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Neundlinger/Müksch

Die Templer in Österreich

 

 

Neundlinger/Müksch

Die Templer
in Österreich

Auf den Spuren der geheimen
Lehrmeister der Freimaurer in Europa
und den habsburgischen Erblanden

Edition zum rauhen Stein

 

 

 

Die Templer werden immer wieder mit der Freimaurerei in Zusammenhang gebracht. In dem vorliegenden Werk wird der interessierte Leser auch manchen Hinweis darauf erhalten. Ob allerdings die österreichischen Freimaurer direkte Nachfahren der Templer sind, bleibt auch weiterhin zweifelhaft. Die Edition zum rauhen Stein bietet hier eine wertvolle Ergänzung zur Templerliteratur.

Michael Kernstock, Herausgeber

Internet: www.studienverlag.at

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt Höretzeder

Satz: Studienverlag/Tommi Bergmann
Umschlag: Studienverlag/Günther Reinalter
Fotos: Neundlinger/Müksch

<http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-7065-5766-5

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at.

Inhalt

Danksagung

Der Anfang

„Der weiße Fleck auf der Landkarte“

Eine kleine Geschichte des Ordens

Vorgeschichte

Die klassische Variante der Templergeschichte

Neun arme Ritter

Der Orden vom Heiligen Grab

Legenden zur Gründung

Hugo der Heide?

Soldatische Disziplin und Schlagkraft

Die Kleidung

Die Privilegien

Der Aufstieg

Vermögen und Schenkungen

London

Strukturen des Ordens

Die Bauwerke

Die Idee hinter den Templern

Militia Dei

Die Wirtschaftsmacht

Der Untergang

Die Anklage

Der Baphomet

Das Verfahren nach der Anklage

Zeitgenossen

Wohin sind sie entschwunden?

„Last minute“ oder „Die Entdeckung von Kilfinan“

Fluchtpunkt Schottland?

Schottland

Conclusio

Die Lehre

Templer und Freimaurer

Die Templer und die mittelalterlichen Bauhütten

Die Templer und die Häresie

Templer und Freimaurer heute

Die Templer in Österreich

Bei Zeiten salviret ...

Vergleichszahlen

Erste Spuren

Mögliche Niederlassungen

Commanderie Wilhelmsburg?

Grabplastik

Graffitis

Kreuzmotive und weitere Steine

Geschichtliches

Wohin sind sie entschwunden?

Christusritter

Templeisen

Wien

Mödling

„Da liegents die Herrn von Metling“

Die Schatzkammer des Deutschen Ordens

Andere Standorte

Legenden und Urkunden

Rundkirchen und andere Zentralbauten in Österreich

Bauformen

Karner

Einzelne Bauwerke

Kirchen ohne Zentralbaucharakter

Templerhysterie im 18. Jahrhundert

Das Geheimnis von Höflein

Tirol

Oberösterreich

Steiermark

Friaul

Templerniederlassungen an der Bernsteinstraße

Westpanonien

Legenden und Bekenntnisse

Reiseführer

Niederösterreich

Steiermark

Wien

England und Schottland

Frankreich

Tschechische Republik

Anmerkungen

Quellen- und Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Register

Die Autoren

Danksagung

Die Autoren hätten dieses Buch ohne Unterstützung nur schwer oder vielleicht gar nicht zu Papier bringen können. Wir möchten uns daher bei all jenen bedanken, die in irgendeiner Form dazu beigetragen haben, das Werk zu vollenden. Es würde den Rahmen sprengen, hier alle Personen anzuführen, die uns in den letzten fünf Jahren mit Informationen versorgt haben. Manchmal war auch ein Nebensatz wichtig um weiterzukommen.

Dennoch gibt es einige, die wir besonders hervorheben möchten:

Michael Kernstock, unser Herausgeber, der uns mit Rat und Tat bei der technischen Umsetzung half.

Hofrat Dr. Georg J. Kugler vom Wiener Kunsthistorischen Museum, der uns nicht nur das Bild des Türsturzes mit der „Abgaros Inschrift“ zur Verfügung stellte, sondern auch die Abschrift von Dr. Kurt Gschwantler und die Übersetzung von H. Wankel.

Herrn Gerhard Geisberger, der uns gestattete, sein von ihm während einer Ballonfahrt aufgenommenes Photo von Friedersbach zu veröffentlichen.

Die Damen und Herren des Kataster- und Rechnungsamtes von Wilhelmsburg, die uns einen Grundrissplan des Ensembles der Marienkirche überließen und eines der wenigen Restexemplare „Der Stadt unter dem Herzogshut“ mit der Stadtgeschichte aus dem Archiv hervorholten.

Madame Mariette Guinod und Monsieur Emile Lecoq aus Payns in Frankreich, die uns nicht nur ihr kleines Museum über Hugo de Payens zeigten, sondern uns auch auf die Besonderheiten der zahlreichen umliegenden Commanderien aufmerksam machten.

Einen Dank können wir leider nur mehr posthum aussprechen: Graf Abensberg-Traun, der eine Photographie seines Gemäldes von Petronell gestattete und uns über die Geschichte des Karners informierte, ist leider vor einiger Zeit verstorben.

Unser besonderer Dank gilt Frau Doris Schneider, die uns in der Österreichischen Nationalbibliothek eine unschätzbare Hilfe war, und Herrn Dr. Georg Reiser, der uns die Einsicht in sein noch unveröffentlichtes Manuskript gestattete.

Danken möchten wir auch den Herren der Großloge von Schottland, die durch ihre Publikationen und persönliche Gespräche zu unserem Verständnis beigetragen haben.

Ferdinand Neundlinger, Manfred Müksch

Der Anfang

Die Darstellung der Präsenz des ersten und bedeutsamsten Ritterordens der abendländischen Geschichte, so bedeutend der Gegenstand auch sein mag, ist gleichsam nur ein Nebenprodukt einer völlig anderen Ursache. Entgegen der Kälte und Grausamkeit des Themas, wurde die Beschäftigung damit in der Gegenwart durch Sympathie und eine Hilfestellung ausgelöst.

