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Rainer M. Schröder

Das Goldriff

Roman

hockebooks

3

Richard hatte nichts dagegen einzuwenden, sich vom Pokertisch zu erheben. Er hatte einen ordentlichen Gewinn gemacht. Es war Zeit, sein Geld einzustreichen und zu gehen. Doch aus irgendeinem Grund blieb er sitzen und steckte sich eine Zigarette an, als wüsste er instinktiv, dass dies doch noch nicht das Ende des Spiels war – und dass noch etwas kommen würde.

Und es kam auch.

»Du willst jetzt schon die Stühle hochstellen? Mein Gott, es ist noch keine sieben!«, wandte Redcliff ungehalten ein. »Spielen wir noch eine Runde! Oder willst du auch schon den Schwanz einkneifen, Richie? Na ja, wundern würde es mich bei dir natürlich nicht.«

Richard zögerte. Er hatte achteinhalbtausend Dollar vor sich liegen. Knapp sechstausend Gewinn in einer Nacht. Kein übler Stundenlohn. Drei Monate mehr, die sie sich über Wasser und vor allem im Wasser halten konnten. Aber sechs Monate mehr Atemluft wären natürlich besser als drei. Außerdem lag etwas in der Luft und drängte förmlich danach, dass sie ihre Rivalität offen austrugen. Und nichts konnte Redcliff schlimmer treffen, als wenn er gegen ihn Geld verlor. Und deshalb antwortete er: »Gegen eine weitere Runde habe ich nichts einzuwenden.«

»Macht das unter euch aus«, sagte Ralph, der sich eine dramatische Auseinandersetzung nicht entgehen ließ, wenn sie sich ihm bot. Mitzuspielen hätte die Angelegenheit für ihn nur verwässert. Er hatte satt gewonnen. »Dicky, neue Karten und für mich einen dreistöckigen Dimple.«

»Was spielen wir?«, fragte Richard.

Redcliff verzog das Gesicht. »Jeder kann ein Spiel ansagen.«

»Und welches sagst du an?«

»Poker einfach. Fünf Karten. Verdeckt, kein High und Low und keine wilden Karten.«

Richard zuckte die Achseln. »Okay, aber unter einer Bedingung?«

»Kriegst du schon kalte Füße?«, spottete der schwergewichtige Schatztaucher.

»Da müsste schon Ralph an deiner Stelle sitzen.«

Ralph Romano schlürfte genüsslich seinen Dimple.

»Also, was willst du?«, fragte Redcliff ungehalten.

»Höchsteinsatz sind jeweils tausend.«

Redcliff grinste breit. »Ist mir recht. Willst wohl schnell pleite gehen, was?«

Richard ging nicht darauf ein und warf ihm das neue Kartenspiel zu, das Dicky gebracht hatte. »Du gibst.«

»Mit Vergnügen.«

Redcliff mischte, ließ Ralph abheben und teilte dann aus, die Zigarre zwischen den Zähnen.

Richard nahm sein Blatt auf und spürte den stechenden Blick seines Rivalen. Er hatte keine schlechten Karten, aber auch nicht unbedingt ein Gewinnerblatt, ein Ass, zwei Buben, eine Dame und eine Neun. Bis auf das Ass und den Pik-Buben alles in Karo.

»Kaufst du?«, fragte Redcliff lauernd.

»Zwei«, sagte Richard und warf Ass und Pik-Bube ab. Als er die beiden Karten aufnahm, die Redcliff ihm zuschob, blieb sein Gesicht steinern.

»Ich kaufe eine Karte«, sagte Redcliff. »Du eröffnest.«

»Zweihundert.«

Redcliff schnaubte verächtlich. »Deine zweihundert und tausend.«

»Deine tausend und noch mal zweihundert.«

»Zweihundert und tausend.«

»Deine tausend und noch mal tausend.«

Ralph blickte mit hochgezogenen Augenbrauen von einem zum andern. »Na, ihr kommt ja ganz schön in Fahrt.«

»Ich warte, Redcliff!«

»Ich zieh’ dir die Hosen aus«, zischte er und erhöhte erneut um tausend. Richard ließ sich noch dreimal hochtreiben. Dann hatte er sein Kapital erschöpft. »Die letzten Tausend zum Sehen, Redcliff!«

Dieser ließ sich Zeit. Er paffte eine dicke Rauchwolke über den Tisch und fächerte sein Blatt auf – dann knallte er es mit einer abrupten Handbewegung auf den Tisch.

»Ein Vierer-Spezi mit Krone!«, rief er triumphierend.

Richard starrte einen Augenblick regungslos auf die vier Könige mit der Zehn.

»Tja, da bleibt dir wohl die Spucke weg, Kleiner.« Redcliff streckte die Hand nach dem Stapel Geldscheine aus – insgesamt siebzehntausend Dollar.

Richard hob die Hand. »Nur keine armenische Hast, mein Freund. Ein Vierer ist zwar kein schlechtes Blatt für einen Typen wie dich, aber deine achteinhalb Riesen rettet er nicht«, sagte er gelassen und blätterte seine Karten der Reihe nach über den Vierling. »Ein sauberer Straight Flush in Karo. Bedaure. Vielleicht ein andermal.«

Redcliffs Augen funkelten, er schluckte schwer und stieß dann wütend hervor: »Mit dem Blatt kann auch ’n Blinder spielen. Aber freu dich nicht zu früh, wir haben ja noch ein Spielchen vor uns. Was sagst du an?«

Richard dachte daran, dass Redcliff doch einiges an Alkohol im Blut hatte. Wenn er auch noch fit genug war, das Nachhalten und Kombinieren war bestimmt nicht seine größte Spielstärke. Deshalb sagte er mit kühler Berechnung. »Seven Card Stud blind. Auch der Spieler kann sich die verdeckten Karten nicht ansehen.«

»Mir jagst du keine Angst ein«, sagte Redcliff geringschätzig, als hätte er Richards Gedanken erraten.

»Dann bin ich ja beruhigt.«

»Nun gib schon, Mann!«

Die ersten beiden Karten teilte Richard verdeckt aus, die nächsten vier jeweils offen, die siebte wieder verdeckt. Redcliff lag mit seinem Blatt eindeutig vorn. Die aufgedeckten Karten zeigten Kreuz-Bube, Karo-Bube, Pik-Bube und Kreuz-Neun. Damit steuerte er auf einen Vierling oder aber mit einer weiteren Neun zumindest auf ein Full House zu.

Vor Richard lagen Kreuz-Ass, Karo-Ass, Herz-Zehn und Kreuz-Sieben.

»Jetzt wird sich ja zeigen, wer hier die Flatterhosen anhat«, reizte Redcliff ihn. »Na komm schon, setz deine paar Flocken. Bei dem Blatt kommst du ja doch nicht mit dem Hintern hoch – wie du auch die Maravilla nicht finden wirst.«

Richard blickte ihn kühl an. »Du riskierst manchmal eine verdammt dicke Lippe, Redcliff, dass ich nicht schlecht Lust hätte, dir da ein paar draufzugeben.«

»Willst du jetzt vom Spiel ablenken?«, spottete Redcliff.

»Du kannst dein Spiel haben, Freundchen. Und wenn du mitziehst, setze ich alles, was ich habe, gegen dein Blatt«, forderte er ihn heraus. »Siebzehn Riesen!« Er schob all sein Bargeld in die Mitte des Tisches.

