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Zu Ehren meines lieben Freundes, Professor Klaus Schultz, des Intendanten und Dramaturgen der Staatstheater in Aachen, Mannheim und München, dem Meister des Wortes und vor allem Lektor von Unterm Messer I bis III, der uns am 26. April 2014 viel zu früh für immer verließ.

Geleitwort

Für jeden Chirurgen, sei er aufstrebender Assistenz­arzt, Oberarzt, arrivierter Chefarzt oder Ordinarius, ist ein Kongress nicht nur ein spannendes Erlebnis, er ist sozusagen ein Muss. Ein Kongress ist Ort der Fortbildung, der Begegnung, des fachlichen Austausches und kul­tu­reller Erlebnisse. Zudem ist er für jede selbstbewusste Chirurgen­persönlichkeit auch ein Schauplatz der Selbstdarstellung. Darüber hinaus finden sich hier Zuhörer, Freunde, Kollegen und Konkurrenten – überhaupt das ganz normale Leben außerhalb des Operationssaals.

Ärzte und Chirurgen mit ihren typischen Eigenschaften und all das, was sich rund um Kongresse abspielt, hat Volker Schumpelick mit humorvoller Feder zu einer amüsanten Sammlung von Kurzgeschichten zusammengefasst. Die gut lesbaren Anekdoten, die von genauester Beobachtungs­gabe des Autors zeugen, sind von Witz und kompromisslosem Erfassen des Wesentlichen geprägt. Sie enthalten viel Amüsantes, Nachdenkliches, Lehrreiches, Kritisches und – nicht zu vergessen – Erhellendes zur Landeskunde der Kongressorte zwischen Ostfriesland und Ostsibirien. Man könnte das Buch daher auch als kleine Kulturgeschichte des chirurgischen Kongresswesens bezeichnen.

Bei der kurzweiligen Lektüre erkennt sich der Leser oftmals wieder – mitten im Publikum oder schwitzend auf dem Rednerpodest. Volker Schumpelick sei gedankt für diese wunderbare Zusammenstellung von Anekdoten rund um das medizinische Kongressleben, in denen er humorvoll, mit scharfen Pointen und einigen verzeihlichen Relativierungen das wissenschaftliche Leben jenseits von Praxis und Klinik aufs Korn nimmt. Genießen Sie diese wunderbaren Geschichten – aber stets in kleinen Dosen!

Prof. Dr. med. Peter M. Vogt, Hannover

Präsident der DGCH 2015

Vorwort

Nach drei Bänden von Patientengeschichten mit über 120 Anekdoten „Unterm Messer“ hat der geneigte Leser womöglich ein gesteigertes Interesse und auch Anrecht darauf, zu erfahren, was der Autor in der Zeit, in der er nicht operativ tätig war, getrieben hat.

Seine vielfältigen Aufgaben als Klinikchef und Lehrstuhlinhaber mit zahlreichen Verpflichtungen in Organisation, Gremienarbeit, Forschung, Ausbildung, Weiterbildung, Betreuung von Doktoranden und Habilitanden, Redaktion von Buchartikeln und wissenschaftlichen Zeitschriften, der Verfassung von Lehrbüchern oder Monografien würden bereits mehrere Bände füllen – sollen dem geschätzten Leser jedoch erspart bleiben, um ihn nicht mit der Beschreibung sich ständig wiederholender Routinearbeiten über Gebühr zu langweilen.

Ein großer Teil der Tätigkeit eines operativ tätigen Mediziners jenseits des Operationssaals voller Vielseitigkeit und einem ungeheuren Reichtum an Anekdoten sind Ärztekongresse, die ihn gleichsam wie ein Schatten begleiten. Nach mehr als 1000 eigenen Vorträgen fühle ich mich berechtigt, zumindest Teilaspekte meiner Kongressaktivitäten zu präsentieren. Von diesen soll im Folgenden berichtet werden, um dem Leser die Faszination der Medizin auch außerhalb der Operationssäle zu vermitteln. Es sind dies die Erfahrungen eines jeden operativ tätigen Arztes, der gelegentlich sein tägliches Handwerkszeug – sei es nun das Skalpell, das Endoskop, die Injektionsnadel, den Katheter oder das Intubationsbesteck – gegen das Mikrofon austauscht. Im Zentrum stehen lebendige Impressionen aus dem medizinischen Kongressleben ohne Anspruch auf Genauigkeit oder Verbindlichkeit im Detail.

