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Katzen sind die Weltmeister der Kommunikation

Die meisten Arten der großen Katzenfamilie leben einzelgängerisch und pflegen nur sporadische Kontakte zu den Artgenossen. Da erscheint es logisch, dass Sprache und Verständigung für sie weniger wichtig sind. Doch das Gegenteil ist der Fall: Katzen verfügen über ein komplexes Kommunikationssystem, mit dem sie Stimmungen und Forderungen in jeder Lebenslage unmissverständlich ausdrücken. Die Körpersprache spielt dabei eine zentrale Rolle. So wie wir unserer Meinung mit Händen und Füßen Nachdruck verleihen, kombiniert die Katze Körperhaltung, Gesten und Mimik mit der Lautsprache zum unverwechselbaren Sprachbild. Ein umfassender »Wortschatz« und die Fähigkeit zur differenzierten Verständigung sind besonders für Einzelgänger lebens-, nicht selten überlebenswichtig. Bei feindlicher Bedrohung oder Zoff mit Artgenossen bietet sich ihnen oft nur einmal die Chance, die Fronten im Gespräch zu klären, um Tätlichkeiten zu vermeiden. Die verblüffenden Sprachkenntnisse helfen der Hauskatze, ihre Ansprüche gegenüber Artgenossen und Menschen durchzusetzen, Wut, Trauer, Freude und Anteilnahme auszudrücken, Kontrahenten ihre friedliche Absicht zu vermitteln oder um Nachsicht zu bitten. Die Hauskatze »adoptiert« den Menschen als Ersatzmutter. Sie verhält sich uns gegenüber wie ein Kleinkind, das beschützt und versorgt werden muss, und benutzt dabei Sprachelemente ihrer Babysprache, die man im Gespräch zwischen erwachsenen Katzen nur selten hört. Nicht nur in ihrer Zweisprachigkeit demonstriert die Katze, dass ihr in Kommunikationsfragen niemand das Wasser reichen kann.

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Gerd Ludwig

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Was auch passiert, einer Katze entgeht nichts

Katzen leben in einer fantastischen Welt der Sinne

Wer fehlerfrei kommunizieren will, muss über geschärfte Sinne verfügen. Die Sinnesorgane der Katze sind Hochleistungsempfänger in HD und 3D. Kein anderes Tier kann so viele unterschiedliche Informationen aus seinem Umfeld abrufen und verarbeiten wie sie. Das gilt für wild lebende Arten genauso wie für die Stubentiger. Nur beim Farbensehen und der Sehschärfe erlauben sich Katzen kleine Schwächen.

Katzen sind Raubtiere. Um erfolgreich Beute machen zu können, müssen sie sich auf ihre Kraft, Körperbeherrschung und Fitness, vor allem aber auf ihre scharfen und immer hellwachen Sinne verlassen.

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Augen, Ohren, Nase, Tasthaare: Die Sinnesorgane am Kopf der Katze registrieren jede Bewegung, jedes Geräusch, jeden Geruch und jede Vibration.

DIE SUPERSINNE EINER SCHLEICHJÄGERIN

Wie der Mensch orientiert sich die Katze in erster Linie optisch. Vor allem bei der Pirsch hat aber auch ihr Gehör eine wichtige Leitfunktion. Hier wie beim Riechen sind die Sinnesleistungen der Katze unseren zum Teil deutlich überlegen und speziell auf die Bedürfnisse der dämmerungs- und nachtaktiven Schleichjägerin angepasst. Darüber hinaus ist die Katze zu Wahrnehmungen und Reaktionen fähig, die uns vollständig verschlossen bleiben, etwa bei der zielgerichteten Orientierung im Gelände und dem Heimfinden über mehrere Kilometer, beim Registrieren selbst schwächster Erschütterungen des Bodengrunds oder bei ihrem verblüffenden Zeitsinn.

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Mit den Augen hören

Über den Sehnerv im Auge empfängt die Katze auch akustische Signale, die in den entsprechenden Nervenzellen des Großhirns verarbeitet werden. Die optischen und akustischen Informationen sind Basis der Hörbilder, mit denen sich Katzen orientieren.

