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Alfred Bekker

Neal Chadwick - Drei Western, Sammelband 5

Die Höllenmeute von El Diablo/Sonora-Geier/ Gilmore der Einsame: Cassiopeiapress





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Neal Chadwick - Drei Western, Sammelband 5

von Alfred Bekker

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 278 Taschenbuchseiten.

 

Dieses Buch enthält folgende drei Romane:

Alfred Bekker: Die Höllenmeute von El Diablo

Alfred Bekker: Sonora-Geier

Alfred Bekker: Gilmore der Einsame

 

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

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Die Höllenmeute von El Diablo

von Alfred Bekker

 

In der Nähe von Jefferson, Arizona wird die Postkutsche überfallen. Dabei werden sämtliche Insassen getötet. Dahinter steckt die Bande von Doug Warren, der auch unter dem Namen El Diablo bekannt und berüchtigt ist. Sheriff John Read stellt ein Aufgebot zusammen und macht sich an die Verfolgung der Bande. Darunter ist auch der junge Billy Coburn, dessen schwangere Frau bei dem Überfall getötet wurde. Nach dramatischer Jagd geraten sie in eine schier ausweglose Situation.

 

1

"Man wird hier ja ordentlich durchgeschüttelt!", meinte der Mann im eleganten Anzug, während die Postkutsche über die steinigen Untergrund holperte. Die beiden Männer vorne auf dem Bock trieben die Gäule unbarmherzig vorwärts. Die Kutsche war mit Verspätung aus Jefferson, Arizona aufgebrochen und sollte vor Einbruch der Dunkelheit noch bis Tucson kommen.

Der Mann im eleganten Anzug wandte sich an die junge Frau, die ihm gegenübersaß. Sie hatte ein feingeschnittenes, außergewöhnlich hübsches Gesicht. Es war unübersehbar, dass sie schwanger war. "Für Sie ist es sicher noch viel unangenehmer", meinte der elegant Gekleidete. "Ich meine, in ihrem Zustand..."

"Es geht", sagte sie.

"Mein Name ist übrigens Frakes."

In den Augen der Frau blitzte es und um ihre Lippen spielte ein spöttisches Lächeln. "Ich habe von Ihnen gehört, Mister Frakes. Sie sind ein Falschspieler. Sheriff Read hat Sie aus der Stadt geworfen!"

Der Spieler errötete ein wenig.

"So etwas spricht sich ja schnell herum!"

"Jefferson ist eben ein kleines Nest."

"Sie könnten mir trotzdem Ihren Namen sagen, Ma'am. Schließlich werden wir hier den Rest des Tages zusammen in dieser engen Kutschenkabine verbringen. Oder haben Sie etwas gegen eine gepflegte Unterhaltung?"

"In Ihrem Fall schon", erklärte die junge Frau. "Ich mag Leute nicht, die andere um ihr Geld bringen."

Der Spieler schien erstaunt und hob die Augenbrauen.

Mit einer so deutlichen Abfuhr schien er nicht gerechnet zu haben. "Aber, aber...", meinte er.

Doch da wurde er von dem dritten Fahrgast unterbrochen. Es war ein Rancher aus der Umgebung. Ein breitschultriger Mann mit leichtem Bauchansatz, der irgendwo zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt war. "Sie haben doch gehört, was Mrs. Coburn gesagt hat", grunzte er mit heiserer Stimme. "Die Lady hat keine Lust, sich mit Ihnen zu unterhalten und Sie sollten das akzeptieren!"

Der Spieler wollte noch etwas erwidern, denn er war keiner, der so schnell klein bei gab. Doch er wurde brutal unterbrochen, als auf einmal Schüsse peitschten. Aus der zerklüfteten Felslandschaft, die sich zu beiden Seiten der Kutsche erstreckte, prasselte jetzt ein wahrer Geschosshagel nieder. Der Bleiregen schien aus allen Richtungen zu kommen. Den ersten der beiden Kutscher erwischte es, noch bevor er zu seiner Winchester hatte greifen können. Im hohen Bogen und mit einem durch Mark und Bein gehenden Todesschrei flog er vom Bock, während die Kutsche nach wie vor in voller Fahrt war. Es gab ein hässliches Geräusch, als sein Körper hart aufschlug. Den zweiten Mann auf dem Bock erwischte es nur einen Augenaufschlag später. Er sackte noch vorn und geriet unter die Wagenräder. Die Kutsche fuhr über ihn hinweg. Die Pferde waren indessen von der Ballerei völlig verrückt geworden und gingen durch. In wildem Galopp stoben sie vorwärts "Diese Hunde!", schimpfte der Rancher grimmig. Er hatte den Colt aus dem Holster gezogen, ebenso wie der Spieler.

Die schwangere Mrs. Coburn drückte sich derweil in die Ecke und hielt sich den Bauch. "Mein Gott..." flüsterte sie. Ihr hübsches Gesicht hatte jegliche Farbe verloren und war von namenlosem Entsetzen gezeichnet.

Der Spieler gab inzwischen ein paar mehr oder weniger ungezielte Schüsse aus dem offenen Kutschenfenster ab. Die entsprechende Antwort in Blei ließ nicht auf sich warten und folgte prompt. Einige der Schüsse gingen glatt durch das dünne Holz, aus dem die Kutschenkabine gezimmert worden war.

Der Spieler schrie plötzlich laut auf.

Ein Geschoss hatte ihn im Oberkörper erwischt. Das schöne weiße Hemd, das er unter der dunklen Jacke trug färbte sich innerhalb eines einzigen Augenblicks rot. Der Spieler sah fassungslos an sich herab und preßte die Hand auf die Wunde, aber das Blut glitt ihm zwischen den Fingern hindurch.

Jetzt war zu hören, wie galoppierende Pferde sich näherten.

Die Reiter hatten die Kutsche rasch eingeholt. Den ersten holte der Rancher mit einem gezielten Schuss aus seinem Revolver aus dem Sattel. Dem nächsten holte er das Pferd unter dem Hintern weg, aber es waren einfach zu viele. Mindestens ein Dutzend Männer. Die Sache schien hoffnungslos.

