Thom Delißen

 

 

Fleisch


Themenzusammenfassung

 

 

 

 

 

Herausgeber:Peaceway
1. Auflage 06/2016

Verlag TD Textdesign

Inhalt

 

1. Fleisch 

2. Intensivtierhaltung 

3. Tiermast 

4. Schlachtier 

5. Schlachtung 

6. Schlachttier- und Fleischuntersuchung 

7. Schächten 

8. Schlachthof 

9. Fleischerei 

10.Freibank 

11.Tierschutz 

12.Tierschutzrecht 

13.Totenstarre 

14.Fistulierung 

15.In-vitro Fleisch 

16.Fleischersatz 

17.Tierhaltung 

18.Freilandhaltung 

19.Neolithische Revolution 

20.Extensive Tierhaltung 

21.Artgerechte Haltung 

22.Tierethik 

23.Tierquälerei 

24.Human-Animal Studies 

25.Tierrechte 

26.Tierrechtsbewegung 

27.Betriebsgröße 

28.Kleinbauer 

29.Landwirtschaftliche Nutzfläche 

30.Industrialisierung 

31.Geschichte der Landwirtschaft 

32.Industrielle Landwirtschaft 

33.Neolithische Revolution 

34.Industrieller Strukrurwandel 

35.Bauernhof 

36.Lebensmittelwirtschaft 

37.Wiederkäuer 

38.Hausrind 

39.Rindfleisch 

40.Rinderproduktion 

41.Schweineproduktion 

42.Hausschwein 

43.Schweinefleisch 

44.Geflügel 

45.Geflügelproduktion 

46.Hühnerei 

47.Broiler 

48.Eintagsküken 

49.Sexen 

50.Lammfleisch 

51.Hausschaf 

52.Zehnfußkrebse 

53.Kopffüßer 

54.Hybride 

55.Pferdefleisch 

56.Kängurufleisch 

57.Wildbret 

58.Bushmeat 

59.Hundefleisch 

60.Entomophagie 

61.Merzvieh 

62.Feedlot 

63.Spaltenboden 

63.Flächenproduktivität 

64.Ballaststoff 

65.Futtermittel 

66.Futtermittelzusatz-stoff 

67.Futtermittelanalytik 

68.Protein 

69.Ölsaat 

70.Sojabohne 

71.Kleie 

72.Presskuchen 

73.Fischmehl 

74.Getreide 

75.Monogastrier 

76.Pflanzenzüchtung 

77.Bewässerung 

78.Dünger 

79.Konventionelle Landwirtschaft 

80.Ökologische Landwirtschaft 

81.Mechanisierung der Landwirtschaft 

82.Landtechnik 

83.Stall 

84.Laufstall  

85.Rasse 

86.Milchproduktion 

87.Milchsammelstelle 

88.Urbanisierung 

89.Biotechnologie 

90.Rote Biotechnologie 

91.Industrielle Biochemie 

92.Gentechnik 

93.Genetik 

94.Gentechnisch veränderter Organismus 

95.Tiere im Militär 

96.Automatisierung 

97.Gesundheitsmanagement 

98.Molekularbiologie 

99.Anabole Steoride 

100.Somatropin 

101.Künstliche Besamung 

102.Embryotransfer 

103.Klonen 

104.Monitoring 

105.Raumklima 

106.Gärsubstrat 

107.Biogas 

108.Nitrate 

109.Abfallentsorgung 

110.Mist 

111.Wald 

112.Biodiversität 

113.Globale Erwärmung 

114.Treibhausgas 

115.Methan 

116.Stickoxide 

117.Treibhauspotential 

118.Selektion  

119.Tierseuche 

120.Infektionskrankheit 

121.Epidemie 

122.Pandemie 

123.Veterinärmedizin 

124.Parasitismus 

125.Krankheitserreger 

126.Pathogenität 

127.Campylobacter 

128.Escheria coli 

129.Maul und Klauenseuche 

130.Mastitis 

131.Rhinitis atrophicans 

132.Salmonellen 

133.Enzootische Pneunomie 

134.Zehenhautentzündung 

135.Moderhinke 

136.Rinderpest 

137.VogelgrippeH5N1 

138.Influenza A/H5N1 

139.Verbreitung von H5N1 

140.BSE Bovine spongiforme Enzephalopathie 

141.Keulung 

142.Mortalität 

143.Prävalenz 

144.Salmonellose 

145.Antibiotikum 

146.Antibiotikaresistenz 

147.Multiresistenz 

148.Kreuzresistenz 

149.Wachstumsförderer 

150.Arzneimittelgesetz (Deutschland) 

151.Metaphylaxe 

152.Zoonose 

153.Chlamydien 

154.Methicillin 

155.Staphylococcus aureus 

156.Verordnung 470/1009 

157.Grüne Gentechnik 

158.Luftschadstoff 

159.Anbindestall 

160.Trauern 

161.Leerkauen 

162.Stangenbeißen 

163.Reiz 

164.Neuroethik 

165.Schmerzempfinden bei Tieren 

166.Zucht 

167.Kannibalismus 

168.Tierethik 

169.Deonthologische Ethik 

170.Praktische Ethik 

171.Psyche 

172.Bewusstsein 

173.Anthromorphismus 

174.Präferenzutilitarismus 

175.Speziesmus 

176.Peter Singer 

177.Tom Regan 

178.Moshe Zuckermann 

179.Manfred Zimmermann 

180.Veganismus 

181.Grundlagenforschung 

182.Forschungseinrichtung 

183.Pharmaunternehmen 

184.Hausmaus 

185,Farbmaus 

186.Wanderratte 

187.Goldhamster 

188.Meerschweinchen 

189.Kaninchen 

190.Vivisektion 

191.Lebensmittelsicherheit 

192.Animal Liberation 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fleisch

Fleisch (von ahd. fleisc) bezeichnet im Allgemeinen Weichteile von Mensch

und Tieren. Im Besonderen steht der Begriff für Teile von Säugetieren und

Vögeln, die zur Ernährung des Menschen genutzt werden. Dazu zählen neben

Muskelgewebe mit Fett- und Bindegewebe auch Sehnen sowie bestimmte innere

Organe. Im Weiteren wird Fleisch auch zur Bezeichnung für die als

Nahrungsmittel genutzten Weichteile wechselwarmer Tiere wie Fische, Krebse,

Muscheln und Schnecken verwendet;¹ verbreitet sind Wortzusammensetzungen

wie Krebsfleisch oder Muschelfleisch.²

 

Es wird unterschieden nach den Fleischsorten (Tierarten) und den

Fleischarten, den verschiedenen Teilen einer Fleischsorte.

 

Definitionen

 

Für den Warenverkehr in der Europäischen Union und der Schweiz ist der

Fleischbegriff rechtlich definiert.

 

Europarechtlich bezeichnet der Ausdruck Fleisch nach der Verordnung (EG)

Nr. 853/2004 alle genießbaren Teile (einschließlich Blut) von Huftieren

(Haustiere der Gattungen Rind, Schwein, Schaf und Ziege sowie als Haustiere

gehaltene Einhufer), Geflügel, Hasentieren und frei lebendem Wild.³

 

Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse⁴ im Deutschen

Lebensmittelbuch bezeichnet Fleisch im allgemeinen Sinne alle Teile von

geschlachteten oder erlegten warmblütigen Tieren, die zum Genuss für

Menschen bestimmt sind. Nach dieser Definition fallen z. B. auch Innereien

und Schwarten darunter. Im Besonderen steht der Begriff für Muskelfleisch,

also nur Skelettmuskulatur mit anhaftendem oder eingelagertem Fett,

Bindegewebe sowie eingelagerten kleineren tierischen Bestandteilen. Im

Begriff Fleisch in der Deklaration der Zutaten von Wurst oder anderen

Fleischprodukten sind die Anteile von Fett und Bindegewebe prozentual

beschränkt.