Augen, denen selbst die kleinste Bewegung nicht entgeht

Katzenaugen sind Hochleistungsbewegungs-detektoren. Die minimale Positionsänderung eines in die Enge getriebenen Beutetiers bleibt ihnen genauso wenig verborgen wie das fast unmerkliche Anheben der Hand des Katzenbesitzers, der seine kleine Hausfreundin davon abzuhalten versucht, aufs Sofa zu springen. Unbewegte Objekte interessieren die Katze hingegen kaum oder werden schlichtweg übersehen. Manchem Nager, der den Zähnen der Jägerin noch einmal entkommen konnte und sich tot stellte, hat dieses »Desinteresse« das Leben gerettet.

Räumliches Sehen Die Sehfelder der Augen überdecken sich in einem zentralen Bereich von 140 Grad. Diese binokulare Überlappung ermöglicht der Katze räumliches Sehen, da die Augen abhängig von ihrer Position unterschiedliche Bilder ans Gehirn schicken, die dort zum räumlichen Bild zusammengesetzt werden. Nur in der Zone binokularen Sehens kann die Katze Entfernungen richtig abschätzen – eine unverzichtbare Voraussetzung fürs erfolgreiche Beutemachen.

Die Beute im Visier Dank der vorstehenden Position der relativ großen Augen im Gesichtsschädel umfasst das Gesichtsfeld der Katze 200–220 Grad. Das ist mehr als das des Menschen (180 Grad), aber weniger als etwa das Gesichtsfeld des Hundes (250 Grad). Da Katzen Jagd auf vornehmlich am Boden lebende Beutetiere machen, müssen sie nicht die gesamte Umgebung im Blick haben, sondern vor allem den bodennahen Sektor scannen.

Verschleierter Blick Die Sehschärfe des Katzenauges ist relativ gering und etwa fünfmal schwächer als unsere. Die Akkomodation, das Scharfstellen der Augen, vollzieht sich im Nahbereich eher langsam. Hier verlässt sich die Katze mehr auf ihren Geruchs- und Tastsinn. Der Blick in die Ferne liefert verschwommene Bilder, ähnlich denen, die ein kurzsichtiger Mensch sieht, wenn er die Brille abnimmt. Objekte, die nicht weiter als 6 bis 8 Meter entfernt sind, sieht die Katze scharf, dahinter taucht alles in einen diffusen Schleier. Im Alltag haben fehlende Sehschärfe, mangelhafte Fernsicht und eingeschränktes Farbensehen (>) keine große Bedeutung. Hier punktet das Katzenauge vielmehr mit seiner hervorragenden Sehleistung bei schlechten Lichtverhältnissen und in der Dämmerung.

Erkennt Sie Ihre Katze? Ihre Katze ist weiter weg, und Sie wollen sie auf sich aufmerksam machen, ohne zu rufen? Dann machen Sie einfach ein paar Schritte – am besten zur Seite – und bewegen sich dabei so, wie Sie es normalerweise tun. Fast immer wird die Katze Sie an dem ihr vertrauten Bewegungsmuster und an Ihrer Körperhaltung erkennen und herbeikommen.

Mit Blendenautomatik und Restlichtverstärker

Die Pupille als zentrale Öffnung der Iris oder Regenbogenhaut ist typisch für Wirbeltiere. Sie kann rund, oval oder – wie bei der Hauskatze, anderen Kleinkatzen, Geckos und einer Reihe von Schlangen – schlitzförmig sein.

Blendenautomatik Die Pupille im Auge der Katze verengt sich im hellen Licht zum schmalen senkrechten Schlitz und erweitert sich bei Restlicht und im Dunkeln kreisförmig. Die Adaptation an wechselnde Lichtverhältnisse funktioniert bei schlitzförmigen Pupillen schneller als bei Pupillen, die sich kreisförmig zum Punkt verengen, wie das bei uns, beim Hund, aber auch bei Großkatzen wie dem Löwen der Fall ist. Tiere mit schlitzförmigen Pupillen haben multifokale Linsen. Sie liefern ein schärferes Bild als die monofokalen Linsen bei runden Pupillen. Die Pupillenweite verringert sich auch beim Naheinstellen des Auges.

