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Sächsische Morde


Sächsische Morde

Kriminalhistorische Strefzüge
1. Auflage

von: Wolfgang Eckert

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 03.12.2022
ISBN/EAN: 9783965218000
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 161

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

„Nur der Mörder bringt die Spannung“, beschwert sich der Autor dieser 22 Kriminalgeschichten, in denen er auf spannende Weise alte Fälle wieder aufleben lässt. Dieser Satz findet sich zu Beginn der Geschichte vom „schönen Jonas“, die er folgendermaßen einleitet:
Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, dass er Mördern größeres Interesse zuwendet als den Ermordeten. Deren Ergreifung, die detaillierte Schilderung, wie sie das Verbrechen begingen, und die Beschäftigung mit ihrer Vergangenheit sind Gründe genug, das Ungeheuerliche im Gedächtnis zu behalten. Der Mörder lebt, der Ermordete ist zu schnell tot. Dessen letzte schreckliche Lebenssekunden sind nicht nachvollziehbar. Die weiß nur er und er hat sie mitgenommen. Das Leid seiner Angehörigen, ja, die bleibende Beschädigung ihres weiteren Lebens, gerät schnell in Vergessenheit. Der Weg des Mörders aber in die lebenslängliche Zelle oder dahin, wo die Tat noch im gleichen Maße, also mit dem Tod, gesühnt wird, den verfolgen die Außenstehenden mit Erschauern. Viele Fabeln von Kriminalromanen und -filmen sind auf diesem Prinzip entwickelt worden. Nur der Mörder bringt die Spannung.
Manche Unbeteiligte schützen sich sogar vor einem solchen beunruhigenden Verbrechen, indem sie die Schuld daran dem Opfer zuschreiben, und wenn sie nur darin bestünde, dass es eine Minute sorglos gewesen war. Hätte es doch besser aufgepasst! Unterschwellig geschieht die Verdrängung durch Vorwürfe. Die Natur des Menschen kann ungerecht sein.
1789/90 erregte ein Mörder in Leipzig die etwas gehobenere Damenwelt derart, dass sie ihn mit ihrem Wehgeschrei über seine drohende Hinrichtung fast zu einem Unschuldsengel machte. Sie litt unter der Gewissheit, dann seinen wohlgeformten Körper nie mehr zu besitzen, und schon die Vorstellung, es könnte vielleicht noch etwas mit ihm werden, wenn er jetzt nicht hinter Gittern säße, brachte sie auf die Barrikaden.
Er war ein Geiger, wohl eher ein Fiedler. Einer, der drauflosfiedelt und sich dabei charmant-dezent beinahe über die vor ihm sitzenden Damen beugt.
Und dann erfahren wir, was diesem Mann eigentlich vorgeworfen wurde und weshalb es vor seiner Gefängniszelle im Georgenhaus am Leipziger Brühl zu regelrechten Frauenprotesten kam, welche am Ende aber nichts nützen. Sehr spannend liest sich das alles aber allemal.
Zudem lädt der Autor dazu ein, die damaligen Tatorte und ihre Umgebung zu besichtigen. Dazu gibt es touristische Tipps, in diesem Falle Johann Sebastian Bach gewidmet.
Der viel wilde Mann
Wie ein Riese im Märchenland
Mühllene
Der größte Ritterstiefel
Das Opfer war der Täter
In Agricolas Geburtsort
„… nebenst einem Hunde, einer Katzen, einem Hahne“
Speise und Trank in der Schmalspurbahn
Ein dunkelgrauer, fortrauschender Schatten
Die Rechenschule von Adam Ries
„Wünsche allen tausend gute Nacht“
Einkehr im Gasthaus „Zur grünen Tanne“
Eine Kanne Wein dem armen Sünder
Strumpfstadt Oberlungwitz
Arsenik in Götzen
Binge-Landschaft bei Geyer
Die Tat im „Roten Stock“
Das Lincksche Naturalienkabinett
Der schöne Jonas
An Bachs Wirkungsstätte
Vor dem schwarzen Tor
Museum im Gottessegenhaus
Aber wenn ich ein Herr wär …
Die ganze Welt im Kleinen
Für ein paar zinnerne Teller
Vogtländische Kultur und Lebensweise
Schroth, der Räuber
Ein gastliches Wasserschloss
Tödliche Ernte
Größte Klosteranlage in Sachsen
Das Verhältnis
Leipzig – Stadt des Buches
Ein Engel voller Liebe und Güte
Der Bergbau bestimmt die Landschaft
Das Mörderangebot
Völkerschlachtdenkmal mit Großdiorama
