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Nr. 2601

 

Galaxis in Aufruhr

 

Die ersten Tage in Chanda – Landung auf der mysteriösen Glutwelt

 

Leo Lukas

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Der furchtbare, aber kurze Krieg gegen die Frequenz-Monarchie liegt inzwischen sechs Jahre zurück. Die Bewohner der Erde erholen sich langsam von den traumatischen Ereignissen.

Nun hoffen die Menschen sowie die Angehörigen anderer Völker auf eine lange Zeit des Friedens. Perry Rhodan und seine unsterblichen Gefährten wollen die Einigung der Galaxis weiter voranbringen; die uralten Konflikte zwischen den Zivilisationen sollen der Vergangenheit angehören.

Dabei soll die phänomenale Transport-Technologie des Polyport-Netzes behilflich sein. Mithilfe dieser Technologie bestehen Kontakte zu weit entfernten Sterneninseln, allen voraus der Galaxis Anthuresta, wo sich die Stardust-Menschheit weiterentwickelt.

Doch längst lauert eine ganz andere Gefahr, von der die Bewohner der Milchstraße bislang nichts ahnen können. Von einer Sekunde auf die andere verschwindet das gesamte Solsystem an einen unbekannten Ort – und Perry Rhodan verschlägt es mitsamt der BASIS in weite Ferne, mitten hinein in eine GALAXIS IN AUFRUHR ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Aktivatorträger muss sich in einer unbekannten Sternenregion behaupten.

Gucky – Der Mausbiber findet langsam zu alter Hochform zurück.

Mondra Diamond – Die Staatssekretärin zeigt ihre Nahkampf-Qualitäten.

Nemo Partijan – Der Stardust-Terraner erweist sich als geradezu hypersensibel.

Sinaid Velderbilt und Lew Totshenko – Zwei Crewmitglieder der CHISHOLM, die in höchster Not über sich hinauswachsen.

Würdest du meinen Namen wissen?

Würdest du mich erkennen,

wenn wir uns wiederträfen

dereinst im Himmel?

Eric Clapton, Tears in Heaven

 

Wo Menschen sind, und seien es noch

so wenige, und noch so fern der Heimat,

manifestiert sich Menschlichkeit.

Rajeev Mamedow,

Suren der Ungläubigen

 

 

Prolog

Schwarze Stunde

 

Er war ein Mann von klarem Verstand, war willensstark und selbstbewusst bis zur Eitelkeit. In seinem durchtrainierten Körper wohnte ein hellwacher Geist. Nicht nur immenses Fachwissen zeichnete ihn aus, sondern auch Kreativität, gepaart mit messerscharfer Intelligenz.

Nun aber schluchzte Nemo Partijan wie ein kleines Kind. »Weg, we... weg«, stammelte er, »nichts wie weg hier! Bi... bitte ...«

Keine Rede mehr davon, Haltung und Gesicht zu wahren. Längst hatte Nemo die Kontrolle über sich verloren.

Schlotternd hing er im Schalensessel, die Knie bis zur Brust hochgezogen, beide Arme um die Unterschenkel geschlungen. Schüttelfrost durchzuckte seinen ganzen Leib.

Bleib rational!, versuchte er sich einzubläuen. Dich quälen fremde, hyperphysikalische, paranormale Einflüsse, das liegt auf der Hand. Dagegen kann man sich wehren. Die anderen schaffen es schließlich auch!

Er presste die Lippen zusammen, um sein Gebrabbel zu unterbinden. Vergeblich; Nemos Kiefermuskulatur gehorchte ihm nicht.

Klappernd schlugen die Zähne aufeinander. Ohne es zu wollen, würgte er immer wieder dieselben Silben heraus: »Weg, nur weg, schnell bitte, schneller ...«

Sich abzulenken, indem er an etwas völlig anderes dachte, funktionierte nicht. Liebschaften, sportliche oder akademische Erfolge – alles, jede noch so angenehme Erinnerung wurde zugedeckt, verdrängt, hinweggeschwemmt von dem einen ungeheuerlichen, überwältigenden Gefühl: Angst.

Nackte, panische, animalische Angst.

 

*

 

Nie hatte Nemo Partijan annähernd Ähnliches erlebt. Er war 48 Jahre alt und überdurchschnittlich erfahren, als Feldforscher wie auch als Raumfahrer.

Seit frühester Jugend hatte er seine hohe Belastungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Stresstests jeglicher Art pflegte er mit Bravour zu meistern.

Warum, bei allen Howanetzen des Stardust-Systems, scheiterte er dann hier und jetzt so kläglich?