Der Spieler wimmerte unterdessen. Er sackte noch vorne, gegen die Tür. Die Waffe entglitt seiner Rechten und rutschte zu Boden. Als der Rancher seinen Colt leergeschossen hatte und die Waffe des Spielers an sich nehmen wollte, bemerkte er, dass die junge Mrs. Coburn mit starrem Blick auf ihrem Platz saß. Ihr Mund war weit geöffnet, wie zu einem stummen Schrei. Und in ihrer Stirn war ein rundes, rotes Loch. Sie war tot.

Dem Rancher versetzte es einen Stich. Er musste schlucken.

Inzwischen verlangsamte die Kutsche ihre Fahrt. Den Banditen gelang es schließlich, das Gespann wieder unter Kontrolle zu bringen. Einer der Kerle hatte sich auf den Rücken eines Zugpferdes geschwungen und wenige Augenblicke später kam das ganze Gefährt zum Stillstand. Die Banditen preschten heran und zügelten ihre Pferde.

Der Rancher sah ihre rauen Gesichter. Sie waren nicht maskiert, offenbar hielten sie das nicht für nötig. Der Rancher wusste, dass es kaum Sinn hatte, sich noch zu wehren, jetzt, da die Kutsche stand. Vielleicht würden sie ihn am Leben lassen.

Es war, als ob sich eine eisige Hand auf seinen Rücken legte.

Die Türen der Kutsche wurden aufgerissen, und ein halbes Dutzend Mündungen zeigten auf den Rancher. Der leblose Körper des Spielers fiel den Banditen entgegen. Der erste von ihnen, der seiner Kleidung nach ein Mexikaner war, trat einen Schritt zurück, so dass die Leiche auf den Boden schlug. Der Mexikaner grinste zynisch. Aber als sein Blick auf die tote Mrs. Coburn fiel, veränderte sich sein Gesicht.

"Madre de dios!", rief er aus.

"Was gibt's?", fragte ein finster wirkender Reiter. Unter dem dunklen, tief ins Gesicht gezogen Hut blitzten zwei grausame Augen. Sein Haar und der Stoppelbart waren rotstichig.

Er lenkte sein Pferd heran und stieg ab.

"Im Wagen war eine schwangere Frau!", sagte der Mexikaner.

Der Rothaarige kam heran und warf einen Blick in das Innere der Kutsche. Er zuckte die Schultern. Sein Gesicht blieb regungslos, als er sagte: "Vergiss es, Pedro! Hast du gehört? Vergiss es einfach!"

Der Mexikaner atmete tief durch.

Dann deutete er mit dem Lauf seines 45er Colts auf den Rancher, der kreidebleich und regungslos auf seinen Platz saß. "Was machen wir mit ihm, Boss?"

Der Rothaarige bedachte den Rancher mit einem Blick, der diesem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

"Umlegen", sagte der Anführer der Bande dann. Er sprach leise. Es klang wie das Zischen einer Schlange. "Wir können keinen Zeugen gebrauchen."

"Lassen Sie mich am leben!", flehte der Rancher. "Ich gebe Ihnen mein Geld! Ich habe den Erlös aus dem Verkauf einer Rinderherde bei mir... Ein schöner Batzen!"

"Wir werden es uns ohnehin nehmen", sagte der Rothaarige.

Der Rancher schluckte. Angstschweiß lief ihm über die Stirn. "Aber es ist gut versteckt!", wandte er dann ein. "Ihr werdet es nicht finden!"

Der Rothaarige schien zu überlegen und nickte schließlich.

"Okay."

"Ihr lasst mich am Leben?"

"Wo ist das Geld?"

Der Rancher zog seine Lederweste aus und gab sie dem Rothaarigen. "Es ist hier eingenäht!", erklärte er.

Über das Gesicht des Banditen ging ein mattes Lächeln.

"Gut", meinte er. Dann griff er blitzartig zu dem Revolver, den er an der Seite trug und feuerte kurz hintereinander zwei Schüsse auf den Rancher ab.

Pedro, der Mexikaner, schaute zur Seite.

Dann sagte er an den Rothaarigen gerichtet: "Wirklich! Du trägst deinen Namen zu recht, El Diablo!"

 

 

2

John Read war ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit dunklen Haaren. Er war vor zwei Jahren nach Jefferson gekommen. Irgendwie hatte man es geschafft, ihm den Sheriff-Stern anzudrehen. Und Read hatte damals in wenigen Wochen in dem kleinen aber wilden Arizona-Nest Ordnung geschaffen.

Seitdem war er geblieben.

Read war gerade auf dem Weg zum einzigen Saloon von Jefferson, um dort sein Mittagessen einzunehmen, als ein Reiter in wildem Galopp auf den Sternträger zupreschte.

Read kannte den Mann nur zu gut.

Er hieß Chuck Slater und arbeitete als Vormann auf der größten Ranch der Umgebung.

Slater zügelte sein Pferd und sprang mit katzenhafter Geschmeidigkeit aus dem Sattel.

Er schien ziemlich aufgeregt zu sein. Offenbar war irgend etwas geschehen. Und Slaters Miene nach konnte das nichts Erfreuliches sein.

"Was gibt's, Chuck?", fragte Read stirnrunzelnd.

"Die Postkutsche ist überfallen worden. Ungefähr sechs oder sieben Meilen von hier in Richtung Tucson ist es passiert!"

Slater rang nach Atem.

Der Vormann war ein ziemlich harter Brocken, aber das Geschehene schien selbst ihn ziemlich erschüttert zu haben.

Er atmete tief durch und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.

"Erzähl schon!", forderte Read, dessen Augen auf einmal schmal geworden waren.

"Ich war auf der Suche nach Mavericks, als ich die Geier kreisen sah...", flüsterte Chuck Slater mit belegter Stimme.

Er schüttelte den Kopf. "Es war schon alles vorbei... So etwas Furchtbares habe ich noch nie gesehen! Diese Banditen haben alle getötet. Auch eine schwangere Frau."

"Die junge Mrs. Coburn", zischte Read. Sein Gesicht wurde dabei zu einer eisigen Maske.

Slater blickte zur Seite.

"Ja."

