MacKenzie, Elena Desire Night Express

ISBN 978-3-492-98269-6

Überarbeitete Neuausgabe November 2016

 

© der Originalausgabe: Latos Verlag, Calbe/Saale 2015

© für diese Ausgabe: Piper Fahrenheit, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2016

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: (c) Alenavlad

Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe

 

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Kapitel 1

Lily

»Es passiert schon wieder«, flüstere ich in den Telefonhörer. Am anderen Ende der Leitung sitzt meine Kollegin und Freundin, die gerade dabei war, mir einige Daten für eine Immobilie durchzugeben, an der Carter Consulting, die Firma, für die wir beide arbeiten, interessiert ist. Ich bin seit etwa zwei Wochen die persönliche Assistentin unseres Chefs – Inhaber des Unternehmens –, obwohl ich nie darum gebeten habe, diesem frauenfressenden Macho direkt unterstellt zu werden. Viel lieber wäre ich weiter eine der vielen Sekretärinnen geblieben, die zwei Etagen unter der Chefetage vor diesem arroganten Arschloch in Sicherheit sind. Solange er sie nicht zufällig entdeckt und in sein Büro bestellt.

»Wer ist es?«, will Katy wissen.

Ich antworte nicht gleich, sondern warte, bis die Sekretärin das Büro von Mr Carter betreten und die Tür hinter sich geschlossen hat, damit sie mich nicht hören kann.

»Emma Harper.«

»Die Rothaarige aus der Marketingabteilung?«

»Ja«, flüstere ich, dabei kann mich niemand außer Katy hören, weil ich in meinem Vorzimmer allein bin. Ich habe meinen Blick auf die Milchglasfront geheftet, und mein Herz rast heftig in meiner Brust, als ich die zwei Schemen dahinter beobachte, die sich langsam einander nähern. Ich bete, dass er sie nicht direkt vor der Scheibe vögeln wird, ich möchte nicht schon wieder unfreiwillig Zeugin von dem werden, was mein Chef mit seinen Angestellten treibt. Aber als ich sehe, wie er sie mit ihrem Gesicht gegen das Glas drückt und ihre Hände sich neben ihrem Gesicht abstützen, weiß ich, dass ich umsonst gebetet habe. Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Verdammt.«

»Was?«

»Er fickt sie gegen die Scheibe.«

»O Mann, und ich sitze hier unten, während du schon wieder dabei zusehen darfst, wie der heißeste Typ ever eine Frau zum Frühstück verspeist.« Katy seufzt vernehmlich in das Telefon.

»Ich würde liebend gern darauf verzichten, ständig am Sexleben unseres Arschlochchefs teilhaben zu müssen«, stöhne ich verzweifelt. Im selben Augenblick stößt Emma hinter der Scheibe einen lauten Schrei aus, als Aiden Carter beginnt, seine Hüften gegen sie zu stoßen. Ich drehe den Kopf weg, nur um beim nächsten leisen Schrei wieder hinzusehen. Das Schlimme ist ja, dass man nicht sehen will, wie der eigene Chef herumvögelt. Aber man kann auch nicht wegsehen. Und was noch schlimmer ist, ist die Hitze, die durch meinen Körper wütet, die ich niemals vor jemandem eingestehen würde, weil ich Aiden Carter hasse. Weil er Frauen behandelt wie Schmeißfliegen.

»Ich würde liebend gern mal eine der Glücklichen sein, an denen er seinen Frust auslässt«, säuselt Katy. »Aber der Mann sieht mich nicht mal, wenn er direkt vor mir steht und mit mir spricht. O Gott, dabei macht es mich total an, wenn er mich herumkommandiert.«

»Es macht dich an, wie Dreck behandelt zu werden?« Wie kann eine Frau sich davon angemacht fühlen, wenn sie schlecht behandelt wird? Wobei ich zugeben muss, dass ich manchen regen Streit zwischen Aiden Carter und mir nicht immer nur als stressig, sondern auch als aufregend empfinde. Aber das weiß nur ich und so soll es auch bleiben.

»Er behandelt mich nicht wie Dreck. Er ist eben dominant und nicht so ein Weichei wie dein Ex.«

»Steve war ein Idiot, das weiß ich auch ohne dich.« Er war einer dieser Typen, die so überschäumend anhänglich sind, dass man am Anfang noch denkt: Wow, wie romantisch dieser Mann ist. Und dann wacht man irgendwann auf und denkt: Rück mal auf Abstand, ich kann nicht mehr atmen. Ich rutsche auf meinem Bürostuhl umher. Noch immer rammelt Aiden Carter seine Sekretärin. »Ob er weiß, dass ich ihn sehen kann?«

»Da wette ich drauf. Das wird ihn zusätzlich noch anmachen.«

Ich wische mir mit der freien Hand über die Stirn. Mir treibt es den Schweiß aus sämtlichen Poren. Ich war schon immer leicht erregbar. Aber die Vorstellung, dass die starken Hände dieses Mannes mich gegen das Glas drücken würden und er mich so von hinten nehmen würde, jagt Schauer durch meinen Körper. Ja, ich sagte, dass ich ihn hasse. Was auch stimmt. Aber ich bin auch nicht blind. Und Aiden Carter ist unbestreitbar ein Frauenschwarm mit seinen dunkelbraunen, fast schwarzen Haaren, den kakaobraunen Augen und dem heißblütigen Spanier in seinen Genen. Man kann einen Mann durchaus hassen und ihn gleichzeitig sexuell anziehend finden. Die Schemen lösen sich von der Glaswand.