»Weg ... hinweg ...«, wimmerte Nemo, zitternd zusammengekauert in Embryonalstellung. Ihm war bewusst, dass er ein jämmerliches Bild abgab.

Er schämte sich sehr deswegen. Ausgerechnet er, der so viel Wert auf gepflegte Erscheinung und Umgangsformen legte, hatte sich nicht mehr im Griff!

Er keuchte und stöhnte, er sabberte und schwitzte. Und der Schweiß, der ihm aus allen Poren drang, stank.

Sauer.

Nach kalter, peinlicher, animalischer Todesangst.

Weshalb, wovor fürchtete er sich?

Er blickte nicht durch. Salzige Tränen und Schweißtropfen verschleierten seine Sicht.

Schlimmer noch, die Verkrampfung, die seinen Unterbauch, ja seine ganze Person zu einem bleiernen Ball aus Schmerz und Panik krümmte, beeinträchtigte Nemos analytische Vernunft in einem Ausmaß, wie er es nicht für möglich gehalten hätte. Die Erkenntnis seiner Schwäche, seines plötzlichen Versagens traf ihn ins Mark.

Es machte ihn halb wahnsinnig, kaum dagegen ankämpfen zu können, sosehr er sich auch zur Disziplin zwingen wollte.

 

*

 

Schon in der BASIS war Nemo von Fluchtreflexen übermannt worden. Ganz gegen seine sonstige, sachlich-kühle Art hatte er Perry Rhodan bestürmt, den Befehl »Rette sich, wer kann!« zu erteilen.

Diese abrupten Aufwallungen waren wieder verflogen. Spätestens nachdem Rhodan ihn an Bord des obeliskenförmigen Schiffs MIKRU-JON genommen hatte, war der mentale Druck von Nemo abgefallen.

Kurzzeitig; um bald darauf wiederzukehren, stärker und immer stärker werdend ...

Sein Magen revoltierte. Die Symptome glichen denen einer akuten Brechdurchfall-Erkrankung.

Gütiger Himmel! Sollte Nemo endgültig gedemütigt werden, indem er sich vor aller Augen besudelte?

Mit fliegenden Fingern schloss er den Helm. Sein Raumanzug vom Typ SERUN in Expeditionsversion würde die Spuren einer solchen Entgleisung rasch beseitigen.

Aber die Schande!

»Weg, weg, weg«, hörte er sich winseln. »Nichts wie weg ...«

Die in die Helmscheibe eingeblendete Anzeige des Cybermed-Moduls besagte, dass der Anzug sämtliche verfügbaren Mittel, den Zustand seines Trägers zu stabilisieren, bereits ausgeschöpft hatte. Diverse diskret injizierte Medikamente bannten die Gefahr eines psychosomatisch bedingten Totalzusammenbruchs.

Mehr ging nicht. Nichts half gegen die Angst, gegen die immer noch anschwellende, ultimate Panikattacke.

Am Rande seiner lächerlich auf sich selbst fokussierten Wahrnehmung bekam Nemo mit, dass MIKRU-JON und die Beiboote der BASIS von einer stetig wachsenden feindlichen Übermacht angegriffen wurden.

Bestand darin der Zusammenhang? Mehr Feind, mehr Angst?

Nemo Partijan schloss die Augen. Dies war seine schwärzeste Stunde. Er drückte sich an die Polsterung des Kontursitzes, in der blinden, dummen Hoffnung, darin versinken, sich in der nachgiebigen Masse eingraben zu können.

Jemand berührte ihn am Nacken. Sanft, doch Nemo empfand es wie einen Peitschenschlag.

»Bist du okay?«, fragte eine weibliche Stimme.

Selten so gelacht.

1.

Auf verlorenem Posten

 

Rings um sie herrschte Chaos – das Chaos einer Raumschlacht, deren Ausgang leider feststand.

Hoch, dachte Mondra Diamond sarkastisch, gewinnen wir dieses Gefecht auf keinen Fall.

Momentan vermochte sie nicht einzugreifen. Daher kümmerte sie sich um Nemo Partijan. »Bist du okay?«

Anstelle einer Antwort kreischte er auf, schauderte noch etwas heftiger und stieß dann gutturale Laute aus, die am ehesten nach »Weg! Weg!« klangen.