"Ich werde einen Suchtrupp zusammentrommeln."

"Es muss schnell gehen, John! Sonst sind diese Geier über alle Berge!"

"Ich weiß. Du hast einen scharfen Ritt hinter dir, Chuck. Kann ich trotzdem mit dir rechnen?"

Slater nickte.

"Keine Frage, John!"

"Gut!"

Read wollte an dem Vormann vorbei, weiter in Richtung Saloon, um ein paar Männer zu fragen, ob sie sich dem Trupp anschließen wollten.

Aber Slater hielt den Sheriff am Arm und dieser wandte sich halb herum.

"Jemand wird Billy Coburn die schlimme Nachricht überbringen müssen, dass seine Frau und das ungeborene Kind tot sind", brummte Slater.

Read hielt einen Moment lang inne und nickte dann.

"Ich werde das übernehmen", entschied er. "Wir werden bei der Coburn-Farm vorbeireiten. Billy wird sicher mit uns kommen wollen."



3

Der Suchtrupp war schnell zusammengestellt. Im Eilverfahren wurden die Männer zu Deputies vereidigt.

Insgesamt sieben Reiter waren es, die sich wenig später bis an die Zähne bewaffnet aufmachten, um die Spur der Banditen aufzunehmen.

In scharfem Galopp ritten sie zunächst in Richtung der Farm von Billy Coburn. Der junge Mann war vor einem Jahr mit seiner Frau hier her gezogen und hatte die Farm buchstäblich aus dem Nichts aufgebaut.

Die Farm war nicht groß, konnte aber eine Familie ganz gut ernähren. Sie war nur wenige Meilen von Jefferson entfernt.

Die Reiterschar hatte sie schnell erreicht.

Billy Coburn stand vor seinem Blockhaus und runzelte die Stirn, als er die Männer herankommen sah. Er konnte sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, dass es sich um einen Suchtrupp handelte und irgend etwas Furchtbares geschehen sein musste.

Coburn wischte sich den Schweiß von der Stirn und trat den Reitern entgegen, die ihre Pferde gezügelt hatten.

John Read stieg aus dem Sattel.

"Ist etwas passiert?", fragte Coburn.

Aber seinem Gesicht war anzusehen, dass er sehr wohl wusste, wie überflüssig diese Frage war.

Read schob sich den Hut in den Nacken und kratzte sich hinter dem Ohr. Was er zu sagen hatte, war nicht einfach über die Lippen zu bringen. Und Billy Coburn war sein Freund, da war es um so schwerer. Read atmete einmal tief durch und versuchte dann mühsam herauszubringen, was er Coburn zu sagen hatte.

"Ich muss dir eine schlimme Nachricht überbringen, Billy", begann er.

Coburns Gesicht wurde zu einer steinernen Maske.

"Was...?"

"Die Postkutsche ist überfallen worden."

"Nein!" Coburn packte Read bei den Schultern. Die beiden Männer waren etwa gleich groß, Coburn allerdings gut zehn Jahre jünger als der Sheriff.

Read begann unbeholfen.

"Billy..."

In Coburns Gesichtsausdruck machte sich der Ausdruck des Entsetzens breit.

"Was ist mit meiner Frau?", flüsterte der junge Mann fast tonlos.

Es dauerte einen Augenblick, bis Read antworten konnte.

"Es sind alle tot, Billy", flüsterte er. "Alle, die mitgefahren sind. Diese Hunde haben niemanden verschont..."

Coburn schluckte.

Blanke Verzweiflung breitete sich in ihm aus und dann schüttelte der junge Mann stumm den Kopf. Nein, das durfte einfach nicht sein, ging es ihm verzweifelt durch den Kopf.

Er wollte es einfach nicht glauben.

Seine Frau, sein Kind...

Namenlose Wut ergriff ihn und er ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten.

Sein ganzes Leben schien in einem einzigen furchtbaren Augenblick wie eine Seifenblase zerplatzt zu sein.

Read versuchte, etwas zu sagen, aber es kam nichts über seine Lippen. Sein Kopf war in diesem Moment völlig leer und er verfluchte sich innerlich dafür. Billy Coburn war sein Freund, aber es schien nichts zu geben, womit Read ihn hätte trösten können.

"Das darf nicht wahr sein!", flüsterte Coburn, während Tränen des Zorns ihm in die Augen stiegen. "Das Baby..."

Sein Tonfall hatte eine Mischung aus Verzweiflung und ohnmächtiger Wut.

Dann gab Read sich einen Ruck.

Auch wenn es hart für Coburn war, es musste jetzt weitergehen.

"Es tut mir leid, Billy", sagte er.

"Diese Hunde!"

"Wir haben einen Suchtrupp zusammengestellt, um die Spur der Banditen aufzunehmen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät und wir holen sie ein!"

Coburn hob die Hand.

"Wartet auf mich!", rief er. "Ich werde meinen Revolver und meine Winchester holen und mit euch kommen!"

Read nickte.

"Ich habe mir gedacht, dass du mit uns reiten würdest", erwiderte er. Coburn hatte früher seine Dollars unter anderem als Deputy verdient, bevor er seiner Frau zu Liebe das wilde Leben aufgegeben hatte. Wie man mit dem Eisen umging, wusste er besser, als die meisten anderen Männer in der Gegend.

Read hoffte nur, dass der verständliche Hass Coburn nicht blind werden ließ...

Coburn starrte einen Moment lang ins Nichts und wirkte wie jemand, dem man gerade mit einem Balken vor den Kopf geschlagen hatte.

Er schüttelte langsam den Kopf und und murmelte dann: "Ich hätte Emily nicht allein nach Tucson fahren lassen sollen! Aber im Moment gibt es soviel Arbeit auf der Farm, dass ich Mühe habe, alles zu schaffen!"

"Mach dir keine Vorwürfe, Billy!", meinte Read, trat an den jungen Mann heran und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Coburn wandte den Blick und sah Read direkt in die Augen.

"Emily ging es nicht gut", murmelte er dann halblaut. "Wahrscheinlich wegen dem Baby in ihrem Bauch. Aber in Jefferson gibt's ja keinen Arzt und deswegen sollte sie nach Tucson fahren... 'Mach dir keine Sorgen', hat sie gesagt. 'Ich komme schon klar!' In drei Tagen wollte sie zurück sein, John!"

