Gunter Pirntke

Diplomatie im Unterrock

Bettgeflüster zum Wiener Kongress oder Tanz um die Macht

 

Impressum

Covergestaltung: Irene Repp

Digitalisierung: Gunter Pirntke

BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke


© 2015 andersseitig.de

ISBN: 9783955019488

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Gunter Pirntke, Altenberger Str. 47

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Inhalt

Impressum

Zur Vorgeschichte

Wien und der Kongress

Fürst von Metternich – Der Strippenzieher

Diplomaten im Unterrock

Herzogin Wilhelmine von Sagan

Katharina Pawlowna Bagration

Die Damen des Hauses Sagan und andere Mätressen

Pauline von Sagan

Dorothea von Sagan

Katharina Pawlowna

Alexander I.

Mätressengeflüster

Das Ergebnis des Kongresses

Zusammenfassung

Quellen

 

Zur Vorgeschichte

 

Napoleon Bonaparte, ein französischer General, revolutionärer Diktator und Kaiser, ist der Ausgangspunkt für unsere Geschichte.

Aus korsischer Familie stammend, stieg Bonaparte während der Französischen Revolution in der Armee auf. Er erwies sich als ein militärisches Talent ersten Ranges. Vor allem die Feldzüge in Italien und in Ägypten machten ihn populär. Dies ermöglichte ihm, durch den Staatsstreich des 18. Brumaire VIII (9. November 1799), zunächst als einer von drei Konsuln die Macht in Frankreich zu übernehmen. Von 1799 bis 1804 als Erster Konsul der Französischen Republik und anschließend bis 1814 als Kaiser der Franzosen stand er einem diktatorischen Regime mit plebiszitären Elementen vor.

Durch verschiedene Reformen – etwa die der Justiz durch den Code civil oder die der Verwaltung – hat Napoleon die staatlichen Strukturen Frankreichs bis in die Gegenwart hinein geprägt und die Schaffung eines modernen Zivilrechts in besetzten europäischen Staaten initiiert. Außenpolitisch errang er, gestützt auf die Armee, zeitweise die Herrschaft über weite Teile Kontinentaleuropas. Er war ab 1805 auch König von Italien und von 1806 bis 1813 Protektor des Rheinbundes. Durch die von ihm initiierte Auflösung des Heiligen Römischen Reiches wurde die staatliche Gestaltung Mitteleuropas zu einer zentralen Frage im 19. Jahrhundert. Hatte er anfangs selbst noch den Nationalstaatsgedanken außerhalb Frankreichs verbreitet, erschwerte der Erfolg gerade dieses Gedankens besonders in Spanien, in Deutschland und schließlich auch in Russland die Aufrechterhaltung der napoleonischen Ordnung in Europa.

Napoleon begrüßte die Französische Revolution im Sommer 1789 ausdrücklich, auch wenn er die damit verbundenen Unruhen und Ausschreitungen verurteilte. Er schwor der neuen Ordnung mit seinem Regiment Ende August die Treue. Allerdings sah er die Revolution primär als Chance für die Befreiung Korsikas. Im September nahm er Urlaub von der Armee und kehrte nach Ajaccio zurück. Zusammen mit seinem Bruder Joseph entfaltete er dort umfangreiche politische Aktivitäten.

Als Folge der Revolution konnte der Volksheld Pascal Paoli wieder aus dem Exil zurückkehren. Zwar verherrlichte Napoleon in einer Flugschrift Paoli als sein Vorbild, dieser aber misstraute den Söhnen des zu den Franzosen übergegangenen Carlo Buonaparte.

1791 kehrte Napoleon zu seinem Regiment zurück und wurde zum Lieutenant befördert. Nach der versuchten Flucht Ludwigs XVI. im Juni des Jahres erklärte sich Napoleon zum Republikaner und trat dem örtlichen Jakobinerclub bei. Als Wettbewerbstext für die Akademie in Lyon reichte er eine Schrift mit stark republikanisch geprägten Ansätzen ein. Der Aufenthalt bei der Truppe war kurz und Ende 1791 war Napoleon wieder auf Korsika. Dort schaffte er es, gegen den Willen Paolis durch Wahlmanipulation zum Führer der Nationalgarde aufzusteigen. In der Folge wurde deutlich, dass Napoleon diese Position nutzte, um seinen politischen Einfluss gegenüber Paoli auszubauen. Nachdem seine Truppe in blutige Unruhen verwickelt worden war, wurde die Einheit ins Innere der Insel verlegt, und Napoleon kehrte nach Frankreich zurück.

Wegen zahlreicher Klagen aus Korsika über die Handlungen Napoleons und seine Überschreitung seines Urlaubs wurde er Anfang 1792 aus der Armee entlassen. Als er daraufhin nach Paris reiste, um seine Wiedereinstellung zu erreichen, wurde ihm diese nicht nur gewährt, sondern aus Mangel an Offizieren wurde er zum Capitaine befördert.

