cover
T. Stern

Heart in Heat - Love Duo

Gay Romance





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorwort

Dem Motto von "Heart in Heat" treu geblieben, auch dieses Buch ist in reiner Selbstarbeit entstanden. Wenn ihr also Fehler findet, so seht sie als Special Effekte, oder einfach als Zeichen dafür, dass ich, wie ihr, ein Mensch bin und zu meinen Fehlern stehe.

 

Dir ... genau DIR ... gilt mein herzlichster Dank für deine Investition und somit deine Unterstützung.

 

Ich widme dieses Buch allen Heart in Heat Lesern, allen Lesern überhaupt, jedem von euch, der es erworben hat.

Außerdem entrichte ich ein riesiges Dankeschön an meine Mädels von der "Chaoskaterchen-Fraktion", die mich immer unterstützen, aufbauen, ermutigen, in den Hintern treten und an mich glauben.

Vielen Dank für alles!

 

Spinoff 1

Vivian

 

„Mister Baker! Ihre Diagnose und die folgende Behandlung würde Ihren Patienten schlichtweg ins Grab befördern! Sie täten Gutes, wenn Sie endlich anfangen würden, Ihr Studium etwas Ernster zu nehmen! Eine weitere Arbeit dieses unterirdischen Ausmaßes verkraftet mein Arztgemüt nicht!“

Deutliche Worte. Ein Glück sind sie nicht an mich, sondern an den Kerl neben mir gerichtet.

Dennoch ziehe ich deutlich sichtlich den Kopf ein und hoffe einfach innigst, dass ich der kritischen Korrektur unseres Professors standhalten kann.

Ich habe leider auch ein wenig unter Zeitdruck an meiner Arbeit geschrieben, muss ich ja zugeben.

Turbulente Wochen liegen hinter mir. Zwar hat sich wieder alles beruhigt, und seit einigen Tagen kann ich auch wieder halbwegs normal Schlafen, aber trotzdem ändert es nichts daran, dass ich meine Arbeit auch in untypischer Geschwindigkeit beinahe hingeklatscht habe. Mich hat das schlechte Gewissen schon gequält, als ich sie abgegeben habe.

Ein Schatten baut sich auf und ich blinzle hoch.

Da steht er. Direkt vor mir.

Man nennt ihn den Schrecken der Universität. Einen der härtesten Professoren.

Bisher kam ich immer recht glimpflich davon, aber heute habe ich ein ganz anderes Gefühl.

Erstens mein Wissen darüber, dass ich meine Arbeit auch schneller und teilweise unkonzentrierter als sonst geschrieben habe. Zweitens ist bis jetzt keiner meiner Kommilitonen ohne einen erheblichen Kritikschaden durchgekommen.

„Mister Ryan“, setzt seine raue und dunkle Stimme an, mustere ich sein vom Alter gezeichnetes Gesicht. Der strenge Blick seiner Augen, während er das Deckblatt meiner Arbeit nochmals überfliegt, wechselt alsbald auf mich.

Ich brauch ein schwarzes Loch, damit ich im Boden versinken kann. Bitte.

„Nicht gerade Ihre beste Arbeit. Aber diesmal eine der Besten. Ich bin nicht zufrieden, denn ich weiß, dass sie mehr können.“

Mimimimi. Mein armes Ego. Ja, ich weiß, dass ich es besser kann. Aber ich hatte wirklich Stress. Es ist ein Wunder, dass ich die Arbeit überhaupt fertig bekommen habe.

Er legt den kleinen Stapel Papier vor mir auf den Tisch und flüstert leise, kaum hörbar für mich, erst recht nicht hörbar für die anderen: „Gute Besserung an Ihre kleine Schwester, Mister Ryan.“

Und er geht einfach weiter.

Ich starre ihm nach. Ziemlich unverschämt und für mich eigentlich auch nicht typisch. Respekt ist das wichtigste, was ich hier an der Uni walten lasse. Vor allem meinen Professoren gegenüber.

Aber, dass er weiß, warum meine Leistung in dieser Arbeit eingeschränkt war, wundert mich doch gewaltig.