Dort im Wald, so hoch da droben
Kräuter aus „Wurzelbocke“
Und keiner ist es gewesen
Plauener Spitzen
Zwei Freundinnen bis in den Tod
Gäste dürfen in Dokumenten blättern
„Ich bin doch kein Lump!“
Der „versteinerte Wald“
Geboren am 28. April 1935 in Meerane.
Nach der Grundschule Besuch der Meeraner Webschule mit dem Abschluss als Wollstoffmacher und arbeitete anschließend in Webereien.
Von 1960 bis 1963 studierte er am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“. Danach leitete er die Gewerkschaftsbibliothek im VEB „Palla“. Neben der Halbtagstätigkeit widmete er sich seinem schriftstellerischen Schaffen.
Er gründete einen Literaturklub, war künstlerischer Betreuer des Zirkels Schreibender des Kulturbundes des Kreises Glauchau.
Von 1989 bis 1992 war er Redakteur beim „Meeraner Blatt“ und von 1992 bis 1993Referent des sächsischen Landtagsabgeordneten Joachim Schindler (SPD).
Seit 1970 schrieb Eckert als freiberuflicher Schriftsteller zwei Fernsehspiele, ein Theaterstück, zwei Romane, Erzählungen, Feuilletons, Geschichten, Aphorismen, Autobiografien, eine Biografie und Gedichte. Außerdem verfasste er Beiträge für 24 Anthologien sowie Artikel für zahlreiche Zeitungen. Eckerts Erzählweise reicht von humoristischen, ironisch-satirischen, politisch bissigen bis hin zu ernsten Tönen.
Auszeichnungen:
Förderpreis des Institutes für Literatur „J. R. Becher“ Leipzig und des Mitteldeutschen Verlages Halle 1972
Hans-Marchwitza-Preis der Akademie der Künste der DDR 1974
Kurt-Barthel-Preis des Bezirkes Karl-Marx-Stadt 1983
Johannes-R.-Becher-Medaille in Silber und Bronze des Kulturbundes der DDR
Bürgermedaille der Stadt Meerane 2016
Zwei Freundinnen bis in den Tod
Am 17. Dezember 1946 wurden im Bombenschutt der ehemaligen Dresdner Exerzierhalle zwei an den Knien abgetrennte Frauenbeine gefunden. Die Mordkommission der eben erst gebildeten Volkspolizei in der Ostzone begann mit ihren Ermittlungen. Vorhandene Anhaltspunkte waren sehr gering, und die Aufgabe schien fast unlösbar.
Beide Beine steckten in einem vermoderten Sack. Jemand hatte sie in Zeitungspapier eingewickelt. Nach dem Zustand der Beine zu urteilen, musste die Straftat noch nicht lange zurückliegen. Die Identität konnte aber erst nach dem Auffinden der anderen Körperteile geklärt werden. Vermutlich lagen auch sie in der Nähe des Fundortes. Also kämmte die Polizei das umliegende Gelände durch. Unweit davon wurde sie bald fündig und entdeckte weitere Menschenteile.
Besser gediehen die Ermittlungen damit noch nicht, jedoch konnte zumindest die Gegend des Verbrechens, die Talstraße, in Betracht gezogen werden.
Auf einem der Zeitungsblätter des ersten Fundes befand sich ein grüner Tintenklecks. Wenn er auch einer Stecknadel im Heuhaufen glich, so begannen die Beamten mit der Suche nach der Herkunft solcher Tinte. Immerhin war das zur Häufigkeit blauer Tinte eine weniger benutzte Farbflüssigkeit. Als Ergebnis angestrengter tagelanger stupider Recherchen sahen die Beamten statt rot nur noch grün. Unter anderem wurde dabei festgestellt, dass auch im Dresdner Glühlampenwerk solche grüne Farbe Verwendung fand. Im Laufe der dort angestellten Forschungen stießen sie auf eine interessante Information: Seit dem 11. Dezember wurde im Werk die vierzigjährige Wicklerin Käthe Stiehler vermisst. Sie hatte einen siebenjährigen Sohn, von dem ebenfalls jede Spur fehlte.
Sofort konzentrierten sich die Ermittlungen auf das Umfeld der Käthe Stiehler. Sie sang im Betriebschor des Glühlampenwerkes. Zu den Proben kam sie immer mit ihrer Arbeitskollegin und Freundin, der vierunddreißigjährigen Wicklerin Frieda Lehmann.
Am 12. Dezember erschien diese allein in der Singestunde und antwortete achselzuckend auf die Frage, wo sie denn ihre Freundin hätte: „Vielleicht ist was mit ihrem Jungen.“ Auch zur Betriebsweihnachtsfeier fehlte Käthe Stiehler. Die Freundin vergnügte sich allein und erwiderte: „Was weiß ich. Vielleicht ist sie verreist.“