Redcliff spuckte ein Stück Zigarrenblatt aus. »Ich mach’ dich doch mit geschlossenen Augen nass, Mann«, schnaubte er, zählte siebzehntausend Dollar ab und klatschte sie auf Richards Scheine. »Willst du nicht noch was setzen?«

»Was denn?«, fragte Richard und versuchte, das flaue Gefühl im Magen zu ignorieren. Er hatte sein Gesicht völlig unter Kontrolle, doch innerlich gingen ihm die siebzehntausend Dollar, die er eingesetzt hatte, ganz schön nahe. So hoch hatte er noch nie gespielt.

»Ich nehm’ einen Wechsel auf dein Boot an.«

Richard verzog das Gesicht. »Das ist wirklich zu großzügig, Redcliff, aber das kann ich nicht annehmen. Habe ja jetzt schon Gewissensbisse, dass ich dir so viel Geld abnehme. Wo du dich doch die Nacht über so angestrengt hast«, sagte er sarkastisch.

»Keinen lausigen Cent nimmst du mir ab«, knurrte Redcliff. »Wenn keiner mehr erhöhen will, solltet ihr damit beginnen, die Karten aufzudecken«, machte sich Ralph Romano bemerkbar und blickte mit fast sehnsüchtigem Ausdruck auf den Topf. Vierunddreißigtausend Dollar!

»Fang an!«, verlangte Redcliff von Richard.

Richard gab sich gelassen, doch seine Hände waren feucht. Er legte die erste Karte um. Herz-Acht. Lusche.

»Nur weiter so!«, höhnte Redcliff und brachte eine Dame zum Vorschein. Er grinste. Er hatte immer noch beste Chancen für ein Full House.

Richard war wieder dran. Er deckte die zweite Karte auf. Herz-Ass. Damit lag er vorn. Ass-Drilling gegen Bube-Drilling.

»Heilige Fresse!«, entfuhr es Ralph unwillkürlich.

Redcliff sog die Luft hörbar ein und drehte seine nächste Karte um. Eine zweite Dame! Damit war sein Full House komplett.

»Dicky, mach ihm schon mal ’nen starken Drink. Wird ihn gleich bitter nötig haben, wenn er seinen Schotter an mich abliefert.«

Richard riss sich zusammen und ließ sich zu keiner hitzigen Erwiderung hinreißen. Er schluckte schwer, streckte die Hand nach der dritten verdeckten Karte auf, zögerte kurz und warf sie dann herum.

Kreuz-Zehn!

Ebenfalls Full House!

»Verdammt!«, stieß Redcliff hervor und legte seine letzte Karte auf, eine Karo-Acht.

»Richies Full House schlägt deines um zwei Klassen«, stellte Ralph Romano sachlich fest.

»Dicky, frag bitte Redcliff nach seinen Wünschen«, sagte Richard über seine Schulter und zog den fetten Topf an sich. Er konnte es kaum glauben. Vierunddreißigtausend Dollar. »Diesmal war es mir wirklich eine Freude, mit dir an einem Tisch zu sitzen.«

Redcliff funkelte ihn mit mühsam beherrschter Wut an. »Ich verlange Revanche!«, keuchte er.

»Verlangen kannst du, was dir in den Sinn kommt«, erwiderte Richard ruhig. »Nur wirst du dich damit abfinden müssen, dass du nicht alles bekommst, was du haben willst. Du hast verloren, und damit hat es sich.«

»Du musst mir Revanche geben!«, verlangte Redcliff. »Glaubst du, ich lasse dich mit meinem Geld davonlaufen?«

»Eine Frage, die mich vor zwei Jahren auch stark beschäftigte«, entgegnete Richard beißend. »Wir haben eine letzte Runde ausgemacht, zwei Spiele. Die hast du bekommen – und beide verloren. Finde dich damit ab.« Er rollte die Geldscheine zusammen und steckte die dicke Rolle in die Tasche, während er sich erhob.

»Ich finde mich mit gar nichts ab, Mann!«, fauchte Redcliff und sprang ebenfalls auf.

»Blas dich nicht so auf. Du hast den großen Macker markiert und bist munter auf die Nase gefallen …«

»Ich werd’ dir was auf die Nase geben!«, schrie Redcliff unbeherrscht und schlug unvermittelt zu. Seine Faust bohrte sich in Richards Magen.

Er kippte nach vorn und wankte zwei Schritte zurück.

Wie der Blitz kam Dicky hinter der Hausbar hervorgeschossen. »Jetzt reden wir ein paar Takte miteinander«, grollte Ralphs bärenstarker Rausschmeißer. »Und die Musik wird dir noch verdammt lange im Schädel sitzen, wenn ich …«

Richard hob die Hand und sagte hustend: »Lass ihn, Dicky. Das haben wir unter uns auszumachen. Es war schon längst fällig. Ich hätte ihm schon vor zwei Jahren das dreckige Grinsen aus dem Gesicht prügeln sollen.«

»Komm nur, ich mach’ dich zur Schnecke!«, zischte Redcliff.

Dicky sah seinen Boss fragend an.

Ralph Romano zuckte die Achseln. »Okay, aber wenn was zu Bruch geht, wird geblecht.«

»Jetzt kriegst du dein Fett ab!«, zischte Redcliff und stürmte auf ihn zu. Wie ein Berserker drosch er auf Richard ein, der vom ersten unverhofften Faustschlag noch immer etwas angeschlagen war.

Deshalb ging er erst einmal in die Defensive, blockte die wilden Schläge seines Angreifers ab und wich vor ihm zurück. Dicky und Ralph zerrten schnell den Tisch aus der Zimmermitte.

Redcliff lachte gemein auf, als er Richards Deckung mit einer linken Geraden durchbrach und sie ihm auf die Rippenbogen schlug.

Richard japste nach Atem.

»Warte nur, die Luft wird gleich noch dünner!«, zischte Redcliff. »Ich mach’ dich reif für die Intensivstation, du Dreckskerl. Du kommst mir nicht noch mal in die Quere.« Er griff blitzschnell nach der leeren Flasche, die auf der Platte der Hausbar stand. Ein Adrenalinstoß jagte durch Richards Körper. Er vergaß für einen Augenblick seine schmerzenden Rippen, verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein, während er einen halben Schritt zurück machte und sich so drehte, dass er Redcliff nur noch seine linke Seite darbot. Mit dem hochgerissenen linken Unterarm blockte er den Schlag mit der Flasche ab. Im gleichen Augenblick schlug Richard mit der rechten Faust zu. Er warf sich förmlich herum, und seine ganze Körperkraft lag in diesem Schlag. Er erwischte seinen Widersacher unter dem linken Auge.

Redcliff brüllte vor Schmerz und Wut auf. Die Flasche entglitt seiner Hand und zersprang auf dem Boden in tausend Scherben. Er taumelte zurück. Seine Hand zuckte zu seinem Gesicht hoch, zu der Stelle, wo Richard ihn getroffen hatte. Für einen Augenblick stand maßlose Verblüffung in seinen Augen – dann flackerte nackte Mordlust in ihnen auf. Er schüttelte den Kopf und griff wieder an.