Read sah Coburn fest an.

"Wir kriegen die Kerle, die das getan haben, Billy! Darauf hast du mein Wort!"



4

Billy Coburn ritt auf einem pfeilschnellen Rappen und war dem Rest des Trupps immer ein Stück voraus. Die anderen hatten Mühe, ihm zu folgen.

Dann kamen sie schließlich an den Ort des Schreckens.

Ein heftiger, aber sehr ungleicher Kampf hatte hier getobt.

Die Banditen hatten sämtliches Gepäck durchwühlt und nach Wertvollem durchsucht. Auch die Pferde hatten sie mitgenommen.

Coburn sprang aus dem Sattel und lief zur Kutsche. Als er hineinblickte erstarrte er vor Entsetzen.

"Diese Hunde!", flüsterte er düster vor sich hin. "Diese verfluchten Hunde! Dafür sollen sie bezahlen!"

"Das werden sie!", versicherte Read, der ebenfalls vom Gaul heruntergestiegen war, um sich etwas umzusehen.

"Sollen wir die Toten hier so liegenlassen?", meinte einer der Männer des Suchtrupps. Er hieß McKay, hatte einen buschigen Schnurrbart und war der Besitzer des Drugstores von Jefferson.

"Uns bleibt jetzt keine Zeit, uns um sie zu kümmern", bestimmte Read. "Ein paar Stunden noch, dann wird es dunkel."

McKay zuckte die Achseln, aber es war unübersehbar, dass ihm diese Entscheidung nicht gefiel.

"Wie Sie meinen, Sheriff", knurrte er.

Read sah sich etwas um.

Er wandte sich einem der toten Banditen zu, drehte ihn herum und holte aus seinen Taschen einige mexikanische Pesos. Dann nickte er leicht.

"Scheint, als wäre dieser Kerl hier noch vor kurzem auf der anderen Seite der Grenze gewesen", meinte er dazu.

Indessen deutete McKay auf eine aufgebrochene Kiste mit dem Firmenschild einer Minengesellschaft, die in der Nähe eine Silbermine betrieb. "Ob die gewusst haben, dass heute die Lohngelder dabei waren?", fragte er düster.

"Ihre Spur führt nach Süden!", meldete sich Slater, der Vormann zu Wort.

Er verstand sich ausgezeichnet auf die Spurensuche. Es hieß, dass er irgendwann einmal als Scout in der Army gedient hatte, bevor er schließlich erkannte, dass es angenehmer war, sich mit verhältnismäßig zahmen Rindern anstatt mit aufständischen Indianern herumzuschlagen.

"Kein Wunder!", zischte Read. "Sie wollen sich wieder hinter die Grenze verkriechen, wo der lange Arm des Gesetzes sie nicht erwischen kann!"

Die Männer schwangen sich wieder in die Sättel. Nur Billy Coburn blieb noch einen Augenblick stehen. Er konnte den Blick einfach nicht aus dem Inneren der Kutsche lösen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, sein Gesicht eine Maske aus Schmerz und Hass.

"Wir müssen los, Billy", sagte Read ruhig.

Coburn nickte stumm, ging zu seinem Pferd und schwang sich hinauf in den Sattel.

Slater deutete indessen auf den Boden. "Hier ist ihre Spur...", meinte er. "Solange es einigermaßen hell ist, werden wir ihr folgen können!"

"Was schätzt du, wie viele Banditen waren es?", fragte Read den Vormann.

Slater zuckte die Achseln.

"Mindestens ein Dutzend, würde ich sagen. "Vielleicht auch mehr..."

Read pfiff durch die Zähne.

"Das Zahlenverhältnis spricht nicht gerade für uns, was?"

"Aber sie haben einen Verletzten bei sich. Da ist Blut auf dem Boden..." Slater deutete mit der Rechten nach unten. "Das wird sie hoffentlich etwas aufhalten, so dass wir sie einholen können, bevor sie über die Grenze gehen!"

Sie ritten schweigend.

Alle standen noch unter dem Eindruck der schrecklichen Bilder, die sie so eben gesehen hatten. Diese Banditen waren ohne Zweifel mit einer Brutalität vorgegangen, die außergewöhnlich war.

In der letzten Zeit war es ruhig in der Gegend gewesen.

Selbst die Apachen, die in früheren Jahren zu gelegentlichen Raubzügen aufgebrochen waren, wenn sie nichts zu essen hatten, waren nicht gesehen worden. Aber diese ruhige Zeit schien nun wohl vorbei zu sein.

Die Spur führte nach Süden. Das Land war karg, steinig und menschenleer.

Die Stunden gingen dahin.

Die brütende Hitze ließ die Luft flimmern und wirkte auf gefährliche Art und Weise einschläfernd.

Als sie an einen fast versiegten Creek kamen, der im Augenblick kaum mehr als ein Rinnsal war, machten sie eine kurze Pause, um die Pferde zu tränken und die Feldflaschen wieder aufzufüllen.

McKay, der Drugstorebesitzer befeuchtete sich Nacken und Gesicht und meinte dann: "Die Kerle sind doch längst über alle Berge! Meinen Sie nicht auch, Sheriff?"

"Abwarten", brummte Read.

"Ich glaube nicht, dass wir sie noch rechtzeitig einholen. Der Vorsprung, den sie haben, ist einfach zu groß!"

John Reads Augen wurden schmal.

"Es zwingt Sie niemand, weiter mit uns zu reiten, McKay!", versetzte er scharf.

McKay schluckte.

"So war das nicht gemeint!"

Read wandte sich auch an die anderen: "Das gilt für alle! Wem die Sache zu heiß wird, der soll umkehren! Das sind schlimme Teufel, mit denen wir es hier zu tun haben! Und außerdem sind sie in der Überzahl!"

Keiner der Männer sagte etwas.

Read schwang sich wieder in den Sattel und ritt voran. Die anderen folgten ihm.

"Hier ist wieder Blut!", unterbrach Slater nach einer Weile die Stille und deutete dabei mit der Rechten auf den Boden.