Stimmungsbarometer Die Größe der Pupille ist ein Indiz für die Gefühlslage: Sie weitet sich zum Beispiel bei ängstlichen Tieren und verengt sich, wenn die Katze angespannt oder wütend ist (>).

In Dämmerung und Dunkelheit erweitern sich die Pupillen auf bis zu 90 Prozent der Augenfläche. Für die außergewöhnliche Sehleistung im Restlicht sind noch weitere Besonderheiten des Katzenauges verantwortlich: zum einen die hohe Anzahl der Stäbchen-Fotorezeptoren, zum anderen das Tapetum lucidum, eine hinter der Netzhaut liegende reflektierende Schicht.

Besser sehen in der Dämmerung Sehzellen vom Stäbchen-Typ nehmen Helligkeitsunterschiede wahr, die Zapfen-Sehzellen sind für Farbensehen und Sehschärfe zuständig. Die Netzhaut (Retina) der Katze ist dicht bepackt mit Stäbchen, für Zapfen bleibt wenig Platz. Im zentralen Netzhautsektor sitzen über 460 000 Stäbchen pro mm². Sie sorgen dafür, dass sich die Jägerin auch im letzten Dämmerlicht auf ihre Augen verlassen kann.

Restlichtverwertung Das Tapetum lucidum im Augenhintergrund hat die Funktion eines Restlichtverstärkers. Es reflektiert einfallendes Licht, das nochmals die Netzhaut trifft und die Sehzellen erneut aktiviert. Bei Katzen dienen kristalline Einlagerungen im Tapetum als Reflexionsfläche, bei anderen Tieren auch Bindegewebsstrukturen oder Farbpigmente. Das Tapetum ist auch verantwortlich dafür, dass Katzenaugen aufleuchten, wenn sie im Dunkeln angestrahlt werden.

TV für die Katze Die Flimmerrate (englisch »flicker fusion rate«) gibt an, wie viele Bilder das Auge pro Sekunde verarbeiten muss, um sie als Bewegungsablauf wahrnehmen zu können. Beim Menschen liegt der Flicker-Wert bei einer Bildfrequenz von 50 Hz, bei der Katze bei 70–80 Hz. Fernsehbilder, die mit 60 Hz ausgestrahlt werden, nehmen wir daher als fortlaufenden Film wahr, die Katze sieht sie als Abfolge von Einzelbildern. Im Zeitalter moderner TV-Geräte, die mit einer 100-Hz-Technik oder noch höheren Bildwiederholungsraten arbeiten, sind auch für die fernsehschauende Katze bessere Zeiten angebrochen: Ihren Lieblingskatzenfutter-Werbespot kann sie jetzt in bewegten Bildern genießen.

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Die Pupille im Katzenauge verändert ihre Größe je nach Helligkeit. Gleichzeitig zeigt sie auch die Gefühlslage der Katze an.

Farbensehen mit gewissen Einschränkungen

Sehzellen vom Zapfen-Typ ermöglichen das Farbensehen. In der Retina des Katzenauges sind sie in der Minderheit. Hier dominieren die auf Helligkeitsunterschiede ansprechenden Stäbchen: Auf 25 Stäbchen kommt nur ein Zapfen, bei uns liegt das Verhältnis Stäbchen zu Zapfen bei 4 zu 1. Im Menschenauge gibt es drei Typen von Zapfen (trichromatisches Auge), die von unterschiedlichen Wellenlängen aktiviert werden: die S-Rezeptoren reagieren auf kurzwelliges Licht (Blau), M-Rezeptoren auf mittelwelliges (Gelb) und die L-Rezeptoren auf langwelliges Licht (Rot).

Im Auge der Katze findet man nur S- und M-Zapfen, über 80 Prozent davon gehören zum M-Typ. Das Katzenauge ist wie das des Hundes dichromatisch (zweifarbig).

Katzen können mit Ausnahme von Rot alle anderen Farben recht gut unterscheiden, sehen allerdings keine kräftigen Farbtöne, sondern ein eher verwaschenes Pastell. Ihr Sehvermögen entspricht etwa dem von Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche (sogenannte Farbenblindheit), die Rot und Grün kaum oder nicht unterscheiden können. Eine große Rolle spielen Farben im Leben unserer vornehmlich dämmerungs- und nachtaktiven Hausfreundin aber sowieso nicht.