Möge diese Darstellung dazu beitragen, beim interessierten Leser und vor allem beim Patienten Verständnis für den Arzt während seiner kongressbedingten Abwesenheit zu erzeugen. Auch der Kollege als Anfänger möge mit den Tipps eines erfahrenen Kongressredners die Scheu vor seinen ersten eigenen Kongressauftritten verlieren und dadurch an Sicherheit und Souveränität gewinnen. Der versierte Kongressbesucher aber wird sich – so hoffe ich – in den Anekdoten aus dem Kongressleben gelegentlich schmunzelnd wiedererkennen. Ich verspreche Ihnen mit den „Kongressgeschichten“ eine informative, manchmal nachdenkliche, immer unterhaltsame und gelegentlich sogar spannende Lektüre, die sich für jeden am Kongressleben interessierten Kollegen lohnen wird. Auch für Studenten, das Pflegepersonal und sogar für den Laien mit wacher Neugier auf den ihm bislang wenig verständlichen Kongressbetrieb sollten die Geschichten von Interesse sein. Nutzen Sie die Gelegenheit, mit den Augen eines Mediziners hinter die Kulissen der Ärztekongresse zu schauen. Viel Spaß bei der Lektüre!

Hamburg, im Frühjahr 2015Volker Schumpelick

Pfälzer Gastfreundschaft

Es gibt Gegenden in Deutschland, die sind vom pflichtbewussten preußisch exakten Berlin weiter entfernt als dies geographisch überhaupt möglich ist. Die Lebensphilosophie der Menschen in diesen Gegenden verkörpert kaum die angeblich urdeutschen Eigenschaften von Verlässlichkeit, aufopferndem Fleiß, befremdender Humorlosigkeit, blindem Gehorsam und selbstvergessener Disziplin und ist damit im strengen Sinne gewissermaßen undeutsch. Das nationaltypische Verhalten, mit dem man nach Einschätzung eines früheren Bundeskanzlers eher ein Straflager als eine moderne Gesellschaft führen kann, wird hier einfach karikiert oder nicht ernst genommen. Eine typische Karikatur ist der Karneval, bei dem mit allem Brimborium das Militär-affine Preußentum imitiert und damit der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Kurz, wir sind in der linksrheinischen Welt angekommen mit einem Lebensverständnis, das sich an der genussorientierten Wirklichkeit frankophiler Menschen orientiert, die Weinbau betreiben und gutes Essen zu schätzen wissen. Dies gilt in besonderem Maße für den Pfälzer, dem dieser Hang zum täglichen Genuss durch das Klima und den Weinbau gleichsam vorgegeben ist – darf sich doch die Pfalz mit Fug und Recht als die Provence Deutschlands rühmen. Insgesamt scheint die preußische Pflicht-Ethik nicht über die Landesgrenze gelangt zu sein, irgendetwas im Pfälzer sträubte sich gegen diese enge Lebensphilosophie.

Vor diesem Hintergrund soll über einen Vortragstermin in der Südpfalz berichtet werden, den ich in Kenntnis der dortigen Gegebenheiten schon Monate vorher freudig annahm, da er eine Reise ins lukullische Land des Genusses schon in der Ankündigung in Aussicht stellte. Es ging um einen Vortrag vor einem regionalen Ärzteverein, der sich aufgrund meiner Publikationen nachhaltig für neue Entwicklungen zur Operation des Magens interessiert zeigte. Die Terminabsprache war einfach, natürlich ein Freitagnachmittag, damit der Samstag noch zum Ausschlafen zur Verfügung stand. Als Anreiz war geplant, den mühsam angereisten Hamburger am Abend durch ein landestypisches Festmahl zu verwöhnen. Man riet ihm daher, nicht mit dem eigenen Auto zu kommen. Ein Termin war rasch gefunden, die Anreise sollte über den Flughafen Frankfurt und dann mit der Bahn nach Mainz erfolgen, der regionale Weitertransport würde vom Veranstalter organisiert. Und so geschah es: In Mainz begrüßte mich ein freundlicher Kollege, der mich mit dem Auto abholte.

Unser Ziel war, wie der Gastgeber mir sagte, das im benachbarten Elsass gelegene Wissembourg, da hier das beste Restaurant weit und breit läge. Um 19.30 Uhr etwa hatten wir endlich unseren Bestimmungsort erreicht und betraten ein kleines, reich bebildertes, typisch elsässisches Restaurant mit einem langen Tisch, an dem die Pfälzer Kollegen es sich schon bequem gemacht hatten. Die Zahl der leeren Weingläser auf dem Tisch dokumentierte einen deutlich früheren Beginn dieser Sitzung und wurde auch so vom Vorsitzenden bestätigt. Man warte jetzt schon seit über anderthalb Stunden auf den Referenten, im Wissen aber, dass er sicher käme, habe man die Zwischenzeit mit der Besprechung allgemeiner Angelegenheiten des Ärztevereins überbrückt und begrüße ihn jetzt umso herzlicher. Es sei für sie eine große Anerkennung, dass ich sie mit einem Vortrag über mein international bekanntes Spezialgebiet beehren wolle. Sie wüssten es außerordentlich zu schätzen, dass ich den weiten Weg von Hamburg an einem Freitagnachmittag auf mich genommen hätte, um ihnen etwas Neues zur Magenchirurgie zu erzählen, etcetera. Man deckte mich gewissermaßen mit Lobreden ein, die ich mit einer kurzen Erwiderung beantwortete, indem ich die Bedeutung der Magenchirurgie gerade für die Pfalz herausstrich, dann aber die Frage stellte, wann und wo ich in diesem engen Lokal mit nur einem großen Tisch meinen Vortrag halten sollte, und wie dies mit meiner sorgsam vorbereiteten Doppelprojektion technisch überhaupt möglich sei. Der Vorsitzende bedeutete mir, das solle seine Sache sein, vorerst aber möge ich mich aber erst einmal von der langen Reisestrapaze mit Speis und Trank stärken. Alles Weitere würde sich später schon regeln. Immerhin sei ein hungriger und durstiger Redner mit Sicherheit ein schlechter Redner und das würde ihre Gastfreundschaft einfach nicht zulassen.