 

Fleischsorten

 

Die Kochkunst unterscheidet zwischen rotem und weißem Fleisch, allerdings

gibt es keine verbindliche Einteilung. Der Farbunterschied ergibt sich

vorwiegend aus einem unterschiedlichen Gehalt an Myoglobin. Dies ist für

den Sauerstofftransport innerhalb des Muskels, vor allem zu den

Muskelzellen (Myofibrillen), zuständig. Durch Hitze wird das Myoglobin zum

so genannten Metmyoglobin denaturiert, wodurch gebratenes oder gekochtes

Fleisch einen eher gräulichen bis graubraunen Farbton annimmt.

 

Die Fasern des Fleisches können längs, quer oder gekreuzt verlaufen, wobei

der „gekreuzte Verlauf" das Fleisch aufgrund der geringen Faserabstände am

zartesten macht. Längsfasern hingegen machen das Fleisch zäh.

 

Produktion, Schlachtung und Verzehr

 

Zur Fleischproduktion wird Schlachtvieh erzeugt und gehalten. Durch die

Tiermast soll bei den Tieren ein starker Fleischzuwachs in möglichst kurzer

Zeit erreicht werden. Da Fläche einen Kostenfaktor darstellt, wird in der

konventionellen Tierproduktion auf Intensivtierhaltung gesetzt, bei der die

Tiere auf möglichst kleinem Raum mit hohem maschinellen Einsatz gehalten

werden können. Die moderne industrialisierte Fleischproduktion findet in

Großbetrieben statt, dabei wird die Tiermast platzsparend und mit großer

Tieranzahl (Massentierhaltung) durchgeführt.

 

In Deutschland wird fast ausschließlich in staatlich kontrollierten

Schlachthöfen geschlachtet, sodass das Schlachtvieh in der Regel von der

Maststätte dorthin transportiert werden muss. Man unterscheidet

Warmschlachtung (das Fleisch des Tieres wird direkt nach dem Töten

desselben verarbeitet, ohne es zuvor abkühlen zu lassen) und

Kaltschlachtung.

 

Nach der Schlachtung setzt die Muskelstarre ein, der pH-Wert im Muskel

sinkt ab und die Muskelfasern verhärten sich. Während der Starre ist das

Fleisch zäh und trocken und eignet sich nicht zur Zubereitung. Der Beginn

und die Dauer der Muskelstarre sind von der Umgebungstemperatur abhängig.

In der Regel ist die Starre nach etwa 24 Stunden beendet, der pH-Wert

steigt wieder an und das Fleisch wird zart und saftig. Um einen hohen

Genußwert zu erreichen sollte das Fleisch einige Tage abhängen. Durch die

bei der Fleischreifung ablaufenden biochemischen, enzymatischen und

mikrobiologischen Prozesse nimmt sowohl die Zartheit als auch das

charakteristische Aroma im Fleisch weiter zu.

 

Unverarbeitetes Fleisch hält sich bei Zimmertemperatur nur sehr begrenzt,

weswegen vor allem in stark arbeitsteiligen Wirtschaften wie den

Industrienationen eine lückenlose Kühlkette erforderlich ist, um

bakteriellen Verderb zu vermeiden. Eine Haltbarkeit von mehreren Wochen bis

Monaten bei Zimmertemperatur können jedoch Konservierungsmethoden wie

Einkochen, Pökeln, Räuchern, Trocknen oder Fermentieren (Ahle Wurscht,

Salami) des Fleisches erzielen, oder eine Kombination hiervon. Auch ist

eine längere Konservierung durch verschiedene Verpackungsmethoden möglich,

zum Beispiel durch Vakuumverpackungen.

 

Konsum

 

Der durchschnittliche weltweite Pro-Kopf-Konsum betrug im Jahr 2009 47,7

kg.

 

Vor der Neolithischen Revolution standen bei der Ernährung des Menschen

tierische Nahrungsmittel wie Fleisch und Fisch im Vordergrund.⁶ Das

Aufkommen der Landwirtschaft ermöglichte dem Menschen besseren Zugang zu

Nahrungsmitteln pflanzlicher Herkunft. Die sesshafte Lebensweise sowie der

Anstieg der Bevölkerungszahl begrenzte jedoch den Fleischkonsum auf

gelegentlichen Verzehr von Haustieren und nur noch kleinen Mengen an

Wildtieren.⁷ Erst die Ausrottung der Raubtiere aus den Siedlungsgebieten

des Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ermöglichte wieder einen

zunehmenden Konsum von Fleisch von Wild- und Haustieren.⁸

 

Der Fleischkonsum ist in den verschiedenen Staaten der Erde sehr

unterschiedlich ausgeprägt. Dies ist unter anderem kulturell und religiös

bedingt. Der Fleischkonsum steigt mit dem Bruttonationaleinkommen. Nach

einer Hochrechnung der Welternährungsorganisation FAO lag der

Pro-Kopf-Konsum weltweit im Mittel bei 42,5 Kilogramm pro Jahr Wann?.⁹ ¹⁰

 

Eine Abkehr vom Fleischkonsum stellen Bewegungen wie der Vegetarismus oder

Veganismus dar.

 

Ein hoher Verzehr von Fleisch stellt Studien zufolge ein gesundheitliches

Risiko dar.¹¹ ¹²

 

Literatur

 

- Das große Buch vom Fleisch. 1. Auflage 2004, 2. Auflage, Gräfe & Unzer,

  München 2006, ISBN 978-3-8338-0167-9. 

- Jonathan Safran Foer: Tiere essen. Fischer TB, Frankfurt am Main 2012,

  ISBN 978-3-596-18879-6. 

- Karen Duve: Anständig essen: Ein Selbstversuch. Galiani, Berlin 2010,

  ISBN 978-3-86971-028-0. 

 

Weblinks

 

Commons: Fleisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wiktionary: Fleisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme,

Übersetzungen

Wikibooks: Fleischgerichte – Lern- und Lehrmaterialien

Wikiquote: Fleisch – Zitate

- Publikation des „Fleischatlas – Daten und Fakten über Tiere als

  Nahrungsmittel" von Le Monde diplomatique, Böll-Stiftung und Bund für 

  Umwelt und Naturschutz Deutschland direkt als pdf-Datei 

- Fleisch auf lebensmittellexikon.de

- Fleisch auf was-wir-essen.de

 

Einzelnachweise

 

[1] Fleisch In: Brockhaus Enzyklopädie 2002 digital, Bibliographisches

  Institut & F.A. Brockhaus AG, 2002 

[2] Fleisch In: Brockhaus Kochkunst, 1. Auflage, Bibliographisches Institut

  & F.A. Brockhaus AG, 2008. ISBN 9783765332814. 

[3] Verordnung (EG) Nr. 853/2004 Begriffsbestimmungen für Fleisch siehe

  Anhang I 

[4] Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse (PDF; 294 kB)

[5] Food Supply quantity, FAOSTAT, Rom (kg/capita/yr), aufgerufen am 23.