Während sie die SERUNS koppelte und die Statusanzeigen von Partijans Medo-Einheit anforderte, fragte Mondra über die Schulter nach hinten: »Hast du eine Idee, wie wir ihm helfen könnten, Gucky?«

Der Ilt verneinte. »Er steht knapp vorm Durchdrehen. Der arme Kerl leidet unter demselben Einfluss, der uns allen zu schaffen macht. Bloß stärker.«

»Warum? Ich meine, warum gerade er?«

»Keine Ahnung. Weil er diesbezüglich sensibler ist?«

Mondra rief die in den positronischen Speichern verzeichnete Vorgeschichte ab. Der Anzug stammte aus der BASIS, aber Partijan hatte ein Paket aus medizinischen und historischen Daten übertragen und deren Nutzung für Notfälle freigegeben.

»Seine Kindheit hat er größtenteils an Bord des Kugelraumers seiner Eltern verbracht, einer NAUTILUS getauften Fregatte der IRIS-Klasse. Esther und Eliah Partijan waren freiberufliche ›Prospektoren der Insel‹.«

»Demnach könnte er schon in jungen Jahren mit den im Stardust-System nicht eben seltenen hyperphysikalischen Phänomenen konfrontiert worden sein.«

»Hm. Gesetzt den Fall, es war so – sollte daraus nicht eher ein gewisser Gewöhnungseffekt resultiert haben?«

Gucky breitete die Arme aus. »Wir reden von ultrahohen Frequenzen. Darauf reagieren die Leute unterschiedlich. Die einen so, die anderen so.«

Inzwischen hatte Mondra Diamond die Cybermed-Werte überflogen. »Lebensgefahr besteht zum Glück nicht. Allerdings geht es ihm dreckig.«

»Wem nicht? Ich hab's auch schon mal lustiger gehabt.«

Sie drehte sich vollends zu ihm um. »Spürst du ...?«

»Nach wie vor eine Dämpfung meiner Fähigkeiten, ja. Als ob sich die Randzonen meiner Wahrnehmung verzerrten. Aber es scheint sich allmählich zu bessern. Zumindest wird's nicht schlimmer, so wie bei Nemo.«

»Was die Frage aufwirft ...«

Der Ilt unterbrach sie rüde. »Lady Diamond, mich plagen andere Sorgen.« Er stemmte die Fäuste in die Hüften und verdrehte die Augäpfel. »Da draußen sterben Menschen, Galaktiker. Ihre gedanklichen Todesschreie durchdringen die offenbar löchrigen Schirme dieses Schiffchens.«

»Du hättest sie gern gerettet.«

»Ich hätte«, warf Gucky sich in die schmale Brust, »schon mehr als einmal das gesamte Uni- oder von mir aus auch Multiversum gerettet, wenn man mich gelassen hätte.«

Mondra Diamond seufzte. »Davon mal abgesehen – wie beurteilst du die Situation?«

 

*

 

»Schlecht«, sagte Gucky.

Es juckte ihn gehörig, hinauszuteleportieren, um wenigstens ein paar Besatzungsmitglieder der BASIS in Sicherheit zu bringen. Dafür war er schließlich zuständig, oder etwa nicht?

Musst nicht verzweifeln, mit diesen Worten wiegte man die Kinder Terras seit Hunderten von Generationen in den Schlaf. Wenn die Not am größten ist, kommt Gucky daher ...

Aber Gucky war auch nur ein Ilt. Er konnte nicht überall sein, und vor allem: nicht überall zugleich. So viel zum Thema Mythen.

Draußen, im Vakuum des Weltalls, das ihr angeschlagenes Schiff umgab, tobte eine Vernichtungsschlacht. Gucky scherte sich nicht um die flackernden Holos, die MIKRU-JONS überforderte Rechner projizierten. Er bekam ohnedies mehr mit, als ihm lieb war.

Einer dachte intensiv an seine Kinder, bis sein Lebenslicht verlosch. Eine bat um Verzeihung wegen der Untreue. Ein, zwei, viele andere bedauerten, nie wieder Terra zu sehen ...

All diese letzten Wortfetzen fing Gucky auf, ob er wollte oder nicht. Intelligenzwesen starben. Das war normal. Jedes Leben war endlich, sogar das eines Zellaktivatorträgers.

Trotzdem hatte Gucky das Gefühl, Schutzbefohlene im Stich zu lassen. Aber er durfte nicht blindlings irgendjemandem zu Hilfe eilen.