Richard empfing ihn mit einer Kombination aus Haken und Geraden. Zwar musste auch er so manch einen Treffer einstecken, doch Redcliff bezahlte schwer für jeden Körpertreffer. Er war zwar ein breitschultriger, bulliger Mann, doch er hatte Fett angesetzt und war nicht schnell genug auf den Beinen.

Jerry Redcliff bekam an diesem Morgen sein eigenes Blut zu schmecken. Richard hatte die anfängliche Benommenheit abgeschüttelt und nahm nun die Gelegenheit wahr, es ihm endlich heimzuzahlen. Er hatte diese Prügel schon längst verdient! Redcliff versuchte die gemeinsten Tricks, doch Richard war auf der Hut. Er ließ nicht zu, dass der rothaarige Bulle Tempo und Stil dieser handfesten Auseinandersetzung bestimmte und seine größere Reichweite ausspielen konnte, denn er wusste, dass er dann keine Chance hatte, dem Niederschlag zu entkommen, denn Wucht lag schon hinter Redcliffs Schlägen. Deshalb machte er ihm kräftig Dampf.

Richard rückte ihm nahe auf den Pelz und jagte ihm mit einer kurzen Geraden die Luft aus den Lungen. Redcliff torkelte röchelnd zurück. Blut sickerte aus seiner aufgeplatzten Unterlippe.

Sofort setzte Richard nach. »Bis zum Rundengong wird es noch was dauern!«, stieß er grimmig hervor und landete einen Schwinger, der Redcliffs Kopf nach hinten schleuderte.

Der rothaarige Schatztaucher geriet allmählich in Panik. Er schmeckte Blut auf der Zunge und spürte die Wirkung der Schläge immer mehr. Auch machten sich die lange Nacht und der Alkohol bemerkbar. Es kostete ihn unheimlich viel Kraft, die Arme oben zu halten.

»Kannst jederzeit das Handtuch werfen, Redcliff. Brauchst nur zu sagen, wenn du genug hast.«

»Ich … bring’ … dich … um!«, stieß Redcliff kurzatmig hervor.

»Da musst du aber erst mal gehörig abspecken«, erwiderte Richard, blockte eine heranschießende Rechte ab und konterte mit einem Uppercut.

Redcliff reagierte zu langsam. Die Faust krachte unter sein Kinn und ließ ihn zu Boden gehen. Doch er rappelte sich schnell wieder auf. In seinen Augen stand das Wissen, dass er den Kampf nicht mehr gewinnen konnte – zumindest nicht mit den Fäusten. Er griff nach einem der Stühle, riss ihn mit beiden Händen hoch und schwang ihn mit aller Kraft herum.

Geistesgegenwärtig duckte Richard sich. Trotzdem schrammte ein Stuhlbein schmerzhaft über seine Schulter, dann krachte der Stuhl gegen die Wand und zertrümmerte eine hinter Glas gerahmte Fotografie.

»Das steht aber nicht im Buch der goldenen Boxregeln, mein Lieber. Aber wenn dir Freistil vorschwebt, kannst du das gern haben!«, murmelte Richard wütend und sein linkes Bein schoss vor. Er traf ihn mit seinem Schuh unterhalb der Kniescheibe. Gellend schrie Redcliff auf und ließ den Stuhl los.

Es wurde Zeit, dass diese Schlägerei zu einem Ende kam, fand Richard. Er wollte Redcliff nicht krankenhausreif schlagen, sondern ihm eine Lektion verpassen, die er so schnell nicht vergaß. Redcliff war schon schwer angeschlagen. Als er schließlich seine Deckung sträflich vernachlässigte, suchte Richard die Entscheidung.

Es waren drei Schläge, in die er all seine Kraft legte und die so schnell kamen, dass Redcliff in seinem benommenen Zustand keine Chance hatte. Er schrie gellend auf, wurde halb um seine eigene Achse herumgerissen, torkelte und knickte dann in den Knien ein. Mit glasigen Augen ging er zu Boden und blieb dort stöhnend liegen.

»So viel also zum Thema, wer hier wem eins auf die Nase gibt«, sagte Richard, ging an die Bar und nahm dankbar das Glas, das Dicky ihm mit einem wortlosen, anerkennenden Grinsen zuschob. Er kippte das eiskalte Tonic-Wasser mit einem Zug hinunter und merkte erst jetzt, wie zittrig er selbst war und wie schwach er sich auf den Beinen fühlte. Nachdem er das Glas geleert hatte, zog er fünfzig Dollar aus der Tasche und steckte sie Dicky zu.

Ralph Romano kam zu ihm herüber, auch er grinste verhalten. »Das reicht für heute! Dass ihr Burschen euch nicht zusammenreißen könnt! Ich glaube, du solltest jetzt besser gehen, Richie«, sagte er laut und fast vorwurfsvoll, sagte dann aber gedämpft, während er ihn in Richtung Tür schob: »Redcliff hat bekommen, was er verdient hat. Saubere Arbeit, und das Zocken hast du auch noch nicht verlernt. Lass dich mal wieder blicken. Du weißt, du bist hier jederzeit willkommen. Und wenn du mal einen Job als Rausschmeißer suchst, ich würd’ dich nehmen.«

Richard lachte leise. »Danke für das ehrenvolle Angebot. Aber nach dieser Nacht kann ich die Golddigger für eine lange Zeit unter Dampf halten.«

Ralph Romano schlug ihm auf die Schulter. »Viel Glück. Du findest ja selbst hinaus, nicht wahr?«

Richard nickte, warf einen letzten Blick auf Redcliff, der noch immer am Boden lag und sich krümmte, und ging davon. Als er draußen auf der Holztreppe stand, blinzelte er in die Morgensonne, die den Innenhof überflutete und die subtropischen Gewächse in warmen, bunten Farben aufleuchten ließ. Er holte die dicke Geldrolle aus der Tasche und wog sie in der Hand, kopfschüttelnd und ein ungläubiges Lächeln auf dem Gesicht. Fast zweiunddreißig Riesen Gewinn! An diesen Gedanken musste er sich erst einmal gewöhnen! Gestern hatte Colin ihm den Dieselhahn abgedreht, und jetzt brauchte er sich für die nächsten zwölf, fünfzehn Monate keine Sorgen mehr darüber zu machen, ob sie ihre Rechnungen auch bezahlen konnten.

Sein Blick fiel plötzlich auf die Gestalt, die unten neben einer Palme in einer Gartenliege lag. Coffee hatte es sich da bequem gemacht.

Himmel, bei all der Aufregung hatte er ihn ganz vergessen!

Schnell lief er die Treppe hinunter und rüttelte an der Liege. »Na, komm schon, Coffee. Hast dich lange genug aufs Ohr gelegt!«, weckte er ihn.

Träge schlug sein Freund die Augen auf. »Spar dir deine Überredungskünste. Von mir kriegst du keinen Dollar«, sagte er schläfrig. »Die Geschäftsleitung lehnt jede Anleihe ab. Spiel meinetwegen mit Murmeln weiter.«

»Wach auf, Partner, und wirf mal einen Blick auf diese Dollarknolle«, erwiderte Richard vergnügt und hielt ihm die dicke Geldrolle unter die Nase.

»Der alte Trick«, murmelte er. »Außen ein Hunderter und innen nichts als Einer.«

»Das ist kein Hunderter, sondern ein Riese«, klärte Richard ihn auf, »und davon stecken noch weitere dreiunddreißig drin.«

»Wie schön das Träumen doch sein kann«, murmelte Coffee.