 

Meine kleine Schwester Leonie, gerade mal sieben Jahre alt, war in einen Unfall verwickelt und lag ganze vier Wochen im Krankenhaus. Es war nichts wirklich Ernstes. Sie hatte einen Beinbruch und musste behandelt werden. Meine Mutter aber war darum sehr viel bei ihr und so blieb der Rest der Familienmeute sich selbst überlassen. Mein Vater hat einen Vollzeitjob und leistet auch so schon immer Überstunden, um alle versorgen zu können. Ich konnte kaum die Versorgung meiner gerade mal neunzehnjährigen Schwester Juna überlassen. Sie befindet sich im Prüfungsstress.

Also habe ich versucht irgendwie mein Studium, meinen Job und die Familie unter einen Hut zu bringen. Es war anstrengender als gedacht.

Und obwohl meine ältere Schwester Mira zwischendurch auch da war, so ging ihre meiste Zeit dafür drauf, das Haus auf Vordermann zu bringen. Putzen, Wäsche machen und so weiter.

Jeder verliert wahrscheinlich jetzt schon den Überblick. Aber das bleibt nicht aus. Meine Eltern haben mit acht Kindern wirklich eine Glanzleistung hingelegt. Bin übrigens immer noch der Meinung, sie hätten mal weniger die Flowerpower wieder aufleben lassen sollen. Es gibt da so Dinger, die schimpfen sich Verhütungsmittel. Nun gut, das ist gemein. Meine Eltern lieben Kinder und wollten immer viele Kinder haben.

Aber muss ausgerechnet ich dabei sein?

Sieben Geschwister können ganz schön anstrengend sein.

Zumal ich bis vor drei Jahren der einzige Junge unter einer Meute pinker Einhörner liebender Prinzessinnen war.

Und jetzt mal ganz ehrlich? Da wundert es doch keinen mehr, wenn man als Kerl schwul wird!

So viele Mädels, die pausenlos in ihrer vollen Frauenpower um dich herumtoben – das prägt!

Ein wenig zur Übersicht sei gesagt, dass es gar nicht so kompliziert ist.

Mira und Nele, beide dreiundzwanzig – ist so üblich bei Zwillingen, dass sie gleich alt sind – sind schon ausgezogen und leben beide in ihren eigenen Wohnungen. Mira ist in einer Beziehung und schmiedet selbst schon Familienpläne. Hierzu sei gesagt: Gott bewahre die Welt davor, dass sie wie unsere Mutter wird! Babys sind süß, ja. Aber sie werden erwachsen! Dann sind sie Horror! Sieht man an mir.

Nele ist vor einem halben Jahr ausgezogen, einfach, weil ihr Arbeitsweg immer zu weit war. Sie unterstützt unsere Eltern so gut sie kann. Wir sehen uns leider eher selten, da sie weiter weg wohnt.

Juna ist mit ihren neunzehn Jahren die Schwester, die sehr oft noch Rat bei mir sucht. Als der ältere Bruder, der zielstrebig und ehrgeizig sein Ziel verfolgt, scheine ich echt mal eine Vorbildfunktion zu haben. Ich hoffe echt nur auf schulischer Ebene. Beruflich darf sie sich gerne komplett anders orientieren. Also, ich meine nicht mein Studium und den Beruf, den ich dadurch anstrebe, sondern meinen Job, mit dem ich mir das alles irgendwie finanziere, damit ich meinen Eltern nicht weiter zur Last falle. Äh, anderes Thema.

Meine Familie.

Amelie ist zwölf und befindet sich gerade in der Pubertät. Bei allem was mir lieb ist, ich bin sicher auch kein Kind der Unschuld, aber so anstrengend war ich damals bestimmt nicht. Und wenn doch, dann war ich wohl immer schneller, wenn meine Mutter mich erschlagen wollte. Im Moment kracht es häufig zwischen Amelie und mir. Ich versuche sie davor zu bewahren, ihr Leben damit zu vergeuden, sinnlose Streitereien zu führen. Überwiegend will sie das übrigens mit unserer Mutter. Wie war das mit dem Respekt noch mal? Ja, der geht ihr ein wenig flöten.

Leonie, meine siebenjährige Schwester, geht zur Schule und leider ist sie da nicht gerne. Sie ist unser kleines Pummelchen und wird daher sehr häufig gemobbt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem sie nicht weint. Manchmal würde ich am liebsten losgehen und diesen elenden, verzogenen, dummen, unwissenden Gören die Ärsche versohlen, weil sie meiner kleinen Schwester so weh tun! Aber, ich darf nicht. Das Gesetz verbietet Selbstjustiz. Es verbietet aber nicht das Mobben. Bescheuerte Gesetzgebung. Demnach benötigt sie ein besonders intensives Umsorgen. Es war also klar, dass unsere Mutter sehr viel Zeit bei ihr im Krankenhaus verbringen musste.