Katzen kommen blind zur Welt. Bei den Neugeborenen liegt ein Häutchen, die Pupillarmembran, über der Pupille, das sich nach einigen Tagen zurückbildet. Die Augen öffnen sich 9 bis 12 Tage nach der Geburt.

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Ein Restlichtverstärker im Auge der Katze sorgt dafür, dass sie auch im fast Dunkeln noch sieht. Schlechte Karten für die Maus.

Katzenohren schlafen nie

Während für den Menschen 20 000 Hz die obere Hörgrenze markieren, können Katzen noch hochfrequente Ultraschalltöne bis fast 80 000 Hz wahrnehmen.

Das ist exakt der Frequenzbereich, in dem ihre Vorzugsbeutetiere leise wispernd Stimmfühlung miteinander halten. Aber nicht leise genug: Zur Verbesserung der Abhöraktion drehen sich die Ohrmuscheln automatisch und unabhängig voneinander zur Geräuschquelle hin und orten Entfernung und Richtung auf wenige Zentimeter genau, ohne dass die Katze dabei den Kopf zur Seite wenden muss. 32 Muskeln sorgen dafür, dass die Ohrmuscheln über einen Bereich von 180 Grad jede Position einnehmen können. Der Schall erreicht die beiden Ohren um Sekundenbruchteile versetzt. Trotzdem reicht diese minimale Zeitdifferenz aus, um der Katze die exakte Position der Schallquelle zu verraten. Der Antitragus, eine kleine Hauttasche an der Außenseite des Katzenohrs, unterstützt das Richtungshören zusätzlich. Das Katzenradar funktioniert so perfekt, dass Beutetiere auch bei völliger Dunkelheit rein akustisch geortet werden können.

Als Hörschärfe-Winkel bezeichnet man den kleinsten Winkel, bei dem zwei Geräusche noch getrennt wahrgenommen werden. Beim Menschen beträgt er 8,4 Grad, bei der Katze fantastische 1,5 Grad. Selbst auf große Distanz kann sie daher Geräuschquellen, die dicht nebeneinanderliegen, noch unterscheiden.

Auf manche Töne, vor allem auf hohes Pfeifen und Quietschen, reagieren Katzen empfindlich, oft auch verstört (Sprechstunde >). Andere Geräusche wiederum lassen sie erstaunlich kalt, häufig selbst solche, die so laut sind, dass wir uns die Ohren zuhalten. Da die Katze im Ultraschallbereich eine Vielzahl von Tönen wahrnimmt, die uns zwangsläufig verborgen bleiben, fällt es nicht immer leicht, die Ursache für ihre Reaktion auf bestimmte Geräusche zu erkennen.

Jeder Katzenhalter wird bestätigen können, dass sein Stubentiger auch im dicksten Lärm seelenruhig sein Nickerchen hält. Das mag angesichts der hochsensiblen Katzenohren verblüffen, findet seine Erklärung aber in der Fähigkeit der Katze zur selektiven Geräuscherkennung: Dabei werden vertraute Umgebungsgeräusche bereits im Ohr herausgefiltert und nicht an die Schaltzentrale im Gehirn weitergeleitet. Bei aufregenden oder alarmierenden Tönen, etwa dem Rascheln der Trockenfutterpackung oder dem Fiepen einer Maus, ist die Katze sofort hellwach, ansonsten aber schlummert sie völlig entspannt selbst bei dröhnender Musik. Doch auch wenn Katzen gut abschalten und ihre Ohren »auf Durchzug« stellen können, sollte es in einem Katzenhaushalt eher gedämpft zugehen.

Sprechstunde

Ein Notruf, der jeder Katze Beine macht

Mit klagenden Fieptönen ruft ein Katzenbaby nach Mama, wenn es sich verlassen fühlt, Hunger hat oder friert (>). Die Mutter reagiert sofort auf diesen Notruf. Die Reaktion lässt sich bei jeder Katze auslösen, wenn man anhaltend und in hoher Tonlage fiept. Auch Ihre Katze eilt herbei und forscht nach der Ursache. Dabei ist sie sichtbar erregt und beruhigt sich nur langsam. Wiederholen Sie die Aktion bitte nicht, um die Katze nicht unnötig unter Stress zu setzen.

