Anu Stohner / Henrike Wilson

Die kleine Schusselhexe
greift ein

dtv

Über Anu Stohner / Henrike Wilson

Anu Stohner,geboren 1952 in Helsinki, lebt als Autorin und Übersetzerin in Altlußheim am Rhein. Für ihre Übersetzungen aus dem Finnischen, Schwedischen und Englischen wurde sie mehrfach ausgezeichnet. In der Reihe Hanser sind unter anderem »Ach du krümeliger Pfefferkuchen« (dtv 62504) sowie »Gretas Ferien« (dtv 64012) und »Gretas Entschuldigungen« (dtv 62613) mit Bildern von Hildegard Müller erschienen.

 

Henrike Wilson,geboren 1961 in Köln, studierte dort und in den USA Grafikdesign und Malerei. Heute lebt sie als freie Illustratorin in Berlin. Sie hat auch die Bilderbücher von der »Kleinen Schusselhexe« gemalt. Ihre Bilderbücher – mit Texten von Anu Stohner – sind weltweite Erfolge.

Über das Buch

Mit ihren 99 Jahren ist die KLEINE SCHUSSELHEXE noch ein junger Hüpfer! Und wer jung ist, darf auch ein bisschen schusselig sein. Wer kann sich schon all die Zaubersprüche merken? Die KLEINE SCHUSSELHEXE jedenfalls nicht. Aber sie hat ihr Herz am rechten Fleck, und deswegen lieben sie alle. Auch die Tiere im Wald, die dringend ihre Hilfe brauchen. Seit die Menschen in lauten Brummkisten durch die Natur knattern, haben Igel, Eule, Bär und Elch keine Ruhe mehr. Wie gut, dass es die KLEINE SCHUSSELHEXE gibt! Die weiß einen Zauber! Jetzt muss sie ihn nur noch hinkriegen …

 

Ein neues großes Abenteuer mit der KLEINEN SCHUSSELHEXE

Impressum

Originalausgabe

2017 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

© 2017 Carl Hanser Verlag, München

Umschlag: Henrike Wilson

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

eBook-Herstellung im Verlag (01)

 

eBook ISBN 978-3-423-43124-8 (epub)

ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-64030-5

 

Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.dtv.de/ebooks

ISBN (epub) 9783423431248

Fußnoten

[1]

Wie schlimm die Geschichte mit dem Mützchen war, kann man in dem Buch »Die kleine Schusselhexe und der Zauberer« nachlesen.

[2]

Falls es jemand nicht weiß: Die Geschichte vom Zauberer Zack ist dieselbe, in der der blaue Hase sein rosa Mützchen tragen musste.

DAS ERSTE KAPITEL

mit einem falschen Hexenspruch
und einem unheimlichen Gast

 

 

 

Die kleine Schusselhexe wohnte im großen Hexenwald, wo alle Hexen wohnen, und sie war 99 Jahre alt. Für eine Hexe ist das noch jung, darum war es auch nicht schlimm, dass sie manchmal noch die Hexensprüche verschusselte. Ihr selbst machte es sowieso nichts aus. Sie fand es witzig, dass ihr selbst gehextes Hexenhäuschen ein bisschen schief und ihr selbst gehexter Hexenbesen ein bisschen krumm geraten waren. Auch ihr blauer Hase war ihr hundertmal lieber als der schwarze Hexenrabe, den sie sich eigentlich hatte hexen wollen. Der blaue Hase war zwar nicht so klug wie ein schwarzer Rabe, aber dafür war er lustig, und am lustigsten war er, wenn er wütend wurde. Er kannte die schlimmsten Wörter, und die allerschlimmsten benutzte er, wenn er mit der kleinen Schusselhexe von ihrem krummen Besen purzelte.

»Ja, zum Bärenpups noch mal! Hättest du den Besen nicht gerade hexen können, dass er nicht so ruckelt!«, schimpfte er jedes Mal, wenn es passierte.