»Ich glaub, sie sind fertig.« Carter verschwindet im Inneren des Raumes, und ich kann nur noch Emma Harper dabei zusehen, wie sie ihren Bleistiftrock wieder nach unten über ihre Hüften schiebt. »Ich leg auf«, zische ich in den Hörer und knalle ihn mit zitternden Händen auf die Gabel.

Im gleichen Moment kommt eine errötete, leicht derangierte Rothaarige aus dem Büro des Chefs und wagt es nicht, mir in die Augen zu sehen, als sie an meinem Schreibtisch vorbeigeht. Ich rolle mit den Augen. Erst lassen sie sich von Carter durchnehmen und dann sind sie immer peinlich berührt. Emma Harper sollte ihre Scham längst überwunden haben. Allein seit ich hier am Schreibtisch vor seinem Büro sitze, war sie schon sechs Mal bei ihm zum »Meeting«.

»Ms Parker? Ich wollte die Akte für die Villa in der Downhill Street schon vor 20 Minuten auf meinem Tisch liegen haben!«

Ich zucke zusammen, als ich seine dunkle Reibeisenstimme neben mir höre. Er hat eben erst eine Sekretärin gevögelt, und man sieht es ihm nicht einmal an. Kein einziges Haar hängt ihm wirr ins Gesicht, sie sind glatt zurückgekämmt und in einen kurzen Zopf gebunden. Sein schwarzer Armani-Anzug hat keine Falte. Alles an dem Mann ist wie immer perfekt, sogar dieser unzufriedene, absolut zornig wirkende Ausdruck in seinem Gesicht. Er hatte gerade eben Sex und wirkt, als würde er jeden Moment jemanden umbringen wollen. Vorzugsweise mich, denn seine dunklen Augen fixieren mich abwartend. In meinem Hals bildet sich ein Kloß, den ich mit meiner eigenen Wut auf Aiden Carter hinunter kämpfe. Ich stelle mir einfach vor, wie ich ihm mit einem meiner High Heels in sein maskulin kantiges, extrem raues und männliches Gesicht trete.

»Mr Carter, Sie werden entschuldigen, aber in den vergangenen Minuten war es mir nicht möglich, Ihr Büro zu betreten«, sage ich mit aufgesetztem Lächeln und blinzle übertrieben mit den Wimpern, dabei sehe ich ihm unverwandt ins Gesicht, um keine Schwäche zu zeigen. Wäre schlimm, wenn der Mann auch nur ahnen würde, dass ich weiche Knie und Herzrasen bekomme, wenn er so nah vor mir steht.

Er beugt sich zu mir runter und stützt sich mit beiden Händen auf meinem Schreibtisch ab. Mit den Händen, die er gerade noch auf und wahrscheinlich auch in Emma Harper hatte. Ich verziehe angewidert das Gesicht. Seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. »Ms Parker, Lily«, sagt er gefährlich ruhig. »Wären Sie pünktlich gewesen, wäre mein Aufeinandertreffen mit Ms Harper absolut kein Problem gewesen.«

Ich schnaube abfällig und beuge mich weiter über den Tisch. Er riecht nach seinem würzigen Aftershave, das irgendwie zu ihm passt. »Es heißt Mrs Harper, die Dame ist verheiratet.«

»Umso besser. Verheiratete Frauen stellen keine Ansprüche.«

»Sie müssten sich nicht vor Ansprüchen fürchten, wenn Sie nicht mit all Ihren weiblichen Angestellten ›aufeinandertreffen‹ würden.« Ich lächle ihn unschuldig an, als seine persönliche Assistentin weiß ich natürlich von der Klage einer seiner Ex-Angestellten wegen sexueller Belästigung. Und natürlich weiß ich, dass sie es war, die sich bei ihm regelrecht angebiedert hat. Welcher Mann kann schon Nein sagen, wenn eine vollbusige Blondine in die Herrentoilette marschiert und ihm anbietet, ihm behilflich zu sein? Ich nehme die Akte, die vor mir liegt und halte sie ihm unter die Nase.

Er beugt sich noch näher zu mir runter. Unsere Nasenspitzen berühren sich fast. »Sie sollten vorsichtiger sein mit dem, was Sie sagen.«

Ich zucke nicht einmal mit der Wimper. »Oh, Sie meinen, weil Sie mich kündigen würden, wenn ich nicht brav bin? Kündigen Sie mich, dann muss ich nicht ständig zusehen, wie hier derangierte Frauen ein- und ausgehen.«

»Sind Sie eifersüchtig?«, fragt er mit einem süffisanten Grinsen, und seine Augen blitzen wissend auf, als ich heftig schlucke. Schon seit Wochen, noch bevor er mich in seine Abteilung versetzt hat, versucht er, mich mit herben, aber überdeutlichen Sprüchen in die Ecke zu treiben. Aber ich bleibe standhaft. Ich werde niemals eine dieser Frauen werden, die sich von Aiden Carter benutzen lassen. Ich ignoriere einfach das lockende Zucken zwischen meinen Schenkeln, wann immer wir uns über den Weg laufen und uns anschreien. Mein Willen ist stärker als dieses Zucken.