So folgten mehrere Stunden mit munteren Gesprächen und köstlichen Leckereien, die die Atmosphäre nachhaltig auflockerten. Es wurde über alles gesprochen, was Ärzte nun einmal interessiert und viele kluge Fragen zur Magenchirurgie konnte ich nach Kräften beantworten. Als dann der Vorsitzende die versammelten Kollegen um 21.00 Uhr fragte, ob ich meinen Vortrag vor oder nach dem Essen halten solle, war die überwiegende Mehrheit der versammelten Ärzte für ein Vorziehen des Essens, das schon aus der Küche seine Duftsignale gesetzt hatte. Als dann zwei Stunden später voll der guten Weine, der deftigen Elsässer Küche und verlockender süßer Nachspeisen der Vorsitzende die Ärztekammer daran erinnerte, dass mein Vortrag noch ausstände, waren die Kollegen geschlossen der Meinung, dass alles Wichtige zur Magenchirurgie bereits gesagt wäre, und darum es keines weiteren Vortrages bedürfe. Auch ich schloss mich dieser Einschätzung an und packte stillschweigend meine sorgfältig vorbereiteten Diapositive wieder ein.

Zuhause erreichte mich wenige Tage später ein Dankesbrief des Vorsitzenden des regionalen Ärztevereins, in dem er mir mitteilte, dass dieser Abend nach seiner und seiner Kollegen Meinung die informativste Fortbildungsveranstaltung der letzten Jahre gewesen sei. Man habe im Gespräch sehr viel mehr erfahren, als der beste Vortrag es jemals hätte vermitteln können. Diese Form einer lebendigen Fortbildung werde nach seiner festen Überzeugung zukünftig sicher Schule machen.

Schweigsame Ostfriesen

In der Position des älteren Assistenten oder jungen Oberarztes einer Universitätsklinik wird man mit einigen mehr oder weniger ehrenvollen Einladungen eingedeckt, irgendwo zu einem Thema zu sprechen, mit dem man sich einen Namen in der Literatur gemacht hat. Diese Aufforderungen schmeicheln dem neu erwachten Ego, verbessern die Stellung in der eigenen Klinik (man will mich in XY kennenlernen!!), dienen dem Erfahrungsaustausch und sind mit ihrem gelegentlichen schmalen Honorar immerhin ein nettes Zubrot. Man kann sich unter den verschiedenen Angeboten die interessantesten aussuchen – wohl wissend, dass es dabei weniger um Wissenschaft als um Kontaktpflege und Kollegengespräche geht, die gelegentlich auch weiter führen können, so zum Beispiel zum Angebot einer vakant werdenden Chefarztposition. Dieses wenig wissenschaftliche sogenannte „Tingeln“ muss jeder Assistent oder Oberarzt im Interesse der Klinik mitmachen, Initiatoren sind meist Ärztekammern oder Pharmafirmen, die sich die Vortragenden entsprechend dem Wunsch der von ihnen betreuten Kollegen aussuchen. Einige Kollegen standen mit ihrem häufig wiederholten erfolgreichen Vortrag bei den Firmen gewissermaßen unter Dauerkontrakt, bei dem nur die zu besuchende Klinik jeweils nach der regionalen Nachfrage variierte. Diese „Tingeleien“ in die Provinz machten wir alle mit, soweit das Thema und der Ort stimmten. Der Auftritt war ebenso wenig ehrenrührig wie die Einsätze von zweitklassigen Schlagersängern, die in ähnlicher Weise – aber wesentlich besser honoriert – mit ihren Auftritten die Provinz beglücken. Ein Vorteil dieser „Tingelei“ war, dass die meisten Termine auf den freien Ärzte-Mittwochnachmittag fielen, und somit kein ganzer Arbeitstag ausfiel, weil man am folgenden Donnerstagmorgen im Operationssaal wieder aktiv sein und von den gestrigen Heldentaten an einer anderen Klinik berichten konnte. Das festigt das eigene Selbstbewusstsein ebenso wie das interne Ranking innerhalb der Klinik. Hierbei blieb es nicht aus, dass Orte auf dem Radarschirm auftauchten, die man zuvor nicht gekannt hatte. Ohne hier Namen zu nennen und mich potentiell mit dem jeweiligen Oberstadtdirektor anlegen zu wollen, soll die Feststellung genügen, dass zum Beispiel in Ostfriesland nicht nur die Bevölkerungsdichte, die regionale Vernetzung und vor allem aber auch die Bereitschaft zur Kommunikation deutlich eingeschränkter sind als zum Beispiel im Rheinland. Allein schon die Begrüßungsformel „moin moin“ spart mit dem Verzicht im Gruß auf das Anbieten der tatsächlichen Tageszeit deutlich am intellektuellen Einsatz des Begrüßenden. Diese sprachliche Reduktion wird nur noch getoppt durch das norddeutsche „Mahlzeit“, das selbst fastenden Moslems im Ramadan unbedenklich als Begrüßungsformel offeriert wird.