Elena, meine kleine fünfjährige Schwester, ist im Kindergarten. Ihre liebliche Art gibt mir immer Kraft. Sie ist wirklich etwas ganz Besonderes. Im Volksmund würde man sagen, sie ist geistig behindert. Aber grundlegend stimmt das nicht. Die kleine Maus hat keine Probleme, sie kann und macht alles alleine, wenn auch etwas langsamer und eben auf ihre eigene Art und Weise. Die wirkliche Behinderung haben eher jene, die meinen, meine kleine Schwester wäre krank.

Und dann wäre da noch mein kleiner Bruder Jan. Drei Jahre alt. Das Nesthäckchen. Ich nenne ihn liebevoll das Hündchen. Er hat einfach diesen Welpencharakter. Er ist zuckersüß und schwänzelt dir den lieben langen Tag mit seinem Spielzeug bewaffnet vor der Nase herum, in der Hoffnung du spielst mit ihm. Wenn du das tust, dann freut er sich und ist immer ganz aufgeregt. Eben wie ein Hund.

So viel zu meiner Familie. War doch ganz einfach, oder?

Ich?

Oh, ich bin Vivian Ryan. Einundzwanzig Jahre alter Medizinstudent. Ich befinde mich gerade auf der Zielgerade des vierten Semesters der Vorklinik Phase.

Das heißt, bald geht es ans Eingemachte.

Noch zwei Monate und ich darf mit Stolz behaupten, dann zur Fraktion der Studenten der klinischen Zeit zu gehören. Sechs Semester lang.

Zwei Semester praktisches Jahr und dann drei Monate Prüfungszeit.

Ein langer, harter, steiniger Weg zum Arzt.

Und danach stellt sich die Frage der Spezialisierung. Wer ein Facharzt sein will, muss ganz schön reinhauen.

Hab ich schon erwähnt, dass es ein langer, harter, steiniger Weg ist?

 

Ein prüfender Blick zum Professor, der vorne steht und uns wieder mit einer kleinen Redewelle beehrt, die mehr einer reißenden Sturmflut gleichkommt, welche jedes hochgeflogene Ego binnen kürzester Zeit auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Das sind diese Momente, die ich gerne als Mimimi-Momente betitle. Hoffen und Bangen nicht in den Fokus zu geraten, unangenehm aufzufallen, und sich dadurch einen Einlauf einzufangen.

Grundlegend ein medizinischer Eingriff … aber ich muss ihn jetzt nicht zwingend an mir erleben. Schon gar nicht durch Professor Egokiller.

Er betont, wie wichtig es ist, dass wir das Studium ernst nehmen und uns darüber Bewusst sind, welche Verantwortung – sollten wir denn je bestehen – auf unseren Schultern lasten wird.

Ja. Er hat Recht. Zweifelsohne hat er das.

Aber, auch wenn ich in der letzten Arbeit wirklich etwas schlampig war, so muss er mir das nicht erzählen.

Ich bin ein verdammt ehrgeiziger und zielstrebiger Mensch. Für meine Ziele, gehe ich jeden Weg … auch Umwege. Der Weg ist mir simpel gesagt egal, solange ich mein Ziel erreiche.

„Bis Dienstag möchte ich, dass Sie die nächsten zwei Kapitel lesen. Das sollten selbst Partywütige Studenten hinbekommen. Sie sind entlassen.“

Um mich herum bricht Hysterie aus. Warum auch immer.

Manchmal habe ich das dumme Gefühl, meine Kommilitonen wollen flüchten. Ich weiß nur nie vor was.

Um ganz ehrlich zu sein, sehe ich nicht mal einen minimalen Bruchteil auf dem nächsten Schritt des Studiums. Die meisten hier denken wohl wirklich, dass ihre Eltern ihnen den Titel des Arztes schon kaufen werden, wenn sie die Prüfungen versemmeln.

Gemütlich packe ich meine Sachen ein und atme tief durch. Ein kurzer Blick in meinen Kalender zeigt, dass ich eine Stunde Zeit habe, ehe ich zur nächsten Vorlesung muss. Naja, ich müsste nicht. Aber ich will. Das Thema habe ich letztes Mal nur halb mitbekommen und daher denke ich mir, es wäre einfach vernünftiger, da noch mal nachzuhaken und vor allem überhaupt irgendwas zu verstehen.