»Du bleibst an Bord!«, hatte Perry Rhodan ihm zugezischt. »Das ist ein Befehl. Wir befinden uns in einer extrem schwierigen Lage. Ich brauche dich. Wir alle werden deine Talente vermutlich schon bald dringend benötigen. Also halt deine Instinkte im Zaum und warte ab. Viel mehr kann auch ich nicht tun. Glaub mir, alter Freund, mir zerreißt es das Herz nicht weniger als dir.«

Rhodan hatte recht, das wusste Gucky. Aber dieses Wissen half ihm überhaupt nicht.

Leute, Terraner, Bürger der LFT, Mitglieder der Galaktikumsvölker, auch wenn sie nicht von den Lemurern abstammten oder ihre Körper nicht humanoid geformt waren, hauchten ihre Seelen aus. Und er war dazu verdammt, ihrem Verwehen zu lauschen!

Natürlich hatte Perry recht. Guckys Fähigkeiten wurden beeinträchtigt, wovon auch immer.

Schon bei Teleportationen innerhalb der BASIS, also über kurze Distanzen, hatte er mehrfach das Ziel um einige Meter verfehlt. Er musste davon ausgehen, dass diese Abweichungen entsprechend größer ausfielen, wenn er Entfernungen von Hunderttausenden oder Millionen Kilometern überwand.

Hinzu kamen die Bewegungsvektoren der zahlreichen Schiffe ... Die Gefahr bestand, dass Gucky nicht nur danebensprang, sondern auch nicht mehr rechtzeitig zurück zu MIKRU-JON fand, die notgedrungen immer wieder Haken schlug.

Sosehr er es hasste, er musste einstweilen die Hände in den Schoß legen.

Er blickte zu Rhodan, der im Sessel des Piloten saß, scheinbar so entspannt, als ginge ihn das rundum stattfindende Gemetzel nichts an. In Wahrheit aber, wusste Gucky, steuerte Perry Rhodan dieses uralte Schiff, war mental mit dem Bordrechner verschmolzen.

Und er flog wie der Böse.

 

*

 

MIKRU-JONS Pilot zu sein war meistens, wie anno dazumal auf einem richtig guten Motorrad durch die Wüste von Nevada zu preschen.

Man wusste gar nicht, was man eigentlich dazu beitrug, dass die Maschine – ein Chopper, was sonst? – die Spur hielt. Wenn man ausweichen musste, neigte man sich leicht, sachte, sachte, auf die Seite und genoss im Vorbeigleiten und Zurückschwingen das Gesetz der Trägheit.

Falls man trotzdem mit der Kniescheibe Staub und Geröll aufwirbelte, war's gleich darauf umso befriedigender. Unmittelbar vor dem Vorderrad auftauchende Hindernisse überwand man, indem man die Steuergabel anhob, notfalls zurückriss und Vollgas gab.

Ähnlich leicht flog sich normalerweise der Obeliskenraumer.

Diesmal hingegen hatte Perry Rhodan, um bei dem Vergleich zu bleiben, das Gefühl, auf einer Harley Davidson zu sitzen, deren Reifen beide platt waren, deren Motor stotterte, deren Stoßdämpfer praktisch nicht mehr existierten.

Nicht einmal der Ortung durfte man trauen. Schattenzonen verdunkelten die Sicht, vor allem an den Rändern des Erfassungsbereichs, die sich scheinbar wölbten und einkringelten wie verkokelndes Papier.

Hundertschaften von Feindraumern, dies zumindest stand außer Zweifel, befanden sich im Anflug. Sie verstärkten die etwa fünfzig Einheiten, die um die BASIS bald nach deren Ankunft ein violettes Energiefeld erzeugt und damit die Schutzschirme des gigantischen Trägerschiffs geknackt hatten.

Die terranischen Beiboote schwärmten aus. Rhodans entsprechenden Befehls hätte es gar nicht bedurft. Sämtliche Mannschaften standen im Bann des unerklärlichen Fluchtreflexes.

Zugleich war nicht nur die Leistungsfähigkeit der Besatzungen, sondern auch jene der biologischen Komponenten der Bordrechner durch mutmaßlich paranormale Einflüsse erheblich gemindert. Rhodans Vorhaben, von MIKRU-JON aus die Absetzbewegungen zu koordinieren, hatte sich als aussichtslos erwiesen. Er musste froh sein, wenn er mit dem eigenen Schiff heil davonkam.

Gegen eine Übermacht von insgesamt rund tausend feindlichen Einheiten ...

Äußerlich erinnerten sie grob an Tannenzapfen. Zwischen einer Bughalbkugel und einem Heckzylinder von je dreihundert Metern Durchmesser erstreckte sich eine rund einen Kilometer lange Spindel mit zahlreichen dreieckigen, schuppenartigen Auslegern aus einem beige-halbtransparenten Material.