Tatsächlich hatte ich in einer relativ zentralen ostfriesischen Stadt einen Vortrag über das Dickdarmkarzinom zu halten. Dieses Thema war mir durch eigene Untersuchungen und tägliche Operationen so vertraut, dass ich mich ohne große Vorbereitung dieser Aufgabe stellte und anhand von etwa 40 Diapositiven in einem 45 Minuten dauernden Vortrag alle Aspekte – Ätiologie, Pathogenese, operative Therapie, die Behandlung von Lebermetastasen und die adjuvante Chemotherapie – in ruhiger Diktion Schritt für Schritt besprach. Während dieser Dreiviertelstunde begleitete man meine Ausführungen mit wohlwollendem Kopfnicken, das ich als Ausdruck stiller Zustimmung deutete. Der Beifall war nach dem dreiviertelstündigen Vortrag lang anhaltend und freundlich zugewandt. Dies ließ eine lebendige Diskussion erwarten. Umso überraschter war ich, als nach der durch den Vorsitzenden und von mir eröffneten Diskussion trotz mehrfachem Nachhaken keine einzige Frage gestellt wurde. Selbst die Anmerkung des Vorsitzenden, ob es noch weitere Aspekte zum Dickdarmkarzinom gäbe, die ich womöglich aus Zeitmangel nicht erwähnt hätte, fand nach meinen Ausführungen zur Genetik und familiärer Belastung keinerlei Reaktion. Dies war völlig ungewöhnlich für dieses brisante, hochaktuelle und in allen Gazetten breitgetretene Thema. So verharrte die Zuhörerschaft von etwa 45 Ärzten völlig ruhig, ja gleichsam lethargisch auch auf mehrfaches Nachfragen im kollektiven Schweigen. Erst als der Vorsitzende darauf hinwies, dass damit der wissenschaftliche Teil mit einem außergewöhnlich brillanten Vortrag des Referenten und der sich anschließenden Diskussion abgeschlossen sei und jetzt das Buffet eröffnet würde, stürzten sich die vorher so ruhigen Zuhörer in Scharen und mit überraschender Lebendigkeit auf die üppig zubereiteten Speisen und Getränke am Büffet. Die bisherige Schweigsamkeit war wie verschwunden, fröhliche Zurufe und Wünsche auf guten Appetit veränderten schlagartig die Szenerie. Der Vorsitzende forderte mich nachdrücklich auf, auch selbst kräftig zuzulangen, denn dieses Büfett sei wirklich einmalig gut und suche in der ganzen Gegend seinesgleichen. – Als ich mit Mineralwasser und einigen kleinen Happen gestärkt eine halbe Stunde später Richtung Hamburg zurückfuhr, war ich ausgesprochen ernüchtert, ja enttäuscht über die ausbleibende Reaktion zu meinem Vortrag. Alles klärte sich aber, als mir am übernächsten Tag der Vorsitzende einen aktuellen regionalen Zeitungsausschnitt zusandte, in dem mein Vortrag haarklein und präzise wiedergegeben wurde, obwohl es von mir keinerlei Manuskript oder sichtbare Mitschriften während des Vortrags gegeben hatte. Jetzt musste ich meinen stillen Selbstvorwurf, Perlen vor die S… geworfen zu haben, nachhaltig revidieren. Alles war richtig verstanden worden und ich hatte offensichtlich so überzeugend gesprochen, dass keine Fragen offen blieben. Dann aber zu schweigen, wenn nichts zu sagen ist, ist in Ostfriesland genauso selbstverständlich wie der rarifizierte Willkommensgruß „moin moin“, der auf eine exakte Tageszeit verzichtet, da diese dem Angeredeten ja ohnehin bekannt ist. Und dass der Vortrag gut und allgemein verständlich war, konnte sich der Redner ja selbst denken. Warum sollte man darüber also überflüssige Worte machen?

Eine Reise nach Jerusalem

Alle hatten davon abgeraten, einen chirurgischen Workshop in Jerusalem zu veranstalten – das sei zu kompliziert. Schon die Begleitumstände waren schwierig, da zu diesem Zeitpunkt in dem Jerusalemer Universitätshospital gerade der israelische Präsident Sharon wegen einer Hirnblutung eingeliefert worden war und das Krankenhaus nun von Presse, Bewachern und Besuchern nur so wimmelte und von Gerüchten überquoll. Was sollte in diesen Räumen noch ein zusätzlicher Workshop mit aufwändigen Operationsinventar, Hunderten von Besuchern und nicht zuletzt den vielen israelischen Ärzten, die ausgerechnet aus dem Munde deutscher Ärzte erfahren sollten, wie so etwas Einfaches wie Weichteilbrüche auf moderne Weise operiert werden.

