16. Gallenblasenkrebs

Auch wenn es sich bei dem Steinleiden eigentlich um eine gutartige Erkrankung handelt, sollte der Gallenblasenkrebs nicht unerwähnt bleiben.

Der Gallenblasenkrebs ist eine bösartige Erkrankung, die unbehandelt zum Tode führt, weil sich der Krebs im Körper ausbreitet. Gallenblasenkrebs ist aber nicht gleich Gallenblasenkrebs. Es hängt hauptsächlich davon ab, wie fortgeschritten der Tumor ist. Dazu wird das Tumorleiden in drei Kategorien (TNM) eingeteilt.

In der ersten T-Kategorie wird untersucht, wie sich der Tumor in die Umgebung ausgebreitet hat. Ist er noch auf die inneren Schichten der Gallenblasenwand beschränkt oder hat er sich schon nach außen vor „gearbeitet“? In der N-Kategorie wird überprüft, ob sich bereits Absiedlungen in den Lymphknoten befinden. In der M-Kategorie wird schließlich dokumentiert, ob bereits andere Organe wie Lunge oder Leber befallen sind.

In wenigen Fällen wird die Gallenblase entfernt und der Pathologe findet bei der mikroskopischen Aufarbeitung  unerwartet einen bösartigen Tumor. Wenn dieser Tumor auf die oberflächlichen Schichten beschränkt ist und vollständig entfernt wurde, dann wird er als T1-Tumor charakterisiert, der keiner weiteren Behandlung bedarf. Dieses frühe Stadium ist mit der Entfernung der Gallenblase ausreichend behandelt.

Anders sieht der Fall aus, wenn der Tumor fortgeschrittener ist und als T2- oder T3-Tumor beschrieben wird. In diesen Fällen wird der Patient noch einmal in die Klinik gebeten, weil die alleinige Gallenblasenentfernung als Tumoroperation nicht ausreicht. Ihm wird in der Regel eine erneute offene Operation vorgeschlagen. Dabei werden dann auch die kleinen Schnitte der Voroperation allesamt entfernt, weil wir befürchten müssen, dass sich dort kleine Tumorzellen eingenistet haben.

1. Einleitung

Wer sich zutraut, zum Hobby-Chirurgen zu werden, sollte zunächst über einige Grundkenntnisse verfügen. Niemand wird ohne einige Computerkenntnisse sein Notebook aufschrauben und elektronische Bausteine austauschen. Niemand wird sich daran wagen, einen Stuhl zu fertigen, der nicht sägen oder nicht mit Hammer und Nagel umgehen kann. Es sei denn, er findet einen IKEA-Bausatz. Leider ist das in der Chirurgie nicht ganz so einfach, wie bei einem fertigen Bausatz. Es wäre deshalb besser, zunächst eine Einführung in grundlegende Operationstechniken und in die Heilung der Wunde zu lesen, bevor man zur Tat schreitet.

Der nachfolgende Text ist natürlich keine Anleitung für den Laien, die Gallenblase bei einem Verwandten oder Freund zu Hause zu entfernen - obgleich er so geschrieben ist. Chirurgische Eingriffe dürfen ausschließlich von qualifizierten Chirurgen durchgeführt werden. Ärztliche Handlungen dürfen ausschließlich von Ärzten vollzogen werden. Bei diesen Regelungen wird es bleiben, auch wenn manche begabten Patienten nach dem Lesen dieser Anleitung glauben, dass sie es vielleicht besser können.

Der Sinn dieses Werkes besteht darin, das Verständnis über einen bestimmten operativen Eingriff zu verbessern. Der Leser soll sich von den Ausführungen und dem Bildmaterial so beeindrucken lassen, dass er später einen besseren Überblick über die Operation und ihre möglichen Folgen gewinnt. Sollte bei ihm selbst oder bei jemandem in seinem Bekanntenkreis die Gallenblase entfernt werden, dann wird er die Risiken besser einschätzen können, die mit dem Eingriff verbunden sind und er wird sich vor überhöhten Erwartungen schützen. Im Grunde ist der Text für neugierige Menschen geschrieben, die als Nicht-Mediziner einmal einen Blick hinter den Vorhang werfen wollen.

2. Grundlagen

Wo ist die Gallenblase?

Leber im Körper

Die Leber im Körper

Zunächst wollen wir einige Grundkenntnisse über den Aufbau des Menschen vermitteln. Wenn wir uns den Menschen im Ganzen anschauen, dann versteckt sich die Gallenblase hinter der Leber. Die Leber liegt rechts im oberen Anteil des Bauches. Sie ist durch die Rippen verdeckt. Bei schlanken Menschen könnte der Unterrand der Leber getastet werden. Die Größe der Leber hängt vom individuellen Körperbau und dem "Trainingszustand" der Leber ab. Wer seine Leber regelmäßig stark beansprucht (Alkohol oder massives Übergewicht), dessen Leber vergrößert sich.