"Sie haben wirklich einen Verletzten bei sich. Es muss den Kerl ganz schön erwischt haben..."

Eine weitere Stunde verging, ohne das irgend etwas geschah.

Die Männer folgten stumm der Spur. Unterdessen wurde es langsam kühler.

Die Sonne wurde milchig.

Nicht mehr lange und die Dämmerung würde sich grau über das Land legen.

Wenn es erst einmal richtig dunkel war, hatte diese Suche ein vorläufiges Ende, das war allen klar. Und wenn die Banditen die Nacht durchritten, dann war ihr Vorsprung am nächsten Tag so groß, dass der Suchtrupp sie kaum noch vor der Grenze würde abfangen können.

Aber Read wollte nicht aufgeben.

Er hatte gelernt, dass man hartnäckig und ausdauernd sein musste, selbst, wenn es hoffnungslos schien. Außerdem konnte er es nicht übers Herz bringen, den jungen Billy Coburn zu enttäuschen. Read hatte ihm versprochen, die Bande zu jagen und die Mörder zur Rechenschaft zu ziehen.

Und der Sheriff von Jefferson war jemand, der sein Wort hielt...

Solange also noch irgendeine Chance bestand, solange noch irgendein Sonnenstrahl für genug Helligkeit sorgte, um der Spur weiter folgen zu können, würde Read weiterreiten.

Außerdem bestand ja auch die Möglichkeit, dass die Bande gar nicht zurück nach Mexiko wollte, sondern sich irgendwo in den Bergen verkroch, um in der Gegend noch ein wenig Beute zu machen.



5

Es war der durchdringende Schrei eines Geiers, der die Männer aus ihrer Müdigkeit riss. Das Tier zog über einem bestimmten Punkt seine Kreise.

"Vielleicht ist dort ein streunendes Rind verendet!", meinte McKay.

Slater wandte sich an Read.

"Die Spur der Banditen führt direkt dorthin", stellte der Vormann fest.

Die Männer gaben ihren Pferden die Sporen und ließen sie im Galopp voranpreschen.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann hatten sie den Ort des Geschehens erreicht.

Ein Mann lag dort ausgestreckt auf dem aufgesprungenen Boden. Er musste stundenlang in der erbarmungslos vom Himmel brennenden Sonne gelegen haben.

Seine Haut war puterrot.

Rot war auch sein zerrissenes Hemd und ein Schwarm von Fliegen schwirrte in seiner Nähe herum.

Der Mann war schwer verwundet und dem Tod sicher sehr viel näher als dem Leben.

Für Read gab es keinen Zweifel. Die Blutspuren, die Slater immer wieder gesehen hatte, endeten hier.

Read nahm seine Wasserflasche, stieg vom Pferd und ging auf den am Boden Liegenden zu.

Der Kerl lebte noch. Er öffnete die Augen und sah Read mit schreckgeweiteten Augen an. Sein Blick war matt und glasig.

Der Verletzte versuchte, etwas zu sagen, aber über seine aufgesprungenen Lippen kam noch nicht einmal ein Ächzen.

Read kniete sich neben ihn und gab ihm etwas aus seiner Feldflasche zu trinken.

Der Verletzte sog das Wasser begierig in sich hinein.

Read warf einen Blick zur Seite und sah sich die Verwundung an.Es hatte den Kerl ziemlich böse erwischt. Mindestens eine Kugel steckte in seinem Körper.

Er hat keine Chance, dachte Read.

Der Mann hatte keine Waffe bei sich. Sein Revolverholster war leer. Von einer Wasserflasche und seinem Pferd war auch nichts zu sehen.

Selbst die Stiefel fehlten.

"Die haben den Kerl sogar noch ausgeplündert, bevor sie ihn hier zurückgelassen haben", brummte Slater düster, während er neben Read trat. "Die Männer, mit denen er geritten ist müssen schlimme Teufel sein..."

"Diese Bastarde..." hustete der Mann jetzt. In seinen Augen brannte blanker Hass. Schweiß brach ihm aus. Er versuchte, sich etwas aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück.

Dann fiel sein Blick auf den Blechstern, den Read an seinem Hemd trug.

Der Mann schluckte.

"Schätze, du hast dir die falschen Leute als Gefährten ausgesucht", brummte Read. "Die haben dir ziemlich übel mitgespielt!"

Der Mann nickte leicht.

"Sie meinten... Sie meinten, ich schaffe es nicht und würde sie nur aufhalten." Seine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Krächzen. Read mußte sich anstrengen, ihn zu verstehen.

"Ich verstehe", murmelte Read.

"Frag ihn nach meiner Frau, John!", drang indessen Billy Coburns wütende Stimme dazwischen. "Frag ihn, ob er dazu was zu sagen hat!" Coburn kam ein paar Schritte heran, die Rechte am Revolvergriff, der an der Seite aus dem tiefgeschnallten Holster ragte.

"Hör auf, Billy!", sagte Read ziemlich schroff. Es ging darum, aus diesem Mann noch etwas an Informationen über seine Komplizen herauszuholen. Und Read wollte nicht, dass ihm Coburn mit seiner Wut seinem verständlichen Durst nach Rache dazwischenkam.

"Was...?" Das Gesicht des Verletzten war eine einzige Frage.

Der Sheriff bewegte knapp den Kopf in Coburns Richtung.

"Das ist der Mann der schwangeren Frau, die ihr bei dem Überfall erschossen habt!", erklärte Read anschließend mit geradezu eisigem Tonfall.

Auf dem Gesicht des verletzten Banditen erschien der Ausdruck ungläubigen Schreckens.

Er rang nach Luft.

"Ich...", begann er, aber Read unterbrach ihn roh.

"Spar dir dein Gerede", fuhr er hart dazwischen. "Du hast schon bezahlt. Ich glaube nicht, dass dir noch viel Zeit bleibt. Aber du kannst noch etwas tun, um dich an den Leuten zu rächen, dir dir das hier angetan haben!"

Er schluckte.

Seine Augen bekamen einen seltsamen Glanz. Es dauerte einen Moment, aber er schien schließlich zu begreifen.