Käthe Stiehler lebte als Kriegerwitwe mit ihrem Sohn allein. Auch Frieda Lehmanns Mann wurde seit 1944 als vermisst gemeldet. Beide Frauen besuchten sich gegenseitig und trösteten sich über ihren Schmerz bei auf dem Schwarzmarkt erworbenem Bohnenkaffee hinweg.
Allmählich begann sich auch die bisher arglos gewesene Frieda Lehmann zu wundern. Mehrfach äußerte sie unter ihren Arbeitskollegen: „Ich kann nur staunen, dass mir die Käthe nicht gesagt hat, wo sie hinfahren will.“ Die Befragung der Wohnungsnachbarn Käthe Stiehlers brachte der Kripo auch keine Hinweise.
Am 28. Dezember 1946 druckten deshalb die Dresdner Tageszeitungen folgende amtliche Bekanntmachung: „Seit dem 11. Dezember wird Frau Käthe Stichler und ihr siebenjähriger Sohn Heinz vermisst. Beide verließen an diesem Tag gegen 16 Uhr ihre Wohnung auf der Großenhainer Straße 106 und sind seitdem nicht mehr gesehen worden. Wer Angaben über den Verbleib der Vermissten machen kann, teile dies dem Kriminalamt Dresden, Landhausstraße 17, Fachabteilung I, Zimmer 22, mit.“
Auch diesmal blieben die Meldungen sehr dürftig. Die Leute hatten mit ihrem eigenen Überleben zu tun, und solche Straftaten gehörten für sie fast noch zu den Ereignissen des Krieges. Dresden lag in Schutt und Asche. Wer noch irgendetwas Brauchbares aus den Trümmern zerren konnte, tat das in voller Konzentration darauf.
Die Bemühungen der Beamten aus der Fachabteilung I richteten sich nun auf Hausdurchsuchungen. Bei der Freundin der Stiehler, Frieda Lehmann, von der sie sich am meisten Auskünfte über die Vermisste erhofften, fanden sie ein Glas mit grüner Tinte. Wie aber bereits bekannt, wurde mit solcher im Glühlampenwerk gearbeitet, und jeder kam an die Flüssigkeit auf legale Weise heran.
Frieda Lehmann regte sich über die Durchsuchungen bei ihr sehr auf. Ja, sie wären befreundet und besuchten sich öfters gegenseitig. Aber sie wären es nicht so, dass sie sich gegenseitig informierten, was sie in Zukunft vorhätten. Beide Frauen hatten das Glück, in einem vom Bombenabwurf verschont gebliebenen Gebiet der Dresdner Neustadt zu wohnen. Sie hatten ihr Hab und Gut retten können und lebten einigermaßen unversehrt. Sie teilten Freud und Leid gemeinsam und halfen sich. Warum sollte sie, Frieda Lehmann, dann plötzlich anderen Sinnes sein.
Schon wollte sich die Kripo auf neue Bereiche orientieren, da machte einer der Beamten eine interessante Entdeckung. Frieda Lehmann hatte fünf Jahre lang bei dem Fleischermeister Hirschfeld in Leubnitz-Neuostra als Hausmädchen gearbeitet. Ungefähr zum vermuteten Zeitpunkt der Mordtat war sie dort zu Besuch gewesen.
Seitdem fehlte dem Fleischermeister ein langes scharfes Messer.
Eines wusste die Kripo: Die Leichen – mittlerweile hatte man den Jungen gefunden – waren, wenn dies auch im Zusammenhang mit der Art und Weise des Verbrechens makaber klang, sehr fachgerecht zerlegt worden. Konnte Frieda Lehmann während ihrer Zeit als Hausmädchen nicht einiges davon bei den Fleischergesellen beobachtet haben?
Nun liefen die Verhöre Frieda Lehmanns bohrender ab. Sie wehrte sich heftig gegen die Fragen, widersprach sich aber dann in ihren Antworten, wurde unsicher und gestand schließlich den erstaunten Beamten, denn sie hatten selber nicht so richtig daran geglaubt, den Doppelmord.
Ausschlaggebend war gewesen, dass Bekannte der Lehmann erklärten, sie habe bei ihnen Wäsche, Kleider und Mäntel untergestellt mit der Bitte, diese solange aufzubewahren, bis sie in ihrer Wohnung wieder Platz dafür hätte. Über die Herkunft solcher Werte konnte Frieda Lehmann der Kripo keine stichhaltigen Auskünfte liefern.
Arbeitskollegen und Nachbarn Käthe Stiehlers erkannten an der Kleidung, dass sie diese getragen hatte.

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