Ulli Potofski

Der BESTE Kicker
des Universums

Der große Traum
vom Titel

Mit Illustrationen von Kai Pannen

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Ulli Potofski – seit Jahren bekannter und ausgezeichneter (u. a. mit dem Bambi) Sportmoderator (Fußball, Tennis, Ski für den WDR, RTL, Sky u. a.) – hat auch bereits als Kinderbuchautor Erfolge gefeiert und besitzt nach wie vor eine große Medienpräsenz im Sportbereich. Darüber hinaus liest er viel, inszeniert und produziert u. a. Hörspiele.

 

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Kai Pannen zeichnet schon immer lieber Fußbälle, anstatt sie zu treten. Deshalb studierte er Malerei und Film in Köln und ist heute IllustraTOR und Trickfilmer. Seitdem illustriert er am liebsten Bücher, produziert animierte Kurzfilme und ist Dozent an der Animation School Hamburg. Er lebt und arbeitet mit seiner Familie in Hamburg. Mehr zu Kai Pannen unter: www.kaipannen.de

 

Für Oscar und die echte Camie

 

 

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1. Auflage 2016
© 2016 Arena Verlag GmbH, Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Einband- und Innenillustrationen: Kai Pannen
ISBN 978-3-401-80543-6

www.arena-verlag.de

www.arena-kicker.de

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Manolo saß in seinem Zimmer und grübelte. Seine Blicke glitten immer wieder zu dem großen Poster an der Wand gegenüber von seinem Schreibtisch. Riesengroß hing dort sein Lieblingsbild der deutschen Nationalmannschaft.

In großen schwarz-rot-goldenen Buchstaben stand unter dem Foto:Weltmeister 2014 Deutschland.

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Kurz wanderten Manolos Gedanken zurück an das Siegtor von Mario Götze zum 1:0 GEGEN ARGENTINIEN in der Verlängerung. Er ballte die Faust und murmelte: »So ein Ding müsste mir auch mal wieder gelingen.« Als Antwort ertönte unter dem Schreibtisch ein Knurren. Dort saß Manolos Hund NIXVONMESSI und wirkte reichlich ungehalten.

Der Junge mit den auffälligen Locken schaute kurz unter den Tisch und maulte zurück: »Du hast es grade nötig, hast Angst vor Fußbällen und willst mich hier anmachen!« Genervt schloss NIXVONMESSI seine schönen, großen braunen Hundeaugen und schnarchte Sekunden später wie ein Sägewerk.

DEUTSCHLAND IST WELTMEISTER

Am 13. Juli 2014 konnte Deutschland seinen vierten Weltmeistertitel feiern.

In der Verlängerung besiegte die Mannschaft von Joachim Löw Argentinien mit 1:0 durch ein Tor von Mario Götze in der 113. Spielminute. Manuel Neuer wurde als bester Torhüter des Turniers mit dem GOLDENEN HANDSCHUH ausgezeichnet.

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Manolo konnte es nicht länger verheimlichen, nicht mal vor seinem Hund: Er steckte in einer Krise. Seit sage und schreibe zwölf Spielen hatte der einstige Top-Torjäger von Viktoria Köln nicht mehr in das gegnerische Netz getroffen. Wobei die Betonung wirklich auf gegnerischem Netz lag. Im Spiel gegen Sülz 07 war Manolo gestern nämlich zu allem Überfluss ein Eigentor unterlaufen. Wie peinlich! Von seiner rechten Hacke war der Ball unhaltbar in die eigne Kiste gesprungen. Das konnte wirklich nicht so weitergehen.

Manolo griff beherzt nach seiner Spielkonsole und drückte den ON-Knopf. Das virtuelle Fußballspiel »PRO SOCCER« leuchtete in prachtvollen Farben auf dem Monitor auf. In Windeseile drückte Manolo die Optionstaste und gab mit leicht zitternden Fingern den Code A10W4 ein.

Wenn er dies im vergangenen Jahr getan hatte, hatte sich auf wundersame Weise Lionel Messi auf dem Bildschirm gezeigt. Über das Headset hatte Manolo direkt mit dem Weltstar aus Argentinien sprechen können – und dieser hatte ihm wertvolle Tipps für das Spiel seiner Mannschaft gegeben. Aber nun blieb der Bildschirm einfach unverändert. Kein Messi tauchte auf. Und auch sonst niemand. Seit dem WM-Finale war das nun schon so. Es war, als wäre der Messi-Zauber einfach ausgewischt worden.

