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Chakren – Die sieben Energiekörper der Seele

Shai Tubali

Chakren

Die sieben Energiekörper der Seele

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Übersetzung:
Theresa Bäuerlein

Wissenschaftliche Bearbeitung:
Dr. med. Nir Brosh

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Bücher haben feste Preise.
1. Auflage 2013

eISBN 978-3-89060-153-3

ISBN 978-3-89060-628-6

Ryvellus ist ein Imprint bei Neue Erde.

Ich widme dieses Buch der göttlichen Intelligenz, die unsere wundersame feinstoffliche Struktur gewebt und uns so die Möglichkeit gegeben hat, Gott zu erkennen und selbst zu Erscheinungsformen göttlichen Bewußtseins zu werden.

Ich widme dieses Buch außerdem Gabriel Cousens, einem Kundalini-Experten und wahren Yogi, der in diesem Spiel des Lebens für mich das Tor war, durch das ich das schlummernde Potential dieser feinstofflichen Strukturen erkennen konnte. Die Liebe, die Geduld und das ganzheitliche Wissen eines wahren Lehrers sind ohne jeden Zweifel die wichtigste Nahrung für jeden, der nach Höherem strebt.

Inhalt

E R S T E RT E I L

Einführung

Das Chakrensystem – Definition und Funktionen

Z W E I T E RT E I L :
E I N ET I E F G E H E N D ER E I S EI ND I EC H A K R E N

Das erste Chakra: Die Suche nach Sicherheit

Das zweite Chakra: Die Suche nach Freude

Das dritte Chakra: Die Suche nach Macht

Das vierte Chakra: Die Suche nach Liebe

Das fünfte Chakra: Die Suche nach Verständigung

Das sechste Chakra: Die Suche nach Weisheit

Das siebte Chakra: Die Suche nach dem Göttlichen

Zusammenfassung: Die sieben Energiekörper der Seele

Anhang 1: Die Reise der Kundalini entlang der Chakren

Anhang 2: Fragebögen für die Selbsteinschätzung

Bibliographie

E R S T E RT E I L

Einführung

Der Mensch besteht nicht nur aus Fleisch und Blut. Ich sage das nicht, um für abstrakte oder romantische Vorstellungen von der »Seele« einzutreten. Ich möchte mich vielmehr mit dem Gebiet von »physiologisch« wirkenden Kräften befassen, die für unsere Augen unsichtbar sein mögen, jedoch ständig aktiv sind. Wenn etwas unsichtbar ist, heißt das nicht, daß es unwichtig ist, ganz so, wie das Wissen um Atome eine notwendige Voraussetzung für das Verständnis von Materie ist. Es gibt eine feinstoffliche Anatomie des Menschen, die wie unsichtbare Hüllen die sichtbare Ebene des physischen Körpers umgibt. Diese Anatomie ist für das vollständige Verständnis unserer Psyche von außerordentlicher Bedeutung und auch, um die weitere Evolution unseres Bewußtseins zu erkennen. Viele esoterische Traditionen haben im Laufe der menschlichen Geschichte diese Anatomie gründlich untersucht – von den alten Ägyptern bis zu den Mayas und von den Yogaschulen im Hinduismus und Buddhismus bis zu den jüdischen Kabbalisten, von der chinesischen Medizin bis zu den theosophischen und anthroposophischen Bewegungen im Westen. Auch wenn es Unterschiede in den Begrifflichkeiten gibt, sind sich all diese Lehren darin einig, daß es einen erstaunlichen feinstofflichen Mechanismus gibt, der die Existenz des Körpers und der Seele stützt und sogar erhält. Diese Überlieferungen stimmen auch darin überein, daß das Bewußtsein des einzelnen sich nur durch die Kraft dieser verborgenen Systeme entwickeln kann.

Aber wozu brauchen wir eine feinstoffliche Anatomie? Die Antwort ist ganz einfach: Ganz so, wie wir das Gehirn und die Sinne brauchen, um die äußere Welt in ihrer Ganzheit wahrzunehmen, brauchen wir diese feinstofflichen Schichten des Bewußtseins, um die innere Welt wahrzunehmen – die innere Welt von uns selbst und jene des Universums, die unsichtbaren Schichten des Seins. Die feinstoffliche Anatomie ist ein System komplexer Wechselwirkungen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren; sie verbindet beides in derselben Weise, wie der physische Körper und das Gehirn die Verbindung zwischen dem Wahrnehmenden und dem wahrgenommenen Objekt herstellt.