Die Resonanz war dennoch wider Erwarten überwältigend – einen derartigen Versuch hatte es nie zuvor gegeben und es war ein ungewisses Experiment. Im normalen Operationsbetrieb einer Universitätsklinik zeigten hier Ärzte aus Deutschland an israelischen Patienten neue operative Methoden, die weltweit angewandt werden. Damit erreichten sie vor allem Kollegen aus der Peripherie Israels, die speziell zu diesem Kongress und Workshop angereist waren. Es ging zum einen um das häufige Thema der Behandlung des Leistenbruchs, die an allen kleinen und kleinsten Kliniken in Israel praktiziert wird und in diesem Workshop eine aktuelle und moderne Standortbestimmung erhalten sollte. Darüber hinaus war das generelle Thema die Behandlung der Bruchkrankheit. Gegenstand des Workshops waren auch die Behandlungsprinzipien des Narbenbruches in seiner konkreten chirurgischen Verfahrenswahl. Dieses Krankheitsbild, das vor allem ältere Menschen mit schwachen Bauchdecken betrifft, war bislang in der jungen israelischen Gesellschaft eher selten. Es erhält aber zunehmende Relevanz, da insbesondere ältere Menschen vor allem aus osteuropäischen Gebieten einwandern und mit ihren schon lange bestehenden Narbenbrüchen die israelischen Ärzte vor Probleme stellen.

Unser Vorteil als Westeuropäer war es, dass wir mit den Narbenbrüchen älterer Menschen schon länger zu tun hatten, und auf dieser Basis bewährte Verfahrensprinzipien demonstrieren konnten. – Alle Eingriffe wurden ergänzt durch ausgesuchte Vorträge aus Israel und Deutschland und eine abschließende Expertenrunde beider Länder zu den offenen Fragen. Bei den Operationen standen immer auch israelische Ärzte mit am Tisch und zeigten den deutschen Kollegen ihre jeweilige Verfahrensweise. Derart gelang über zweieinhalb Tage eine verbindliche Standortbestimmung der deutsch-israelischen Medizin und wir Gastärzte versuchten damit an jene alten Zeiten anzuknüpfen, in der die deutsche operative Medizin ein gewichtiger Maßstab der israelischen Chirurgie war. So fanden wir als Ärzte am Tisch zum Teil die gleichen Instrumente vor, mit denen unsere Lehrmeister uns das Fach nahe gebracht haben. Es war wie ein Nachhause kommen, zumal manche von den älteren Kollegen zumindest noch rudimentär deutsch sprachen und die Instrumente mit den uns vertrauten deutschen Bezeichnungen benannten.

Besonders in diesen Tagen haben wir begriffen, wie sehr mancher Vertreter der Generation vor uns mit ihrem unverzeihlichen staatlich verordneten Antisemitismus und den daraus folgenden schrecklichen Konsequenzen auch unsere Wurzeln soweit abgetötet hat, dass wir ganz langsam danach trachten müssen, als deutsche Ärzte wieder ein eigenes Gesicht und eine internationale Wertschätzung zurückzugewinnen. Es muss die Aufgabe der heutigen jungen deutschen Medizin sein, an diese bewährte Tradition anzuknüpfen und gemeinsam mit israelischen Kollegen Neues zu wagen. Der Zuspruch der Ärzte in Jerusalem war derart überwältigend, dass alle, die uns vor dieser Reise aus den verschiedensten Gründen bewahren wollten, völlig daneben gelegen haben. Auch das banale Argument, vieler für uns inkompatibler und generell unterschiedlicher Instrumente und einer von der unseren abweichenden Instrumentiertechnik war völlig falsch. Jeder deutsche Chirurg könnte heute ohne Verzug jederzeit in einem israelischen Hospital mit dem Operieren beginnen. Umso erfreulicher war es, dass der 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 2014 in Berlin sich unter meiner Präsidentschaft als Partnerland Israel gewählt hatte. Möge diese Geste wie auch unser Jerusalem-Workshop ein neuer Spross an der zarten Pflanze israelisch-deutscher Zusammenarbeit in der Medizin sein.

Besonders gefreut hat mich nach meiner Rückkehr nach Deutschland eine E-Mail von einem in Berlin lebenden Juden, der sich ausdrücklich dafür bedankte, dass ich persönlich als Deutscher seine nach Israel ausgewanderte Mutter in Jerusalem erfolgreich an einem Narbenbruch operiert hatte. Dies sei ein Symbol des neuen Anfangs, zu dem die Deutschen und Israelis aufgrund ihrer Geschichte verpflichtet seien.