Manolo konnte nur das Spiel ganz normal starten. Voller Wut schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch. Doch auch das bewirkte nichts, außer dass NIXVONMESSI aus seinem Tiefschlaf erwachte und laut bellend aus dem Zimmer stürmte. Das Zotteltier wollte einen möglichen Angriff von Einbrechern abwehren. Natürlich befand sich im Erdgeschoss niemand außer Alexandra Gröninger, und die war nun mal Manolos Mutter und wollte ganz sicher nichts klauen. Von oben hörte Manolo sie lachen: »NIXVONMESSI, mach nicht so einen unnötigen Radau, hier will niemand einbrechen.«

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Manolo versuchte, sich wieder seinem Bildschirm zuzuwenden, doch da ertönte die Stimme seiner Mutter erneut: »Manolo, angehender Weltstar des Fußballs.«

Manolo verdrehte die Augen. Er wusste, dass seine Mutter ihn mit diesem Spitznamen nur ärgern wollte, aber das konnte er gerade gar nicht gebrauchen.

»Könntest du bitte zum Abendessen runterkommen.«

Missmutig antwortete der Lockenkopf eine Spur zu laut: »Frau Mama, ich komme gleich!« Er drückte den OFF-Knopf und dachte laut nach: »Wie bekomme ich nur meine Torflaute in den Griff? Messi hätte bestimmt einen guten Tipp für mich gehabt.«

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In den letzten Tagen hatte er häufig an der Konsole den Code eingegeben, aber heute war ihm eins endgültig klar geworden: Der Zauber wirkte nicht mehr.

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Langsam und traurig schlurfte Manolo die Treppe hinunter und in die Küche. Seine Mutter hatte mal wieder eine Sportler-Mahlzeit mit frischen Früchten, Vollkornbrot und fettarmem Käse zusammengestellt.

»Wie war es heute in der Schule?«, wollte Frau Gröninger wissen.

»Wie immer«, nuschelte Manolo, dem gerade gar nicht zum Reden zumute war.

»Hast du deine Hausaufgaben gemacht?« Oh Mann. Dass Eltern immer die gleichen Fragen stellen mussten. Wie langweilig. Nach ein paar Bissen in sein Brot rang Manolo sich die einzige Antwort ab, zu der er gerade imstande war: »Ja!«

Erwartungsgemäß verdrehte seine Mutter die Augen. »Sehr gesprächig bist du heute aber nicht …« Manolo biss einigermaßen interessiert in sein Brot. Er mochte seine Mutter ja. Aber manchmal nervte sie echt. Merkte sie denn nicht, dass er gerade ein echtes Problem hatte? Ein Problem, das viel größer war als alle Hausaufgaben dieser Welt?

Doch sie merkte es. »Liegt es an deiner Torflaute, dass du heute so unglaublich charmant bist?«, fragte sie.

Manolos Mutter verstand viel vom Fußball. Schließlich arbeitete sie als Sportmoderatorin und sprach ständig im Fernsehen mit Sportgrößen aus aller Welt.

Vorsichtig schaute Manolo sie an. Er konnte förmlich spüren, dass sich da etwas zusammenbraute. Seine Mutter wollte offensichtlich etwas loswerden. Ob angenehm oder unangenehm, konnte er noch nicht genau einschätzen.

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»Also, Herr Weltstar«, begann sie und Manolo bereitete sich auf das Schlimmste vor. »Da dein Vater ja wieder in Brasilien ist und dir diesmal nicht wie beim Spiel gegen den 1. FC Köln die entscheidenden Tipps geben kann, habe ich eine Idee gegen deine Torflaute.«

NATIONALTORWART

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Jeder Fußballfan hat seine Lieblingsspieler. So auch Autor Ulli Potofski. Einer seiner Lieblingsspieler ist Manuel Neuer, dessen Karriere er als Reporter von Anfang an begleitet hat.

Für alle die »Manu«, wie Manuel Neuer auch genannt wird, noch nicht kennen, hier ein paar Infos: Der waschechte Schalker (geboren am 27. März 1986 in Gelsenkirchen) lernte die Grundlagen seines spektakulären Torwartspiels auf Schalke. Schon als kleiner Junge schaute er häufig beim Training der Profis zu. Bis 2008 blieb er Schalke treu – um dann zum FC Bayern München zu wechseln. Mit den Bayern wurde er mehrfach deutscher Meister und gewann 2013 die Champions League. 2014 wurde er mit Deutschland Weltmeister in Rio. Momentan gilt er als bester Torhüter der Welt.