Ich atme ruhig ein. »Nein, ich wollte nur niemals diesen Job hier. Es lebt sich in dieser Firma entspannter, wenn man nicht direkt mit Ihnen zu tun hat«, antworte ich jetzt und ärgere mich über das leichte Zittern in meiner Stimme. Er soll nicht denken, dass ich Angst davor hätte, gekündigt zu werden. Das Zittern stammt von seinem Atem auf meinem Gesicht. Obwohl ich ihn hasse, schafft er es, meinen Puls zum Rasen zu bringen, meine Kehle auszutrocknen und meine Handflächen – und nicht nur die – feucht werden zu lassen.

Seine Augenbrauen wandern ein Stück nach oben. »Warum nicht?«

»Weil ich lieber direkt mit den Immobilien und Kunden zu tun habe und nicht damit, Ihnen Ihren Kaffee zu bringen.« Und außerdem hasse ich es, ständig wegen Kleinigkeiten zusammengeschrien zu werden, deren Fehler ich nicht mal begangen habe, füge ich in Gedanken hinzu. Und ich hasse es, jeden Tag aufs Neue mit meiner täglich mehr und mehr schwindenden Selbstbeherrschung zu kämpfen. Irgendwann werfe ich all meine Selbstachtung zum Fenster heraus, stürme in sein Büro und flehe diesen Mann an, mich auch endlich zu vögeln.

Er richtet sich wieder auf. »Diese Stelle war gerade frei, und irgendjemand musste sie besetzen. Und da Sie die einzige Frau im Haus sind, die absolut kein Interesse an mir zeigt – oder an irgendeinem anderen Mann – und ich mir sicher bin, dass Sie noch nicht einmal wissen, was Gefühle und Leidenschaft sind – Eisprinzessin –, war es naheliegend, Sie mit dieser Aufgabe zu betrauen.«

Ich presse die Kiefer aufeinander und atme ruhig ein, bevor ich antworte: »Dann hat mich also nicht mein Können für diesen Job qualifiziert, sondern die Tatsache, dass ich Sie nie an mein Höschen lassen würde?«

»So ist es.«

Als ich vor sechs Monaten hier angefangen habe, hatte ich keine Ahnung, dass ich irgendwann für ihn persönlich arbeiten würde. Aber ich muss dieses eine Jahr hier durchziehen, um die nötigen Erfahrungen zu sammeln, die ich benötige, um bei der direkten Konkurrenz auch nur einen Fuß in die Tür zu bekommen. Er nimmt die Akte von meinem Schreibtisch und öffnet sie. »Dann sind wir uns ja einig, Sie bleiben genau dort an diesem Schreibtisch.«

Ja, damit er nicht in Versuchung kommt, noch eine weitere Assistentin zu verschleißen. Dieser Gedanke bohrt sich fast schmerzhaft in meinen Magen, weil das auch heißt, dass dieser Mann jede Frau der Welt ficken würde, nur mich nicht. Weil ich ein paar Kilos zu viel auf den Hüften habe. Ein paar heißt ungefähr 15. Gleichmäßig verteilt auf eine Körpergröße von 1,69 Metern. Katy meint, ich wäre kurvig wie ein Pin-up-Girl. Ich meine, ich bin fett. Aber wenn er mich so absolut nicht will, warum lässt er mich dann immer wieder das Gefühl haben, dass er mich doch will? Da sind diese glühenden, nachdenklichen Blicke, die mich verfolgen, wenn ich in sein Büro trete. Da sind die zweideutigen oder manchmal auch eindeutigen, dreckigen Bemerkungen. Irgendetwas an mir hält ihn zurück, lässt ihn diese Grenze nicht übertreten. Und so ungern ich es zugebe, ich fühle mich etwas beleidigt. Jede Frau will doch begehrt werden, selbst wenn es von einem Kerl wie diesem ist.

Er blättert durch das Exposé der Villa und kneift die Lippen fest aufeinander, dann knurrt er leise. »Wo sind die Adressen der Vorbesitzer? Sie wissen genau, dass ich die immer will. Man sollte meinen, dass Sie das langsam hinbekommen.«

Ich straffe genervt die Schultern. »Es gibt keine Vorbesitzer. Die Baufirma hat sie gebaut, und die Auftraggeberin ist verstorben, bevor sie überhaupt einziehen konnte. Die Erben konnten bis heute nicht ausfindig gemacht werden.« Was bedeutet, die Villa zu erwerben, sollte ein Problem werden. Er wirft mir einen unzufriedenen Blick zu, dabei arbeitet sein markanter Unterkiefer, während seine Zähne mahlen.

»Bringen Sie mir einen Kaffee«, sagt er und geht zurück in sein Büro.