"Warren... El Diablo... Verdammt!", flüsterte er. "Dieser rothaarige Bastard!"

"Was faselt der da?", rief Coburn.

Doch Read brachte ihn mit einer unmissverständlichen Handbewegung zum Schweigen.

Dann fragte er: "Euer Boss?"

Der Verletzte nickte und rang nach Atem.

Einige quälend lange Augenblicke brauchte er, um weitersprechen zu können. "In Wahrheit heißt er Warren. Doug Warren. Aber in Mexiko nennt ihn jeder El Diablo - der Teufel! Und so wahr ich hier liege, er trägt diesen Namen nicht umsonst."

Read nickte leicht. Er beugte sich etwas tiefer, um den Mann besser verstehen zu können.

"Wohin ist El Diablo unterwegs?

"Ich..."

Der Verletzte brach ab. Seine letzten Kräfte schienen sich jetzt förmlich in Nichts aufzulösen.

Read wurde ungeduldig.

"Will er zurück nach zurück nach Mexiko?", hakte er eindringlich nach.

Der Sterbende nickte leicht. Ganz leicht.

"Ja", hauchte er. Es war nicht einfach, seine Worte noch verstehen. "In der Nähe von Magdalena hat er sein Hauptquartier. Er..."

Der Mann brach erneut ab.

Er versuchte noch etwas sagen, aber seine Lippen gehorchten ihm nicht mehr. Der Kopf sank zur Seite und seine Augen starrten ins Nichts.

Er war tot.



6

"El Diablo", murmelte Read. "Ich habe diesen Namen schon einmal gehört. Ein skrupelloser Bandenführer, der das Grenzland unsicher macht. Aber ich wüsste nicht, dass er sich je so weit nach Norden vorgewagt hätte!"

"Auf jeden Fall können wir die Nacht durchreiten!", erklärte Billy Coburn. "Wir brauchen die Spur nicht mehr, denn wir kennen das Ziel dieser Leute!"

"Magdalena liegt ein gutes Stück auf der anderen Seite der Grenze", erklärte Read. "Dort gilt mein Stern nichts mehr. Wir müssen sie vorher erwischen."

"Ich pfeif auf deinen verdammten Stern!", rief Coburn, schwang sich in den Sattel und preschte los.

Die anderen stiegen ebenfalls auf die Pferde und folgten dem jungen Mann, der wie ein Wahnsinniger voranhetzte.

"Ich weiß nicht, ob es wirklich eine gute Idee war, den jungen Heißsporn mitzunehmen!", meinte Slater daraufhin an Read gewandt.

Der Sheriff zuckte die Achseln.

"Ich werde auf ihn aufpassen", versprach er.

"Das wirst du auch müssen!", erwiderte Slater. Der Vormann schob sich den Hut zurück in den Nacken. "So, wie ich das einschätze ist der junge Mann kurz davor, den Verstand zu verlieren!"

"Ist das ein Wunder?"

"Natürlich nicht, John."

"Er will, dass die Kerle für das bezahlen, was sie getan haben. Und das kann ich gut verstehen...", murmelte John Read düster.

Slater nickte leicht und schwieg einen Augenblick lang nachdenklich.

Dann gab er zu bedenken: "Wenn wir an die Grenze kommen, wird Billy weiterreiten wollen. Selbst, wenn es glatter Selbstmord ist."

"Ich weiß", erwiderte Read gelassen.

"Hast du dir schon überlegt, wie du ihn zurückhalten kannst?"

"Ich hoffe, dass wir diese Coyoten vorher in die Hände bekommen!"

Und damit trieb der Sheriff von Jefferson sein Pferd energisch vorwärts, um zu Billy Coburn aufzuschließen.

Als sich Dämmerung wie grauer Spinnweben über das Land legte, erreichte der Suchtrupp das Hochland nördlich von Sonoita.

Sie folgten zwar noch immer der Spur, aber die Sicht wurde zunehmend schlechter. Nicht mehr lange und man würde kaum noch die Hand vor Augen sehen können. Aber sowohl Read als auch Slater kannten sich in der Gegend recht gut aus.

Den Weg nach Süden hätten sie auch blind gefunden.

Die Sonne ging als blutroter Feuerball unter und wenig später waren die ersten Sterne zu sehen. Es wurde bald empfindlich kalt.

Read zügelte plötzlich sein Pferd und deutete in die Ferne, wo etwas Helles, Leuchtendes zu sehen war.

Er wandte sich an Slater.

"Wofür hältst du das?"

"Für ein Lagerfeuer."

Read nickte.

"Daran habe ich auch gedacht!"

Billy Coburn zog indessen das Winchester-Gewehr aus dem Sattelschuh und lud die Waffe anschließend mit einer energischen Bewegung durch.

"Das sind sie!", zischte er. "Diese Schurken glauben, dass sie schon alle Verfolger abgeschüttelt haben - aber da sollen sie sich getäuscht haben!"

Bevor Coburn seinem Gaul die Sporen geben konnte, kam Read an ihn heran und packte ihn bei der Schulter.

Coburn wirbelte im Sattel herum.

"Glaubst du nicht, dass das dieser El Diablo und seine Leute sind?", fauchte er den Sheriff an.

Read blieb so ruhig wie möglich.

"Wahrscheinlich ist er das", gab er gelassen zurück.

"Worauf sollen wir dann warten?"

"Auf gar nichts! Aber ich möchte eines klarstellen, bevor es losgeht, Billy!"

Coburn verzog das Gesicht.

"Und das wäre?"

"Ich gebe hier die Kommandos. Es wird nicht wild drauflosgeballert, sondern nur, wenn ich es sage oder wir angegriffen werden!"

Coburn schluckte.

"Diese Bastarde haben den Tod verdient. Oder bist du da vielleicht anderer Ansicht?"

"Nein."

"Was soll das Gerede also, John?"

"Sie kommen an den Galgen", versprach Read. "Aber ich will nicht der Anführer einer Meute von Mördern sein. Haben wir uns verstanden?"

Coburn fletschte die Zähne.

Es gefiel ihm nicht, was der Sternträger gesagt hatte. Aber er spürte bei Read einen eisernen Willen. Und so nickte Coburn schließlich, auch wenn es ihm schwerfiel.