Operationskurs in Moskau

Die teilweise mehrfach im Jahr veranstalteten chirurgischen Workshops der Universitätsklinik Aachen zeichneten sich als „Hands-on-Kurse“ dadurch aus, dass hier vor allem junge Chirurgen die Möglichkeit hatten, sich an der Seite erfahrener älterer Kollegen praktisch weiterzubilden und neue Operationen detailliert am Operationstisch zu erlernen. Die Regel war, dass neue Operationsverfahren in Vorträgen theoretisch vorgestellt und dann in ihrer praktischen Anwendung im Operationssaal demonstriert wurden. Die Vorträge wurden von jüngeren Aachener Mitarbeitern als PowerPoint-Präsentationen anhand der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage vorbereitet und immer völlig frei vor den etwa 50 unbekannten Gästen aus ganz Europa gehalten. Der Referent sollte lernen, dass kleine Versprecher und unvollkommene Formulierungen in einem freien Vortrag als Ausdruck menschlicher Schwäche durch die Solidarisierung der Zuhörer einen größeren Sympathiegewinn mit sich bringen, als der beste auswendig gelernte Text.

Bei den Operationen war der Operateur immer ein erfahrener Aachener Oberarzt oder der Chef, der überwiegend allein mit drei Gastärzten, bei großen Eingriffen gelegentlich auch zusammen mit einem weiteren Aachener Kollegen am Operationstisch stand. Alle Patienten waren über diesen Sachverhalt aufgeklärt, hatten ihre schriftliche Zustimmung gegeben und waren entsprechend versichert. Viele Patienten bestanden sogar darauf, gerade in einem Workshop operiert zu werden, da ihnen hier mit dem Viele-Augenprinzip die größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt garantiert wäre. Die mehrjährige Bilanz dieser Lehrveranstaltungen gab dieser Einschätzung Recht, kein Patient war bei den mehr als 100 Aachener Workshops jemals zu Schaden gekommen. Durch strikte Hygiene, häufigen Handschuhwechsel und der Einschränkung von Diskussionen mit den Gästen am Operationstisch erreichten wir eine extrem niedrige Infektionsquote. Umso lebendiger waren darum die Gespräche mit den Gästen in den großzügig geplanten Operationspausen in den benachbarten Aufenthaltsräumen, die allein schon wegen der guten Beköstigung reichlich frequentiert wurden. – Schwierige Operationen mit der Notwendigkeit zur Begrenzung der Zuschauerzahlen wurden per Video in einen Hörsaal übertragen, in dem über eine Wechselsprechanlage ständige Kontaktaufnahme zum verantwortlichen Operateur möglich war.

Diese Operationskurse nach dem Stil des Aachener Workshops gewannen große Attraktivität. Wir mussten vielen Interessenten die Teilnahme verweigern oder sie auf einen späteren Termin vertrösten, da die räumlichen Gegebenheiten die Teilnehmerzahl begrenzte. So war es nicht verwunderlich, dass von vielen Seiten der Wunsch an uns herangetragen wurde, klinikexterne Workshops im Aachener Stil durchzuführen. Innerhalb Deutschlands zogen wir die Wiederholung einer Lösung durch regionale Ausweitung vor. Bis auf wenige Ausnahmen fanden die Workshops nur an der Aachener Klinik statt. Dennoch war die Bitte um eine Verlagerung dieser Workshops auch ins Ausland ein ständiger Wunsch verschiedenster ausländischer Kollegen und medizintechnischer Anbieter. So entschlossen wir uns, an der Universität Moskau, mit der wir enge wissenschaftliche Beziehungen hatten, zusammen mit dem Moskauer Professor Dr. Öttinger einen Workshop in englischer Sprache nach dem bewährten Aachener Muster zu veranstalten. Der Aufwand war beträchtlich und stellte uns in manchen Bereichen vor überraschende Probleme, die sich aber mit der berühmten russischen Improvisationskunst letztlich doch lösen ließen. Als abschließendes Resümee kann gelten, dass es uns mit diesem dreitägigen Operationskurs unter Beteiligung russischer Kollegen gelang, in Moskau eine moderne Standortbestimmung der Viszeralchirurgie zu vermitteln. Für viele russische Kollegen war dies absolutes Neuland, sowohl die laparoskopische Chirurgie als auch die neuen Materialien standen ihnen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Staunend beobachteten sie diese gänzlich andere Welt neuer Instrumente, überzeugender Klammernahtgeräte, sich selbstauflösender Nahtmaterialien und vor allem der laparoskopischen Knopflochchirurgie. Der Kurs war ein großer Erfolg, alle Plätze waren innerhalb von Stunden vergriffen, über hundert Chirurgen aus der gesamten Sowjetunion nahmen teil, die Liste der Gäste ging von Kaliningrad bis nach Wladiwostok, von der Krim bis nach Nischni Nowgorod.