Ich atme erleichtert aus. Mein Herz hämmert noch immer in meiner Brust. Wenn dieser Mann vor mir steht, dann scheint mein Körper hin- und hergerissen zwischen Anspannung, Anziehung und Nervosität. Fünf Minuten in einem Raum mit ihm, und ich kann nicht entscheiden, welches Kleidungsstück feuchter ist: mein Höschen oder meine Bluse. Von wegen gefühlskalt. Ich bin nur stark genug, meine Finger bei mir zu behalten. Noch. Auch wegen dem, was er in meinen Augen darstellt: Ein absolut verabscheuungswürdiges Arschloch. Ich weiß, ich wiederhole mich.

Wütend stehe ich auf und gehe runter in die Küche. Als ich am Schreibtisch meiner Freundin vorbeikomme, folgt sie mir lächelnd. Wir verstehen uns blind, immerhin wohnen wir schon seit fast drei Jahren gemeinsam in einer Wohnung. In dieser Wohnung wohnen auch Jamie, ihr Bruder und mein Ex-Freund. Wahrscheinlich sind wir die am besten aufeinander abgestimmte WG ganz Englands. Jeder von uns weiß zu jedem Augenblick, was der andere fühlt und denkt und gerade dringend braucht. Ich brauche fünf Minuten mit meiner Freundin, um meiner Frustration ein Ventil zu geben. Und Katy weiß genau, dass sie den heißen Dampf, der aus meinem Ventil schießen wird, abfangen muss.

Wir gehen mit zügigen Schritten den langen Flur entlang auf die Küche zu. Die Absätze unserer High Heels hallen laut von den Wänden wider. Sandro, der Abteilungsleiter der Verwaltung und mein ehemaliger direkter Vorgesetzter, hebt den Kopf und schaut von seinem Schreibtisch auf, als wir an der Glasfront seines Büros vorbeigehen. Er grinst und schüttelt den Kopf. Er liest in meinem Gesicht, dass ich schon wieder kurz vor einer Explosion stehe, und er weiß genau, dass es besser wäre, jetzt nicht die Gemeinschaftsküche zu betreten. Sandro, Jamie, Katy und ich gehen häufig zusammen aus. Nicht, dass zwischen Sandro und mir jemals was gelaufen wäre. Wir verstehen uns einfach nur sehr gut. So gut, dass wir auch manchmal miteinander flirten, was absolut nichts zu bedeuten hat.

Mit zu viel Schwung stoße ich die Küchentür auf, sie prallt gegen die Wand dahinter und kommt mit Schwung zurück. Ich halte sie mit der flachen Hand auf und lasse Katy an mir vorbei, dann werfe ich die Tür hinter uns zu.

»Was hat er denn schon wieder gemacht?«, schießt Katy gleich los, drückt den Knopf für Cappuccino auf dem Kaffeevollautomaten, der auf der Arbeitsfläche einer recht modernen, schnörkellosen weißen Einbauküche steht. Sie streicht ihr hellbraunes Haar hinter die Ohren. Sie trägt einen kinnlangen Bob, der einfach perfekt zu ihr passt. Sie ist etwas runder, hat eine üppige Sanduhrenfigur, dazu dieses hübsche, engelhafte Gesicht mit den blauen Augen. Jeder Mann, der sie nicht will, muss einfach blind sein. Was für ziemlich viele Männer gilt, denn die meisten sind schon nach dem ersten Date mit ihr abgeschreckt, weil Katy eine Frau ist, die geradeheraus sagt, was sie denkt. Und sie steht mit beiden Beinen mitten im Leben. Sie ist selbstbewusst, manchmal ein bisschen rechthaberisch und überfürsorglich, aber genau das macht sie eben zu meiner besten Freundin, seit ich vor mehr als drei Jahren nach London gekommen bin, um zu studieren. Katy weiß einfach alles über mich und mein Leben.

Ich nehme die Tasse, die sie mir entgegenhält, und atme tief den aromatischen Duft ein, der mich gleich etwas beruhigt. »Erst schiebt er diese Nummer vor meinen Augen, und dann schreit er mich an, weil er die Akte für eine Villa noch nicht bekommen hat«, stöhne ich noch immer etwas zornig. Ich fühle mich nach jedem Gefecht mit Aiden Carter erschöpft. Mich mit ihm zu streiten, zerrt an meinen Kräften. Ich frage mich, warum er mich nicht wieder versetzt oder kündigt, wenn er mit mir nicht zufrieden ist. Stattdessen wird jeder Arbeitstag in seiner Nähe zum Spießrutenlauf für mich. »Als könnte ich was dafür, dass er eine Sekretärin nach der anderen vernascht und mir gar keine Möglichkeit gibt, meine Aufträge zu erledigen.« Ich verschweige, dass ich ihm die Akte schon zum Arbeitsbeginn heute Morgen hätte geben sollen, ich aber noch nicht alle Infos zusammengetragen hatte und deswegen etwas später dran war. Im Großen und Ganzen habe ich doch recht. Ich kann ja nichts dafür, dass der Notar, der mit dem Testament der Vorbesitzerin beauftragt worden war, sich mehr Zeit für seine Mail genommen hatte als vereinbart. Ja, okay, es ist auch gelogen, dass er ununterbrochen irgendwelche Sekretärinnen vernascht. Eigentlich sind es nur zwei, zwischen denen er hin und her wechselt. Und das kommt auch nicht jeden Tag vor. Schlimm genug ist es trotzdem. Weil es mich so rasend wütend macht, zu wissen, was er in seinem Büro mit diesen Frauen treibt.