Er kehrte allerdings schon bald wieder nach Korsika zurück. Von dort aus beteiligte er sich mit seiner Freiwilligeneinheit am Gefecht bei La Maddalena, einer Militäraktion im Nordosten Sardiniens gegen das Königreich Sardinien-Piemont. Der Versuch, mit seiner Truppe eine zu Sardinien gehörende Insel zu erobern, scheiterte kläglich, weil die Besatzung der Schiffe meuterte. Nachdem der inzwischen neu gebildete Nationalkonvent die Verhaftung Paolis angeordnet hatte und sich Lucien Bonaparte in einem Brief rühmte, dass die Familie Buonaparte dafür verantwortlich sei, musste diese vor dem Zorn der Paolianhänger von der Insel fliehen. Dies bedeutete für die Familie ein Leben im französischen Exil und für Napoleon das Ende seiner korsischen Ambitionen.

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Napoleone Buonaparte als Oberstleutnant der korsischen Nationalgarde (1792)

Nach der Flucht kehrte Napoleon zu seinem in Südfrankreich stationierten Regiment zurück. In Frankreich hatten inzwischen die Jakobiner des Maximilien de Robespierre die Macht übernommen. Hatte sich Napoleon ein Jahr zuvor noch von den Jakobinern distanziert, diente er nunmehr der neuen Führung. Im Juni 1793 verfasste er eine Broschüre, in der er seine politische Position darlegte. In Form eines fiktiven Dialogs ließ diese keinen Zweifel an Bonapartes Zustimmung zum Regime aufkommen. Der Bruder Robespierres, Augustin, der sich als Beauftragter des Konvents im Süden aufhielt, wurde auf Napoleon aufmerksam und ließ seine Schrift drucken.

Napoleon lebte nun mit der übrigen Familie Buonaparte in Marseille. Sein Bruder Joseph warb dort um die Hand der Julie Clary und Napoleon verliebte sich in deren Schwester Désirée Clary, die spätere Frau von Jean-Baptiste Bernadotte, dem späteren Marschall und nachmaligen König von Schweden. Unter dem Eindruck dieser Beziehung begann Bonaparte den autobiographisch gefärbten Roman Clisson et Eugénie zu verfassen, der über das Entwurfstadium nicht hinauskam.

 

Um seine Karriere zu retten, reiste Napoleon nach Paris und versuchte, sich den neuen Machthabern, den sogenannten Thermidorianern um Paul de Barras, anzudienen. Als es in Paris zu einem Aufstand von rechts kam, wurde Barras zum Oberbefehlshaber der Armee des Inneren ernannt. Ohne eigene militärische Kenntnisse holte er Bonaparte an seine Seite. Dieser ließ mit konzentriertem Geschützfeuer die Aufständischen am 5. Oktober 1795 zusammenschießen. Zum Dank wurde er zum Général de division befördert und kurze Zeit später zum Oberbefehlshaber im Inneren ernannt.

Bonaparte lernte im privaten Umfeld der neuen Machthaber Joséphine de Beauharnais kennen. Diese war Witwe des hingerichteten Alexandre de Beauharnais und ehemalige Geliebte von Barras. Für Joséphine, die deutlich älter als Napoleon war, schien bei einer Heirat dessen neue Karriere eine Möglichkeit zu sein, ihren kostspieligen Lebensstil zu finanzieren. Napoleon seinerseits war in Joséphine sicherlich verliebt, aber bei ihm spielten bei dieser Verbindung auch rationale Überlegungen eine Rolle. Damit wurde die Verbindung zu Barras weiter gestärkt und er fand Einlass in die Pariser Gesellschaft. Bonaparte brach die Beziehung zu Désirée Clary ab und heiratete am 9. März 1796 Joséphine.

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Joséphine de Beauharnais (Gemälde von François Gérard, 1801)

Überspringen wir jetzt einige Zeiträume. Nicht nur in der Bevölkerung hatte das Direktorium als bestehende Regierung jegliches Vertrauen verloren, auch im Direktorium selbst spielten Emmanuel Joseph Sieyès und Roger Ducos mit dem Gedanken an einen Staatsstreich und setzten hierbei auf die militärische Hilfe durch Napoleon. Napoleon konnte nicht Mitglied des Direktoriums werden, da man dafür laut Verfassung mindestens 40 Jahre alt sein musste. Am 9. November 1799 schien der Staatsstreich des 18. Brumaire VIII durch politische Manipulationen zu gelingen. Als sich die beiden Parlamentskammern am nächsten Tag widerspenstig zeigten und eine wirre Rede Napoleons die Lage noch verschlimmerte, wurden die Kammern durch die Grenadiere Bonapartes auseinandergetrieben. Ein Rumpfparlament billigte die Pläne zur Einrichtung der Konsulatsverfassung unter den Konsuln Bonaparte, Sieyes und Ducos. In der Folge gelang es Napoleon als dem Ersten Konsul, seine Mitverschwörer ins politische Abseits zu drängen und durch die willfährigen Jean-Jacques Régis de Cambacérès und Charles-François Lebrun zu ersetzen. Der dreißigjährige Bonaparte wurde so als Erster Konsul faktisch zum Alleinherrscher.