Wie es bei sensiblen Menschen zu gehen pflegt, war es einem unserer Freunde vor einigen Jahren in einer Phase des Nachdenkens, vielleicht auch der persönlichen Unsicherheit psychisch nicht allzu gut gegangen. Dieser Zustand blieb nicht lange verborgen und wir versuchten, ihn auf andere Gedanken zu bringen, ihn mit der Hinführung zu einem ungelösten Rätsel der Geschichte aus der belastenden Gegenwart zu „entführen“. Es kam, wie es kommen musste: Nach kurzer Zeit hatte uns die Thematik selbst ergriffen und führte uns in eine mehrjährige Feld- und Archivforschung, die auch uns beiden mehr Freude und Abstand von den drängenden Tagesproblemen brachte, als wir je erwarten konnten. Immer mehr wurden wir mit unserem Gegenstand vertraut, und glauben schließlich zu verstehen, dass es jenseits der Gruppen, die öffentlich Anspruch erheben, die Nachfolger des Templerordens zu sein, ein Kontinuum gibt, welches zumindest Teile des geistigen Erbes des Templerordens bewahrt.

Sogar in der offiziellen Theologie finden sich über die Lehre des Joachim de Fiore Anklänge an Ideen, die den Templern jedenfalls nicht fremd waren. Diese, wenn auch zaghafte und vorsichtige Öffnung der offiziellen theologischen Lehre gegenüber den damaligen Gedankengängen betrachten wir als einen Beweis für das Überleben der grundsätzlichen Ideen des Tempelritterordens, welche durchaus auch noch in anderer Form überdauert haben könnten.

Den in der heutigen Literatur sehr oft und auch sehr konträr zueinander geäußerten Spekulationen standen wir zweifelnd gegenüber. Es ist daher unsere Absicht, durch eine verständliche Darstellung auch jene Leser anzusprechen, die nicht schon auf Grund einer eingehenden Beschäftigung mit der Geschichte des Mittelalters einen außergewöhnlichen Verständnishorizont für die Thematik mitbringen. Dieser Horizont wird so knapp als möglich einfließen. Wir hoffen, dadurch eine leichte Orientierung zu erlauben. Lücken der Überlieferung, und gerade zu diesem Thema gibt es deren genug, gleichwohl die Literatur dazu ganze Bibliotheken umfasst, sollen nicht durch reine Phantasieprodukte geschlossen werden. Die schon ursprüngliche Geheimhaltung durch den Orden wurde später noch durch die Unterdrückung von archivalischen Materialien ergänzt. Wir haben uns daher bemüht, das Fehlende nicht durch Erfindungen, sondern durch logische Deduktion aus Vorhandenem zu ergänzen.

Es mag unnötig erscheinen besonders hervorzuheben, dass unsere Sympathie den Ritterorden und hier besonders den Tempelrittern gehört. Eine Gemeinschaft, die das Rittertum und damit die Verteidigung der eigenen errungenen Werte nicht in Frage stellte. Ein Umfeld, welches auch die kontemplativen Werte des Ordens schätzte. Natürlich träumte die Ordensführung der Templer, ebenso wie manche „Mächtige“ heute, von einer sozialen Utopie. Aber im Gegensatz zu den Utopien der nachfolgenden Jahrhunderte sind sie weiter gekommen und überlebten länger als heutige. Daher erschien ihr Schicksal uns als ernste Mahnung an die heutigen Utopisten, aber auch an jene besonnenen, aber naiven Zeitgenossen, die alle Geschichte in ihrer Zeit als überlebt und unwiederholbar betrachten.

„Der weiße Fleck auf der Landkarte“

Anno Domini 1307 wurde der Templerorden im wahrsten Sinne des Wortes liquidiert. Der König von Frankreich Philipp, „le bel“ – „der Schöne“, schickte seine Häscher aus und ließ einen Großteil der französischen Tempelritter am 13. Oktober 1307, einem Freitag, verhaften. Wen wundert es noch, wenn seit diesem Ereignis die abergläubische Furcht vor Freitag dem Dreizehnten besteht.

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Philipp IV., „le bel“

Papst Clemens V. war ein willfähriger Helfershelfer, der mit seiner Zustimmung zum folgenden Scheinprozess den juristischen Schlussakkord unter einen der wohl größten Justizskandale der Geschichte setzte. Die Scheiterhaufen loderten über Jahre. Damit hätte die Sache eigentlich, von ein paar juristischen Nachwehen abgesehen, wie der formellen Auflösung der Templer im Jahre 1312 durch ein päpstliches Dekret, erledigt sein müssen. Ungeachtet dessen erscheinen seit hunderten von Jahren immer wieder Veröffentlichungen, die den Templerorden zum Thema haben. Immer wieder wird versucht, das Geheimnis, welches diese Organisation bis heute umgibt, zu erforschen und zu erklären.

Allerdings fehlt der Name Österreich in diesen Abhandlungen so gut wie immer. Dies ist um so merkwürdiger, als es rund um Österreich zahlreiche, sowohl urkundlich als auch in der Überlieferung dokumentierte Niederlassungen der Tempelritter gab. Eine ganze Reihe von Legenden weisen aber auf eine Vielzahl von Templerbesitzungen in Österreich hin. Im Speziellen auf dem Gebiet des heutigen Niederösterreich.

Betrachtet man die Landkarte von Europa aus der Sicht des Historikers, ist Österreich ein „weißer Fleck“ auf der Templerkarte.