Katy grinst in ihre Tasse und hat schon wieder diesen verträumten Blick im Gesicht. Im ganzen Büro gibt es nicht eine Frau unter 50 und über 17, die nicht diesen Blick aufsetzt, wenn die Rede von Aiden Carter ist. »Ich hab dir schon mal gesagt. Du könntest diesen Zoff umgehen, wenn du einfach in sein Büro stürmst, deine Klamotten fallen und dich von diesem Mann vögeln lässt.«

Ich schnappe nach Luft. Die Worte »vögeln« und »ich« und dann noch »Aiden« Carter aus Katys Mund bringen mich immer aus der Fassung. Ich streite es zwar immer wieder ab, dass ich irgendetwas für unseren Chef empfinde, aber sie ist nun mal meine Freundin und weiß ganz genau, in welchem Zustand sich mein Höschen befindet, nachdem ich Kontakt mit Carter hatte. »Ich werde nicht in seinen Sexklub eintreten. Außerdem bin ich sowieso die Einzige in der Firma, die einen Rock trägt, unter den Carter noch nie gekrochen ist. Der Kerl hat schlichtweg kein Interesse an mir.«

»Du vergisst meinen Rock, der ist auch noch immer carterfreie Zone.« Katy seufzt und setzt schon wieder diesen verträumt geilen Blick auf. Ich schnippe mit den Fingern vor ihrem Gesicht herum. »Ja, du hast recht. Er hat wohl kein Interesse an uns beiden.«

Ich nicke, drücke den Knopf für starken Kaffee und lasse Aiden Fucking Carter eine Tasse mit nachtschwarzem Gebräu heraus. »Ich versteh nur nicht, warum er es so auf mich abgesehen hat. Es scheint ihm noch Spaß zu machen, wenn ich ihm Kontra biete. Dann grinst er immer auf diese …« … sexy, heiße, erotische Art. Ich wedele mit einer Hand herum.

Katy lacht laut auf und zeigt mit einem Finger auf mein Gesicht. »Diese wilden Strähnen in deinem Gesicht, diese roten Wangen und der hitzige Blick … Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, du hattest gerade Sex.«

Ich sehe in das verchromte Gehäuse der Kaffeemaschine. Tatsächlich sehe ich etwas lädiert aus. Ein paar meiner schwarzen Haare haben sich aus der locker hochgesteckten Frisur an meinem Hinterkopf gelöst und fliegen wild um mein Gesicht herum. Ich streiche sie nachlässig hinter die Ohren. »Dieser Mann zerstört sogar meine Haare!«, keife ich laut.

»Das würde er wahrscheinlich, wenn er seine Hände hineingraben würde, während er dich über seinen Schreibtisch …«

Ich unterbreche Katy mit einem ermahnenden Blick. »Wir wissen beide, dass das nicht passieren wird.« Mit Männern wie Carter bin ich durch. Mein Ex-Freund Sam – mit ihm war ich nach Jamie ein Jahr lang zusammen – war genauso wie unser vögelnder Chef. Und ich war so blind, dass ich es nicht einmal mitbekommen habe, dass dieser Mistkerl mich mit allem betrogen hat, was auch nur im Entferntesten auf zwei Beinen laufen konnte. Und wenn ich mit allem sage, dann meine ich, dass er zwischen Männlein und Weiblein keinen Unterschied gemacht hat. Es hat erst Katys entrüsteten Notruf gebraucht, als mein damaliger Freund sie in der Damentoilette eines Kinos versucht hat zu bedrängen, um endlich zu kapieren, was ich eigentlich schon lange geahnt hatte: Mein Freund benutzt mich nur, um einen festen, gemütlichen Wohnsitz zu haben, eine Frau, die ihn bekocht und seine Wäsche wäscht. Sex holt er sich woanders. Und aus diesem Grund könnte die Hölle zufrieren, ich würde Aiden Carter nicht in mein Höschen lassen. Es gibt keinen schlimmeren Schmerz als den, den man empfindet, wenn man herausfindet, dass man von dem Menschen betrogen wird, dem man so sehr vertraut, dass man ihn in sein Leben geholt hat.

Katy schüttelt enttäuscht den Kopf. »Nun mach dich mal locker. Du kannst nicht ewig auf den einen Mann warten. Diesen Mann gibt es nicht. Und falls doch, wartet der nicht um die Ecke auf dich. Also, bis du ihn gefunden hast, hab einfach ein bisschen Spaß.«

Spaß haben, so nennt Katy das, was sie und wohl auch der Rest von London jedes Wochenende tun, wenn sie samstags ausgehen und sonntags neben einem fremden Menschen aufwachen. »Du weißt, das ist nichts für mich.«

»Gut, dass ich daran arbeite, dass das was für dich wird.« Sie grinst mich siegesgewiss an, und ich schnaube nur abfällig, nehme Carters Kaffeetasse und lasse Katy einfach stehen. »Wir sehen uns dann heute Abend«, ruft sie mir noch hinterher.