  Januar 2014 

[6] Salim M. Ali, Fleisch: Aus der Perspektive der Welternährung, 2010,

  Books on Demand GmbH, ISBN 3-8391-8563-7, S. 14 

[7] Salim M. Ali, Fleisch: Aus der Perspektive der Welternährung, 2010,

  ISBN 3-8391-8563-7, S. 16 

[8] Salim M. Ali, Fleisch: Aus der Perspektive der Welternährung, 2010,

  ISBN 3-8391-8563-7 , S. 139 

[9] Fleischatlas 2013 (PDF; 5,1 MB) BUND. Archiviert vom Original am 21.

  Januar 2013. Abgerufen am 26. März 2013. 

[10] Der „Fleischatlas 2013" zeigt: Eine Wende in der Agrarpolitik ist

  überfällig! (PDF; 5,1 MB) BUND. Archiviert vom Original am 14. Januar 

  2013. Abgerufen am 6. August 2013. 

[11] Quelle: International Agency for Research on Cancer Key results and

  current scientific activity (Memento vom 25. März 2013 im Internet 

  Archive) 

[12] Quelle: International Agency for Research on Cancer Eat less meat,

  more fish! 

Intensivtierhaltung

 

Intensivtierhaltung oder Massentierhaltung bezeichnet die technisierte

Viehhaltung meist nur einer einzigen Tierart in ländlichen Großbetrieben

mit nicht ausreichend verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen, um die

benötigten Futtermittel selbst zu erzeugen. Das primäre Ziel ist dabei die

größtmögliche Erhöhung des erwirtschafteten Ertrages. Der Begriff

Massentierhaltung" wurde in den 1970er Jahren vom Frankfurter Zoodirektor 

Bernhard Grzimek für die Käfighaltung von Legehennen als Synonym für eine

schlechte Tierhaltung geprägt.² Die Bezeichnung der Haltungsform als

Massentierhaltung" wird vom Deutschen Bauernverband als „politische 

Kampfparole" eingestuft und abgelehnt.³

 

Die intensive Tierhaltung unterscheidet sich von der extensiven und der

artgerechten Haltung durch geringeren Flächenbedarf und stärkere Nutzung

anderer Produktionsfaktoren. Systeme der Intensivtierhaltung sind

insbesondere in Industrieländern verbreitet, verzeichnen jedoch hohe

Wachstumsraten in einigen Entwicklungsländern. Mit der Intensivierung geht

häufig eine Vergrößerung der durchschnittlichen Betriebsgröße einher.

 

Herausforderungen für intensive Systeme bestehen insbesondere im Bereich

von Tiergesundheit, Wasser- und Energieverbrauch und bei der Entsorgung der

Tierausscheidungen, weil durch Gülleausbringung die Gefahr der Überdüngung

und Grundwasserbelastung durch Nitrate besteht daneben auch eine

Geruchsbelästigung.

 

Der Tierschutz und die Problematik der Tiergesundheit, die

Antibiotikaresistenzbildung und deren Einfluss auf die Humanmedizin sind

seit langem Gegenstand von Diskussionen.

 

Definition

 

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen

(FAO) definiert intensive Tierhaltung als Systeme, in denen weniger als 10

% der Futtertrockenmasse dem eigenen Betrieb entstammt und in denen die

Besatzdichte 10 Großvieheinheiten pro Hektar betrieblicher

landwirtschaftlicher Nutzfläche übersteigt.⁴

 

Laut Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei

bestimmten öffentlichen und privaten Projekten unterliegen auch

landwirtschaftliche Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung besonderen

emissionsschutzrechtlichen Überprüfungs- und Genehmigungsverfahren. Als

Grenzwerte nennt das deutsche Gesetz, mit der die EU-Richtlinie in

nationales Recht übernommen wurde bei Anlagen zur Intensivhaltung oder

-aufzucht von Geflügel oder Schweinen mit 40000 Plätzen für Geflügel, mit

3000 Plätzen für Mastschweine (über 30 kg), mit 900 Plätzen für Sauen und

intensive Aquakultur bei einer Produktionskapazität von 1000 t Fisch oder

Muscheln pro Jahr.⁵ .

 

Geschichte

 

Im Zuge der Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert hat sich die

Gesellschaft und Wirtschaft Europas grundlegend verändert. Auch in der

Landwirtschaft gab es einen enormen Produktivitätsanstieg und deutlich

weniger Erwerbstätige. Optimierungen in der Rinder- und Schweinezucht

führten zu einer beträchtlichen Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung

mit Fleisch und Tierprodukten. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die

Hauptphase der industriellen Landwirtschaft in Europa ein, die in den USA

schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu spüren war. Auf der

einen Seite handelt es sich dabei um einen tiefgreifenden Strukturwandel

durch konsequente Nutzung des agrartechnischen Fortschritts. Andererseits

ist der Prozess mit einer Vielzahl von Folgeproblemen behaftet, der mit

Begriffen wie Agrarfabrik, Agribusiness oder Agrarindustrie assoziiert

wird.⁶

 

Verbreitung

 

Intensive Systeme sind für viele klimatische Verhältnisse geeignet. Sie

sind besonders in den OECD-Staaten, aber auch mit steigender Tendenz in

Asien verbreitet. In Getreideimportregionen wie den Niederlanden oder

Norddeutschland befinden sich intensive Tierhaltungsbetriebe meist in der

Nähe von Seehäfen. In Getreideexportländern wie den USA wird die intensive

Viehhaltung häufig in den Getreideanbauregionen betrieben (z. B. Schweine

in Iowa, Rinder in Texas). In Entwicklungsländern mit schlecht entwickelter

Infrastruktur befinden sich die Betriebe in der Nähe urbaner Zentren, da

tierische Produkte hohen Anforderungen beim Transport unterliegen

(Kühlung). Intensive Haltungssysteme finden sich auch in den GUS-Staaten

(Milchvieh) und Nordafrika (Schafe).⁴

 

Im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2003 entstammen der Intensivtierhaltung

nach Schätzung der FAO weltweit 6 % des produzierten Rindfleischs, 0,8 %

des Schaffleischs, 55 % des Schweinefleischs, 72 % des Geflügelfleischs und

60 % der Eier. 6 % der Rinder und Büffel und 0,5 % der Schafe und Ziegen

werden in landlosen Systemen gehalten. In der Kategorie der

Entwicklungsländer werden 8 % der Rinder und Büffel und 0,6 % der Schafe

und Ziegen intensiv gehalten. 0,6 % des produzierten Rindfleischs, 1 % des

Schaffleischs, 47 % des Schweinefleischs, 64 % des Geflügelfleischs und 54

% der Eier kommen aus landlosen Produktionssystemen.⁷ "Die Nachfrage nach

tierischen Erzeugnissen wird bis zum Jahr 2050 um 70 Prozent steigen" und

"Die Viehwirtschaft verbessert die Lebensgrundlagen und schafft

Wirtschaftswachstum und Einkommen in der ländlichen Wirtschaft", sind

Aussagen von Helena Semedo, FAO Deputy Director-General, anlässlich der

"Grünen Woche" 2014 in Berlin ⁸ Aufgrund der steigenden Nachfrage nach

tierischen Produkten durch eine wachsende Weltbevölkerung müsse die

Produktionsintensität weiter nachhaltig gesteigert werden, z. B. durch

Nutzung alternativer Nebenprodukte.⁹

 

Intensive Wiederkäuerproduktionssysteme sind in erster Linie ein

nordamerikanisches Phänomen, wenngleich sie weniger verbreitet auch in

Teilen Europas und des Nahen Ostens auftreten. In Nordamerika werden die

Produktionsstätten auch Feedlots genannt.⁷

 