Das scheint in Anbetracht der Tatsache, dass in Europa einige tausend Niederlassungen der Templer existierten und eine der angeblich selbstgewählten Aufgaben der Templer der Schutz der Pilgerwege war, höchst merkwürdig. Führte doch eine der Hauptrouten ins Heilige Land – der sogar mancher Kreuzzug folgte – durch das Donautal und somit quer durch Ober- und Niederösterreich.

Dazu schreibt Elisabeth Kraus-Kassegg1:

„Unendliche Begeisterung löste der erste Kreuzzug 1096 aus. Auch Graf Friedrich von Peilstein nahm daran teil. Glanzvoll war die Zusammenkunft der Kreuzfahrer in Melk, wo der Sammelplatz war. Bis Pöchlarn und Ybbs, bis Zelking und Wieselburg reichten die Zelte der Kreuzfahrer...“.

Bei der Dichte des europäischen Netzes an Templerniederlassungen scheint es doch recht unwahrscheinlich zu sein, dass man sich hier auf eine symbolische Präsenz beschränkt hätte. War es doch zur Blütezeit des Ordens üblich, dass sich der Adel mit Schenkungen von Ländereien an den Templerorden gegenseitig überbot.

Wir wurden natürlich gefragt, warum wir das Thema der Tempelritter nicht den Publikationen der Fachgelehrten überlassen. Dafür gibt es, außer unserem persönlichen Interesse an diesem Thema, durchaus gute Gründe. Der wichtigste davon erscheint uns, dass seitens der Fachpublikationen das Thema Tempelritter in Österreich peinlichst vermieden wird. Offenbar ist es doch so, dass ein anerkannter Historiker damit seinen guten wissenschaftlichen Ruf riskieren würde, wenn er sich mit einem Thema befasst, welches eine breitere Wirkung hat, als jene auf seine Fachkollegen. Es ist natürlich brisanter, Theorien über Tempelritter aufzustellen, als über die Marktsituation in den obersteirischen Städten im hohen Mittelalter zu dissertieren.

Signifikant erscheint, dass in den jüngst erschienenen Werken „Österreichische Geschichte“, die mit dem Jahr 378 beginnen und nunmehr in die Gegenwart vorgedrungen sind, nicht einmal im Register das Wort „Tempelritter“ oder „Templer“ aufscheint. Obwohl diese Bände, verfasst von hervorragenden österreichischen Historikern, eine Fülle von hochinteressanten Details bieten, die auch eine Popularisierung der Darstellung vermeiden, haben sie für die Templer nicht einmal einen Nebensatz oder eine Fußnote übrig. Wir haben uns daher gefragt, ob es Gründe für diese literarische Enthaltsamkeit sonst durchaus publikationsfreudiger Wissenschaftler gibt. Noch dazu, wo diesem verschämten Stillschweigen eine Flut von weltweiten Veröffentlichungen gegenüber steht, die das anhaltende und immer breiter werdende Interesse des Leserpublikums an der Geschichte der Tempelherren zeigt. Ein Interesse, das einen fast zur Annahme verleitet, dass dieser Orden den Schlüssel zu einer vielleicht etwas besser organisierten Welt in Händen hatte, und dass das Wissen darum vielleicht nicht ganz verloren ist und im geheimen weitergegeben wurde.

Ohne ein derart fundamentales menschliches Interesse ist es nicht erklärbar, warum sich der Orden seit seiner Gründung einer so außerordentlichen Popularität erfreut, die bei weitem den Bekanntheitsgrad der Johanniter, des Ordens vom Heiligen Grab, des Lazarusordens oder ähnlicher Organisationen aus dieser Zeit übersteigt.

Dem gegenüber stehen Veröffentlichungen aus dem 19. und beginnendem 20. Jahrhundert. Diese Bemühungen sind einerseits durch eine Vielfalt von Hinweisen auf die Templer in Form der „Baphomete“ an vielen Kirchen gekennzeichnet, andererseits durch den Hinweis auf die angebliche, legendarisch ausgeschmückte Geschichte der Gründung und eine ermüdende Aufzählung vollkommen trockener Fakten relativiert. Die Werke befassen sich aber oft nur mit dem Randgeschehen der Situation. So werden Hugo de Payens und Gottfried de Saint-Omer als einfacher burgundischer Ritter und sein nordfranzösischer Landsmann bezeichnet, was an der Realität völlig vorbeigeht.

Behauptet wird, dass die Templerregel der Ordensregel des Heiligen Benedikt entlehnt wäre, dass König Balduin II. diesen Rittern beim Tempel Salomonis ein Haus eingeräumt hätte, wo sie in äußerster Dürftigkeit ihr halb ritterliches, halb mönchisches Leben fristeten. Die Ordensregel am Konzil von Troyes wird als missverstandenes Protokoll bezeichnet und ähnliche Minimierungen mehr. Jedenfalls bemerkt man, dass die Autoren wenigstens auf einem Auge blind waren, oder im Sinne der Einigkeit von Thron und Altar zu diesem Thema blind sein mussten.

Verständlicherweise ist es für eine große und mächtige Organisation wie die römische Kirche nicht angenehm, literarisch mit einem ihrer größten Schauprozesse und Justizirrtümer konfrontiert zu werden. Den Irrtum einzubekennen wie es bei Galileo Galilei und Jeanne d’Arc, wenn auch Jahrhunderte später, geschah, kommt noch immer für den Orden „Der armen Ritterschaft Christi vom salomonischen Tempel“ nicht in Frage. Verständlich, waren es doch dort hunderte Tote, die ihr Leben auf den Scheiterhaufen lassen mussten. Trotzdem, es ist vollkommen unverständlich, dass ein Wissenschaftler wie Hans Prutz im Jahr 1907 sich noch immer auf angebliche Beweise aus den Prozessprotokollen bezieht und das Ausmaß der zugrunde liegenden Folterungen unter den Tisch fallen lässt.