Personenkontrolle und Liebesbotschaften

Schon rein äußerlich hält das Näschen der Katze den Vergleich mit dem unübersehbaren Riechorgan eines Hundes nicht stand. Die Hundenase bringt es je nach Rasse auf bis zu 200 Millionen Riechzellen, die der Katze »nur« auf 60 bis 65 Millionen. Unserer Nase mit ihren maximal 20 Millionen Riechzellen ist sie damit aber immer noch weit überlegen.

Gerüche spielen im Katzenleben eine wichtige Rolle, in erster Linie in der Verständigung mit den Artgenossen, so zum Beispiel bei Begegnungen mit fremden und befreundeten Katzen und der Kontrolle ihrer Identität, beim Hinterlassen von Botschaften im Revier und nicht zuletzt im Sexualverhalten.

Geruchsproben und Duftmarken Duftstoffe werden von Talg- und Schweißdrüsen, aber auch mit dem Kot und durch Verspritzen von Harn abgegeben. Im Nahbereich und im direkten Kontakt verlässt sich die Katze in der Regel mehr auf ihre Nase als auf die Augen. Der Körpergeruch ihrer Artgenossen sowie die von ihnen hinterlassenen Duftmarken liefern eine Fülle von Informationen über Geschlecht, Persönlichkeit, körperliche Verfassung und Revieransprüche.

Pheromone Die Duftdrüsen einer rolligen, paarungsbereiten Kätzin geben Sexuallockstoffe ab. Diese sogenannten Pheromone werden von Katern der ganzen Umgebung wahrgenommen und locken Freier auch aus mehreren Kilometern Entfernung an.

Flehmen Die Mimik ist unverkennbar. Der Mund ist leicht geöffnet, die Mundwinkel sind nach hinten gezogen, die Nase ist gekräuselt, die Oberlippe hochgezogen, der Blick geht irgendwo starr in die Ferne: Die Katze flehmt. Die flehmende Katze nimmt spezielle, besonders intensive Gerüche in der Luft wahr, die dann vom Vomeronasalen oder Jacobsonschen Organ (>), das im Gaumendach sitzt, auf ihre Bestandteile geprüft werden. Auffallend stark flehmen Katzen bei Sexualgerüchen. Mit Flehmen reagieren viele Katzen auch auf den Duft von Katzenminze, Baldrian und anderen Pflanzen und fallen dabei häufig für mehrere Minuten in einen rauschartigen und entrückten Zustand.

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Katzen können in fast jeder Lebenslage Siesta halten. Ihre Ohren aber sind immer auf Empfang und sorgen dafür, dass Mieze bei jedem ungewöhnlichen Geräusch sofort hellwach ist.

Süßes kennt die Katzenzunge nicht

Dass Katzen in Futterfragen wählerisch sind, hängt vor allem von ihrer Nase ab: Das Angebot im Fressnapf wird erst akzeptiert, wenn es den Geruchstest bestanden hat.

Der Geschmackssinn der Katze ist weniger gut ausgeprägt. Verantwortlich dafür sind Geschmacksknospen, die in Papillen an der Spitze, den Seiten und der Basis der Katzenzunge sitzen. Insgesamt sind es nicht mehr als 500 Rezeptoren, die ihre Geschmacksinformationen ans Gehirn weiterleiten. Im Vergleich dazu erlauben die 9000 Geschmacksrezeptoren des Menschen eine sehr viel differenziertere Geschmackswahrnehmung.

Wie wir kann die Katze neben bitteren, sauren und salzigen Nahrungskomponenten auch umami unterscheiden. Die Geschmacksrezeptoren für umami konnten bei ihr nachgewiesen werden. Umami (japanisch für herzhaft, wohlschmeckend) steht für eine Geschmacksqualität, die proteinreiche Nahrung anzeigt und durch die Glutaminsäure hervorgerufen wird. Glutamat, das Salz dieser Aminosäure, wird vor allem in der asiatischen Küche gern als Speisezusatz verwendet, um einen vollmundigeren Geschmack zu erzeugen.