Produktionstrends

 

Starke Flächen- und Arbeitsproduktivitätszuwächse kennzeichnen die

Entwicklung von intensiven Tierhaltungssystemen. Von 1961 bis 2000 ist die

globale Fleischproduktion um mehr als 350 % und die Milchproduktion um

knapp 175 % gestiegen, während sich die Weide- und Futterbauflächen nur um

ca. 30 % bzw. 100 % ausgedehnt haben. In der EU-15 ist der Flächenverbrauch

bei starkem Produktionsanstieg zurückgegangen.⁴ ¹⁰

 

In den letzten Jahrzehnten wurden die traditionellen ballaststoff- und

energiereichen Fütterungsweisen zugunsten von eiweißreichen verdrängt. 2004

wurden weltweit 690 Millionen Tonnen Getreide (34 % der Welternte) und 18

Millionen Tonnen Ölsaaten (hauptsächlich Soja) an Tiere verfüttert. Hinzu

kommen 295 Millionen Tonnen eiweißreiche Verarbeitungsnebenprodukte wie

Kleie, Ölkuchen und Fischmehl. Zusatzstoffe werden vermehrt verwendet, um

höhere Futterverwertungsraten zu erreichen.⁷

 

Zwischen 1990 und 2006 hat sich im Amazonasgebiet die Fläche für den

Sojaanbau vervierfacht. Verstärkt wird mehr Fläche für den Getreideanbau

gerodet. Obwohl die Landwirtschaft in Mato Grosso intensiviert wird,

schreitet die Umwandlung von Waldfläche in Futtermittelanbaufläche voran.

Hauptabnehmer für den Sojaexport aus Brasilien sind die EU und China, um

heimisches Geflügel und Schweine mit Futter zu versorgen. Soziale und

ökologische Schäden durch die Futtermittelproduktion führen zur Verarmung

der unterentwickelten Erzeugerländer.¹¹

 

Die Monogastrierproduktion wird durch die Intensivierung der Fütterung im

Vergleich zur Wiederkäuerproduktion begünstigt, weil Schweine und Geflügel

diese Futtermittel besser verwerten. Insbesondere in der Geflügelhaltung

können hohe Wachstumsraten und die niedrigen Stückkosten, hauptsächlich

aufgrund der effizienten Futterverwertung, erzielt werden. Der Einsatz von

Getreide in der Wiederkäuerfütterung ist begrenzt auf Länder mit einem

niedrigen Verhältnis von Getreide- zu Fleischpreisen. In vielen

Entwicklungsländern mit Getreidedefiziten ist das nicht profitabel.⁷ Die

FAO schätzt, dass sich die Monogastrierhaltung zukünftig stärker ausweiten

wird als die Wiederkäuerhaltung.⁴

 

Die Ursache für die Verschiebungen in der Fütterung liegen erstens in dem

seit den 1950er Jahren zu beobachtenden stetigen Rückgang der

Getreidepreise. Diese Entwicklung ist wiederum auf eine Intensivierung der

Getreideproduktion zurückzuführen, vor allem im Bereich Pflanzenzüchtung,

Bewässerungsanagement, Düngemittel und Mechanisierung.⁷

 

Der Trend zur Intensivierung ist gegenwärtig am deutlichsten in Asien zu

verzeichnen, wo Land knapp und Arbeit relativ billig ist. Dies begünstigte

unter anderem kleinere Intensivbetriebe. Verbesserter Kapitalzugang

ermöglicht Investitionen in Maschinen, Ställe und Produktionsfaktoren wie

verbesserte Rassen, konzentrierte Futtermittel sowie Arzneimittel. In

Subsahara-Afrika hat sich intensive Milchviehhaltung in Stadtnähe

entwickelt. In Lateinamerika kam es im Zuge verstärkter Urbanisierung und

wirtschaftlicher Erholung in den 1990er Jahren zur Intensivierung der

Geflügelproduktion und Milchviehhaltung. Die Zahl großer und vertikal

integrierter, intensiver Geflügel- und Schweinefleischbetriebe hat in

Entwicklungsländern signifikant zugenommen, insbesondere in Ostasien und

Lateinamerika.¹²

 

Beschreibung

 

Das System ist sehr wissens- und kapitalintensiv. Die intensive Tierhaltung

setzt eine Vielzahl von modernen Techniken ein, um die Produktivität der

Viehzucht zu erhöhen. Hierzu zählen Weiterentwicklungen auf den Gebieten

der Genetik, Tierernährung, Automatisierung und des

Gesundheitsmanagements.⁴ ¹³

 

Heute werden fast ausschließlich hybride Tiere (Kreuzung mehrerer Rassen)

genutzt. Molekularbiologie und Gentechnik spielen dabei eine zunehmend

wichtigere Rolle, etwa in der Verbesserung der Ferkelvitalität,

Krankheitsresistenz und Nutzungsdauer. Des Weiteren werden anabole Steroide

und Somatropine eingesetzt, um das Wachstum zu beschleunigen. Diese sind in

Europa verboten. Künstliche Besamung, Embryotransfer, Klonen,

In-vitro-Fertilisation und Präimplantationsdiagnostik sind

Reproduktionstechniken, die in der professionellen Tierhaltung - zumindest

was die künstliche Besamung angeht - unabhängig von der Landbauform (Bio,

Konventionell) genutzt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde

hat zum Thema Klonen mehrere Stellungnahmen veröffentlicht.¹⁴ Zur

Automatisierung gehören das elektronische Monitoring der Tierleistung sowie

der Einsatz von Computern bei der Futterzubereitung und -rationierung und

der Regulation des Raumklimas. Stallbaudesign, Impfmanagement und

regelmäßige Bestandskontrollen durch vorgeschriebene Hoftierärzte und

Tiergesundheitsdienste (Schweinegesundheitsdienst) sind Bestandteile eines

Tiergesundheitsmanagements, mit dem Ziel den Arzneimitteleinsatz zu

reduzieren.

 

Die Tierprodukte sind fast ausschließlich für den städtischen Konsum

bestimmt und zum effizienten Transport, Verarbeitung und Vermarktung

standardisiert. Zu unterscheiden ist die Haltung von Monogastriern

(Schweine und Geflügel) und Wiederkäuern (Rinder und Schafe).⁴

 

Monogastrier (Schweine und Geflügel)

 

Vorrangig werden Hybride, die positive Eigenschaften der Vater- und

Mutterlinien verbinden, und Hochleistungsrassen eingesetzt. Der Austausch

des genetischen Materials erfolgt hauptsächlich über Spermahandel, aber

auch über Zuchtviehverkauf international. Das System ist meist so

aufgebaut, dass sich unterschiedliche Betriebe jeweils auf die Züchtung,

Aufzucht oder Mast der Tiere spezialisieren. Das Futter setzt sich zusammen

aus zugekauften Futtermitteln und selbst produzierten Futtermitteln. Zur

Fütterung werden energiedichte Futtermittel wie Getreide und Ölsaaten

eingesetzt. Die Futterverwertungsraten betragen etwa 2,5-4 kg Futter/kg

Schweinefleisch und 2-2,5 kg Futter/kg Geflügelfleisch. Die am weitesten

verbreitete und am schnellsten wachsende Schweinerasse ist das englische

Yorkshire-Schwein, mit Tageszunahmen von mehr als 750 g.⁴ ¹⁵

 

Wiederkäuer

 

Hauptsächlich werden spezialisierte Einnutzungsrassen (z. B.