Die verborgene Anatomie des Menschen weist viele Parallelen zur sichtbaren Anatomie auf. Auch sie besteht aus Sinnesorganen und einem Nervensystem, einem Gehirn und einer Wirbelsäule. Nur, daß diese verborgene Anatomie statt Blut und Sauerstoff die vitale Lebenskraft leitet, feine Energien und geistige Einsichten; und anstatt zu atmen, nimmt sie den universellen lebendigen Atem auf, ohne den wir alle auf der Stelle sterben würden. Dank der unsichtbaren Anatomie ist der Mensch in der Lage, eine Verbindung zum größeren Leben in sich selbst und im Universum aufrecht zu erhalten und neue Verbindungen mit diesem zu entwickeln. Die unsichtbare Anatomie ist das Vehikel, mit dessen Hilfe der Mensch seinen Geist auf das Größere hin ausdehnen und mit ihm in unmittelbare Berührung kommen kann. Teile der feinstofflichen Anatomie sind in uns ständig aktiv, doch zum größten Teil schlummern sie – wie eine Samenkorn des Bewußtseins, das darauf wartet, daß die Zeit zum Wurzelschlagen und Blühen gekommen ist. Diese Tatsache liegt in einer besonderen Fähigkeit des Menschen begründet, der Fähigkeit zur Entfaltung. Anders als Tiere, die ebenfalls eine feinstoffliche Anatomie besitzen, auch wenn sie deutlich weniger komplex ist, können Menschen ihre bewußte Verbindung mit ihrem Selbst und mit dem Universum als Ganzem tatsächlich immer weiter ausdehnen.

In vielerlei Hinsicht kann man die feinstoffliche Anatomie als die Anatomie unserer Psyche bezeichnen oder, im weiteren Sinne, als die Anatomie unseres Bewußtseins. Die unmittelbare Folgerung aus dieser Einsicht ist, daß man durch das Verständnis dieser Anatomie in ihrer ganzen Tiefe einen vollständigen, umfassenden Plan der eigenen Seele erlangen kann, mit dessen Hilfe man sich viel bewußter zurechtfindet.

Aus diesem Grund befasse ich mich in diesem Buch hauptsächlich mit den psychologischen und transformativen Aspekten der feinstofflichen Anatomie und weniger mit den mystischen und esoterischen Aspekten. Bei der Beschäftigung mit der verborgenen Anatomie beschreiben viele Traditionen sehr genau die Farben und Symbole, Mythen und spirituellen Konzepte, die mit den verschiedenen Schichten unserer unsichtbaren Physiologie in Verbindung stehen. Hier nutzen wir das gleiche Wissen, um es in seiner Bedeutung für unsere gegenwärtige psychologische Struktur zu begreifen.

Traditionell dient das Erforschen der verborgenen Gebiete unseres Bewußtseins dazu, spirituelle Höherentwicklung und Transformation zu erreichen. In diesem Buch ist das allerdings nur Teil eines größeren Ganzen. Denn was die Beschreibungen gewöhnlich sehr vermissen lassen, sind die psychologischen, therapeutischen und psychosomatischen Dimensionen. Einfach gesagt, brauchen wir die Landkarten unserer unsichtbaren Anatomie heute nicht nur, um uns in der Physiologie der Erleuchtung zurechtzufinden, sondern auch, um die unglaubliche Komplexität unserer Seele zu entschlüsseln.

Wenn es um unsere innere Welt geht, neigen wir sehr zum Dunklen und Geheimnisvollen. Aber in dem Moment, in dem wir unser Inneres auf so klare und greifbare Weise sehen können, haben wir einen leichten Zugang zu uns selbst und bessere Mittel für unsere Befreiung.

Um die feinstoffliche Anatomie besser zugänglich zu machen, habe ich fast die gesamte bekannte Terminologie zugunsten einer direkten Sprache weggelassen. Wenngleich das in diesem Buch zu findende Wissen stark von Yogastudien beeinflußt ist, habe ich mich bemüht, diese inneren Welten so offenzulegen, daß Sie unmittelbar, hier und jetzt, damit in Berührung kommen können, indem Sie die Einsichten unmittelbar auf Ihre eigene Seele beziehen.

Ich habe allerdings einige Aspekte unserer verborgenen Physiologie absichtlich weggelassen, damit die Dinge nicht zu kompliziert werden. Man sollte bedenken, daß ebenso, wie die sichtbare Anatomie überaus komplex ist, auch die feinstoffliche Anatomie sehr vielschichtig ist. Um ein klares Verständnis zu ermöglichen, möchte ich mich ausschließlich auf das Wesentliche konzentrieren, also nur auf jene Elemente, von denen ich meine, daß sie uns für unser Leben am meisten nutzen.