»Coffee, ich meine es ernst! Ich habe abgesahnt!«

Jäh richtete sich Coffee auf, fuhr sich über die Augen und griff nach der Rolle. »Heiliger Makrelenschwarm!«, stieß er fassungslos hervor, als er die Scheine auffächerte. »Du hast den Teufel also wirklich am Schwanz gepackt!«

»Du wirst es nicht glauben, wenn ich dir erzähle, wem ich die Scheine aus den Rippen geschüttelt habe!«

Coffee legte die Stirn in Falten, als er Richard ins Gesicht blickte. »Du siehst aus, als hättest du die Knete mit den Fäusten einkassiert. Wer hat dich denn bloß in die Mangel genommen?«

Richard tastete vorsichtig über die Schwellungen in seinem Gesicht. »Du solltest mal Redcliff sehen«, sagte er fröhlich. »Gegen ihn sehe ich aus, als käm’ ich gerade von einer Drei-Wochen-Kur auf einer Schönheitsfarm.«

»Redcliff war mit von der Partie?«

»Ja, bis zum bitteren Ende«, sagte Richard und berichtete ihm von der letzten Runde und der Schlägerei.

»Donnerlittchen, auf dich ist wirklich Verlass, Richie!«, sagte Coffee begeistert und boxte ihn freundschaftlich in die Seite. »Ich wünschte, ich hätte das mit ansehen können. Redcliff am Boden, das hätte ich mir was kosten lassen.«

»Er hat seine Abreibung bekommen und wird sich schwarz darüber ärgern, dass er uns das nächste Jahr finanziert hat«, sagte Richard und fühlte sich so munter, als hätte er nicht die ganze Nacht durchgezockt. Nur die Schwellungen begannen zu schmerzen, und er ging zum Springbrunnen hinüber und tauchte sein Gesicht in das kühle Wasser des Beckens. »Und jetzt erzähl mir, wie du die Nacht verbracht hast.«

»Da gibt’s nicht viel zu erzählen, Richie. Ich sag’ dir nur eins: Ich kann keinen Billardtisch mehr sehen. Wenn ich das nächste Mal ein Queue in die Hand nehmen soll, muss man mich schon dafür bezahlen, das kann ich dir schriftlich geben!«

4

Karen hatte das Steuer übernommen und hielt die Golddigger auf südöstlichen Kurs. Sie liebte es, die Vibrationen des Trawlers unter ihren Händen zu spüren. Als Skip sie das erste Mal ans Steuer gelassen hatte, war sie verwundert und fasziniert gewesen, wie schnell das Boot auf Ruderbewegungen reagierte.

Richard beobachtete sie mit einem Gefühl von Stolz und Zärtlichkeit, wie sie jede kleinste Abweichung vom Kurs sofort korrigierte. Ihre glatte Haut glänzte wie Bronze in der Vormittagssonne, und in ihrem blau-weißen Bikini sah sie so sexy aus, dass er sie am liebsten hinunter in ihre Kabine geführt und geliebt hätte. Ein Schmunzeln trat in sein Gesicht, als er daran dachte, wie sie gestern bei ihrer Rückkehr von Key West reagiert hatte.

»Sich in unserer Situation mit dreitausend Dollar an den Pokertisch zu setzen, war ausgesprochen leichtsinnig von dir«, hatte sie scheinbar vorwurfsvoll gesagt, dann aber mit einem fröhlichen Funkeln in den Augen hinzugefügt: »Aber wenn du es nicht getan hättest, wärst du wohl nicht der Richard gewesen, den ich liebe.«

»Und welchen Richard liebst du?«, hatte er gefragt.

»Den, der nicht so handelt, wie man es von einem vernünftigen Menschen gemeinhin erwartet. Du bist ein Spieler und ein zielbewusster Träumer. Wenn du anfängst, auf Sicherheit zu gehen und dir wegen unbezahlter Rechnungen den Schneid abkaufen zu lassen, dann muss ich mir um dich Sorgen machen.«

Als sie dann später allein auf dem Boot gewesen waren, hatte sie ihm gezeigt, wie sehr sie ihn liebte. Hinterher war sie ein paar Minuten in seinen Armen eingeschlafen. Als sie wieder erwacht war, war sie nicht mehr ganz so nackt gewesen wie vor ihrer leidenschaftlichen Vereinigung: An ihrem Handgelenk hatte das Diamantarmband geglitzert.

»Liebe macht reich«, hatte er zu ihr gesagt. »Manchmal sogar buchstäblich steinreich.«

Richard fuhr aus seinen Gedanken auf, als Skip ihn anstieß. »He, sprichst du nicht mehr mit uns?«, fragte er mit spöttischem Unterton.

»Wie? Oh! … Hast du was gesagt?«

»Und ob ich was gesagt habe. Sag mal, hast du geträumt, oder leidest du unter Spätwirkungen von Redcliffs Schwingern?«, zog Skip ihn auf und deutete auf Richards Gesicht. »Hab’ noch nie so schöne Blau- und Grüntöne gesehen.«

»Ein müder Witz, den ich dir auch nur durchgehen lasse, weil du langsam ins Alter zu kommen scheinst«, flachste Richard zurück. »Also, was steht denn an?«

»Es geht um den Proton-Magnetometer«, ergriff Coffee nun das Wort. »Wir haben uns überlegt …« Er kam nicht mehr dazu, auszuführen, was sie sich überlegt hatten.

Ein dumpfer Knall ließ sie zusammenfahren.

Carlos blickte zum Himmel hoch auf der Suche nach einer jener Militärmaschinen, die häufig tief über die See dahinschossen und in diesem Gebiet regelmäßig ihre Übungsflüge absolvierten. »Da hat wohl ein Tiefflieger die Schallmauer durchbrochen«, sagte er.

Skip schüttelte den Kopf. »Nein, das klingt anders. Das war kein Jet.«

»Ist auch weit und breit kein Flieger zu sehen«, meinte Coffee.

Erneut knallte es. Diesmal zweimal kurz hintereinander. Es klang wie Kanonenschläge.

»Wisst ihr, woran mich das erinnert?«, fragte Carlos.

»An Silvester«, spottete Murphy.

»Nein, an Dynamitfischen.«

»Wer soll hier draußen in unserem contract-Gebiet mit Dynamit fischen?«, fragte Skip. »Außerdem ist das strengstens verboten.«

»Richard! … Skip!«, rief Karen vom Ruderstand und wies in das grelle Sonnenlicht. »Boot voraus!«

Sie beschatteten ihre Augen mit den Händen und versuchten, die blendende Helligkeit im Osten zu durchdringen. Dann sahen sie die Umrisse des Bootes. Wären sie aus einer anderen Himmelsrichtung gekommen und nicht geradewegs in die Sonne gefahren, hätten sie das Boot schon längst ausgemacht.

»Kannst du sehen, wie der Kahn dieses Schweinehundes heißt, der da mit Dynamit in unserem Revier fischt?«, fragte Coffee zornig.

Wieder krachte es zweimal. Richard war so, als könnte er Wasserfontänen hochspritzen sehen. Doch das konnte auch nur Einbildung sein.