Hochleistungsrassen zur Milcherzeugung) eingesetzt, wobei diese nicht

spezifisch für die Intensivhaltung gezüchtet werden. In der Milchproduktion

ist das Holstein-Rind die weitverbreitetste Rasse. Das Futter wird je nach

Art zugekauft oder auf den betriebseigenen Flächen produziert.

Wiederkäuerfütterung muss neben energiedichten Futtermitteln wie Getreide

auch faserreiche Grobfuttermittel enthalten. Die niedrigere Energiedichte

dieser Futtermittel ist ein wesentlicher Grund für die niedrigen

Futterverwertungsraten gegenüber Schweinen und Geflügel von 8-10 kg

Futter/kg Zuwachs. Häufig werden Wiederkäuer jedoch wie Monogastrier

ernährt.⁴

 

Fische

 

Dabei handelt es sich um die Aufzucht von Fischen und sonstiger

Meerestiere, wie Muscheln, Schwämmen und Schalentieren in Aquakulturen oder

Aquafarming. Darunter fallen auch die Teichwirtschaft sowie Netzgehege im

offenen Meer und in Fließgewässern.

 

Umweltverträglichkeit

 

In Deutschland ist für Betriebe ab einer festgelegten Tierzahl eine

Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben, etwa für Betriebe mit mehr

als 85.000 Masthähnchen oder 3.000 Mastschweinen.¹⁶

 

Landverbrauch

 

Weltweit werden 30 % der Landfläche oder 78 % der landwirtschaftlichen

Nutzfläche für die Tierproduktion direkt (Weiden, 87 %) und indirekt

(Futtermittelanbau, 13 %) genutzt.¹⁰

 

Der britischen Ökobilanz zufolge liegt der Landverbrauch pro Ertragseinheit

bei ökologischen Viehhaltungssystemen um 66 % (Milch) bis über 220 % (Eier,

Geflügel- und Schaffleisch) höher als bei konventionellen Systemen.¹⁷

Während intensive Tierhaltungssysteme und die Intensivierung des

Futteranbaus den Flächenanspruch der Tierhaltung reduzieren, ist die

Erschließung neuer Weideflächen für extensive Systeme ein wesentlicher

Motor der Entwaldung, etwa in Lateinamerika, sowie der Desertifikation,

etwa in Zentralasien.¹⁰ In den OECD-Staaten ist eine Rückwandlung von

Ackerflächen in Naturgebiete zu beobachten, jedoch auf Kosten von

Waldfläche von Latein- und Zentralamerika, wo eine Verschiebung von

Weidefläche zu Ackerfläche für den globalen Futtermittelanbau zu beobachten

ist. Indirekt fördert die intensive Tierhaltung die Abholzung des

tropischen Regenwaldes für Sojaplantagen, wobei der Ausbau der

Verkehrsinfrastruktur in Form des Schienen- und Autobahnnetzes einen

schädlicheren Effekt auf das Ökosystem haben kann als die Plantagen an

sich.¹¹

 

Energieverbrauch

 

Der Primärenergieverbrauch pro Ertragseinheit liegt in der britischen

Ökobilanzierung bei konventionellen Viehhaltungssystemen zwischen 15 %

(Schweinefleisch) und 62 % (Milch) über dem von ökologischen Systemen

(Ausnahmen: Geflügelfleisch und Eier).¹⁷

 

Intensive Systeme benötigen im Vergleich zur Weidehaltung hohe Mengen an

energiedichten Futtermitteln, die wiederum unter hohem Einsatz von

Düngemitteln, Pestiziden, Herbiziden, Wasser und fossilen Treibstoffen

produziert werden. Die Herstellung von Stickstoffdünger und

Pflanzenschutzmitteln ist energieintensiv und mit CO₂-Emissionen verbunden.

Gleiches gilt für die Produktion von Tierarzneimitteln wie Antibiotika.¹¹

 

Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung

 

Die FAO schätzt, dass die Tierproduktion für 8 % des globalen

Wasserverbrauchs verantwortlich ist, dabei entfallen 7 % auf die Produktion

des Futters. Wasserverschmutzung durch die Tierhaltung findet dabei durch

Futterproduktion und damit verbundene Düngeranwendung sowie die hohe

Flächennutzung extensiver Systeme statt. Die Verschmutzung durch intensive

Systeme ist einfacher zu kontrollieren als die Verschmutzung durch

extensive Systeme. Die Produktivität von Wasser in der Futterproduktion ist

bei intensiven Systemen relativ hoch.¹⁰

 

Da die bei der Intensivtierhaltung anfallenden Mengen von Gülle meist die

für die Pflanzenernährung der zugehörigen Flächen sinnvollen bzw. nach der

Düngeverordnung zulässigen Mengen überschreiten, entsteht ein

Entsorgungsproblem. Insbesondere wenn es in einer Region viele große Ställe

gibt, fällt mehr Gülle an, als auf die Felder gebracht werden darf. Die

Gülle muss dann teilweise über hunderte von Kilometern transportiert und

anderswo eingesetzt werden. Ein geringer Teil der Gülle wird als

Gärsubstrat bei der Erzeugung von Biogas verwendet. Vielfach wird die Gülle

jedoch in großen Mengen zunächst zum Anbau von Mais (in Monokulturen) auf

die Felder aufgebracht und der Mais dann zur Gaserzeugung verwendet.¹⁸

Ausscheidungen von Geflügel lassen sich theoretisch trocknen und

transportieren, um dann als Dünger verwendet zu werden. Rinder und Schweine

dagegen scheiden zu 90 % Wasser aus. 10.000 Schweine in der Mast

verursachen die gleiche Abwassermenge wie eine Stadt mit 18.000 Einwohnern.

Weltweit ist das Entsorgen landwirtschaftlicher Abfälle in Wasserläufe

verboten. In den USA wird nur 34 % des Stickstoffes wieder in den Boden

eingebracht. Der Rest landet aufgrund der fehlenden Adsorption der

Nitrationen in Bächen, Flüssen sowie im Grundwasser.¹⁹

 

Trotz technischer Fortschritte bei der Abfallentsorgung werden die

Innovationen laut FAO noch zu selten umgesetzt. Wasserverschmutzungen

treten vor allem durch ineffiziente Tierernährung und Mistkollektion,

-lagerung und -verwertung auf.⁴ ¹⁰ So wird teilweise in Gebieten mit hohem

Viehbesatz der deutsche Grenzwert für Nitratbelastung im Grundwasser (50

mg/l²⁰ ) überschritten (der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation liegt

bei 20 mg/l). Nitratbelastungen verursachen Eutrophierungen und

Übersäuerungen von Nutzflächen. 1999 waren zudem auf 90 % der deutschen

Waldfläche die kritischen Belastungsgrenzen für eutrophierende

Stickstoffeinträge überschritten. Die besonders hohen Überschreitungen

fanden sich in Gebieten mit Intensivtierhaltung.²¹

 

Sowohl das Eutrophierungs- als auch das Versauerungspotential sind laut der

britischen Ökobilanzierung für ökologische Tiererzeugnisse höher als für

konventionelle (Ausnahme: Schweinefleisch), wenn man die Verschmutzung pro

Ertragseinheit vergleicht.¹⁷

 

Biodiversität

 

