
"Sie bleiben!" Wullwäwer bat, der Kleinen die Bluse aufzuknöpfen und ihren Kopf zu halten.
Mit der Linken ertastete er den Kehlkopf seiner Patientin und eröffnete durch einen Einschnitt unterhalb des Ringknorpels die Haut. Zog mit einem Haken die Hautwunde auseinander und betupfte sie reichlich mit Karbollösung.
Die Gouvernante hätte sich am liebsten abgewandt, doch sie unterstützte ihn, als hätte sie es gelernt. Gebannt musste sie hinschauen, wie er weiter arbeitete, wie die Luftröhre sichtbar wurde, die er quer etwa einen Zentimeter durchschnitt. Luft zischte in Sophie-Margarets Lunge. Mit einer Pinzette entfernte Wullwäwer ein weißlich graues Häutchen, legte in den Spalt eine Kanüle, die er mit einem Band um den Hals des Mädchens befestigte. Allmählich kehrte das Bewusstsein der Kleinen zurück Schon versorgte Wullwäwer die Wunde und verband sie, beruhigend auf Sophie einsprechend, deren Körper sich mehr und mehr entspannte.
Die Gouvernante war sehr blass. Sie schluckte und hätte sich gern gesetzt. Aber der Doktor bot ihr keinen der beiden Stühle an. Außerdem schämte sie sich vor ihm, weil ihr die Knie zitterten. Scheinbar ungerührt wusch er sich wieder gründlich die Hände, den Blick auf die Kleine gerichtet. Dann bat er von Tressow wieder herein.
"Ist alles...?" Der Mann stürzte zum Tisch, beugte sich über sein Kind.
Sophie-Margaret atmete leicht. Sie streckte dem Vater die Arme entgegen.
Wullwäwer krempelte die Manschetten seiner Hemdärmel herunter. "Ihre Tochter kann jetzt nicht antworten, da die Atemluft nicht durch ihren Kehlkopf strömt, sondern durch dieses Röhrchen."
Herr von Tressow erschrak. Seine Tochter war stumm.
"Alle zwei Tage werde ich das Röhrchen wechseln. Der Schnitt heilt später rasch. Bis Pfingsten ist alles vergessen."
"Hoffentlich!" Von Tressow stemmte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte, die unter seinem Gewicht knackte.
"Damit ich die Patientin beobachten und notfalls frisch verbinden kann, empfehle ich, das Fräulein mit ihr für die nächste Zeit nebenan im Hotel "Stadt Hamburg" einzumieten."
"Nein!", entschied von Tressow barsch. "Ich nehme mein Kind mit nach Hause. Johann wird hübsch langsam kutschieren. Hübsch vorsichtig. Kommen Sie Mademoiselle!"

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