Alles in diesem Buch stammt aus meiner unmittelbaren täglichen Erfahrung. Ich beziehe mich niemals auf Dinge, die nicht voll und ganz Teil meines eigenen Bewußtseins sind. In den letzten fünfzehn Jahren habe ich mich ausschließlich und leidenschaftlich der Erforschung des Potentials meines und des Bewußtseins aller anderen Menschen gewidmet. Durch meditatives Experimentieren und intensive Kontemplation ist es mir gelungen, die feinstofflichen Schichten des Geistes aufzuwecken und sie unter der Anleitung des amerikanischen Yogis Gabriel Cousens ganz zu erkennen. Aus dieser direkten Erkenntnis heraus habe ich die White Light Methode entwickelt, die es jedem ermöglicht, seine inneren Strukturen zu erkennen, einschließlich des Chakrensystems. Es ist für mich zu einer natürlichen Fähigkeit geworden, in meiner feinstofflichen Anatomie die gerade stattfindende feinstoffliche Aktivität anderer widerzuspiegeln. Diese Fähigkeit hat sich als sehr vorteilhaft erwiesen, und zwar nicht nur, wenn ich andere bei ihrer Weiterentwicklung anleite, sondern auch für meine eigenen Forschungen im Bereich der Chakren und des gesamten feinstofflichen Körpers. So enthält dieses Buch die gesammelten Erkenntnisse, die ich allmählich auf meiner fünfzehn Jahre dauernden inneren Reise und aus der Begleitung vieler anderer Individuen auf ihrer Reise zu erhöhtem Gewahrsein gewonnen habe.

Erfreulicherweise stimmen meine Erfahrungen mit der Erfahrung von Tausenden von Menschen überein, die im Laufe der Geschichte der Menschheit viel Zeit und Energie darauf verwendet haben, um in die feinstoffliche Anatomie einzudringen, sie zu dokumentieren und nutzbar zu machen. Was Sie vielleicht nicht wissen, ist, in welchem Ausmaß dies auch Ihre unmittelbare tägliche Erfahrung ist. – Teile der feinstofflichen Anatomie werden von uns allen erfahren, aber nicht als solche erkannt. In unserer gegenwärtigen Konditionierung sind wir – unterstützt von einer Wissenschaft, die nur an die Oberfläche der Wirklichkeit glaubt – sehr darin geübt, zu ignorieren, was wir wissen. Aber je mehr wir die feinstoffliche Anatomie anerkennen, desto mehr wächst sie in uns und dehnt sich in Form neuer Ebenen unseres Bewußtseins aus.

Daher werden wir unsere Reise mit der greifbarsten und der am unmittelbarsten erlebten Ebene der verborgenen Anatomie beginnen, welche das Chakrensystem ist, und erst später (im Anhang) in noch subtilere Bereiche der feinstofflichen Arbeit vordringen.

Das Chakrensystem – Definition und Funktionen

Grundlegende Definition

Zweifellos ist das Chakrensystem die bekannteste, am besten untersuchte und am leichtesten zugängliche energetische Schicht. Die ersten Zeugnisse dieses Systems gehen etwa viertausend Jahre zurück, zu den alten asiatischen und ägyptischen Kulturen.

Mir scheint dies die einfachste Definition der Chakren zu sein: Mittler der Energie-Materie- Wechselwirkung. Das Chakrensystem ist die Brücke zwischen dem physischen Körper und den feinstofflichen Körpern und auch zwischen dem physischen Körper und der universellen Lebenskraft (»Prana«). Die Chakren sind die energetischen Schlüsselzentren der gesamten feinstofflichen Anatomie und können als unser energetischer Körper angesehen werden. Als Mittler der Energie-Materie-Wechselwirkung »übersetzen« sie materielle Energie in spirituelle und spirituelle Energie in materielle.

Die Hauptfunktion des Chakrensystems ist es, spirituelle in physische Energie zu »übersetzen« – um körperliches und seelisches Wohlbefinden zu ermöglichen. An den zentralen Zusammenflüssen des energetischen Nervensystems angesiedelt, verbinden die Chakren alle verschiedenen Energien – materielle, emotionale, mentale und spirituelle.

Wir können annehmen, daß jedes biologische System, das komplex genug ist, um ein gewisses Maß an Bewußtsein durch sein Gehirn und Nervensystem leiten zu können, eine Anzahl an Chakren haben muß. Diese Chakren ermöglichen dem lebendigen Organismus die Verbindung zwischen allen Ebenen des Daseins. Menschen haben sieben zentrale Chakren – eine Anzahl, die der menschlichen Komplexität angemessen ist.

Die Nadis

Um die Arbeitsweise des Chakrensystems besser zu verstehen, müssen wir zunächst die Nadis kennenlernen.