Die Tierhaltung hat seit der Neolithischen Revolution, also lange vor dem

Aufkommen intensiver Haltungssysteme, einen erheblichen Einfluss auf die

Biodiversität ausgeübt. Laut FAO unterscheiden sich intensive und extensive

Systeme anhand ihres Gefahrenpotentials für die Biodiversität in mehreren

Faktoren. Untersucht wurde die Art des hervorgerufenen

Biodiversitätsrückgangs, also ob Vielfalt innerhalb von Arten

(Intraspezies), in der Vielfalt der Arten (Interspezies) oder in den

Lebensräumen zurückgeht. Die Analyse erfolgte anhand verschiedener

bekannter Mechanismen:¹⁰

 

Globale Erwärmung

 

Ein generelles Problem der Tierproduktion ist die hohe Emission an

Treibhausgasen. 9 % des CO₂, 37 % des Methans (23 mal höheres

Treibhauspotenzial als CO₂) und 65 % aller Stickoxide (296 mal höheres

Treibhauspotenzial als CO₂) stammt aus der globalen Viehhaltung. Um dem

entgegenzuwirken, muss die Effizienz der Tierproduktion und des

Futtermittelanbaus gesteigert werden. Ziel der Optimierung von Tiernahrung

sollte eine Reduktion der Darmfermentation sein. Gülle sollte in

Biogasanlagen recycelt werden.²²

 

Gemäß der FAO bietet die Intensivierung der Tierhaltung großes

Klimaschutzpotenzial.²³ Die FAO schätzt, dass die extensive Tierhaltung

global für deutlich mehr Emissionen von klimarelevanten Treibhausgasen

verantwortlich ist als die intensive.¹⁰ Dies liegt wahrscheinlich daran,

dass Wiederkäuer in der Weidehaltung deutlich mehr Treibhausgase

produzieren als intensive Tierhaltungssysteme, in denen vermehrt

Nichtwiederkäuer gehalten werden, die Futtermittel effizienter verwerten,

weniger Methan ausstoßen und eine kürzere Haltungsdauer besitzen. Aufgrund

des hohen Energiebedarfs für synthetische N-Dünger, Futtermitteltransporte

und der Düngerausbringung (N₂O-Emission) werden jedoch auch in der

intensiven Tierhaltung erhebliche Mengen Treibhausgase freigesetzt.¹¹ Die

Frage, welches Haltungssystem mehr Emissionen pro Ertragseinheit

verursacht, ist dabei nicht eindeutig geklärt.²⁴

 

Emissionsreduktionen sind laut FAO eher bei intensiven Systemen zu

erwarten. Das Anpassungspotenzial an die Folgen der globalen Erwärmung wird

für extensive Systeme als geringer eingeschätzt als für intensive

Systeme.¹⁰

 

Die britische Ökobilanzierung errechnete für ökologische und konventionelle

Tiererzeugnisse folgende Vergleichswerte für das Treibhauspotenzial pro

Ertragseinheit:¹⁷

 

Tiergesundheit

 

Hohe Besatzdichten und große Tiergruppen führen beispielsweise bei

Schweinen zu Lungenentzündung²⁵ und stärkerer Infektion mit Chlamydien.²⁶

Intensive Tierhaltung führt zu Selektion von Parasiten und Pathogenen, die

schneller wachsen, früher infizieren und schließlich virulenter sind.²⁷ In

der Vergangenheit haben sich so bereits einige virulente Grippestämme

gebildet. Epidemiologen empfehlen den Einsatz von Impfstoffen bei

Tierhaltern in der Geflügel- und Schweineproduktion.²⁸ ²⁹ ³⁰

 

Moderne Haltungssysteme mit ganzjähriger Bestallung in spezialisierten

Gebäuden und vollständige Versorgung mit Futtermitteln ohne Nahrungssuche

werden für die Entwicklung komplexer, multifaktorieller Erkrankungen

mitverantwortlich gemacht. Dazu zählen Lungenentzündungen nach dem

Tiertransport (shipping fever), Mastitis beim Rind, Rhinitis atrophicans

und enzootische Pneumonie bei Schweinen sowie infektiöse Bronchitis bei

Geflügel. Dazu zählt auch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei

Pferden, Zehenhautentzündung des Rindes bei Milchkühen und die Moderhinke

bei Schafen. Ursachen sind neben den Erregern die Haltungsfaktoren wie

schlechte Belüftung, staubiges Heu, verpilzte Einstreu, Überbelegung,

niedrige Raumtemperaturen, hohe Luftfeuchte und Transportbelastung.

Inspektionen durch Veterinärmediziner der Tierkörper in Schlachtbetrieben

belegen, dass 30-50 % der Schlachtschweine Atemwegsveränderungen aufweisen,

die auf akute oder länger zurückliegende Erkrankung hindeuten. Lediglich 30

% der Tierkörper sind beanstandungslos. Es besteht noch Forschungsbedarf

für belastungsarme und tierartgerechte Haltungssysteme, die ökonomisch

betrieben werden können.³¹

 

Tierseuchen

 

Während Infektionskrankheiten und Parasiten in kleinen Wildtierpopulationen

völlig normal sind und schnell wieder abklingen, so kommt es durch

Konzentration von Tieren auf engem Raum zur Förderung von Epidemien mit

katastrophalem Ausgang für Mensch und Tier. Historisch wichtig – auch für

die Entwicklung der Veterinärmedizin – war die Erforschung und Ausrottung

der Rinderpest.³² Weltweit für Aufruhr sorgten Erreger der so genannten

Vogelgrippe H5N1. Das diese Seuche verursachende Influenza-A-Virus H5N1

wurde 1997 erstmals in Hongkongs Geflügelproduktionsanlagen nachgewiesen.

Es wurde für sechs verstorbene Menschen verantwortlich gemacht und führte

zur Tötung von 1,2 Millionen Vögeln. In Großbritannien führte ein Ausbruch

der Maul- und Klauenseuche zur Tötung von 440.000 Tieren. BSE (Rinderwahn)

führte zur Massentötung (Keulung) von 11 Millionen Tieren im Jahr 1996.³³

 

Nach Angaben der Weltbank sind Tierkrankheiten für außerordentlich hohe

Kosten verantwortlich. Die BSE-Krise führte allein in Großbritannien zu

einem Verlust von 6 Mrd. US $ und weltweit zu 20 Mrd. US $. Die Bekämpfung

der Vogelgrippe H5N1 (des Influenza-A-Virus H5N1) kostete mehrere 10 Mrd.

US $. Kosten für Gegenmaßnahmen zur Maul- und Klauenseuche belaufen sich

innerhalb der EU auf etwa 90 Mrd. US $.¹¹

 

Salmonellen bei Legehennen

 

Eine durch die EU initiierte Studie (2007) kam zu dem Schluss, dass

Salmonelleninfektionen im Vergleich mit Käfighaltung von Legehennen in

Bodenhaltung, Freilandhaltung und ökologischer Haltung seltener auftauchen.

Da die Käfighaltung deutlich höhere Bestandsgrößen aufweist als die anderen

Systeme, ist unklar, ob das Haltungssystem oder die Bestandsgröße für die

höhere Krankheitshäufigkeit verantwortlich ist.³⁴

 

Bei einer Studie (2010) von 292 Legehennenbetrieben in Belgien,

Deutschland, Griechenland, Italien und der Schweiz wurde die Käfighaltung

als Risikofaktor für Salmonella Enteritidis oder Typhimurium

identifiziert.³⁵

 

Obwohl die Rückverfolgung von Verunreinigungen schwierig ist, sind mehrere

Ausbrüche von Salmonellosen auf verunreinigte Futtermittel zurückzuführen.