Eine Stunde reicht aus, um in die Mensa zu gehen, einen Kaffee zu trinken und vielleicht noch mal die Notizen der Lesung von gerade durchzulesen.

Ich erhebe mich und schlängle mich aus der Sitzreihe, folge dem Weg nach oben und verlasse den Vorlesungssaal.

Wildes Treiben auf dem Gang.

Warum muss diese Uni so groß sein?

Während ich schier blind den Weg zur Mensa ansteuere, mir den Weg durch die entgegenkommenden Menschen bahne, erinnere ich mich an meine ersten Tage hier.

Ich hab mich fast eine Woche lang immer verlaufen.

Irgendwann stand ich, statt vor dem Vorlesungssaal, vor der Toilette.

In dem Moment kam ich mir echt reichlich bescheuert vor.

Mittlerweile aber, hab ich den Dreh raus.

Vor allem den Weg zur Mensa und zur Bibliothek kenne ich blind. Bin ich schließlich auch schon tausende Male gerannt.

Wahrgenommen werde ich zumeist nicht.

Warum auch?

Ich bin klein, zierlich und falle kaum auf. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Der zweite Blick offenbart dann schon mehr und meist verstört er die Menschen auch nur.

Wobei ich in der Uni nicht wirklich Wert darauf lege, unangenehm aufzufallen. Geschweige denn irgendwie aufzufallen. Hier tauche ich in der Masse unter.

Meine sonst so geliebten knappen Outfits sind nichts für die Universität. Ich beschränke mich meistens auf Jeans und Hoodie. Im Moment auch immer im Schlepptau, meine Jacke. Es ist nämlich kalt draußen.

Dank Lucas Großzügigkeit und Unterstützung habe ich wenigstens keinen fast zwei Stunden langen Heimweg mehr. Mit Glück sind es gerade mal zwanzig Minuten. Kalt ist es dabei trotzdem.

Luca.

Alleine beim bloßen Gedanken an ihn, schleicht sich ein Grinsen auf meine Lippen.

Dieser Mann ist ein Teufel, zugleich aber auch der Retter der Verdammten.

Ich gehe nicht zu weit, wenn ich sage, dass ich ihm zu verdanken habe, dass ich überhaupt noch Studieren kann.

 

Aus meinen Gedanken reißt mich eine ziemlich bekannte Stimme: „Vivian, mein kleiner Schönheit. Wie geht es dir? Möchtest du haben eine Kaffee?“

Ronja, die wohl freundlichste Bedienung der Mensatheke.

„Hallo Ronja. Danke, es geht mir ganz gut. Und dir? Was macht dein Mann? Leidet er noch immer an der tödlichen Erkältung?“

Ich nehme mir gerne etwas Zeit für meine Mitmenschen. Vor allem für jene, die mir etwas Gutes tun. Und Ronja tut mir immer etwas Gutes, indem sie mir guten und starken Kaffee gibt. Außerdem ist es immer ein Hochgenuss mit ihr zu sprechen. Ihr sprachliches Fachwissen ist nicht gänzlich perfekt, aber sie gibt sich wirklich immer Mühe.

Ich mag es einfach, wie sie spricht. Der russische Akzent ist einfach wohlklingend. In meinen Ohren.

„Ach, hör mir auf! Er ist so ein Weichei manchmal. Ich frage mich, wie er will bauen ganzes Haus, wenn schon Schnupfen ihn bringt um.“

Untermauert durch eine eher theatralische Geste, bekommen ihre Worte den mir zu bekannten Charme.

„Er ist ein Mann, Ronja. Schnupfen ist tödlich. Aber nur für Männer. Wie weit seid ihr denn beim Hausbau?“

Ronja füllt einen Becher mit Kaffee und schiebt ihn mir zu.

„Wenn er nicht schneller macht, wir werden erfrieren nächsten Winter. Wahrscheinlich würden Kinder bauen schneller.“

Amüsiert gluckse ich, denn ich erinnere mich sehr wohl daran, als ich sie vor drei Tagen mit ihren drei Kindern getroffen habe. Zwei Söhne und ein Töchterchen. Zuckersüß und bildhübsch. Wie Mama und Papa das russische Temperament.