"Okay", murmelte er daher. "Es soll so sein, wie du sagst, John!"

"Gut."

Read nahm jetzt ebenfalls die Winchester aus dem Sattelschuh.

Er ritt jetzt voran und führte den Suchtrupp näher an das Lager heran. Schließlich zügelte er sein Pferd, stieg aus dem Sattel und machte das Tier an einem Strauch fest.

"Wir lassen die Gäule hier!", sagte er dazu. "Kreist die Bande ein und verteilt euch zwischen den umliegenden Felsen.“

Die Männer folgten Reads Anweisung und verteilten sich mit ihren Waffen im Anschlag in der Umgebung.

Vorsichtig schlichen sie an das Lager heran, das bei einer Gruppe halbverdorrter Bäume lag und kreisten es annähernd ein. Die Flammen des Lagerfeuers loderten hoch auf und tauchten alles in ein weiches Licht.

Ungefähr sechzehn, siebzehn Reiter kampierten dort.

Sie schienen guter Laune zu sein. Einige schienen bereits etwas zu stark dem Whisky zugesprochen zu haben.

Der Schein des Feuers beleuchtete das Gesicht eines finster wirkenden Mannes mit rötlichen Haaren.

Der sterbende Bandit hatte El Diablo als einen Mann mit rotem Haar beschrieben...

Das musste er sein!

Doug Warren alias El Diablo, der Teufel.

Read, der bei einem Felsbrocken Deckung gefunden hatte, packte seine Winchester fester.

Die Bande schien sich ziemlich sicher zu fühlen.

Jedenfalls hatten El Diablos Leute nur einen einzigen Wachposten aufgestellt, und der hatte seine Stellung etwas abseits, bei den Pferden bezogen. Außerdem war er alles andere als aufmerksam.

Als seine Leute in Stellung gegangen und waren, lud Read seine Winchester durch und feuerte einmal mitten ins Lagerfeuer hinein. Der Kaffee-Pott, den sie über der Flamme aufgehängt hatten, schwang hin und her. Der größte Teil des Inhalts lief aus und ließ das Feuer zischen.

Mit einem Mal war das gute Dutzend Banditen wie zu Salzsäulen erstarrt.

Der Posten bei den Pferden wirbelte mit dem Gewehr in der Hand herum, aber Slater war in seiner Nähe und so blickte der Kerl direkt in dessen Revolvermündung.

Der Posten tat das einzig richtige.

Nichts.



7

"Keiner von euch rührt sich!", rief John Read mit sonorer Stimme. "Ihr seid alle verhaftet!"

Er hatte dabei besonders den Rothaarigen im Auge, der regungslos am Feuer saß und den Read für El Diablo hielt.

Er saß da wie eine Raubkatze vor dem tödlichen Sprung auf ihre Beute. Äußerlich ruhig, aber in Wahrheit war jede Sehne bis zum Zerreißen gespannt.

Read kam ein paar Schritte vor, gab aber seinen Leuten ein Zeichen, damit sie in ihrer Deckung blieben.

"Was werfen Sie uns denn vor?", fragte der Rothaarige. "Oder passen Ihnen nur unsere Nasen nicht?"

"Sie sind Doug Warren, auch bekannt als El Diablo. Ihr Name ziert die Steckbriefe in Arizona und New Mexico." Read verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln. "Das ist fürs Erste schon Vorwurf genug, finden Sie nicht auch?"

Das Gesicht des Rothaarigen blieb eine eisige Maske.

"Mein Name ist Brown", behauptete er.

"Erzählen Sie das dem Richter, bevor er Sie zum Tod durch den Strang verurteilt!", erwiderte Read kühl.

Der Rothaarige schien etwas verunsichert zu sein, fing sich aber gleich wieder.

"Warum denken Sie, dass ich dieser Warren bin?"

"Ich weiß es. Und das genügt im Moment. Sie und Ihre Komplizen haben die Postkutsche von Jefferson nach Tucson überfallen. Es hat niemand überlebt..."

Die Erwiderung des Rothaarigen klang schwach.

"Sie irren sich, Mister...", brachte er wenig überzeugend hervor.

Read verzog das Gesicht.

"Ach, und der arme Hund, den Sie schwer verletzt zum Sterben zurückgelassen haben, hat sich wohl auch geirrt, was?"

Read ließ den Blick umherschweifen und blieb schließlich bei einem der Sättel hängen, die auf dem Boden abgestellt waren. Am Knauf hing eine kostbare Ledertasche mit vergoldeter Schnalle.

Read machte ein paar Schritte seitwärts, bückte sich und hob dann die Tasche hoch.

Jetzt gab es nicht mehr den Hauch eines Zweifels!

"Die hier habe ich schon einmal gesehen", erklärte Read sachlich. "Bei einem Spieler, den ich aus der Stadt geworfen habe und der mit der Kutsche nach Tucson fuhr... Es gibt wohl nur eine einzige Erklärung dafür, dass diese Tasche hier herumliegt, Mister Warren!"

Um Warrens Nasenflügel zuckte es.

Es war die die erste Regung, die El Diablo zeigte.

Read hob den Gewehrlauf.

"Die Revolvergürtel in den Sand! Schön langsam und einer nach dem anderen! Ich würde es niemandem empfehlen, eine falsche Bewegung zu machen. Unter meinen Leuten ist der Mann der Schwangeren, die ihr umgelegt habt! Der wartet nur auf eine Gelegenheit, losballern zu dürfen! Also seid verdammt nochmal vorsichtig!"

Ein zynisches Grinsen erschien jetzt auf Warrens Gesicht.

"Okay, Mister", knurrte er. "Scheint, als hätten Sie gewonnen..."

Er saß noch immer an seinem Platz am Feuer. Seine Hand ging langsam zur Gürtelschnalle, so als wollte er sie öffnen und den Gurt ablegen.

Aber daran hatte er von Anfang an nicht einmal im Traum gedacht.

Er griff plötzlich zur Seite und riss sein Eisen aus dem Holster. Gleichzeitig ließ er sich seitwärts fallen und rollte sich einmal um die eigene Achse.