Von einer Sekunde auf die andere kam Leben in Manolo. Er ließ das Brot auf seinen Teller fallen und setzte sich kerzengerade hin. »Was ist das für eine Idee?«, fragte er neugierig. »Und kann sie wirklich dafür sorgen, dass ich endlich wieder ein Tor schieße?«

Frau Gröninger lächelte amüsiert. »Hurra, mein Sohn kann ja doch noch sprechen. Ein Wunder!« Sie sah so begeistert aus, dass selbst Manolo lachen musste.

»Mach es doch nicht so spannend, hast du ein geheimes Kraftfutter oder den Zaubertrank aus Asterix für mich?«

Frau Gröninger überlegte nicht lange: »Ich habe Mittwoch ein Interview mit einem echten Weltstar, zu dem ich dich gern mitnehmen würde. Wenn du willst, kannst du sogar einige Fragen stellen.«

Ein Weltstar? Wer konnte das nur sein? Manolo spürte, wie die Aufregung in ihm hochkroch.

»Jetzt mach es nicht so spannend. Sag schon, wer ist es?«, presste er hervor.

»Manu, unser NATIONALTORWART!«, verkündete Frau Gröninger grinsend, und ehe Manolo den Mund wieder zumachen konnte, ergänzte sie: »Wie du weißt, spielt der nicht nur beim amtierenden deutschen Meister Bayern München, sondern ist auch seit 2014 ein echter Weltmeister. Wenn der nicht weiß, wie man eine Zeit ohne Tore beendet, wer dann?«

Voller Begeisterung sprang Manolo auf, vollführte einen Tanz um den Tisch und umarmte seine Mutter. Auch NIXVONMESSI schien die Neuigkeit zu gefallen. Er bellte so laut, als ob sein Herrchen gerade einen HATTRICK bei einem WM-Endspiel erzielt hätte.

Manolo ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen. »Ich treffe einen Weltmeister. Danke, Mama!« Zum ersten Mal an diesem Tag verspürte er Hoffnung, dass seine Fußballkarriere doch noch zu retten war.

HATTRICK

Von einem Hattrick spricht man, wenn ein Spieler drei Tore in einem Spiel hintereinander erzielt. Von einem lupenreinen Hattrick spricht man, wenn ein Spieler drei Tore hintereinander in nur einer (!) Halbzeit erzielt. Immerhin hat es in der Fußball-Bundesliga (Stand März 2015) bislang 98 lupenreine Hattricks gegeben. Am 6. Spieltag der Bundesliga-Saison 2015/2016 gelang Robert Lewandowski ein besonderer Rekord: Er schoss fünf Tore in nur 08:59 Minuten. Eine absolute Bestleistung.

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Der Dienstag begann wie jeder andere Schultag. Stuart Bridge, Manolos bester Freund, schellte kurz vor halb acht an der Tür der Gröningers. Kaum hatte Manolo ihm geöffnet, wechselte Stuart in Windeseile seine Klamotten. Immer noch schickte sein Vater ihn mit Anzug und Krawatte zur Schule. Mr Bridge war der Meinung, das gehörte sich so. Er trainierte Galopprennpferde reicher Leute auf der Rennbahn in Köln und hoffte darauf, dass sein Sohn auch einmal diesen Beruf ergreifen würde. Stuart half oft in den Ställen aus. Doch eine Karriere auf dem Pferd konnte er sich genauso wenig vorstellen, wie jeden Tag in Anzug und Krawatte herumzulaufen.

Sorgfältig hängte er die feinen Klamotten auf einen Bügel und wechselte dann rasend schnell in Jeans und einen gestreiften Pullover mit der Aufschrift »Liebe deinen Nächsten – dich«.

Manolo dauerte das alles zu lange. Er brannte darauf, seinem Freund die sensationelle Neuigkeit zu berichten.

»Mein Gott, was für ein Termin«, rief Stuart, als sie fünf Minuten später auf dem Schulweg waren.

»Hast du ein Glück, dass deine Mutter Sportjournalistin ist.«

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Wenige Minuten von der Schule entfernt stieß Camie zu den beiden. Das Mädchen aus ihrer Klasse war Manolos und Stuarts beste Freundin und schon von Weitem gut zu erkennen. Denn alles an Camie war heute gelb. Die Schuhe, die Hose, der Pulli, die Jacke – sogar eine gelbe Schleife hatte sie im Haar.

»Guten Morgen, Fräulein Kanarienvogel!«, begrüßte Manolo sie und erntete prompt ein breites Grinsen.

Das war das Tolle an der Freundschaft der drei. Egal über wen gerade gelästert wurde, jeder konnte über sich selber lachen.

»Du hast es grad nötig, mich anzumachen«, erwiderte Camie. »Du Antitor-Gespenst!«