Karen nahm das Fernglas von der Ablage und stellte es scharf. »Es dreht ab!«, rief sie. »Ich will es nicht beschwören, aber es könnte die Buccaneer sein. Schau selber, Skip!«

Skip riss ihr das Fernglas fast aus der Hand. »Und ob er das ist! Dieser Scheißkerl! Er liegt genau querab von der Boje, mit der wir das Planquadrat markiert haben, das wir gerade diggen!«

Richard trat neben ihn an die Reling. »Lass sehen, Skip!« Er überzeugte sich mit eigenen Augen davon, dass es Jerry Redcliffs Boot war, das sich mitten in ihrem Arbeitsgebiet aufgehalten und Dynamit gezündet hatte. Die Buccaneer drehte nun nach Norden ab und lief offenbar unter voller Maschinenkraft, denn Richard sah deutlich, wie sich der Bug aus dem Wasser hob und das Heckwasser schäumte.

»Soll ich ihm nach?«, wollte Karen wissen.

»Das ist doch keine Frage, Karen«, antwortete Richard aufgebracht. »Und ob wir uns an seine Fersen heften! Diese Schweinerei lassen wir uns nicht bieten. Wir schnappen ihn uns und dann wird er sich wünschen …«

Skip legte ihm eine Hand auf die Schulter und fuhr ihm grimmig ins Wort. »Vergiss die Verfolgungsjagd, Richie. Wir holen die Buccaneer nicht ein, sondern vergeuden nur eine Menge Zeit und Treibstoff.«

»Aber die Golddigger ist doch schneller als Redcliffs Boot!«, wandte Karen ein, die das Ruder schon herumgelegt hatte und gerade die Gashebel ganz nach vorn drücken wollte.

»Ja, normalerweise schon«, räumte Skip ein. »Aber habt ihr vergessen, dass wir nicht nur die Tanks randvoll, sondern auch noch ein paar Tonnen Zementblöcke an Bord haben?« Er wies mit dem Kopf auf die am Heck aufgestapelten Blöcke. Sie maßen etwa zwanzig Inch im Quadrat und brachten fünfzig Pfund auf die Waage. Aus jedem dieser kleinen Zementblöcke ragte eine Eisenöse heraus, an der sie die Leine mit der Boje festmachen konnten. Mit diesen Bojen, deren Zementsockel sie auch bei starker Strömung und Wind an Ort und Stelle hielten, markierten sie die Stellen, bei denen der Magnetometer einen signifikanten Ausschlag auf dem Nass-Rekorder hinterlassen hatte. Da sie bei dieser Tauchfahrt ein neues Planquadrat absuchen wollten, hatten sie über dreißig dieser Zementquader an Bord. Sie drückten die Golddigger ganz schön ins Wasser.

»Richtig! Mist!«, fluchte Coffee.

»Die Buccaneer hat drei, vier Meilen Vorsprung. Bis Matecumbe Key kriegen wir sie nie am Wickel«, fügte Skip hinzu.

»Und wenn wir sie einholen würden«, mischte sich Murphy ein. »Was könnten wir schon gegen Redcliff und seine Crew ausrichten?«

»Das klingt ja so, als hättest du einen Heidenrespekt vor diesem zweibeinigen Stinktier«, sagte Carlos spitz.

»Ich habe vor Maschinenpistolen einen Heidenrespekt«, stellte Murphy klar und warf ihm einen gereizten Blick zu. »Habe jedenfalls keine Lust, mir bei einer Aktion, die ja sowieso nichts bringt, ein paar Unzen Blei einzuhandeln.«

Carlos kniff ärgerlich die Augen zusammen. »Was heißt denn hier Aktion, die nichts bringt? Sag bloß, diese Sauerei lässt dich kalt, Mann?«

»Das habe ich nicht gesagt. Aber wir können gegen sie doch gar nichts ausrichten – auch wenn sie nicht bis an die Zähne bewaffnet wären. Oder willst du die Buccaneer im Handstreich nehmen?«

»Mir passt deine Einstellung nicht, Murphy«, knurrte Carlos. »Wir könnten nämlich schon etwas tun, um diesen hinterfotzigen Typen eine Lektion zu erteilen.«

Richard machte dem Streit zwischen den beiden ein Ende. »Es bringt nichts, wenn wir uns jetzt noch gegenseitig in die Haare geraten, obwohl es auch mir in den Fingern juckt, Carlos. Aber Murphy hat leider recht. Auch wenn wir sie trotz unserer schweren Ladung noch einholen könnten, was ja nicht sehr wahrscheinlich ist, brächte das nichts.«

»Bleibt uns nur eine Anzeige, wenn wir zurückkommen«, sagte Coffee wütig. »Und das ist ein Schuss in den Ofen, weil Redcliff und seine Crew alles abstreiten werden. Hieb- und stichfeste Beweise, dass sie das Dynamit gezündet haben, können wir ja nicht vorweisen.«

»Langsam fängt Redcliff an, mir richtig unsympathisch zu werden und auf den Nerv zu gehen«, sagte Skip mit finsterer Miene. »Da, seht euch an, was sie angerichtet haben. Die Detonationen haben bestimmt Tausenden von Fischen den Tod gebracht. Verdammter Schlächter!«

Unzählige Fische trieben verendet auf der Wasseroberfläche, als sie in die Nähe ihrer Hauptboje kamen, ein Großteil mit zerfetzten Leibern. Ihr Blut färbte das Wasser rot. Es war ein schrecklicher Anblick.

»Ehe wir hier wieder tauchen können, wird eine Weile vergehen«, sagte Richard bitter.

»Wieso?«, fragte Karen.

»Haie!«, sagte Coffee nur.

Richard nickte. »Das viele Blut und die toten Fische locken Haie an wie Honig die Bienen. Und wenn ein Hai in einem Gebiet leichte Beute findet, verschwindet er so schnell nicht wieder. Redcliff hat genau gewusst, was er gemacht hat.«

»Du hättest ihn wirklich krankenhausreif schlagen sollen«, sagte Coffee. »Dann hätten wir wenigstens ein paar Wochen Ruhe vor ihm gehabt.«

Richard zuckte die Achseln. »Ist nicht mein Stil. Aber wenn er uns noch mal Schwierigkeiten macht, werde ich es mir überlegen. Und jetzt dreh ab, Karen. Hier haben wir die nächsten Wochen nichts zu suchen.«

Sie blieben fünf Tage auf See und suchten in der Zeit ein neues Planquadrat zwischen Upper und Lower Matecumbe Key mit dem Proton-Magnetometer ab. Doch die Tauchfahrt brachte keinen einzigen Hinweis auf die möglichen Wrackteile der Maravilla. Ohne auch nur eine Silbermünze oder wenigstens einen Ballaststein gefunden zu haben, kehrten sie kurz vor Einbruch der Dunkelheit in den Hafen zurück. Sie waren gedrückter Stimmung und verzichteten darauf, ihre Stammkneipe aufzusuchen. Sie gingen alle früh zu Bett.

Als Richard am nächsten Morgen erwachte und die Hand nach Karen ausstreckte, stieß er nur auf ihr Kopfkissen. Er hörte ein Rascheln, öffnete die Augen und drehte sich um. Es war noch sehr früh und dunkel in der Kabine.

Karen saß in ihrem transparenten Hemdhöschen am Klapptisch und blätterte im Licht der drehbaren Wandleuchte in einem Stoß fotokopierter Dokumente.

»Man kann es mit der Arbeit auch übertreiben, Schatz«, machte er sich bemerkbar.