Ja, das werden wir wohl. Ich platze schon jetzt vor Vorfreude. Jamie hat heute Geburtstag, und die beiden haben mich regelrecht dazu erpresst, mit ihnen in einen Pub zu gehen. Ich steige in der zwölften Etage aus dem Fahrstuhl und gehe langsam den Flur entlang. Carters und mein Büro befinden sich am Ende des Ganges. Ich grüße Ally am Empfangstresen im Vorbeigehen und spüre die leichte Hitze in meinen Wangen, als ich mich daran erinnere, dass sie erst am Montag ihre Leidenschaft so laut aus sich herausgeschrien hat, dass jeder auf dieser Etage darüber Bescheid wusste, dass Carter ihr gerade einen himmlischen Orgasmus beschert hatte. Eines Tages werde ich wohl mit dauerroten Wangen durch diese Abteilung gehen, weil es niemanden mehr geben wird, der nicht schon die Ehre hatte, durch Aiden Carter zum Orgasmus gebracht worden zu sein.

Eine Ponysträhne rutscht mir ins Auge. Ich zwinkere, schüttle den Kopf und zwinkere wieder. Reflexartig reibe ich in meinem Auge und stöhne gleichzeitig auf, weil ich nicht nur die Kontaktlinse, sondern auch die Wimperntusche vergessen habe. Ich stelle den Kaffee auf meinem Schreibtisch ab, blinzle, weil meine Sicht verschwommen ist, und stöhne erneut. Die Linse hat sich gelöst. Meine Kontaktlinse landet irgendwo auf dem Boden. Ich drehe mich, suche den Boden ab und knie mich dann wimmernd hin, um besser sehen zu können. »Verdammt!«, fluche ich und krabbele auf allen vieren unter meinen Schreibtisch und taste den Boden ab. Wie konnte mir das nur passieren? Ach ja, genau! Wenn ich irgendwann mal wieder die Zeit habe, einen Friseur aufzusuchen, kann der mir meinen Pony kürzen. Der sticht mir nämlich in die Augen. Aber dank der ständigen Überstunden allein mit Carter hat jeder halbwegs taugliche Friseur in dieser Stadt schon geschlossen, wenn ich dieses Büro verlasse.

Kapitel 2

Aiden

Als mein Kaffee nach 20 Minuten noch immer nicht da ist, beschließe ich, mal nachzusehen, was Ms Parker da treibt. Ich lege die Akte auf den Schreibtisch, in der alles steht, was ich über die alte Villa in der Downhill Street wissen muss, um sie in mein zukünftiges Zuhause verwandeln zu lassen. Ich suche schon eine Weile nach einem Objekt wie diesem, einem Herrenhaus im englischen Stil mit einer beeindruckenden Parkanlage an einem See gelegen. Einen Ort, an den ich mich zurückziehen kann von der Welt und vor allem vor dem, was mit ihr verbunden ist. Noch weiß es niemand, aber ich habe sie gekauft. Auch, wenn mich das ein gutes Stückchen Überzeugungsarbeit gekostet hat.

Ich gehe auf die Bürotür zu und reiße sie auf. Mein Blick trifft auf den Arsch von Lily Parker. Ich erstarre, mir stockt der Atem und ich bin unfähig, meinen Blick von diesem heißen, runden Hintern zu lösen. Ich kann gerade noch ein lautes Stöhnen unterdrücken. Was macht die Frau mit mir? In solchen Augenblicken bin ich mir nicht sicher, ob es nicht doch ein Fehler war, sie mir direkt vor die Nase zu setzen. Aber ich brauche sie in meiner Nähe. Mit ihr zu streiten hilft mir, bei klarem Verstand zu bleiben. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber Lily Parker ist eins von zwei Dingen, die mich davor bewahren, die Kontrolle zu verlieren und mich und alle um mich herum mit mir in einen Abgrund zu reißen, der so tief ist, dass niemand mehr daraus hervorkriechen kann. Und dann tut sie so etwas, und ich beginne zu zweifeln, ob sie am Ende doch nicht zu diesen Dingen gehört, sondern alles nur noch schlimmer macht.

Ich schlucke, wische meine zitternden Hände am Stoff meiner Hosen ab und atme tief ein, um mich zu fassen. Lily Parker ist tabu für mich. Ich darf sie nicht anfassen, weil ich sie brauche, um zu überleben. Wenn mein Schwanz nur auch so darüber denken würde. Der will sie unbedingt. So sehr, dass jeder Sex mit einer anderen Frau sich anfühlt wie ein laues Echo von dem, was diese bemerkenswert nervige, aber auch unglaublich erregende Frau mir mit nur einem Blick aus ihren glutvollen dunkelgrünen Augen verspricht. Dieser kurvige Körper ist schon eine Versuchung in Klamotten, wenn ich mir vorstelle, sie nackt über meinen Schreibtisch zu beugen, könnte ich jedes Mal fast sofort in meine Hosen kommen. Sie und ihr heißer Arsch bringen mich um den Verstand, gleichzeitig schafft sie es, mich zusammenzuhalten, wenn sie mich mit ihrer frechen Klappe bekämpft. Sie lenkt mich ab, und das brauche ich mehr, als einmal meinen Schwanz in ihr zu versenken und sie danach vielleicht vertrieben zu haben. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als gegen dieses Verlangen jeden Tag aufs Neue anzukämpfen, sie weiter damit in den Wahnsinn zu treiben, dass ich andere Frauen vor ihrer süßen Stupsnase vögel, um sie gegen mich aufzubringen.