Verbesserungen in der Futtermittelsicherheit sollten laut Wissenschaftlern

durch stärkere Überwachungssysteme erreicht werden.³⁶

 

Geflügelmast

 

Infolge der BSE- und MKS-Problematik kam es zum Anstieg des

Geflügelfleischverzehrs als Rind- und Schweinefleischalternative. Jedoch

kommt es auch bei der konventionellen Mast von Geflügel allgemein und Puten

im Speziellen zu vielen zucht- und haltungsbedingten Erkrankungen. Bei fast

allen Tieren kommt es zum Mastende zu einer Skelettverkrümmung und Schäden

im Kniegelenksbereich, so dass keine normale Beinstellung mehr möglich ist.

9 % der Tiere können nicht mehr stehen oder gehen. Die massive Vergrößerung

der Brustmuskulatur drückt die Oberschenkel nach außen und führt zu einem

Beinschwächesyndrom, das mit Schmerzen, Leiden, erhöhtem Federpicken,

Wachstumsdepression sowie verminderter Schlachtkörperqualität und erhöhter

Mortalität verbunden ist. Als Gegenmaßnahmen kommen die Förderung der

Bewegungsaktivität und eine Verminderung der Besatzdichte in Betracht.

Ebenfalls problematisch sind plötzliche Todesfälle durch eine Ruptur der

Aorta, deren Ursache ebenfalls in der Besatzdichte und starken Unruhe im

Stall gesehen wird. Atemwegserkrankungen führen ebenfalls zu erhöhter

Mortalität, aber auch zu verminderter Gewichtszunahme, erhöhten

Medikamentenkosten und Beanstandungen bei der Schlachttier- und

Fleischuntersuchung, was erhebliche wirtschaftliche Verluste beinhaltet.

Insbesondere die nicht-infektiösen Umweltprobleme (Staub, Schadgase,

Luftqualität), die bei den Bedingungen einer Intensivmast in geschlossenen

Stallsystemen kaum zu vermeiden sind, spielen eine Rolle.³⁷

 

Antibiotikaresistenzen

 

Ein wissenschaftlicher Lenkungsausschuss innerhalb der Europäischen Union

kam zu dem Schluss, dass die Verwendung von Antibiotika in niedriger Dosis

als Wachstumsförderer verboten werden sollte, da diese Wirkstoffe für die

Human- oder Veterinärmedizin von Bedeutung sind und die Gefahr einer

Kreuzresistenz gegenüber Medikamenten besteht, die zur Behandlung von

bakteriellen Infekten eingesetzt werden. Auch in Zukunft soll keine

Zulassung von Antibiotika als Futtermittelzusatzstoff erfolgen.³⁸

 

In Deutschland dürfen nach Arzneimittelgesetz nur kranke Tiere behandelt

werden. Der Einsatz zur Wachstumsförderung und zur Überdeckung von

Haltungsmängeln ist untersagt. Tierarztpraxen und Tierhaltungsbetriebe

werden von den Länderbehörden risikoorientiert kontrolliert.³⁹ Um einen

Zusammenhang zwischen Diagnose und Behandlung zu gewährleisten, wurden

Fristenregelungen eingeführt. In Europa gilt seit 1. Januar 2006 ein

Verbot, Antibiotika als leistungsfördernde Futtermittelzusatzstoffe

einzusetzen.⁴⁰ Der in Deutschland flächendeckende Antibiotikeinsatz in der

Tiermast ist gängige Praxis. 92 % aller Masthähnchen in der

Antibiotikastudie 2012 des Landesamt für Umwelt (LANUV) Nordrhein-Westfalen

kamen mit im Durchschnitt über drei verschiedenen Antibiotika pro Mastgang

in Berührung.⁴¹ Es ist unbestritten, dass der Antibiotikaeinsatz in der

Tiermast die Entwicklung und Ausbreitung von antibiotikaresistenten Keimen

fördert.⁴²

 

Aufgrund der hohen Besatzdichten kommt es jedoch auch bei der legalen

therapeutischen Verwendung zu Problemen. Falls ein einzelnes Tier an einer

bakteriellen Infektion erkrankt ist, werden in einer veterinärmedizinischen

Behandlung dem ganzen Bestand Antibiotika verabreicht. Diese Anwendung

(Metaphylaxe) lässt nur die wenigen (durch natürliche Mutation

normalerweise vorhandenen) resistenten Erreger überleben. Diese können

einen resistenten Stamm bilden, wenn sie nicht als Restinfektion durch die

Immunreaktion des Tieres oder Menschen abgetötet werden. Eine erneute

Behandlung mit dem gleichen Antibiotikum kann später wirkungslos sein. Bei

humanpathogenen Erregern sind hauptsächlich Arbeiter in Schweine- und

Geflügelbetrieben betroffen.²⁸ Eine Übertragung multiresistenter Keime aus

der Tierhaltung auf den Menschen kann aber auch innerhalb der

Lebensmittelproduktion und -verarbeitung stattfinden und durch

Gülleausbringung auf Grünflächen. Multiresistente Keime aus der Tierhaltung

können Infektionen beim Menschen auslösen, die länger dauern und schwerer

verlaufen können als herkömmliche Infektionen gleicher Art.⁴³ Folglich hat

der systematische Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung mittels

Resistenzbildungen Einfluss auf die menschliche Gesundheit.

 

Antibiotikaresistente Bakterien werden in großen Mengen über Gülle und

Mistausbringung aus der Intensivtierhaltung direkt in der Umwelt

freigesetzt. Daneben werden auch durch direkten Stoffeintrag Antibiotika

selbst in die Umwelt eingetragen. Dort entfalten sie eine biologische

Wirkung und könnten auch dort noch eine Zunahme antibiotikaresistenter

Bakterien bewirken. Neuere Studien belegen einen starken Anstieg

multiresistenter Bakterien in der Umwelt. Der Weg der resistenten Erreger

zurück zum Menschen ist überall dort möglich, wo Kontakt zu fäkal

verunreinigtem Wasser wie Badegewässer besteht.⁴⁴

 

In den USA wird schätzungsweise mindestens dieselbe Menge Antibiotika an

Tiere verabreicht wie an Menschen. Antibiotikaresistente und zoonotische

Salmonella-, Campylobacter- und Escherichia coli-Stämme werden mit

steigender Häufigkeit in großen Geflügel- und Rinderproduktionsbetrieben

nachgewiesen.³³ Obwohl manche Antibiotika sowohl bei Tieren als auch bei

Menschen eingesetzt werden, ist der Großteil des Resistenzproblems auf die

Anwendung bei Menschen zurückzuführen. Resistenzen können sich in

Nutztieren entwickeln, und resistente Bakterien können sich in tierischen

Nahrungsmitteln befinden, werden jedoch durch Kochen zerstört. Selbst wenn

resistente Pathogene den Menschen erreichen sollten, sind die klinischen

Konsequenzen von Resistenzen gering.⁴⁵

 

Eine Infektion mit Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA)

kann leicht bis schwer sein und verläuft in manchen Fällen tödlich. Die

Abstammungslinie CC398 ist am häufigsten mit einer asymptomatischen

Trägerschaft bei Tieren in Intensivhaltung verbunden, die zur

Lebensmittelerzeugung verwendet werden. CC398 ist zwar selten, wird jedoch

mit tief sitzenden Infektionen der Haut und Weichteile, Lungenentzündung

und Septikämie beim Menschen in Verbindung gebracht. Für Landwirte,

Tierärzte und deren Familien, die mit lebenden Tieren in Kontakt stehen,

besteht ein höheres Risiko für eine Besiedelung und Infektion als für die

allgemeine Bevölkerung. Kontaminierte Lebensmittel sind ein mögliches

Übertragungsvehikel. Hauptreservoirs von CC398 sind Schweine, Kälber und

Broiler-Geflügel. Tiertransporte und der Kontakt zwischen Tieren sind

wahrscheinlich ein wichtiger Faktor für die Übertragung von MRSA.⁴⁶

 

Durch Massentierhaltung verbreiten sich jedoch lediglich tierassoziierte

Keimstämme (LA-MRSA von englisch livestock associated) und keine

Krankenhauskeime vom Typ HA-MRSA (englisch hospital-acquired).⁴⁷ ⁴⁸ ⁴⁹

 

Lebensmittelsicherheit

 

Lebensmittelassoziierte Erkrankungen mit hoher Gesundheitsgefährdung wie

Salmonellen, Campylobacter und Enterohämorrhagische Escherichia coli

(O157:H7) gehen vor allem von tierischen Produkten aus und nehmen aufgrund

des erhöhten Konsums, der Intensivierung der Landwirtschaft und steigender

Temperaturen zu. Weltweit sterben 20 Mio. an Lebensmittelinfektionen.