Drei Beobachtungen beeindruckten uns am meisten: Das war zum ersten die Geschicklichkeit der Chirurgen, die mit uns am Tisch standen. Wir wussten schon von vielen vorherigen Erlebnissen mit russischen Chirurgen, dass einen Operationskurs in Russland zu veranstalten etwa so ist, als wolle man Eulen nach Athen tragen. Denn russische Chirurgen sind außerordentlich geschickt und können historisch eine große Liste beeindruckender Erfolge für sich reklamieren. Jeder, der mit russischen Chirurgen zu tun hatte, und viele Kriegsberichte sprechen davon, rühmte ihre Geschicklichkeit und Improvisationskunst. Sie wären mit Sicherheit weiter, wenn ihnen die gleichen Methoden, Materialien und Instrumente wie uns im Westen zur Verfügung gestanden hätten. Auch Chirurgie ist nun einmal mehr von der Ausstattung abhängig als allein von einem noch so guten Willen.

Das zweite, was uns Ärzten auffiel, war die Bescheidenheit und das völlige Fehlen von Anspruchsdenken bei den Patienten. Kaum bekleidet in knappen Operationshemden gingen sie mit bloßen Füßen nach dem Eingriff in Lokalanästhesie mehrere Treppen zu Fuß hoch zu Ihren Zimmern. Was unsere Patienten als selbstverständlichen Komfort der operativen Nachsorge mit Infusionssystemen und Schmerzmitteln ansehen, war hier im Jahre 1992 noch nicht die Regel. Besonders nachhaltig beschäftigt hat mich allerdings das Resümee mancher russischer Kongressteilnehmer, die alles sehr interessant fanden, aber wiederholt darauf hinwiesen, dass das hier Gezeigte für sie nur eine Fata Morgana sei, die bei der allgemein schlechten Versorgungslage in den russischen Kliniken auch in Zukunft nie Realität werden würde. Wenn sie heute ohnehin nicht über genügend Verbandskompressen, Katheter, Nahtmaterialien oder Infusionsbestecke verfügen könnten, warum sollte man sich dann beispielsweise mit der laparoskopischen Chirurgie beschäftigen? Auch den Hinweis, dass dies mittelfristig ein Wettbewerbsvorteil sein könnte, vernahmen die Kollegen skeptisch abwinkend mit dem Einwand, dass sie das doch gar nicht wollten, da sie dann für ihr geringes Gehalt noch mehr arbeiten müssten. Es würde ihnen schon reichen, heute mit dem Notwendigsten besser ausgestattet zu sein, als sich für morgen eine Chirurgie anzueignen, die sich ohnehin keiner werden leisten können, da sie nur etwas für die Reichen sei.

Die dritte überraschende Beobachtung, die uns allerdings erst einige Tage nach dem Workshop gerüchteweise mitgeteilt wurde, war das Auftauchen eines „blinden Passagiers“ unter den von uns operierten Patienten. Demnach soll sich ein pfiffiger Moskauer Rentner mit einem Leistenbruch in die Klinik eingeschmuggelt haben, weil er gehört und in der Zeitung gelesen hatte, dass hier hervorragende Chirurgen aus Deutschland in einem Operationskurs russische Patienten kostenlos an Brüchen operierten. Was sonst nur in teuren Privatkliniken möglich, fand hier gewissermaßen umsonst statt. Als im Kommunismus gewiefter „Organisierer“ und Nutzer von Sonderangeboten hieß es für ihn, sofort zu handeln. Die Aufnahme auf der Station war für diesen Kenner des auf Beziehungen und Autoritätsgläubigkeit beruhenden russischen Systems eine Leichtigkeit, indem er sich mit unserer und anderer Prominenter angeblichen Empfehlungen lautstark zu der von uns betreuten Klinik Zugang verschaffte und folglich auf das OP-Programm gesetzt wurde, da die hohen Herren Professoren aus Deutschland dies so gewünscht hätten. Und tatsächlich habe ausgerechnet ich ihn in Unkenntnis der Geschichte vor allen Augen persönlich operiert, womit sich dieser Schwejk später auch lautstark brüstete. Als dann der Schwindel aufflog, war er schon lange über alle Berge verschwunden, mit der Gewissheit, durch seine Schlauheit bestens und kostenlos von deutschen Spezialisten operiert worden zu sein.

Unser Resümee nach diesem Workshop war, dass die Prinzipien der Marktwirtschaft bis auf wenige Ausnahmen in der russischen Chirurgie noch nicht angekommen waren und vielleicht immer noch nicht sind. Das gilt nicht für die privaten Kliniken in Moskau, in denen westlicher Standard vorgehalten wird. Für sie aber brauchten wir keine Operationskurse in Moskau zu veranstalten, ihre Ärzte fahren direkt in den Westen. Unser Kurs sollte der normalen Bevölkerung und den für einen schlechten Lohn arbeitenden Ärzten zugutekommen, um ihnen wieder die Faszination für ihr wunderbares Faches zu vermitteln. Für sie waren wir nach Moskau gefahren; sie wieder für ihren Beruf zu begeistern, war unser Ziel, das wir zahlreichen Briefen zufolge auch wirklich erreichten – was in der Zwischenzeit bereits zu weiteren Operationskursen in Moskau geführt hat.