Etliche dieser Zapfenraumer hatten inzwischen an der BASIS angedockt. Die Mehrheit jedoch konzentrierte sich auf die ungeordnet fliehenden Beiboote und nahm sie unter heftigen Beschuss.

Vor allem die kleinsten Einheiten waren so gut wie wehrlos. Es handelte sich um Shuttles, die als Personenfähren gedacht waren und jeweils Platz für zweihundert Personen boten, mit geringem Überlicht-Faktor und ohne Offensivbewaffnung.

Einheiten, dünne Hüllen, diskusförmige Space-Jets, in die sich unschuldige Personen geflüchtet hatten, wurden von violetten Strahlen getroffen, als würden sie aufgespießt, und implodierten. Sie verpufften, als hätte es sie niemals gegeben.

Die größeren Korvetten, LUNA-Kreuzer und BASIS-Tender gaben ihr Möglichstes, im Vorbeifliegen wenigstens einige der zahlreichen, überhastet gestarteten Rettungsboote »aufzufischen« und so davor zu bewahren, gnadenlos abgeschossen zu werden. Aber auch ihre Crews hatten laut Funkverkehr schwer mit den immer stärker werdenden Panik- und Fluchtimpulsen zu kämpfen.

Schiffe, denen der Durchbruch gelang, wurden von Feindraumern verfolgt. Für diese traf kurz darauf weitere Verstärkung ein.

Das stützte Ennerhahls Behauptung, er habe den Materialisationspunkt der BASIS im letzten Augenblick verändern können. Viel Zeitaufschub hatte seine Manipulation allerdings nicht gebracht. Obwohl er angeblich die feindliche Werft infiltriert hatte, um der BASIS eine letzte Chance zu eröffnen.

Perry Rhodan schob die Spekulationen beiseite. Er konnte sich keine Ablenkung leisten, sondern musste aus der erschreckend flügellahmen MIKRU-JON das Letzte herausholen.

Während er ein ums andere Mal durch gewagte Manöver feindlichen Attacken auswich, beschleunigte er mit allem, was die ungewohnt träge ansprechenden Triebwerke hergaben. Es war ein wahrer Höllenritt.

Seine eigenen Reflexe funktionierten zum Glück noch. Vielleicht half ihm ja der »Anzug der Universen«, den er seit Kurzem trug, kühlen Kopf zu bewahren.

Beunruhigenderweise musste Rhodan hauptsächlich darauf achten, die Systeme seines sonst so reaktionsschnellen Obeliskenraumers nicht zu überfordern ...

 

*

 

»Schafft er's?«, fragte Mondra.

»Er ist zuversichtlich«, antwortete Gucky, der Rhodans Gedanken verfolgte. »Wie immer. Aber langweilig wird ihm nicht. Er hat ganz schön zu tun. Ihm die Daumen zu halten könnte nicht schaden.«

Mondra fuhr zusammen, weil unmittelbar neben ihr, teilweise sogar überlappend, Mikrus zierliche Gestalt auftauchte, durchscheinend wie ein Gespenst. Der Avatar des Schiffes bewegte die Lippen, ohne dass ein Ton zu hören gewesen wäre, und verschwand sogleich wieder.

Kein gutes Zeichen, dachte Mondra.

Nemo Partijan röchelte Unverständliches. Er war nicht der einzige Patient, der sich in besorgniserregendem Zustand befand.

Ramoz fiepte kläglich. Mondra ging zu der Ecke, in die sich ihr vierbeiniger Begleiter verkrochen hatte. Seine Lebenszeichen wurden immer schwächer.

Nach der Materialisation der BASIS in dieser fremden, so gar nicht einladenden Galaxis Chanda war das Luchswesen vollkommen außer sich geraten und wie irre herumgesprungen. Keine Sekunde hatte Ramoz stillgehalten und in seinem Wüten zeitweise die Orientierungsfähigkeit eingebüßt. Mehrfach war er gegen Hindernisse geknallt. Ein Wunder, dass er sich oder andere nicht gröber verletzt hatte.

Nun lag er reglos da. Offensichtlich hatte er sich total verausgabt und einen Schwächeanfall erlitten.

Auch dir, mein kleiner Freund, dachte Mondra, setzen die hiesigen Verhältnisse übel zu.

Oder steckte mehr dahinter? Schon oft hatte Ramoz vor unmittelbar drohenden Gefahren gewarnt, jedoch nie derart vehement und bis zur völligen Erschöpfung.