Sollen also die Aspekte überprüft werden, die auch heute noch das Interesse unserer Zeitgenossen finden, dann müssen es Journalisten, Hobbyhistoriker und wahrscheinlich auch Juristen auf sich nehmen, sich der Schelte oder was schlimmer wiegt, dem Stillschweigen der Fachleute auszusetzen. Wissenschaftstheoretisch gesehen bewegt man sich dabei in sehr guter Gesellschaft. Schon John Stuart Mill, ein berühmter britischer Philosoph und Volkswirt, hat dringend angeraten, neue und auch ungeprüfte Konzeptionen durchaus in Betracht zu ziehen, weil das zur Verbesserung der Zivilisation führt. Außerdem kann die offizielle historische Wissenschaft den Gebrauch von Alternativen bis zum Auftauchen widersprechender Tatsachen nicht „verbieten“, solange Tatsachen vorgelegt werden, welche die Theorie, dass es selbstverständlich auch im heutigen Österreich und seinem Umfeld Tempelritter und deren Niederlassungen gegeben hat, dokumentieren. Aufgabe der etablierten Wissenschaft kann es dann nur sein, diese Alternativen nicht nur zu kritisieren, sondern vom Dogmatismus abzugehen und widersprechende Tatsachen und eigene Erkenntnisse vorzulegen, sofern diese vorhanden sind!

Die Masse der Literatur über die Tempelherren zeigt uns, dass von einem interessierten Publikum einfache und klare Fragen gestellt werden, die von der etablierten Fachwelt nicht ignoriert oder als Pseudofragen beiseite getan werden dürfen. Sie verlangen nach einer Antwort. Anderenfalls würde sich das historische Establishment wie jene schlechten Ärzte verhalten, die ihnen unbekannte Symptome als Einbildung abtun.

Unser großer Landsmann Konrad Lorenz2 hat diesbezüglich geschrieben:

„Der Irrglaube, dass nur das rational Erfassbare oder gar nur das wissenschaftlich Nachweisbare zum festen Wissensbesitz der Menschheit gehöre, wirkt sich verderblich aus. Er führt die „wissenschaftlich aufgeklärte“ Jugend dazu, den ungeheuren Schatz von Wissen und Weisheit über Bord zu werfen, der in den Traditionen jeder alten Kultur wie in den Lehren der großen Weltreligionen enthalten ist. Wer da meint, all dies sei null und nichtig, gibt sich folgerichtig auch einem anderen, ebenso verderblichen Irrtum hin, indem er in der Überzeugung lebt, Wissenschaft könne selbstverständlich eine ganze Kultur mit allem Drum und Dran auf rationalem Wege und aus dem Nichts erzeugen.“

Wir betrachten es daher nicht als vermessen, wenn wir weiterhin und beharrlich in unserem Rahmen, und auch darüber hinaus die Frage stellen, ob der Templerorden im Besitz einer Wahrheit war und ob diese heute zu unserem Wohle noch fortwirken kann.

Trotz aller Globalisierung berührt uns jedoch die Frage vordringlich, ob wir eine historische Präsenz dieses Ordens zur Zeit seiner Blüte, aber auch zur Zeit seines Untergangs im Kern der österreichischen Erblande nachweisen können.

Wenn man das Thema „Templer in Österreich“ herkömmlich aufarbeiten will, stößt man alsbald an Grenzen. Es existieren eine Reihe von Sagen und Legenden über die Templer. Im speziellen in Niederösterreich finden sich Legenden, die möglicherweise einen historischen Kern haben. Auch manche alte Gebäude werden den Templern zugeschrieben. So wird das „Klösterl“ in der Nähe von Gars am Kamp den Templern zubenannt, ohne dass es irgend einen konkreten Hinweis gibt. All das ist für eine ernsthafte und wenigstens ansatzweise wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Problematik nicht wirklich geeignet. Allerdings sind diese Legenden Hinweise und Anhaltspunkte. Es galt nach „Artefakten“ aller Art Ausschau zu halten, die in irgendeiner Weise mit den Templern zu tun haben könnten. Aufgrund der Länge der vergangenen Zeit kommen nur mehr Urkunden, Bauwerke oder Steinmonumente und hier im Besonderen Grabsteine als Indizien für die Anwesenheit der Templer in Frage.

Zunächst der Baphomet, jenes legendäre „Götzenbild“ der Templer, den diese in ihren Kapellen verehrt haben sollen. Die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, insbesondere Hammer-Purgstall3, deklarierte zahlreiche, der nahezu überall an mittelalterlichen Kirchen zu findenden Fratzen und Gesichter als Baphomet. Allerdings ohne sich wirklich mit dem Begriff auseinander zu setzen. Man begnügte sich mit Spekulationen. In der Praxis zeigte sich, dass diese Figuren aller Art, die bei bekannten Templerniederlassungen als solche interpretiert wurden, mit den Steinbildnissen an den Kirchen in Österreich, eben den sogenannten „Baphomet-Figuren“, nur das Rohmaterial, den Stein, gemeinsam haben. Der Baphomet erwies sich vorerst als Sackgasse, stellte sich aber später als eine der wirklichen Entdeckungen heraus. Die nächste mögliche Spur war daher bei Bauwerken, im Besonderen natürlich bei Kirchen zu suchen. Mit Ausnahme einiger weniger Burgen und Schlösser haben nur wenige Profanbauten ohne gravierende Eingriffe in die Bausubstanz die Zeiten überstanden.

Ob die Templer tatsächlich einen eigenen Stil entwickelten, ist strittig. Es galt daher sowohl romanische als auch gotische Bauwerke aus der Zeit zu finden, und nach spezifischen Parallelen und Hinterlassenschaften an den Gebäuden zu suchen. Das von den Templern seit dem Jahre 1146 verwendete rote achteckige Kreuz, das Tatzenkreuz, kann zwar als Hinweis gelten, doch wird diese Kreuzform mit geringfügigen Abwandlungen im Rahmen der Kirche schon in byzantinischer Zeit verwendet. Beispielsweise zu sehen in Ravenna, in der Basilika San Apollinare in Classe, aus dem Jahre 549. Es eignet sich daher nur sehr bedingt als „Wegweiser zu den Templern“.