„Du wirst Arzt, Vivian. Was ich kann machen, damit Mann nicht so viel Jammern?“

Elegant beuge ich mich auf den Tresen, sehe sie an und zwinkere ihr keck zu: „Ertragen, meine Liebe. Ertragen. Oder Notschlachten.“

„Wenn ich ihn nicht lieben würde, ich hätte ihn erschlagen mit Nudelholz.“

Ja, bei Ronja könnte ich mir das sogar sehr gut vorstellen.

Sie lächelt mich an, winkt mir zu und wendet sich an den nächsten Studenten.

Ich hingegen steuere mit meinem Kaffee an einen der Tische und setze mich einfach.

Schließlich macht sich mein Studium auch nicht von alleine.

Als ich die Unterlagen durchgelesen habe, werfe ich einen prüfenden Blick auf die Uhr. Ich habe noch gut zwanzig Minuten Zeit.

Ich nehme den letzten, mittlerweile natürlich kalten, Schluck aus dem Becher und packe meine Unterlagen weg, erhebe mich und steuere aus der Mensa.

Zielstrebig führt mich mein Weg kurz raus, lobe ich mir einfach, dass es hier, nach langem Kampf, einen kleinen Raucherbereich gibt.

Manchmal brauche ich es. Nicht regelmäßig, schon gar nicht immer, aber einfach zwischendurch.

Ich hab in meiner Jungend mal ein Jahr lang geraucht, dann aber wieder aufgehört. Was übrig blieb, ist das Rauchen, wenn ich unter Stress stehe, nervös bin oder einfach mal das Verlangen danach habe.

Wie gerade im Moment.

Schnell ist der weiße Glimmstängel aus der Schachtel gezogen, an der kleinen Flamme des Feuerzeugs entfacht, und wird der Dampf inhaliert.

Ich halte ihn kurz inne, ehe ich ihn ausblase.

Die Kälte schlägt mir entgegen, peitschen die ersten Regentropfen gegen meine Haut.

„Na super. Regen.“

Gemächlich rauche ich und betrachte die aufsteigenden, ineinander verschlungenen Muster aus Qualm.

Unweigerlich muss ich wieder an Luca denken.

Mein Retter. Mein Freund. Mein Chef.

Seltsame Kombination, oder?

Luca Larsson, seinerseits Chef eines ziemlich gut laufenden Pornostudios. Lebensgefährte meines Freundes Liam, der im Kindergarten arbeitet, in den Elena und Jan gehen.

Vor gut einem Jahr kreuzten sich unsere Wege. Liam wusste um meine Situation, bezüglich Studium und Arbeitssuche. Ich wusste mir damals nicht anders zu helfen und zog in Erwägung in Pornos mitzudrehen. Ich liebe Sex, habe keine Probleme damit und brauche das verdammte Geld.

Ich scheue keine Umwege, um an mein Ziel zu kommen.

Liam schlug mir vor, es bei seinem Partner im Studio zu versuchen, der würde Leute suchen.

Eine große Chance hatte ich mir nicht errechnet, schließlich bin ich ein ziemlich spezieller Typ.

Klein, zierlich, androgyn. Man schätzt mich eher auf vierzehn, als auf einundzwanzig. Immer, wenn ich jemandem sage, dass ich studiere, wird erstmal erheitert gelacht.

Nun gut, ich will nicht jammern. Letztlich hat der Teufel sich ja für mich entschieden und mich Teil seiner wunderschönen Hölle werden lassen.

Ich lernte dort eine Familie kennen, in der mehr Gleichgesinnte waren, als ich mir je erträumt hatte kennenzulernen.

Vor einem Jahr änderte sich mein Leben in so vielem, dass ich es manchmal noch immer nicht glauben kann.

Luca, der Teufel der Sinnlichkeit, wie wir ihn gerne nennen, ist ein Mann, der sehr viel Wert auf seine Schützlinge legt.

Er hat mir ermöglicht, eine Wohnung zu mieten, die ziemlich gut zwischen Universität und Studio liegt. So habe ich keine all zu langen Wege, wenn ich zwischen Studieren und Arbeiten hin und her muss.

Und ich spare mir den ewig langen Weg, den ich vor gut einem Jahr immer auf mich nehmen musste. Täglich. Zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück.

Mittlerweile nur noch gut zwanzig Minuten, wie vorhin schon mal erwähnt.