Und genau diese Fähigkeit von ihr, mich bei Verstand zu halten, ist es, die mich davon abhält, mir zu nehmen, wonach es mir seit Wochen verlangt, jedes Mal wenn wir uns begegnen. Sie will mich so sehr, wie ich sie will. Nur will sie mehr, als ich ihr geben kann, und deswegen darf ich bei ihr nicht die Kontrolle verlieren, sonst laufe ich Gefahr, sie zu verlieren. Solange sie in meiner Nähe zu haben, bedeutet, so etwas wie einen Ruhepol gefunden zu haben, darf ich nichts tun, was sie mir entreißen könnte. Wenn ihr zu widerstehen nicht so unglaublich schwer wäre.

»Ms Parker, was genau tun Sie da unten? Und warum wird mein Kaffee kalt?«, frage ich mit rauer Stimme. Ich kneife die Augen zusammen und setze einen zornigen Blick auf. Verdammt, diese Frau hat aber auch einen Arsch, der Wünsche in einem Mann hervorrufen kann, die heiß und verboten zugleich sind.

Sie sieht über die Schulter zu mir zurück, ihre fast mitternachtsschwarzen Haare stehen wirr um ihr Gesicht herum, was es nicht einfacher macht, denn an die hundert Mal am Tag stelle ich mir vor, diese Frisur in Ordnung zu bringen, nur um sie dann mit meinen eigenen Händen wieder zu zerstören, während ich sie von hinten ficke. Schrei sie an!, befehle ich mir. Tu etwas, was sie wütend macht, damit sie dich anschreit. Damit sie sich mit dir in einen dieser Kämpfe stürzt und verhindert, dass dieser Druck in deinem Inneren sich weiter aufbaut, bis du das Gefühl hast zu platzen. »Ms Parker, Sie sind nicht als Reinigungskraft von mir angestellt worden, wenn Sie also unbedingt den Boden putzen wollen, dann können Sie das nach Ihrer Arbeitszeit tun.«

Sie schnaubt, blitzt mich aus dunkelgrünen Augen an und steht endlich auf. Dabei rutscht ihr Rock über ihre Oberschenkel nach oben und entblößt die schwarze Spitze ihrer halterlosen Strümpfe. Ich stöhne genervt auf. »Können Sie sich nicht erheben wie jeder andere normale Mensch auch?«

Endlich steht sie. In ihren Augen funkelt es, und ich atme erleichtert auf, als ich die Kampflust in ihrem Gesicht sehe. Na endlich. Ich schiebe die Hände in die Taschen und warte mit einem zufriedenen Lächeln auf ihre Antwort.

»Mr Carter, ich weiß ja nicht, wie Sie sonst vom Boden aufstehen, aber ich bin mir sicher, dass ich es nicht deutlich anders tue. Wenn es Sie aber stören sollte, wie ich mich bewege, dann sehen Sie gefälligst weg!« Sie stemmt die Hände in die Hüften und atmet heftig, dabei hebt und senkt sich ihre Brust hektisch, Hitze schießt in ihre Wangen, und ich kann den Puls an ihrem Hals flattern sehen. Genauso wie diese kleine Ader über ihrer Nasenwurzel, die nur dann zum Vorschein kommt, wenn sie so richtig sauer auf mich ist.

»Wohin hätte ich wohl sehen sollen? Sie haben direkt vor meiner Tür gekniet.« Ich runzle die Stirn und genieße innerlich diesen Streit wie jeden anderen davor auch. Lily hat vom ersten Zusammentreffen vor acht Wochen bis heute keinen Hehl daraus gemacht, was sie von mir hält. Vielleicht ist es das, was mich an ihr so fasziniert, dass sie mich zwar will, aber anders als alle anderen hier würde sie nie nachgeben und mit mir schlafen. Sie würde nie versuchen, aus Sex mit dem Chef einen Vorteil zu ziehen. Sie würde sich selbst und auch sonst niemanden gegenüber jemals eingestehen, dass ich in ihr schmutzige Fantasien auslöse. Fantasien, die ich nur zu gern mit ihr erleben würde, wenn das nicht am Ende bedeuten würde, dass ich sie verliere. Denn von den zwei Dingen, die mich vor der Selbstzerstörung retten können, ist sie mir nicht nur das liebste, sie ist auch das ungefährlichste. Und doch fühlt sich jeder Streit zwischen uns an wie ein Spiel mit dem Feuer. »Im Übrigen war die Aussicht … anregend.«

Sie schnappt nach Luft, gleich wird ihr Gesicht noch mehr glühen. Ich hefte meinen Blick auf ihre Wangen und Bingo! »Sie können über meine Arbeit denken, was Sie wollen. Aber mein Arsch geht Sie nichts an.«