Sie drehte sich zu ihm um. »Oh, habe ich dich aufgeweckt?«

»Nein«, sagte er, richtete sich auf und blickte auf die Uhr. Zehn vor sechs.

Wenn sie auf See waren, weckte Skip sie um diese Uhrzeit. Dann zog schon der Geruch von Kaffee durch die Golddigger. Als Karen zu ihnen aufs Boot gezogen war, hatte er es sich dennoch nicht nehmen lassen, auch weiterhin die Küche für sich zu beanspruchen. Er wäre verletzt gewesen, wenn man ihn seiner Aufgabe als Schiffskoch beraubt hätte, denn vom Kochen verstand er genauso viel wie von Booten. Karen war es nur recht gewesen. Sie arbeitete lieber mit dem Magnetometer und unter Wasser und leistete auf diesem Gebiet ihre Arbeit wie jeder andere Taucher an Bord der Golddigger.

»Bist du schon lange auf?«, fragte er.

»Eine gute Stunde. Ich konnte einfach nicht länger schlafen.«

»Warum hast du mich nicht geweckt? Mir wäre schon etwas eingefallen, womit wir uns hätten beschäftigen können. Dafür ist es übrigens auch um sechs noch nicht zu spät.«

Sie lächelte und kam zu ihm. Liebevoll legte sie ihm ihre Hand auf die Brust, doch ihr nachdenklicher Gesichtsausdruck verriet ihm, dass ihr jetzt nicht nach leidenschaftlichen Umarmungen zumute war.

»Was hast du, Karen?«

»Zwei Jahre sind eine lange Zeit …«

»Ohne Trauschein. Ja, da stimme ich dir zu.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das meine ich nicht. Zwei Jahre suchen wir die Maravilla, ohne ihr auch nur einen Inch näher gekommen zu sein.«

»Wem sagst du das«, murmelte er. »Vielleicht hätte ich mich doch besser auf meine eigene Nase verlassen und das andere Schiff suchen sollen.«

»Nein, das glaube ich nicht, Richard. Das mit der Maravilla ist schon in Ordnung. Sie ist vor den Keys gesunken, das steht eindeutig fest.«

»Aber das ist auch schon das Einzige, was eindeutig ist.«

»Das Dumme ist, dass wir nur so wenig Dokumente über den Untergang dieser spanischen Schatzgaleone zur Verfügung haben. Was Sidney da aus Sevilla mitgebracht hat, ist wirklich nicht berauschend viel. Aber er konnte ja nicht wissen, dass das mal so wichtig sein würde. Wie auch immer, ich habe in letzter Zeit das unangenehme Gefühl, dass wir unsere Zeit vergeuden und in der völlig falschen Gegend nach dem Wrack suchen.«

»Da bist du nicht die Einzige, die dieses unangenehme Gefühl hat«, sagte Richard sarkastisch und strich über ihre Brüste. »Vielleicht sollten wir aufgeben und uns ein neues Ziel setzen.«

Heftig schüttelte Karen den Kopf. »Nein, das genaue Gegenteil müssen wir jetzt tun! Das ist mir vorhin ganz klar bewusst geworden. Wir können so nicht weitermachen.«

»Sondern?«

»Ich habe mich entschlossen, nach Spanien zu fliegen und im Archiv in Sevilla nach weiteren Dokumenten zu suchen!«, erklärte sie fest entschlossen.

Verblüfft sah er sie an. »Sag bloß, du meinst es ernst?«

»Und ob ich es ernst meine!«, versicherte sie. »Ich hätte das schon längst tun sollen. Richard, im Westindischen Archiv liegen doch Millionen Dokumente! Darunter befinden sich bestimmt irgendwelche Briefe, Tagebücher oder offizielle Schreiben, die sich mit dem Untergang der Maravilla beschäftigen!«

Er verzog das Gesicht. »Die gibt’s bestimmt, nur muss man sie erst mal finden und dann auch noch entziffern. Du hast doch gehört, was Sidney erzählt hat. Irgendein Dokument zu suchen, das nicht katalogisiert ist und dessen Existenz man zudem nur vermutet, entspricht in etwa der Aufgabe, an einem endlos langen Sandstrand ein bestimmtes Sandkorn zu finden. Das kann Wochen, Monate, ja sogar Jahre dauern. Und wenn du Glück haben solltest, muss das Dokument erst noch entziffert werden.«

»Ich weiß, aber ihr braucht mich nicht unbedingt auf dem Boot, und ich habe in den letzten Jahren genug altspanische Schriften studiert, um damit klarzukommen. Es ist zumindest eine Chance, die wir bisher noch nicht wahrgenommen haben, was vielleicht ein großer Fehler war.«

Richard schwieg nachdenklich.

»Und teuer wird das Ganze auch nicht. Ich kann mich in Sevilla in einer kleinen Pension einquartieren oder mir irgendwo privat ein Zimmer nehmen.«

»Ich weiß nicht …«

»Was weißt du nicht?«, fragte sie.

Er druckste herum. »Ich habe auch schon oft an das Archiv in Spanien gedacht. Aber du weißt ja, was ich von Schreibtischarbeit und Papierkram halte.«

»Mir macht das nichts aus. Ich tue es sogar gern.«

»Aber ich lasse dich nicht gern weg«, gestand er und zog sie an sich.

»Aha, das ist des Pudels Kern! Hatte ich es mir doch gedacht!«

»Karen, wir waren in den letzten beiden Jahren selten mal für einen Tag getrennt, und jetzt soll ich dich allein nach Spanien fliegen lassen? Für mehrere Wochen oder gar Monate?«

»Vielleicht genießt du deine wiedergewonnene Freiheit so sehr, dass du froh bist, wenn sich die Recherchen im Archiv in die Länge ziehen sollten«, scherzte sie.

Er verzog das Gesicht. »Sag so etwas nicht, Karen! Du weißt ganz genau, dass ich dich jeden Tag vermissen werde. Aber da du gerade von Genießen gesprochen hast: Ich kann dir gern zeigen, was ich am liebsten genieße … und dazu brauche ich dich«, sagte er verführerisch und schob seine Hand unter den Saum ihres Hemdhöschens.

Sie seufzte, hielt seine Hand aber fest. »Alles zu seiner Zeit, Liebling. Lenk jetzt bitte nicht ab. Ich finde, wir sollten jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen. Einer von uns muss nach Sevilla, und da nur ich Spanisch perfekt beherrsche, bleibt uns wohl keine andere Wahl. Ich will gar nicht daran denken, wie es sein wird, ohne dich zu sein …«

»Ich könnte doch mitkommen.«

»Und mich dann Tag für Tag mit deiner Ungeduld verrückt machen, ja?«, sagte sie halb scherzhaft, halb ernst. »Nein, damit würden wir uns keinen Gefallen tun, Richard. Du würdest es doch keine sechs Stunden im Archiv aushalten. Nein, du gehörst auf die Golddigger, während ich da in staubigen Dokumenten wühle und nach hilfreichen Hinweisen über die Maravilla suche. Außerdem wäre das eine echte Aufgabe, eine Herausforderung für mich. Taucher kannst du jede Menge einstellen. Aber jemanden, der Sitzfleisch hat und altspanische Schriften entziffern kann, findest du nicht so leicht.«

»Ich sehe, du hast es dir in deinen hübschen Kopf gesetzt, mich zum Strohwitwer zu machen«, sagte Richard mit gespielter Betrübnis. Karens Argumentation war stichhaltig. Sie drehten sich seit zwei Jahren im Kreis, hatten Zehntausende ausgegeben und nicht den geringsten Erfolg erzielt. Sie brauchten einfach mehr Informationen über die Maravilla, und wenn solche überhaupt existierten, dann konnten sie die nur im Archiv von Sevilla finden. Karen musste nach Spanien fliegen, das sah er ein. »Hast du dir denn auch schon überlegt, wann du fliegen willst?«

»Mit der nächsten Maschine.«

»Dann bleibt uns ja nicht mehr viel Zeit.«

»Wofür?«, fragte sie, doch ihr Lächeln strafte ihre scheinbare Begriffsstutzigkeit Lügen.