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Hainburg

Allerdings konnte als Spezifikum ein kleines Tatzenkreuz, eingemeißelt in den Türstock, ungefähr in Augenhöhe, festgestellt werden.

Als weiteres Zeichen der Templer, mit dem diese ihr Eigentum kennzeichneten, ist ein in einen Kreis eingeschriebenes Strichkreuz überliefert.

In diesem Zusammenhang erwiesen sich die Grabsteine als wichtige Quelle, die in reicher Zahl vorhanden sind, und, wenngleich oft verstümmelt, dennoch Zeugnis von den Templern geben.

Zahlreiche Exkursionen und Lokalaugenscheine in Niederösterreich, Oberösterreich, in die nunmehrige Tschechische Republik und nach Ungarn, letztlich sogar bis Schottland und nach Frankreich wurden unternommen, um Parallelen festzustellen und Vergleichsmaterial zu beschaffen. Ziel war es, Wege zum verschütteten Erbe der Templer in Österreich zu finden.

Erstaunlich war, dass nahezu alle Personen, die um Auskünfte oder Hilfestellung gebeten wurden, über den Begriff „Templer“ nicht aufgeklärt werden mussten. Noch erstaunlicher war, dass kirchliche Kreise der Thematik nach wie vor – schließlich sind seit den Prozessen 690 Jahre vergangen – sehr reserviert, in der Regel sogar ablehnend gegenüberstanden.

Endgültig vorbei scheint aber glücklicherweise jene Zeit zu sein, in der ein Autor im Jahr 1923 ausführen konnte, dass die Geschichte des Ordens in Niederösterreich lediglich in zerstreuten Nachrichten über angebliche Ordensniederlassungen und Kirchen bestünde, welche zum größten Teil auf unrichtiger Auslegung bizarrer, unerklärlich erscheinender Steinbilder an mittelalterlichen Kirchen beruhen. Vor allem aber auf der Verwechslung des Templerordens mit anderen Ritterorden und Sekten, wie dem Orden der St. Georgs Ritter oder ähnlichen Orden aus der Zeit.

Man hat sich in diesem Bereich nicht gescheut einen anerkannten Wissenschaftler, wie den gelehrten Orientalisten, den Freiherrn von Hammer-Purgstall, der wissenschaftlichen Verirrung zu bezichtigen, und ihn als Beispiel für eine krankhafte Zeiterscheinung zu benennen.

Auch den für seine Zeit beispielgebenden Universalgelehrten Wolfgang Lazius, einen der bedeutendsten Geographen und Chronisten seiner Zeit, hat man als unglaubwürdig abgetan, als er von einem Templerbau in Wien berichtete. Wir glauben, in diesem Punkt sein Ansehen wiederhergestellt zu haben.

Eine kleine Geschichte des Ordens

Vorgeschichte

Am 15. Juli 1099 eroberte ein Kreuzfahrerheer unter Führung des späteren Königs Gottfried von Bouillon Jerusalem. Im gleichen Jahr entstand daneben auch die Grafschaft von Edessa, das Fürstentum Antiochien und die Grafschaft von Tripolis. Das neugeschaffene lateinische Königreich Jerusalem und die zugehörigen Fürstentümer wurden zweifellos in der Absicht auf eine dauerhafte Innehabung und Verteidigung eingerichtet. Mit dieser Entwicklung kam es zu einem anhaltenden Strom von Siedlern und von Pilgern, die jetzt, mehr als zur Zeit der moslemischen Herrschaft, die Heiligen Stätten besuchten.

Im Gefolge dieser Entwicklung entstanden die mittelalterlichen Ritterorden. Wir wollen nicht in die Debatte der Gelehrten eingreifen, welcher Ritterorden der Erste war, und welcher nach welchem Vorbild gegründet wurde. Diese Diskussion wird seit Jahrhunderten, seit der Aufhebung des Templerordens auf eine recht einseitige Weise geführt und ist für die Historie höchstens von akademischem Wert. Es wird sich in der Folge aber zeigen, dass die Kanoniker vom Heiligen Grab, die 1099 gegründet wurden oder auch das Hospital des Bruders Gerhard, vorerst eher „konventionelle Orden“ waren und erst wesentlich später nach einem anderen Vorbild auch militärische Aufgaben übernahmen.

Die klassische Variante der Templergeschichte

Folgt man der Darstellung des Wilhelm von Tyrus, dieser Darstellung folgen die meisten Historiker bis ins 20. Jahrhundert hinein, der gegen Ende des 12. Jahrhunderts seine Geschichtsschreibung verfasste, dann erscheint im Jahr 1118 oder 1119 ein Ritter namens Hugo de Payens, lateinisch geschrieben „Hugo de Paganis“ oder „Hugo de Panzis“, mit weiteren acht Herren bei Balduin II., der mittlerweile König von Jerusalem geworden war, um seine Dienste anzubieten. Nach der Überlieferung wollen sie vorerst unter dem Namen „Die armen Ritter Christi“ den Schutz der Pilger sowie die Sicherung der Wege und Straßen übernehmen. Man stelle sich vor, dass neun Mann (!) tausende von Pilgern auf dem ganzen Straßennetz Palästinas beschützen wollen. Das in einer über die Maßen gefährlichen Umgebung, die schon immer recht unsicher war. Man denke hier nur an die Bibelstelle vom „Barmherzigen Samariter“!