Schade, dass sie damit recht hat. Ihr Arsch sollte mich wirklich nicht interessieren. »Mein Kaffee, Ms Parker. Und bevor ich es vergesse: Ihr Arsch und ich haben einen Arbeitsvertrag. Solange Sie also für mich arbeiten, geht mich Ihr Arsch sehr wohl etwas an.« Damit wende ich mich ab und gehe in mein Büro. Ich beeile mich, mich hinter meinen Schreibtisch zu setzen, lege die Fingerspitzen gegeneinander und stütze die Ellenbogen auf die Armlehnen meines Bürosessels. Ich bereite mich auf den Anblick vor, wie sie mit noch immer erhitzten Wangen, zerstörter Frisur und wiegenden Hüften mein Büro betreten wird. Jedes einzelne Mal, wenn sie das tut, ist das ein Höhepunkt in meinem Leben. Ich liebe es, sie zu reizen, sie mehr und mehr gegen mich aufzubringen. Das ist das Spiel, das ich brauche, um mich von dem abzulenken, was mich zerstört. Was sich wie ein Wurm durch meine Eingeweide frisst. Lily weiß es nicht, aber sie rettet mich in jeder Minute des Tages, die sie mit mir verbringt. Deswegen lasse ich sie Tag für Tag Überstunden machen, werfe sie mit sinnlosen Aufgaben zu, nur um sie länger in meiner Nähe zu halten. Damit sie mich davon abhält, dort rauszugehen, mir in irgendeiner Bar eine billige Schlampe an Land zu ziehen oder irgendeinem Idioten das Hirn aus dem Schädel zu prügeln, um die Dunkelheit zurückzudrängen.

Lily kommt in mein Büro und bietet mir genau den Anblick, den ich erwartet habe. In meiner Hose schwillt mein Schwanz an. Ich könnte jede Sekretärin in diesem Haus vögeln, und ich wäre noch immer nicht fertig genug, um bei Lilys Anblick nicht sofort bereit für sie zu sein. Wahrscheinlich mache ich mir etwas vor, wenn ich glaube, dass Ficken noch immer die Macht hat, mich vor dem Zerreißen zu bewahren. Es funktioniert nicht mehr. Nicht, seit ich sie gesehen habe. Vielleicht sollte ich noch heute Sergej anrufen, bevor es zu einer Katastrophe kommt.

Sie bleibt vor meinem Schreibtisch stehen. Ich sehe zu ihr auf. Ihre weiße, dezent durchsichtige Bluse spannt über ihren runden, vollen Brüsten. Ihre vollen Lippen sind nie ganz geschlossen, in der Mitte befindet sich immer ein kleiner Spalt, der meinen Blick magisch dorthin zieht. Dieser Spalt zwingt mir geradezu den Wunsch auf, mit meiner Zungenspitze zwischen diese roten Lippen zu tauchen. Dieser Mund ist zum Küssen gemacht. Ich muss meinen Blick mit Gewalt lösen und räuspere mich. »Wahrscheinlich ist der Kaffee längst kalt«, sage ich trocken, tippe sinnlos auf der Tastatur meines Computers herum und lehne mich wieder zurück.

Sie kommt um den Tisch herum, die Augen verengt. Verwundert sehe ich sie an. Eigentlich kommt sie nie hinter meinen Schreibtisch. Normalerweise stellt sie die Tasse wütend auf der Tischplatte ab und geht, ohne etwas zu sagen. Dieses Mal bleibt sie lächelnd neben mir stehen und funkelt mich aus diesen ausdrucksstarken, leuchtenden Augen an. Ihr blumiger Duft nach Sommerwiese umgibt mich und ich versuche, nicht allzu auffällig davon zu inhalieren, so viel es geht. Sie beugt sich über mich, um die Tasse abzustellen, dabei schwappt der Kaffee über und ergießt sich heiß über meinen noch immer harten Schwanz. Ich sauge zischend Luft zwischen meinen Zähnen ein und zucke fluchend zurück. Das hat sie mit Absicht gemacht. Ich knurre wütend über den Schmerz. Zugleich grinse ich in mich hinein. Sie hat mich provoziert, und das zu wissen, wirkt wie eine Droge auf mich. Es löst ein wohliges Gefühl in mir aus. Wahrscheinlich bin ich irre. Ganz bestimmt bin ich irre. Aber nicht wegen dem, was sie in mir auslöst, sondern wegen dem, was ich tue, wenn sie dieses Gefühl nicht in mir auslöst.

»Oh, das tut mir aber leid«, sagt sie und grinst zufrieden. »Ist der Kaffee etwa zu heiß?«

»Ist er«, murre ich leise und tupfe mit meinem Stofftaschentuch auf meiner Hose herum. Zumindest hat sich jetzt mein Schwanz endlich zurückgezogen.

»Wenigstens wissen wir jetzt, dass er noch nicht zu kalt ist«, sagt sie noch immer grinsend.

Ich werfe ihr einen mörderischen Blick zu, der jeden noch so harten Kerl in Angst und Schrecken versetzt hätte, nur sie nicht.

Sie grinst mich weiter an. »Wenn das dann alles war, würde ich jetzt gern nach Hause gehen.«