Zwei Schüsse folgten dicht hintereinander in Reads Richtung. Der erste traf versehentlich einen von Warrens eigenen Leuten in den Rücken und ließ diesen niedergehen wie einen gefällten Baum. Der zweite Schuss pfiff dicht über Read hinweg, der sich mit einem Satz hinter den nächsten Felsbrocken in Deckung hechtete.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils brach ein wahres Bleigewitter herein. Warrens erster Schuss war wie ein Signal für seine Männer gewesen, die jetzt fast gleichzeitig nach ihren Eisen griffen.

Einen Augenaufschlag später gellten die ersten Todesschreie.

Diese Kerle wussten, dass sie nichts zu verlieren hatten.

Wenn sie in die Hände dieses Sternträgers gerieten, dann wartete unweigerlich der Strick auf sie - zumindest auf die meisten von ihnen.

Also wehrten sie sich.

Und da da sie mehr als doppelt so viele wie ihre Gegner waren, hatten sie sogar gute Chancen.

Zwei von ihnen bezahlten schon den Versuch, ihre Waffen herauszureißen, mit dem Leben und sanken getroffen in den Staub.

Unterdessen begannen die Pferde, verrückt zu spielen. Die Ballerei ließ sie an den Halftern reißen und es dauerte nicht lange, da hatten die ersten von ihnen sich losgerissen und stoben laut wiehernd durch das Lager. Das Durcheinander war perfekt. Eines der Tiere wurde von irgendeiner verirrten Kugel niedergestreckt und strauchelte laut wiehernd. Das Pferd lebte noch, auch wenn es an der Seite furchtbar blutete. Es trat um sich und nachfolgenden mussten so gut es ging ausweichen.

Im Lager herrschte ein einziges, unübersichtliches Getümmel aus Mensch und Tier.

Und Blei.

Die Schüsse gingen zwischen dem Lager und dem umliegenden Felsen hin und her.

Das meiste davon ging ins Nichts.

Reads Augen suchten nach Warren, fand ihn aber nicht sofort. Als der Sheriff den Anführer der Bande dann erblickte, packte dieser gerade eines der vorbeipreschenden Pferde und schwang sich auf dessen Rücken.

El Diablo war ein hervorragender Reiter.

Selbst ohne Sattel.

Er ließ sich seitlich an dem Tier herabhängen und benutzte es als Deckung. Gleichzeitig gab er dem Tier brutal die Sporen.

Read wollte aus seiner Deckung hervorkommen, schnellte aber sofort wieder zurück, als ein paar Kugeln dicht über seinen Kopf hinwegpfiffen.

Als er dann wieder hervortauchte und seine Winchester anlegte, verschwand Warren gerade hinter einem Hang.

Read unterdrückte einen Fluch.

Dieser Warren hatte von Anfang an genau gewust, was er tat.

Für einige seiner Komplizen würde diese Schießerei den Tod bedeuten. Aber Warren hatte das mörderische Chaos, das er selbst entfesselt hatte, genutzt, um einen Vorsprung zu bekommen.

Einige seiner Leute versuchten, es ihrem Boss gleichzutun und eines der Pferde zu erwischen. Aber sie hatten wenig Glück. Die ersten beiden wurden von Bleikugeln aus den Sätteln geholt, der Dritte stürzte mit seinem Pferd nieder, rollte sich ab und flüchtete sich dann hinter einen Felsblock.



8

"Aufhören!", rief John Read seinen Leuten zu. Er musste sich schier die Kehle heiser schreien, ehe sie endlich begriffen und das Feuer einstellten.

Die Banditen hatten sich in ihrer notdürftigen Deckung verkrochen, während die Suchmannschaft zwischen den umliegenden Felsen postiert war.

Die Pferde waren weg, wahrscheinlich in alle Winde zerstreut. Und Warrens Männern musste klar sein, dass sie keine Chance mehr hatten, von hier zu entkommen. Gut die Hälfte von ihnen waren tot oder verletzt, ihr Boss geflohen.

Als die Männer des Suchtrupps aufhörten zu schießen, verebbte auch auf der anderen Seite langsam der Geschosshagel.

Read bemerkte neben sich eine Bewegung.

Es war Billy Coburn. Er hielt seine Winchester fest umklammert und bleckte die Zähne. "Bist du verrückt geworden, John!", fauchte er den Sheriff an.

"Keineswegs", erwiderte Read. Dann rief er, ohne weiter auf Coburn zu achten, zu den Banditen hinüber: "Kommt raus! Ihr wisst genau, dass ihr nicht die geringste Chance habt, diesen Ort lebend zu verlassen!"

Zunächst keine Antwort.

Die nächsten Augenblicke schienen sich endlos zu dehnen.

Aus dem Lager waren leise Stimmen zu vernehmen. Die Kerle schienen sich zu beraten, aber man konnte nicht verstehen, was sie sie sagten.

"Ich verstehe dich nicht, John!", sagte Coburn bitter. "Hast du schon vergessen, was diese Männer getan haben?"

"Nein. Das werde ich niemals vergessen, Billy!", zischte Read.

"Dann..."

"Aber ich vergesse auch etwas anderes nicht, Billy!"

Coburn verzog verächtlich das Gesicht.

"Und das wäre?"

"Dass ich den Stern trage und geschworen habe, mich nach dem Gesetz zu richten! Und im Moment trägst du ebenfalls den Stern, Billy! Vergiss das nicht!"

Billy Coburn unterdrückte einen Fluch.

In diesem Moment kam von der anderen Seite eine Antwort.

"Wer sagt uns, dass wir nicht sofort über den Haufen geschossen werden, wenn wir aus unserer Deckung kommen!", rief eine heisere Stimme.

"Die einzige Sicherheit ist mein Wort als Sheriff!", erwiderte Read. "Ihr habt die Wahl: Entweder, es erwischt euch hier und jetzt, oder ihr bekommt einen fairen Prozess. Mehr kann ich nicht versprechen."

Es dauerte noch einen quälend langen Augenblick, bis die heisere Stimme schließlich antwortete: "Wir kommen raus! Unbewaffnet!"