Die innen- und außenpolitischen Erfolge ermöglichten es Bonaparte, sich – legitimiert durch eine weitere Volksabstimmung am 2. August 1802 – zum Konsul auf Lebenszeit erklären zu lassen. 3 Millionen abstimmende Franzosen entschieden sich für ein „Ja“, 1600 für ein „Nein“. Die Bestimmung, seinen Nachfolger selbst auswählen zu können, und die Einführung einer regelrechten Hofhaltung in den Tuilerien waren Schritte auf dem Weg zur Monarchie.

Nachdem Napoleon durch eine Volksabstimmung und den Senat die Kaiserwürde angetragen worden war, krönte sich Napoleon am 2. Dezember 1804 in der Zeremonie in Anwesenheit von Pius VII. selbst in der Kathedrale Notre Dame de Paris zum Kaiser. Während die Annahme der Kaiserkrone nach innen sein Prestige weiter erhöhen sollte, war es nach außen ein Versuch, sein Regime dynastisch zu legitimieren. Gleichzeitig signalisierte der Kaisertitel jedoch den Anspruch auf die zukünftige Gestaltung Europas. Der Titel „Kaiser der Franzosen“ bedeutete, dass dieser sich letztlich als Kaiser eines Volkes und nicht eines Reiches sah. Napoleon sah sich als Volkssouverän und nicht, wie alle römischen Kaiser zuvor, als von Gott gekrönter Kaiser (Gottesgnadentum). Am 26. Mai 1805 wurde Napoleon im Mailänder Dom mit der Eisernen Krone der Langobarden zum König von Italien gekrönt.

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Die Krönung in Notre Dame (1804) (Gemälde von Jacques-Louis David 1805–1807)

Diese Krönungen führten zu weiteren Konflikten in den internationalen Beziehungen. Zar Alexander I. ging im April 1805 ein Bündnis mit Großbritannien ein. Ziel war es, Frankreich auf die Grenzen von 1792 zurückzuwerfen. Dem schlossen sich Österreich, Schweden und Neapel an. Nur Preußen beteiligte sich nicht an dieser Dritten Koalition. Umgekehrt traten die nach dem Reichsdeputationshauptschluss gestärkten deutschen Länder Bayern, Württemberg und Baden auf Seiten Bonapartes in den Krieg ein. Gemäß seiner schon früher bewährten Taktik, die feindlichen Armeen voneinander zu trennen und nacheinander zu schlagen, wandte sich Napoleon zunächst gegen Österreich. Der erste Schlag traf mit einer Blitzkampagne die Österreicher in den Schlachten von Elchingen und von Ulm (25. September – 20. Oktober 1805), wo General Karl Mack von Leiberich gezwungen wurde, mit einem Teil der Armee, die anfangs 70.000 Mann stark war, zu kapitulieren. Damit stand Napoleon der Weg nach Wien offen: Nach kleineren Kämpfen entlang der Donau gelang seinen Truppen am 13. November die kampflose Einnahme Wiens.

Im Anschluss lockte Napoleon die Russen und Österreicher durch geschickte Vortäuschung eigener Schwäche in die Schlacht bei Austerlitz, die er am 2. Dezember 1805 gewann. Zwar wurde die französische Flotte bei Trafalgar von Nelson am 21. Oktober 1805 vernichtend geschlagen, aber auf dem Kontinent bedeutete Austerlitz die Entscheidung. Am 26. Dezember 1805 wurde mit Österreich der Friedensvertrag von Pressburg geschlossen. Die Bedingungen waren hart. Die Habsburgermonarchie verlor Tirol und Vorarlberg an Bayern und ihre letzten italienischen Besitzungen fielen an das napoleonische Königreich Italien. Zum Dank für ihre Unterstützung wurden die Kurfürsten von Bayern und Württemberg zu Königen erhoben.

Um die Erfolge zu sichern, betrieb Napoleon mit den jüngeren Angehörigen seiner Familie gezielte Heiratspolitik und setzte Geschwister und Gefolgsleute als Herrscher der abhängigen Staaten ein. So wurde Joseph 1806 zunächst König von Neapel und 1808 König von Spanien, Louis wurde 1806 König von Holland. Seine Schwester Elisa wurde 1805 Fürstin von Lucca und Piombino, 1809 Großherzogin der Toskana, Pauline war vorübergehend Herzogin von Parma und darüber hinaus Herzogin von Guastalla. Caroline Bonaparte wurde als Frau von Joachim Murat 1806 Großherzogin von Berg, 1808 Königin von Neapel. Jérôme wurde 1807 König des neugeschaffenen Königreichs Westphalen. Napoleons Adoptivtochter Stéphanie de Beauharnais heiratete 1806 Erbprinz Karl von Baden und wurde 1811 Großherzogin von Baden. Einzig Napoleons Bruder Lucien, mit dem er sich überworfen hatte, ging weitgehend leer aus.

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Huldigung der Rheinbundfürsten (Charles Motte, kolorierte Lithografie)