Trotz dieser offenkundigen Absurdität hielt sich diese Darstellung und wird noch in der späteren Geschichtsschreibung dadurch verstärkt, dass man fälschlich die Armut dieser neun Ritter betont und sie als irgendwelche nord- und mittelfranzösischen Kleinadelige hinstellt. Niemand macht sich darüber Gedanken oder wundert sich, wenn König Balduin II. diese angeblich so unbedeutenden Leute mit offenen Armen empfängt und ihnen Quartier in seinem eigenen Palast anweisen lässt, wobei es sich gleich um einen ganzen Palastflügel mit Nebengebäuden handelt.

Sie beziehen also ihr Quartier in jenem Teil des königlichen Palastes, an der Stelle der heutigen Al-Aqsa Moschee. Sie nennen sich „Die armen Ritter Christi vom salomonischen Tempel“. Anschließend hört man wenig von ihnen und sie geraten für 9 Jahre in fast völlige Vergessenheit. Diese Geschichte wurde zwischen 1169 und 1184 geschrieben, also wenigstens 50 bis 60 Jahre nach der offiziellen Entstehung des Ordens.

Fulcher von Chartres, der offizielle Chronist, der alle bedeutenden Ereignisse unmittelbar aufzeichnen sollte, erwähnt nichts über die neun Ritter und ihre Ordensgründung. Selbstverständlich wurde auch in keiner Form dokumentiert, ob und wie sie der angeblich selbstgewählten Aufgabe des Schutzes der Straßen und Wege in irgend einer Form nachgekommen wären.

Ob die Gründung nun tatsächlich im Jahre 1118 stattfand, oder vielleicht früher, ist nicht bestimmbar, da es hiezu keine verlässlichen Quellen gibt.

Der Urheber dieser Legende, Wilhelm von Tyrus, mit seiner „Geschichte der Kreuzzüge und des Königreichs Jerusalem“, wurde interessanterweise bis ins 19. und 20. Jahrhundert immer wieder zitiert und erst Sir Steven Runciman4 kritisiert teilweise seine Darstellung und geht explizit von dieser in einigen Punkten ab. Auch spätere Autoren, zum Beispiel Martin Bauer5, betonen, dass Wilhelm von Tyrus das Geschichtsbild des Ordens absichtlich verzerrt.

Natürlich ist nicht nur Wilhelm von Tyrus, der 40 bis 50 Jahre nach der Gründung des Ordens schreibt, als annähernd zeitgenössischer Chronist und Quelle vorhanden. Zu nennen wären hier durchaus auch andere, so vor allem Jakob von Vitry, Arnulf, Michael der Syrer, Richard von Poitou um 1153, wobei ausdrücklich dieser Clunyazensermönch darauf hinweist, dass es sich hier bei diesem „Genus Militiae“, diesem kämpferischen Orden, um ein Novum handelt.

Zu den ältesten Zeugnissen über die Entstehung des Ordens gehört auch ein Bericht Anselms von Havelberg, gestorben 1158.

Auf eine fast ebenso alte Quelle aus etwa 1172 hat F. Lundgreen aufmerksam gemacht. Es ist dies der „Libellus de locis sanctis“ von Theoderich, herausgegeben von Titus Tobler, St. Gallen-Paris, 1865. Der „Libellus“ beschreibt detailliert das Domizil der Templer in Jerusalem an der Stelle der heutigen Al-Aqsa-Moschee. Größte Bewunderung zollt er den so genannten „Pferdeställen Salomos“. Nach seiner Auffassung konnten dort 10.000 Pferde eingestellt werden. Tatsächlich betragen die Abmessungen der Räume 170 mal 84 Meter. Besonders interessant wird diese Chronik, wenn sie auf eine unterirdische Gebetsstätte der Templer im Südosten der Mauer zu sprechen kommt, wird man doch sofort an den unterirdischen Raum in der Burg Lockenhaus erinnert.

Jakob von Vitry zitiert in seiner „Historia Orientalis sive Hierosolymitana“ die bereits bekannte Legende von den neun Männern, die einen heiligen Entschluss gefasst haben und die in weltlichen Gewändern dienten und sich von dem kleideten, was ihnen die Gläubigen als Almosen gaben. Es ist zu beachten, dass auch seine spätere Darstellung, die offenbar von den Templern erwünschte Gründungslegende wiedergibt. Tatsächlich ist es doch so, dass diese neun, durchaus nicht armen Leute, direkte Beziehung zum König aufnehmen und dort mit offenen Armen aufgenommen werden. Neun Jahre lang hört man kaum von ihnen, bis dann plötzlich fast alle nach Europa zurückkehren, um eine Werbekampagne für den Orden zu entfachen. Aufs heftigste dabei unterstützt vom Heiligen Bernhard von Clairvaux, der ihnen auch eine eigene Regel für den Orden schreibt. Das auf einem Konzil, welches der Graf der Champagne in seiner Hauptstadt Troyes einberuft.

An der Stadt Troyes ist nicht nur interessant, dass sie den Hof des Grafen der Champagne beherbergt, und dass dort das Regel gebende Konzil für den Templerorden stattfand, sondern auch, dass es durch den Einfluss des später Tempelritter werdenden Grafen an diesem Hof eine recht einflussreiche jüdische Kabbalaschule gab. Auch der spätere Papst Urban IV. wurde in Troyes geboren.

Parsival

Auch literarisch ist die Stadt Troyes von Bedeutung: Chrétien de Troyes schrieb dort sein Werk „Le conte de Gral“. Das Vorbild für Wolfram von Eschenbachs bis heute gerne gelesenes Epos „Parsival“. Es ist auch bekannt, dass sich Chrétien seinerseits auf einen jüdischen Gelehrten berief, der ihn mit dieser Geschichte bekannt gemacht haben soll. Wolfram erzählt in seinem Parzival, dass die Gralshüter, von ihm „Templeisen“ genannt, jene Organisation sei, welche eigentlich die Länder regiere und als Schutzmacht Gottes für die Hilfsbedürftigen wirke. Den Templeisen werden wir im Kapitel über Österreich wieder begegnen. Die Templer haben bereits zur Zeit ihres Bestehens keinerlei Einwände gegen entsprechende Propaganda literarischer Art gehabt. Wolfram von Eschenbach macht auch keinen Hehl aus der Tatsache, dass er mit seinen Gralsrittern die zu seiner Zeit existierenden Tempelritter meint. Der Orden verfügte bereits um diese Zeit und später in zunehmendem Maß über wirtschaftlichen und politischen Einfluss, nicht nur in Outremer, eine alte französische Bezeichnung für die Länder Palästinas, sondern auch im Westen, in Europa.