In den Geschmacksknospen auf der Katzenzunge finden sich auch Rezeptoren für die Geschmacksrichtung süß. Dass Katzen – im Gegensatz zu fast allen anderen Säugetieren – Süßigkeiten verschmähen, weiß man schon lange. Inzwischen haben die Wissenschaftler die Ursache dafür gefunden: Ein Gendefekt im Erbgut bewirkt, dass die zuständigen Rezeptoren funktionslos sind und Katzen Süßes nicht schmecken können. Das gilt für die Hauskatze wie auch für ihre wild lebenden Verwandten.

Supersensible Haare und Pfoten

Selbst im Halbdunkel findet sich die Katze noch optisch zurecht. In totaler Finsternis übernehmen dann die Ohren die Orientierung. Richtungshören und Ultraschallortung sind so leistungsfähig, dass Katzen auch nachts Beute machen können. Dabei spielen aber auch Berührungsreize eine entscheidende Rolle. Für den hoch entwickelten Tastsinn der Katze sind die auch Vibrissen genannten Tasthaare und die auf Erschütterungen reagierenden Rezeptoren in den Pfotenballen verantwortlich.

Tasthaare Die meisten Vibrissen sitzen an Ober- und Unterlippe, über den Augen, am Kinn und den Wangen, aber auch an den Innenseiten der Vorderbeine.

Die Tasthaare sind wesentlich dicker, steifer und länger als die anderen Haare der Katze. Sie enden tief in der Haut in Haarbälgen, in deren Wänden Nerven liegen, die bei jeder Berührung oder Vibration eines Tasthaars gereizt werden und ihre Informationen an das Gehirn senden. Ein leichter Luftzug oder eine Luftverwirbelung, wie sie an festen Körpern auftritt, reicht aus, um den Impuls auszulösen. Auf gleiche Weise werden auch Temperatur- und Luftdruckschwankungen wahrgenommen.

Die auffälligsten Tasthaare sind die langen Schnurrhaare, die in den Schnurrbartkissen rechts und links der Nase sitzen. Mit dem Schnurren haben sie allerdings nichts zu tun, vielmehr liefern sie zuverlässige Rückmeldungen darüber, ob die Katze einen Durchschlupf oder eine Spalte passieren kann, ohne stecken zu bleiben. Bei der Begrüßung von Artgenossen stehen sich die Katzen Nase an Nase gegenüber und spreizen den Schnurrbart nach vorn ab, bis sich ihre Schnurrhaare berühren. Auch beim Beutemachen leisten die Schnurrhaare wichtige Hilfe: Sie kontrollieren die richtige Position des Bisses, wenn die Jägerin ihren Tötungsbiss ansetzt, und legen sich ums Beutetier, sobald die Katze es mit den Zähnen gepackt hat. Ihre Schnurrhaare kann sie dabei gezielt in jede Richtung drehen.

In der Kommunikation mit Artgenossen hat der Schnurrbart eine wichtige Signalfunktion, da er die emotionale Verfassung der Katze anzeigt – je nachdem, ob er zur Seite gerichtet, nach vorn abgespreizt oder nach hinten gelegt wird (>).

Wird ein Tasthaar an der Stirn berührt, schließen sich die Augen reflexartig und sind so vor Verletzung geschützt.

Die Vibrissen sind schon bei Neugeborenen vollständig entwickelt. Katzen kommen blind und taub auf die Welt, Geruchs- und Tastsinn funktionieren aber bereits von Geburt an.

Die Tasthaare liefern Informationen, die fürs Beutemachen sowie für Orientierung und Kommunikation der Katze unverzichtbar sind.

Sohlenballen Die Sohlenballen an der Katzenpfote garantieren nicht nur eine fast lautlose Fortbewegung, sie sind auch mit druckempfindlichen Sinneszellen ausgestattet, die selbst auf schwächste Bodenerschütterungen reagieren. Die Pacinische Körperchen genannten Vibrationsempfänger registrieren das Trippeln einer Maus genauso wie die ersten und noch kaum merklichen Vorboten eines Erdbebens.