Dann musste die kleine Schusselhexe noch mehr lachen als sowieso schon, wenn was schiefging, und der blaue Hase putzte beleidigt den kleinen weißen Puschel an seinem Po. Dass der Puschel schmutzig wurde, wenn sie zusammen vom Besen purzelten, war nämlich der Grund, weshalb er so wütend wurde. Er wollte aber auch nicht, dass ihm die kleine Schusselhexe den Puschel schnell sauber hexte. Dabei hätte sie das gern gemacht, und sie schlug es auch immer vor. Aber da ließ der blaue Hase nicht mit sich reden. Er war nämlich auch ein bisschen ein Angsthase und stellte sich vor, was alles passieren könnte, wenn die kleine Schusselhexe den Hexenspruch für saubere weiße Hasenpuschel verschusselte. Nachher hatte er statt eines weißen Puschels hinten am Po noch ein Ringelschwänzchen!

Überhaupt stellte sich der blaue Hase immer vor, was alles danebengehen konnte, wenn die kleine Schusselhexe hexte. Das fing schon morgens beim Frühstück an. Auch das hexte die kleine Schusselhexe selbst, und besonders gefährlich wurde es, wenn sie Lust auf was Besonderes hatte. So wie an dem Morgen, als sie plötzlich sagte, heute habe sie mal wieder Lust auf Spiegelei mit Speck.

O nein!, dachte der blaue Hase, der sich noch gut an das letzte Mal erinnern konnte, als sie Spiegelei mit Speck gehext hatte. Aber er sagte nichts. Es hätte auch keinen Wert gehabt. Beim Hexen ließ sich die kleine Schusselhexe nicht dreinreden.

»Moment … wie ging noch mal der Hexenspruch für Spiegelei mit Speck?«, hörte der blaue Hase sie murmeln. »Ach ja …«

Dann hexte sie, und der blaue Hase schloss wie üblich die Augen und hoffte, dass es klappte.

»Frühstücksgeister, eins, zwei, drei,

aus den Federn, eilt herbei!

Käsefuß vom alten Zeck,

bringt uns … äh … vielerlei mit Dreck!«

»Ich hab’s gewusst!«, stöhnte der blaue Hase und machte die Augen wieder auf.

»Was hast du gewusst?«, fragte die kleine Schusselhexe.

»Da!«, sagte der blaue Hase und zeigte auf die Frühstücksteller.

»Ups!«, sagte die kleine Schusselhexe, denn jetzt sah sie selbst, was sie angerichtet hatte: Auf jedem Teller war ein Häufchen fiese Modderpampe, in der es dazu noch kribbelte und krabbelte.

»Genau wie letztes Mal«, sagte der blaue Hase.

Und was machte die kleine Schusselhexe? – Die schüttelte sich vor Lachen, nahm die Teller und kippte alles aus dem Fenster.

»Dann gibt’s eben Müsli«, gluckste sie. »Das ist sowieso gesünder.«

Müsli fand der blaue Hase ein bisschen langweilig, aber immer noch besser als Vielerlei mit Dreck.

»Ist noch welches mit Möhrchen da?«, fragte er.

»Nein«, sagte die kleine Schusselhexe, »nur noch mit Lakritz.«

Lakritzmüsli fand die kleine Schusselhexe extralecker, aber der blaue Hase mochte es gar nicht. Trotzdem sagte er lieber nichts, sonst probierte die kleine Schusselhexe womöglich noch einen Müslizauber. Sogar den bitteren Hexenkakao trank der blaue Hase an diesem Morgen, ohne zu mosern. Er hätte nur ein bisschen Zucker gebraucht.

»Keiner mehr da«, sagte die kleine Schusselhexe. »Aber ich kann dir gern welchen …«

»Nicht nötig!«, sagte der blaue Hase schnell. »Bitter ist sowieso gesünder!«

Die kleine Schusselhexe kicherte, weil sie den blauen Hasen natürlich durchschaute, und genau da klopfte es an der Tür. Nur ganz, ganz leise, aber sie hörten es beide.

 

»Herein!«, rief die kleine Schusselhexe.

Aber nichts rührte sich.

»Die Tür ist offen!«, rief der blaue Hase.

Aber nichts rührte sich.

»Schaust du mal nach?«, fragte die kleine Schusselhexe.

»Wieso ich?«, fragte der blaue Hase.

»Schon gut«, sagte die kleine Schusselhexe. »Ich kann die Tür auch …«

»Nicht nötig!«, sagte der blaue Hase schnell. »Bin schon unterwegs!«