Neun arme Ritter

Diese neun Chevaliers sind zweifellos nicht so unbedeutend wie ihre späteren Chronisten glauben machen wollen.

Hugo de Payens war ein Lehensmann des Grafen Hugo de Champagne, der wenige Jahre später, im Jahre 1126, selbst dem Orden als einfacher Ritter beitrat. Hugo de Payens stammte wahrscheinlich aus einer Nebenlinie der Grafen der Champagne. Erwähnenswert, weil für die weitere Geschichte von Bedeutung, ist der Name seiner Frau, Catherine de St. Clair, einer Adeligen aus Schottland, deren Familie dort umfangreiche Besitzungen hatte und bis heute hat. Die Familie St. Clair nennt sich in Schottland seit Jahrhunderten Sinclair und besitzt unter anderem Rosslyn Chapel in deren heutiger Sakristei sich auch der Grabstein von William de St. Clair, einem 1330 verstorbenen Tempelritter, befindet.

Der Graf der Champagne (Hugo) war einer der bedeutendsten Herren im Königreich Frankreich und sein Beitritt zum Orden ist ungefähr so verwunderlich, als würde der heutige Landeshauptmann von Oberösterreich in den Kartäuserorden eintreten, wobei sein ehemaliger Sekretär bereits Abt dieses Kartäuserordens ist.

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Grabstein von William de St. Clair, Tempelritter in Rosslyn Chapel

Sein Neffe Thibaud II. tätigte eine der ersten Schenkungen im Abendland an den Templerorden – das Gut Barbonne.

Wenn man heute das nur wenige Kilometer nordwestlich von Troyes liegende Dorf Payns, die Heimat von Hugo de Payens, besucht, erinnert auf den ersten Blick nichts an den ersten Großmeister der Templer. Erst mit etwas Nachforschung stellt man fest, dass Monsieur Emile Lecoq und Madame Mariette Guinod eine bemerkenswerte Privatinitiative bei der Erhaltung des Gedächtnisses des ersten Großmeisters entfaltet haben. Die beiden haben im Ort ein kleines privates Museum eingerichtet, das nicht nur interessant ist, sondern auf den ersten Blick zeigt, mit welch großem Einsatz und Sachkenntnis hier vorgegangen wurde. Im Gespräch erfuhren wir dann, dass auf ihre Initiative in der näheren Umgebung des Ortes Grabungen durchgeführt wurden, und die Grundmauern und zahlreiche andere Reste des Ordenssitz in Payens gefunden wurden. Münzen der Templer und viele interessante Artefakte kamen zum Vorschein. Bedauerlich ist nur, dass aus Geldmangel und Fehlen jedweder Unterstützung der öffentlichen Stellen, die Grabungen eingestellt und zugeschüttet wurden. Heute geht wieder der Pflug über diese Stellen. Die beiden freundlichen und äußerst hilfsbereiten Enthusiasten haben uns auch den Platz gezeigt, an dem die Burg des Hugo de Payens stand. Eine Wiese neben einem Herrenhaus, umstanden von Bäumen und ohne Hinweis auf die historische Bedeutung. Die letzte Erinnerung ist die „Rue Hugues de Payns“, die quer durch den Ort führt und auch diese Stelle berührt.

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Straßenschild in Payns

Aber nicht nur der mächtige Graf der Champagne ist unmittelbar in den Anfangsjahren diesem Tempelritterorden beigetreten. Es gibt auch Belege, die darauf hinweisen, dass Fulk, Graf von Anjou, der Ahnherr der Plantagenets, ebenfalls Ordensmitglied war. Er war der Vater von Geofroy Plantagenet und Großvater Heinrichs II. von England und somit Urgroßvater des den Templern nahestehenden Richard Löwenherz.

Unter den 9 Rittern der ersten Stunde findet sich auch Archambaud de Saint Aignan, Geoffroy Bisol, Hugues Rigaud, Godefroy de Saint-Omer, Roral, Gondemare, Payen de Montdesir sowie André de Montbart. Diese Ritter geben dem Orden das erste Vermögen, indem sie Privatvermögen in den Orden einbringen und so auch die Konzilsteilnehmer von Troyes ermutigen, Schenkungen zu tätigen. Eine Politik, die erfolgreich war. Von herausragender Bedeutung ist Andre de Montbart: Er war ein naher Verwandter, wahrscheinlich der Onkel, des Heiligen Bernhard von Clairvaux. Dieser große Heilige des Zisterzienserordens wurde von Papst Eugen III. zum Hauptprediger des Kreuzzuges berufen, und war er der Mann, der sein ganzes und gewaltiges Prestige für den Templerorden einsetzte. Papst Eugen III. war ein Schüler Bernhards und stand, wie auch sein Vorgänger Innozenz II., stark unter dessen Einfluss.

Bernhard von Clairvaux ist jener überragende Geist der Zeit, der, wie wir glauben, den Begriff des Ritterordens sogar erfand. Es ist kein leichtes Unterfangen, die mönchischen Lebensprinzipien Armut, Gehorsam und Keuschheit mit dem Kriegshandwerk zu verbinden.

Auf der Synode von Troyes wird Hugo de Payens formell zum Großmeister des Ordens. Ein Titel, den er schon bisher führte.