Ich muss mir keine Sorgen wegen meiner Finanzen machen. Miete und Nebenkosten bezahle ich irgendwie gar nicht. Luca hat zwar zu Beginn gesagt, er verrechnet es mit meinem Gehalt, aber ich kann nicht sagen, dass ich davon was merke. Auf mein Nachfragen, ob er das Berechnen irgendwie vergessen hat, meinte er nur, ich solle mir mal nicht den Kopf zerbrechen. Weitere Versuche nachzufragen hat er übrigens gekonnt blockiert.

Mein Studium ist gesichert und ich kann sogar meiner Familie finanziell unter die Arme greifen.

Und dafür muss ich nur mit den geilsten Kerlen der Welt ficken.

Mein Leben kann schöner gar nicht sein.

Naja, doch … es könnte wirklich in einem Punkt deutlich schöner sein.

Es gibt da jemanden, der auch im Shadow Kings, so heißt das Studio, arbeitet, und den finde ich seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, sehr anziehend … aber er mich nicht.

Insert Jammer, Heul und theatralisches Schluchzen.

Ja. Gut. Nicht auf mich stehen ist übertrieben. Er ist mein Drehpartner. Seit gut fünf Monaten.

Hat ja auch fast über ein halbes Jahr gedauert, bis er soweit war, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass er mich ficken soll.

Er hat mir zwar versichert, dass es nicht daran liegt, dass ich ihn nicht anspreche oder errege, sondern mehr daran, dass er einfach Angst hatte, mich kaputt zu machen.

Klingt albern?

Dazu muss man vielleicht wissen, dass ich ja klein, zierlich und eher androgyn bin, während er ein fast zwei Meter hoher Hüne ist, der mehr Muskeln besitzt, als ich je haben werde.

Der Kontrast zwischen uns ist … wenn man uns zusammen sieht, nebeneinanderstehend … verstörend.

Luca betitelte es mal sehr liebevoll so, dass der Schwanz meines Drehpartners den Umfang hat, den mein Handgelenk vorweist.

War ein wenig übertrieben. Aber … wenn selbst Luca, als Chef eines Pornostudios, der für wahr schon alles gesehen hat, es verstörend fand, dann spricht das für sich.

Man muss dazu sagen, dass ich genau da drauf stehe. Ich liebe es groß und hart.

Und darum ist es wohl auch passiert, dass ich mich … vielleicht … ein wenig in genau diesen großen, mächtigen Kerl verknallt habe.

Alexis.

Mein Drehpartner und der Grund meiner feuchten Träume.

Alleine an seine großen Hände zu denken, die meinen Körper streicheln, mich berühren, erregt mich.

Es mag für außenstehende grob wirken, wenn dieser Riese mich packt, seine groben, riesigen Hände meine Hüfte halten, während sein großer, dicker Schwanz meinen Arsch erobert … aber das ist es nicht. Alexis ist der zärtlichste Liebhaber, den ich je hatte. Und ich hatte schon viele. Denn ich bin kein unbeschriebenes Blatt. Ich bin seit jeher eine Schlampe. Ich liebe Sex. Und darum ist es für mich ein Genuss, in einem Pornostudio zu arbeiten. Es ist für mich ein Segen, dass Luca mir diese Chance gegeben hat, mein Hobby so sinnvoll umsetzen zu können, dass ich damit mein Studium absichern kann.

Aus dem kleinen, zierlichen Jungen, der früher immer gemobbt wurde, ist ein schwuler Jugendlicher geworden, der dann dafür gemobbt wurde, klein, zierlich, androgyn und schwul zu sein, ist letztlich endlich ein Mann geworden. Einer, der zwar immer noch klein, zierlich, androgyn und schwul ist … der aber mittlerweile weit über allem steht und sich zu wehren weiß.

Aus dem unsicheren Jungen, der sich hinter vorlautem Rebellentum versteckte, ist ein erwachsener Mann geworden, der Medizin studiert, Pornos dreht und seine Familie unterstützt.

Ich will nichts sagen, aber ich glaube, damit alleine habe ich schon mehr geschafft, als jene, die mir damals das Leben zur Hölle gemacht haben.

Aber genug Gedanken. Ich muss zu meiner Vorlesung. Die letzte für den Donnerstag. Danach geht es ab nach Hause. Morgen habe ich zum Glück nur eine Vorlesung. Dafür heißt es danach ab ins Studio. Drehbesprechung für Samstag und Sonntag.