»Für die wunderbarste Beschäftigung, seit Gott Eva schuf«, sagte Richard und zog sie in seine Arme.

Am späten Nachmittag des nächsten Tages flog Karen von Miami über Madrid nach Sevilla. Richard wartete, bis der Jumbo abgehoben hatte und in einer weiten Kurve in den Himmel stieg.

Sie fehlte ihm schon jetzt.

5

Ein künstlicher Weihnachtsbaum, an die dreißig Fuß hoch und mit Lichterketten und glitzerndem Lametta in allen Regenbogenfarben geschmückt, ragte gleich neben der Einfahrt zur größten Einkaufs-Plaza von Marathon in den strahlend blauen Himmel. Lautsprecher an den Lichtmasten beschallten den weitläufigen Parkplatz mit Weihnachtsliedern. Süßer die Glocken nie klingen und Leise rieselt der Schnee erklang es, während die Glut der Dezembersonne die Asphaltdecke weich werden ließ und überall die Klimaanlagen auf vollen Touren liefen.

Richard konnte das rührselige Weihnachtsgedudel, mit dem man schon seit der letzten Novemberwoche in allen Geschäften berieselt wurde, nicht mehr hören, und er hätte am liebsten die Tür der Telefonzelle zugezogen. Doch die Temperaturen, die in diesem gläsernen Käfig herrschten, ließen es nicht ratsam erscheinen – es sei denn, man war auf einen Hitzschlag aus. Schon bei offener Tür war es in der Telefonzelle so heiß wie in einem Brutofen, und er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Er zog seine AT&T-Telefonkreditkarte hervor, tippte seine vierzehnstellige Kartennummer ein, wartete auf den Summton, der anzeigte, dass seine Kreditkarte akzeptiert worden war, und gab dann die Telefonnummer ein.

Es klickte mehrmals. Dann klingelte es am anderen Ende der Leitung – in der Calle Calero in Sevilla. Er wischte sich mit dem Unterarm über die schweißfeuchte Stirn und suchte mit einer Hand nach Zigaretten und Feuerzeug. Komisch, dass er jedes Mal aufgeregt war wie ein kleiner Junge, wenn er Karen in Spanien anrief. Er wusste nie, ob er sie erreichen würde. Aber zum Teil lag seine Aufregung wohl auch an seinem miserablen Spanisch, denn Señora Delgado hatte für ihre Pensionsgäste nur ein Gemeinschaftstelefon, das oben im Flur am Fenster stand, wie Karen ihm erzählt hatte, und manchmal musste er sich mit drei, vier von Señora Delgados Pensionsgästen am Telefon verbal herumschlagen, ehe er endlich Karen an den Apparat bekam – oder die frustrierende Nachricht erhielt, dass sie noch im Archiv oder gerade aus dem Haus gegangen war. »Na, komm schon!«, murmelte Richard ungeduldig, als in der Calle Calero niemand das Schrillen des Telefons zu hören schien. Das starke Knistern und Rauschen in der Leitung verrieten ihm, dass er mal wieder Pech mit der Verbindung hatte. Das Telefonrelais hatte seinen Anruf nicht via Satellit nach Spanien geschickt, denn dann war die Leitung jedes Mal so klar, als würde man von Zimmer zu Zimmer telefonieren, sondern ihn durch das veraltete Netz der unterseeischen Atlantikkabel gespeist.

Endlich wurde am anderen Ende abgenommen. »Hola«, meldete sich eine Frauenstimme.

»Buenos días«, rief Richard in die Sprechmuschel und kramte seine wenigen Spanischbrocken zusammen. Aber halt mal, jetzt war es in Spanien aufgrund der Zeitverschiebung ja schon Abend. »Buenas tardes« wäre da wohl angebrachter gewesen. Aber zum Teufel damit. Hauptsache, er konnte überhaupt mit irgendeinem Gruß dienen. Mal sehen, ob die Frau, die er da erwischt hatte, Englisch sprach. Diesen Satz hatte er zuallererst gelernt, als Karen nach Spanien gereist war.

»Habla ingles, Señora?«

»No, Señor, lo siento. Habla español?«

Er verzog das Gesicht. Ihm tat es auch leid, dass sie kein Englisch sprach. Er musste also weiter radebrechen. »Un poco. Quiero … Señorita Karen Douglas, por favor.«

»Cómo?«

»Señorita K-a-r-e-n D-o-u-g-l-a-s!«

Ein Redeschwall drang auf ihn ein, vermischt mit Rauschen und atmosphärischem Knistern.

»Más despacio!«, rief Richard, der nicht ein Wort verstanden hatte. Verdammt noch mal, für wen hielt ihn diese Spanierin? Für einen Synchrondolmetscher? Sie sollte gefälligst ein paar Takte langsamer sprechen. »Más despacio, por favor.«

Die Frau wiederholte noch einmal langsam, was sie gerade hervorgesprudelt hatte, doch viel half das auch nicht. Er verstand kaum ein halbes Dutzend Wörter, und daraus konnte er sich keine brauchbare Story zimmern. Doch er schöpfte Hoffnung, als sie ihn bat, einen Augenblick zu warten – so viel verstand er: »Un momento.«

»Gracias.«

Der Augenblick zog sich ganz schön in die Länge. Richard hatte Zeit genug, sich eine Zigarette anzuzünden und den Klängen von Stille Nacht, Heilige Nacht zu lauschen. Drei junge Burschen, sonnengebräunt und in Cut-off-Jeans, sausten auf ihren Skateboards über den Parkplatz.

Ungeduldig trat er von einem Bein aufs andere. War Karen nun in ihrem Zimmer, oder wurde er nur wieder an einen anderen Spanier weitergereicht, von dem man annahm, er beherrschte die englische Sprache, nur weil er Marlboro rauchte und vielleicht ein T-Shirt mit dem Namenszug einer amerikanischen Nobel-Uni trug?

Er wollte schon einhängen, als der Hörer aufgenommen wurde.

»Richard, bist du es?«

»Karen!« Richard lebte förmlich auf, als er ihre Stimme hörte. »Endlich! … Ich dachte schon, ich würde dich nie mehr ans Telefon kriegen. Gestern und vorgestern warst du immer aus dem Haus, als ich angerufen habe.«

»Was hast du gesagt?«

Die Verbindung war noch schlechter geworden. Das Knistern und Rauschen überlagerte nun immer mehr ihre Stimmen, sodass Richard die Tür nun doch zuziehen musste, weil ihm das Jingle Bells von Dean Martin dreimal so laut in die Ohren schallte wie Karens Stimme.