Es ist bemerkenswert, dass spätere Historiker diese Regel als missverstandenes Konzilsprotokoll sehen wollen. Nach allen erhaltenen Abschriften allerdings ergibt sich, dass diese damals völlig neue Konstruktion eines Ritterordens, in etwas abgewandelter Form die Ordensregel der Zisterzienser enthält und als weltliche Komponente eine stets kampfbereite und in Übung befindliche Elitetruppe fordert.

Die Artikel der Ordensregel passen aber auch nicht zur Gründungsgeschichte! In keiner Form ist die legendäre Zielsetzung: „Schutz der Pilger“ oder „Schutz der Wege im Heiligen Land“ angeführt. Es gibt aber auch Gegenstimmen, die eine Templerregel zu diesem Zeitpunkt ablehnen. Die Behauptung, dass am Konzil von Troyes keine Regel für die Templer erlassen wurde, sondern dass es sich lediglich um eine ungeordnete Sammlung von Aufzeichnungen handelt, stammt von dem als namhaften Historiker bekannten Hans Prutz6 und erscheint mangelhaft begründet. Ebenso wie seine Auffassung vom Charakter König Philipps IV., des Schönen, den er als streng gläubigen, skrupulösen Katholiken schildert. Eine Sichtweise, die auch schon vor der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert für einen Gelehrten, der immerhin die Strapazen einer Reise nach Rhodos auf sich nahm, um dort die im Archiv der Johanniter aufbewahrten Reste des Templerarchivs zu sichten und auszuwerten, äußerst seltsam anmutet.

Der Orden vom Heiligen Grab

Das Testament Alfons I., des Kriegers, König von Aragonien und Navarra seit 1131 und dessen Bestätigung 1134 setzen die Existenz sowohl der Hospitaliter (Johanniter) als auch des Tempelritterordens und des Ordens vom Heiligen Grab voraus. Da jedem der Orden ein Drittel des Reiches vermacht wurde, ist ebenfalls vorauszusetzen, dass nach der Auffassung des Testators jeder dieser Orden in der Lage war, seinen künftigen Reichsteil in Aragonien auch entsprechend gegen äußere Feinde insbesondere im Rahmen einer Reconquista zu verteidigen.

Würde es sich also beim Orden vom Heiligen Grab lediglich um einige Geistliche im grauen Habit an der Grabeskirche von Jerusalem handeln, die dort ein paar Pilger mit Suppe versehen und das Heilige Grab mit frischen Kerzen, dann wäre das Testament eines Königs vom Stile Alfons I. vollkommen unverständlich, leichtsinnig für seine Untertanen in einer durchaus noch immer prekären militärischen Situation und man hätte darüber jedenfalls nach seinen Ableben nicht einmal ernsthaft verhandelt.

Das wurde aber niemals behauptet, lediglich die drei Orden selbst haben eingesehen, dass sie nicht über die nötigen Ressourcen verfügten, um Aragonien in dieser Form zu halten. Interpretiert man dieses Dokument, so ist davon auszugehen, dass sich alle drei Orden nach der Meinung Königs Alfons’ I. der – wie schon sein Beiname sagt – in kriegerischen Dingen durchaus erfahren war, dieser Aufgabe hätte unterziehen können. Folglich war der Orden vom Heiligen Grab mit einer entsprechenden ritterlichen Mannschaft und Mitgliedern, die eine schlagkräftige militärische Macht darstellten, ausgestattet. Dies beweist auch die Tatsache, dass sich nach dem Tod des Königs die Verhandlungen praktisch fünf Jahre hinzogen und deren Ergebnis erst 1158 vom Papst Hadrian IV. bestätigt wurde.

Es ist in der Literatur nicht zweifelhaft, dass der Templerorden anfangs den Kanonikern des Heiligen Grabes angegliedert war. Darauf ist auch die immer wieder vertretene Ansicht zurückzuführen, dass auch die Tempelritter selbst nach der Regel des Hl. Augustinus gelebt hätten. Ernoul schreibt in seiner Chronik, dass die Templer nicht wagten, in der Grabeskirche zu wohnen und daher das Angebot von König Balduin, beim Tempel Salomonis zu wohnen, annahmen.

Sehr gut passend zu der erwähnten Entwicklung von Milizen bei den ursprünglichen Konventen ,wie zum Beispiel bei Hospitaliern und dem Orden von Santiago, ist eine Nachricht in der Chronik Arnulfs (Ernoul, S.8) in der die Tempelritter, die Gelübde abgelegt hatten, als unter der geistlichen Führung der Regularkanoniker des Heiligen Grabes stehend, dargestellt werden und eine Übereinkunft treffen, dass sie – um ihre ursprüngliche ritterlichen Tätigkeit, insbesondere im Kampf, weiter ausüben zu können – die Erlaubnis des Priors der Kanoniker des Heiligen Grabes einholten, um einen weltlichen Führer zu wählen, der sie in die Schlacht führen würde, wenn es not tut.

Mit der Wahl eines eigenen Priors waren die Kontakte der Templer mit den Kanonikern vom Hl. Grab natürlich noch nicht beendet. Anzunehmen ist, dass die Templer in dem Moment, in dem sie eigene Kleriker erhielten, einerseits die Verbindung zu den Kanonikern lösten, diese sich andererseits wieder eine eigene ritterliche Mannschaft zu verschaffen wussten – das sowohl in Jerusalem als auch in den verschiedenen Königreichen Europas. Hier war das Vorbild des Tempelritterordens trotz aller Versuche einer Einflussnahme durch die Franziskaner schon aus praktischen Gründen nicht zu umgehen. Man wird in Jerusalem nicht gerade die Grabeskirche ungeschützt lassen und andererseits aus dem Westen Nachschub an Militär, Einfluss und finanziellen Mitteln gebraucht haben.