Die Gallenblase gleicht eher einem schlaffen, nichtaufgeblasenen Luftballon und lässt sich selbst bei sehr schlanken Menschen nicht tasten. Bei einer kranken Gallenblase kann diese aber zur einer sehr großen Blase anschwellen - eben wie ein Luftballon, der mit Galle gefüllt wird.

Leber im Körper

Die Gallenblase am Unterrand der Leber

Bei Entzündungen der Gallenblase kann direkt über der Gallenblase ein deutlicher Schmerz ausgelöst werden. Ansonsten sind die Beschwerden meistens nicht nur auf diese Stelle begrenzt, weil die Schmerzen und die Missempfindungen durch Nervenreize vermittelt werden, die der Patient im gesamten oberen Bauch empfinden kann.

Wo kommt die Galle her?

Im Alltagsleben versteht man sich immer dann sehr gut, wenn man sich in sein Gegenüber hineinversetzen kann. Das wollen wir auch hier versuchen, indem wir uns vorstellen, dass wir als sogenannter "Gallenmeister" über die Herstellung und Ausschüttung der galligen Flüssigkeit herrschen, die wir allgemein als "Galle" bezeichen.  Als Gallenmeister müssen wir zunächst für die Produktion sorgen. Die Galle wird in der Leber gebildet. Die Leber ist ein sehr großes Organ, das relativ weich und sehr gut durchblutet ist. Durch die Leber fließen pro Minute ungefähr 1,5 Liter Blut. Das ist sehr viel Blut, denn wir haben davon insgesamt nur fünf bis sechs Liter. 75 Prozent dieser sehr großen Blutmenge kommen aus dem Bauchraum, denn das Blut aus allen inneren Organen fließt zur Leber. Alle Nährstoffe, die wir mit der Nahrung aufnehmen, werden zunächst zur Leber transportiert, um dort weiter verarbeitet zu werden. Die Leber ist ein absolut wichtiges Organ. Sie ist für unseren Stoffwechsel, für die Entgiftung des Körpers und für die Produktion von Baustoffen unerlässlich. Ohne gut funktionierende Leber können wir nicht leben! Deshalb sollten wir sie nicht zu sehr schädigen.

Leber und Galle im Körper

Das Gallengangsystem im Körper

Als Gallenmeister besteht unsere primäre Aufgabe darin, die Leberzellen dazu anzuregen, 500 bis 1000 Milliliter Galle pro Tag zu produzieren. Das ist ein Liter täglich. Soviel Galle benötigen wir im Durchschnitt, damit wir unsere Nährstoffe gut aufnehmen können. Bei der Herstellung der Galle müssen wir als Gallenmeister darauf achten, dass die drei wichtigsten Bestandteile der Galle im richtigen Verhältnis produziert werden. Die drei Bestandteile sind: Cholesterin, Gallensalze und Phosphatidylcholin (Lezithine). Wenn diese drei Teile nicht in einem ganz speziellen Verhältnis gemischt werden, dann lösen sie sich nicht in Wasser auf, sondern sie bilden Steine. Die Rezeptur ist hier entscheidend. Es ist wie beim Brotbacken: Wir backen nur dann leckeres Brot, wenn wir uns strikt an das Rezept, die empfohlene Backtemperatur und Backdauer halten.

Leber im Körper

Die Mischung der Galle

Auch bei der Galle muss das Verhältnis stimmen, wie es in der Rezeptur festgelegt ist. Steigt zum Beispiel der Cholesteringehalt oder sinken die Gallensalze, dann ändert sich das Mischungsverhältnis aus dem blauen Bereich in den roten Bereich und Steine entstehen. Die Abbildung zeigt, in welchen engen Grenzen die Mischung eingehalten werden muss.

Die Galle wird aus dem Lebergewebe in kleine Gallenkanäle abgegeben, die wie bei einem Fluss das Quellgebiet bilden. Stellen wir uns das Quellgebiet der Weser vor: Aus den Bächen fließt was Wasser in die Werra und Fulda, die sich zur Weser vereinigen, die dann in die Nordsee mündet. Ähnlich ist es in der Leber. Aus den kleinen Kanälen fließt es in immer größere Kanäle, die sich dann für jede der beiden Leberhälften zu einem rechten und linken Hauptgang vereinigen. Diese beiden Hauptgänge kommen aus der Leber heraus und vereinigen sich dann unterhalb der Leber zu einem Gang. Dieser Hauptgallengang mündet im Zwölffingerdarm. Auf diesem Weg fließt die Galle aus der Leber in den Darm.

Welche Rolle spielt die Gallenblase?

Gallenwege