Besonders berührungs- und druckempfindlich sind die Sohlenballen der Vorderpfoten. Hier gibt es Sinneszellen, die Rückmeldungen über die Position von Zehen und Krallen liefern, was der Jägerin das Ergreifen und Festhalten eines Beutetiers erleichtert.

Kaspar-Hauser-Katzen Katzen, die ohne Mutter, Geschwister und andere Artgenossen aufwachsen und vom Menschen aufgezogen werden, schließen sich ihm viel enger an als Katzen mit normaler Kindheit (>). Da ihnen das Vorbild der Mutter und der anderen Katzen fehlt, von denen Jungkatzen in den ersten Monaten viele wichtige Verhaltensweisen lernen, können sie in der Kommunikation mit dem Menschen anfangs nur auf angeborene Verhaltensmuster zurückgreifen. Im Laufe der Zeit erweitern und verbessern die Kaspar-Hauser-Katzen ihr Kommunikationsverhalten auf der Basis von Beobachtungen, die sie in der Interaktion mit dem Menschen machen.

Als Kaspar-Hauser-Syndrom bezeichnet man körperliche und seelische Auffälligkeiten im Verhalten von Menschen- und Tierkindern, die ohne emotionale Zuwendung und andere äußere Reize aufwachsen.

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Gerüche spielen im Leben der Katze eine wichtige Rolle. Duftmarken von Artgenossen werden ausgiebig beschnuppert.

KÖRPERBEHERRSCHUNG IN JEDER LEBENSLAGE

Katzen bewegen sich elegant, geschmeidig und kraftvoll. Ihre typische Gangart ist ein verhaltenes Schlendern, im Notfall und aus dem Stand bringt es eine Katze aber auf bis zu 48 Stundenkilometer, wenn auch nur über kurze Strecken. Ihr Körperbau mit der muskulösen Hinterhand prädestiniert sie jedoch in erster Linie fürs Springen und Klettern. Mit Vorliebe steuert sie erhöht liegende Plätze an, die sich als Beobachtungspunkte eignen und strategische Vorteile bei Auseinandersetzungen bieten. Höhe macht einer Katze keine Probleme, sie ist nämlich absolut schwindelfrei und balanciert sicher auf schmalen Geländern und Brüstungen.

Sicher auf allen vieren landen

Katzen kann es oft nicht hoch genug hinausgehen, und dank ihrer außergewöhnlichen Körperbeherrschung geht auch meist alles gut. Aber nicht immer. Doch selbst beim Absturz weiß sich die Katze instinktiv zu helfen. Ein Stellreflex sorgt dafür, dass sie mit den Füßen voraus landet und von ernsten Verletzungen verschont bleibt. Im freien Fall dreht sich zuerst der Vorderkörper, danach das Hinterteil in die richtige Position, wobei der Schwanz gegensteuert und die Flugphase stabilisiert. Das vollständige Wendemanöver kostet Zeit. Die reicht bei Fallhöhen von weniger als drei Metern oft nicht aus, sodass sich die Tiere hier nicht selten schwerer verletzen als beim Sturz aus größerer Höhe. Der Stellreflex reift erst nach der 5. Lebenswoche der Jungkatze aus.

Der Hochhaus-Effekt Das Fell umgibt den Körper der Katze wie ein lockerer Mantel. Diese Eigenschaft hat schon mehreren Katzen, die aus großer Höhe, zum Beispiel aus einem Wolkenkratzer, abstürzten, das Leben gerettet. Im freien Fall bläht die Luft den Fellmantel auf, und es bilden sich Luftpolster, die ähnlich einem Fallschirm die Fallgeschwindigkeit drastisch reduzieren. Die Hochhaus-Katzen trugen zum Teil ernste Verletzungen davon, viele aber kamen mit dem Leben davon.

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Im freien Fall sorgt ein Stellreflex für die Drehung des Körpers der Katze, wobei der Schwanz gegensteuert. Die Katze landet schließlich auf allen vieren.

Balanceakt ohne Seil und doppelten Boden