Volkswirtschaftlich betrachtet kommt es allein in den USA aufgrund von

Krankheit, vorzeitigem Tod und Produktionsrückgängen zu einem Verlust von 8

Mrd. US $ pro Jahr.¹¹

 

Die veterinärmedizinische Behandlung der Nutztiere mit zugelassenen

Antibiotika ist in Europa erlaubt, wobei der Gesetzgeber über die

Rückstandshöchstmengen-Verordnung Grenzwerte im Endprodukt auch für

Importwaren festgelegt hat, um Missbrauch zu vermeiden.⁵⁰

 

Den eingesetzten Futtermitteln werden häufig Futtermittelzusatzstoffe wie

beispielsweise Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Diese müssen in Europa

zunächst durch die EFSA geprüft und vom Gesetzgeber zugelassen werden. Das

Gleiche gilt für Futtermittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen.⁵¹

 

Geruch und andere Emissionen sowie Abfallentsorgung

 

Aus Intensivtierhaltungsbetrieben und ihrer Abfallentsorgung können hohe

Mengen umweltbelastender und teilweise sehr geruchsintensiver

Luftschadstoffe entweichen, vor allem Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Methan

und Lachgas. Darüber hinaus werden von Tierhaltungsanlagen erhebliche

Mengen an Staub⁵² und Bioaerosolen⁵³ emittiert. Zusätzlich führen die

Einträge in Oberflächen- und Grundwasser zur Überdüngung mit Nährstoffen

(Stickstoff, Phosphor) und zu Umweltbelastungen durch Krankheitserreger

sowie zur diffusen Verbreitung von Schwermetallen und Pestiziden.³³ ⁵⁴

Luftemissionen von mehr als 10 Tonnen Ammoniak müssen im Europäischen

Schadstoffemissionsregister gemeldet werden, in dem jeder Betrieb mit Name,

Standort und Emissionen des letzten Berichtsjahres (2010) aufgeführt ist.⁵⁵

 

Die Beseitung und Verwertung von Abfällen der industrialisierten

Tierproduktion ist seuchenhygienisch nicht unproblematisch. Deutschland und

andere Länder diskutierten daher eine Begrenzung der Bestandsgrößen.⁵⁶

 

In Europa wird Umweltbelastungen dadurch entgegengewirkt, dass die

Richtlinie 2008/1/EG (IVU-Richtlinie) bzw. die ab 7. Januar 2013 geltende

Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) die beste verfügbare Technik bei

allen Anlagen zur Intensivtierhaltung ab 40.000 Geflügelplätzen und ab 2000

Mastschweineplätzen vorschreibt. Die europäischen Merkblätter zu besten

verfügbaren Techniken (BVT) nennen Maßnahmen, mit denen Emissionen in Luft,

Wasser und Boden sowie Abfälle vermieden oder gemindert, Ressourcen- und

Energieeffizienz umgesetzt sowie Unfällen vorgebeugt werden kann.⁵⁷ Die

Europäische Kommission organisiert derzeit eine Überarbeitung des

BVT-Merkblattes unter Mitwirkung der Behörden der Mitgliedstaaten sowie der

Industrie- und Umwelt-Verbändevertreter. Ein erster Entwurf ist seit März

2011 in englischer Sprache verfügbar.⁵⁸ Die Industrieemissionsrichtlinie

sieht vor, dass Genehmigungsauflagen überprüft und ggf. angepasst werden,

sobald BVT-Schlussfolgerungen im EU-Amtsblatt veröffentlicht sind. Die

betroffenen Betriebe müssen spätestens vier Jahre nach Veröffentlichung der

BVT-Schlussfolgerungen die mit besten verfügbaren Techniken verbundenen

Emissionswerte einhalten.

 

Tierschutz

 

Haltungsbedingungen

 

In intensiven Haltungssystemen sind Tiere in ihrer Mobilität

eingeschränkter als in extensiven Systemen. Häufig werden Jungtiere bereits

wenige Stunden nach der Geburt von der Mutter getrennt, durch Maschinen

ernährt und an ihren sozialen Interaktionen gehindert.

 

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert, dass Aspekte des Tierwohls in den

Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen nicht berücksichtigt und

keine artgerechte Haltung betrieben wird. So wird das Töten von

Eintagsküken, das Fehlen von Einstreu bei Spaltenböden sowie betäubungslose

Ferkelkastration in der Schweineproduktion als problematisch angesehen.⁵⁹

Das Fehlen von Tageslicht und der Bewegungsmangel führen häufig zu

Aggressionen unter den Tieren. Um Verletzungen durch Artgenossen bei engen

Haltungsbedingungen zu verhindern, werden Schwänze, Zähne und/oder Hörner

von Schweinen und Rindern sowie Schnäbel von Geflügel oft kupiert.⁶⁰

Außerdem wird von Fruchtbarkeitsproblemen bei Zuchtsauen berichtet.⁶¹ Bei

Nicht-Nutztieren sind einige vergleichbare Eingriffe in Deutschland

verboten. Entsprechende Ausnahmen finden sich im deutschen Tierschutzgesetz

§ 6. Nach § 5 ist für diese Eingriffe bei Jungtieren keine schmerzstillende

Betäubung erforderlich.

 

Intensiv gehaltene Kühe und Schweine in Anbindeställen oder Kasten zeigen

abnormales Verhalten wie Trauern, Leerkauen und Beißen in Eisenstangen.

Daher wird in der modernen Tierhaltung die Haltung in Boxenlaufställen u.

a. mit der Möglichkeit eines Auslaufs in Laufhöfen und Zugang zu Weiden

empfohlen. Der Einsatz von Melkrobotern sichert dabei den Kühen jederzeit

den Zugang zum Melken und steigert den Kuhkomfort. Extensiv gehaltene

Milchkühe zeigen dagegen normales Sozialverhalten, selbstständige

Fellpflege und Neugierde.⁶²

 

Eine britische Studie verglich die Wirtschaftlichkeit von Minimalstandards

der EU-Richtlinie 91/630/EEC zur Schweinehaltung mit der eines Systems der

Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals („Freedom Food")

sowie mit der von konventioneller und ökologischer Freilandhaltung. Dabei

kam man zu dem Schluss, dass „Freedom Food" und konventionelle

Freilandhaltung 4-8 % und ökologische Haltung 31 % höhere Kosten

verursachen. Mit Ausnahme der konventionellen Freilandhaltung sei jedoch