Schiffskongress nach Malmö

Der Gedankenaustausch zwischen norddeutschen und skandinavischen Ärzten war traditionell und von der Substanz immer gut. Nicht nur durch die enge Nachbarschaft und das ähnliche Klima ist zumindest das südliche Skandinavien ein beliebtes Urlaubsziel und auch Partnerland für die Bewohner der deutschen Küstenländer. Dies rührt nicht zuletzt aus der gemeinsamen Geschichte der Hanse dieser Ostseeanrainer. Gerade im Sommer zieht es viele Deutsche in diese nördlichen Regionen, die durch eine liebliche Landschaft, ein stabiles eher kontinentales Klima und die Freundlichkeit ihrer Menschen gekennzeichnet sind. Was seit einigen Jahren das Fernsehen begriffen hat, indem es die schwedische Fröhlichkeit der Sommersonnenwende, feinste Krimis und schließlich auch nördliche Romanzen in unser Wohnzimmer transportiert, hatten die Norddeutschen schon seit Jahrzehnten zu praktizieren und schätzen gelernt. Nicht wenige Norddeutsche haben ein Sommerhaus in Skandinavien, wobei Dänemark und Südschweden die bevorzugten Regionen sind. Vor allem eingeschworene Segler ziehen die Ostsee im Sommer dem überfüllten Mittelmeer vor und suchen zwischen den Schären Norwegens oder in der dänischen Südsee ihr Ferienglück.

Während es also viele Deutsche im Sommer (und manche auch im Winter) jährlich nach Skandinavien zieht, steht für die Skandinavier – vor allem für die Schweden – die sommerliche Deutschlandreise hoch im Kurs. Drei Ärzte aus Malmö, ein Gastroenterologe, ein Chirurg und ein Radiologe fassten deshalb den Plan, das Gute mit dem Nützlichen verbinden und einen gemeinsamen sommerlichen Kongress in der Mitte zwischen beiden Ländern veranstalten. Dreißig Jahre nach Beendigung des letzten Weltkrieges, 35 Jahre nach Beendigung der segensreichen Schwedenspeise für hungrige norddeutsche Kinder in der Nachkriegszeit, 40 Jahre nach der Einführung von IKEA in Deutschland, 50 Jahre nach der Übernahme des Knäckebrot in den Speiseplan Deutschlands – und wer’s noch etwas älter mag, 350 Jahre nach der Beendigung des Dreißigjährigen Kriegs und der Besetzung Deutschlands durch die Schweden unter Einschluss des grausamen Schwedentrunks sowie 13 000 Jahre nach der letzten Eiszeit, die unser beiden Länder gemeinsam mit einem riesigen Eispanzer überzog, der heute noch große Granitbrocken als Relikt in der Landschaft zurückgelassen hat –, war die Zeit für Gemeinsamkeiten reif. Nach diesen bewegten Zeiten hatte man als Ausdruck des Neuanfangs von deutscher Seite sogar eine Königin beigesteuert.

Als Treffpunkt für den Erfahrungsaustausch wurde die Ostsee vereinbart, die ja das „mare nostrum“ der beiden Anrainer ist, und den Kongress an Bord einer der großen Fähren zu veranstalten, die zwischen Travemünde und Malmö ihren täglichen Dienst tun. Die Fähre sollte in Malmö mit den schwedischen Kollegen starten, die dann in einem für sie reservierten Bereich der Fähre bereits tagen sollten, um sich dann in Travemünde mit den deutschen Kollegen zu treffen. Auf der Rückfahrt nach Malmö hätten dann beide Gruppen genügend Zeit für einen ausführlichen Meinungsaustausch und die Präsentation von Vorträgen. Die Sprache sollte englisch und die Zahl der Vorträge zwischen den beiden Nationen symmetrisch verteilt, aber den besonderen Umständen angepasst, in ihrer Zahl deutlich limitiert sein. Das Programm war rasch erstellt, renommierte Namen der schwedisch-deutschen Wissenschaftsgesellschaft tauchten darin auf. Schon in einem klassischen Tagungshotel an Land wären Thematik und Referentenauswahl saalfüllend gewesen. Auf einer ruhigen sommerlichen Ostsee mit blauem Himmel und nordisch klarem Licht im Kreise international renommierter Ärzte konnte eigentlich nichts den Erfolg eines solchen Kongresses verhindern. So waren auch rasch die notwendigen Sponsoren gefunden und rasch fand man einen gemeinsamen Termin. Auch die Vorsitze der Sitzungen wurden einvernehmlich durch jeweils einen Vertreter beider Länder geregelt. Für den äußerst unwahrscheinlichen Fall einer stürmischen Überfahrt, hatten sich die schwedischen Kollegen reichlich mit Mitteln gegen Seekrankheit eingedeckt und außerdem sicherheitshalber ein zusätzlicher Raum am tiefsten, d. h. ruhigsten Punkt des Schiffes reservieren lassen. An alles war gedacht, dieser erste deutsch-schwedische Kongress auf einer Fähre über die sommerliche Ostsee konnte nur ein großer Erfolg werden.