»Dass ich dich schrecklich vermisse!«, brüllte er in den Hörer, statt die Nebensächlichkeit zu wiederholen, dass er sie zweimal angerufen und nicht erreicht hatte.

»Ich dich auch, Richard.«

»Du fehlst mir sehr, Karen. Weißt du, dass du jetzt schon zwei Monate in Sevilla bist? Das kommt mir wie eine Ewigkeit vor!«

»Mir auch. Aber du kannst dir gar nicht vorstellen, was das hier für eine Arbeit ist. Diese Mengen von Dokumenten sind einfach unglaublich!«

»Kommst du denn wenigstens weiter?«

»Jeder Tag bringt mich weiter, ich weiß nur nicht so genau, wohin. Ich habe ein paar interessante alte Karten und Schriften gefunden …«

»Hinweise auf die Maravilla?«

»Nicht direkt, aber ein paar vielversprechende Spuren und Hinweise auf andere Dokumente, die uns vielleicht endlich die erhofften Informationen bringen.«

Richard seufzte. »Weißt du, wie oft du mir das schon erzählt hast?«

Der ganze Atlantik schien durch ihre Leitung zu rauschen, gefolgt von einem elektrischen Gewittersturm.

»Was hast du gesagt?«

Klitschnass klebte ihm das ärmellose Hemd auf der Haut. »Dass ich auf all die heißblütigen Spanier eifersüchtig bin, die dir den Hof machen.«

Karen lachte und er stellte sich ihr Gesicht vor, ihren Körper, versuchte sich an den Druck ihrer Lippen und die Zärtlichkeit ihrer Hände zu erinnern. Sie fehlte ihm geradezu schmerzhaft.

»Die Spanier, mit denen ich im Archiv zu tun habe, sind so feurig wie eingeschlafene Füße – und manche können im Alter mit denen der Dokumente konkurrieren, die sie verwalten.«

»Du willst mir ja bloß Sand in die Augen streuen. Vermutlich kennst du das Westindien-Archiv nur von außen, ziehst von einer ausschweifenden Party zur anderen und perfektionierst deine Verführungskünste«, scherzte er.

»Und du hast die Golddigger inzwischen bestimmt in einen Vergnügungsdampfer verwandelt, auf dem sich die Tanga-Schönen von ganz Florida ein Stelldichein geben«, konterte Karen.

»Wer hat dir das verraten?«

»Die Welt ist voll käuflicher Bösewichte.«

Richard lachte, wurde dann aber schnell ernst. »Zwei Monate sind eine verdammt lange Zeit, Liebling. Außerdem ist bald Weihnachten. Ich möchte, dass wir dann zusammen sind.«

»Heißt das, dass ich meine Nachforschungen hier einstellen und meine Sachen zusammenpacken soll?«, fragte Karen und ihre Stimme hatte einen enttäuschten Tonfall.

»Möchtest du denn nicht gern zurückkommen?«, fragte er.

»Richard, frag doch nicht so etwas! Du weißt, wie sehr du mir fehlst. Aber das ist doch nicht der Punkt. Du kannst mir glauben, dass ich nicht gerade wild darauf bin, Tag für Tag staubige, wurmstichige und verblichene Dokumente zu durchforsten, bis mir die Augen schmerzen. Aber mein Gefühl sagt mir, dass ich auf der richtigen Spur bin!«

»Und mein Gefühl sagt mir, dass du mir mehr bedeutest als die Maravilla!«

»Das zu sagen ist ganz lieb von dir. Aber das entspricht nicht ganz den Tatsachen. Wenn ich erst einmal wieder bei dir bin, wird dir die Maravilla doch keine Ruhe lassen. Ich kenne dich doch. Du hast viel zu viel in diese Galeone investiert, und nicht nur Geld allein, um dich achselzuckend einer anderen Aufgabe zuzuwenden. Und mir ergeht es nicht viel anders. Es müsste doch wirklich mit dem Teufel zugehen, wenn wir es nicht fertigbrächten, dieses Schiff zu finden. Die Maravilla ist kein Phantomwrack – und wir werden ihren Schatz heben, Richard, wenn du mir nur noch etwas Zeit lässt.«

»Auch über Weihnachten und Silvester?«

»Wenn es nötig sein sollte, ja … obwohl ich mich wahnsinnig nach dir sehne, Richard. Doch das müssen wir durchstehen, sonst machen wir uns später Vorwürfe. Wir haben doch noch alles vor uns.«

Richard atmete schwer durch. »Du machst es mir nicht gerade leicht, Karen.«

»Ich mir selbst auch nicht.«

Die Verbindung wurde immer schlechter. »Ich rufe dich am Wochenende wieder an. Dann reden wir noch einmal darüber und haben hoffentlich eine bessere Leitung.«

»Pass gut auf dich auf und grüß Coffee, Skip und die anderen. Ich kann es gar nicht erwarten, wieder den Fuß auf die Golddigger zu setzen und hinauszufahren. Ihr fehlt mir alle ganz schrecklich.«

»Du mir auch«, sagte er mit belegter Stimme. »Mach es gut, und vergiss nicht … ich liebe dich.«

»Bestimmt nicht so sehr, wie ich dich liebe.«

Er war durchgeschwitzt, als er den Hörer einhängte und die Tür aufstieß. Draußen waren es immer noch über dreißig Grad im Schatten. Was das Management der Einkaufs-Plaza nicht daran hinderte, O Tannenbaum aus den Lautsprechern plärren zu lassen. Er hatte sich so darauf gefreut, Karens Stimme zu hören, doch jetzt fühlte er sich niedergeschlagener als vor dem Gespräch mit ihr.

Richard stieg in den Blazer. Die Luft aus dem Gebläse der Klimaanlage traf ihn wie ein eisiger Windzug aus einer Gefriertruhe.

Coffee saß hinter dem Steuer, eine knallgelbe Baseballmütze auf dem Kopf. Mit einem breiten, erwartungsvollen Grinsen sah er ihn an.

»Tu mir den Gefallen und stell den Froster ein paar Stufen runter«, bat Richard und schloss die Tür. Sich schweißnass in einen klimatisierten Wagen zu setzen war die sicherste Methode, sich eine schwere Erkältung einzuhandeln.

»Hast du sie erreicht?«, fragte Coffee, schob den Regler des Thermostats höher und ließ den Motor kommen.

»Sie lässt dich grüßen, Coffee.«

»Ist das alles?«

»Ja, zumindest, was das Positive angeht«, sagte Richard und kurbelte das Fenster herunter. Fahrtwind war ihm jetzt lieber als die Klimaanlage. »Fahr zum Coral Grill. Ich kann jetzt einen Drink vertragen.«

Coffee lenkte den Wagen vom Parkplatz und fädelte sich in den mittäglichen Verkehr ein. »Sie hat also noch immer nichts Brauchbares über die Maravilla gefunden?«

»Nichts Konkretes, aber sie meint, auf einer heißen Spur zu sein.«

»Das wäre zur Abwechslung endlich mal eine angenehme Nachricht. Dass wir die letzten beiden Jahre vom Glück verfolgt sind, kann man ja wohl nicht behaupten. Wenn man uns für jedes Loch, das wir in den Meeresboden gediggt haben, einen Dollar geben würde, wären wir jetzt schon Millionäre.«