Die Bedeutung des Begriffes Nadi ist »Strom«, und genau das ist es, was Nadis sind: Kanäle – so leer wie Röhren – die Energie durch den Körper leiten. Es gibt physische Nadis, etwa Nerven, Blutadern und Lymphgefäße. Aber die Nadis, für die wir uns in diesem Buch vor allem interessieren, sind die feinstofflichen, durch die Energie fließt. Diese feinstofflichen Nadis sind das energetische Nervensystem.

Die Nadis sind die Bahnen, die Energie ins Gehirn, in die Nerven, in das endokrine System, die Organe, das Knochensystem und in die Zellen bringen. Nach der Yoga-Tradition gibt es etwa zweiundsiebzigtausend Nadis, wobei vierzehn von ihnen als zentral angesehen werden. Es sieht so aus, als seien die bekannten Meridiane der chinesischen Medizin wichtige Teile des Nadi-Systems und die Punkte, an denen Meridiane und Nadis zusammentreffen, die Akupunktur-Punkte. Die Nadis interagieren mit dem physischen Nervensystem und wandeln feinstoffliche Energie für die Organe, Drüsen und das Gewebe in stoffliche Energie um. Sie nehmen diese feinen Formen der Energie aus den anderen, subtileren Körpern und aus der universellen Lebenskraft auf.

Die allgemeine Definition des physischen Nervensystems ist die eines komplexen Netzes von Nerven, dank dessen der Körper als organisierte und synchronisierte Einheit funktioniert; das physische Nervensystem empfängt Informationen über Reize aus dem Inneren und aus der Umwelt und überwacht alle Prozesse des bewußten und unbewußten Verhaltens. Entsprechend sind die Nadis ein komplexes Netzwerk, durch welches die energetischen und psychischen Systeme als einheitliches, organisiertes Ganzes funktionieren. Die Nadis empfangen Informationen über energetische und psychische Reize aus dem Inneren und aus der Umwelt und regeln alle Prozesse der bewußten und unbewußten feinstofflichen Aktivität.

Hauptfunktion: Das Absorbieren von Prana

Die Chakren befinden sich an den sieben zentralen Verbindungspunkten der zweiundsiebzigtausend Nadis. In gewisser Weise verbinden sie diese sämtlich miteinander. Diese Beziehung ähnelt der des zentralen Nervensystems, das sich in Gehirn und Rückenmark befindet, zum Netzwerk des Nervensystems, das im ganzen Körper verläuft (d. h. dem peripheren Nervensystem). Die sieben Chakren sind wie Räder wirbelnder Energie, die sich im Uhrzeigersinn bewegen und entlang des feinstofflichen Rückgrats des Menschen angeordnet sind. Sie absorbieren ständig die universelle Lebenskraft und übersetzen sie in materielle Energie, die von den physischen Nerven, Drüsen und Organen aufgenommen wird.

Diese Lebenskraft wird in der vedischen Literatur »Prana« genannt und in der chinesischen Literatur »Chi«. Die Bedeutung des Wortes »Prana« ist »Atem des Lebens«, was im Grunde impliziert, daß es ein kosmisches Reservoir an Energie gibt, das allen Lebewesen gestattet, für eine gewisse Zeit zu existieren und zu atmen. Der Begriff »Prana« erstreckt sich dabei vom physischen Prana (das sich in der Biosphäre manifestiert und in unseren Körpern fließt) bis hin zu den feinstofflichen Schichten von Prana. Unsere feinstofflichen Felder werden durch das kosmische Prana, das aus den feinstofflichen Schichten des Kosmos fließt, genährt. Sobald diese Energie den Körper verläßt, bleibt kein Leben zurück, und der Körper stirbt. Dieses Prana wird als die Wärme des Lebens gespürt, und aus diesem Grund wird, wenn es nicht vorhanden ist, aus einem Körper ein kalter Leichnam. Prana ist also unsere grundlegende Verbindung mit dem Kosmos, und so lange es in unsere Körper fließt, unsere Nerven, Drüsen und Organe erfüllt, sind wir lebendig.

Stellen Sie es sich so vor: Die universelle Lebenskraft wird von den sieben Chakren aufgefangen, fließt aus den Chakren durch die Nadis und wird aus diesen von den Nerven, Drüsen und Organen aufgenommen. Eine wesentliche Aufgabe der Chakren ist es, als wirbelnde Strudel die kosmische Energie in das endokrine System und das Nervensystem hineinzuziehen.

Damit der Mensch einfach als bewußtes Wesen auf diesem Planeten existieren kann, brauchen die Chakren nur eine kleine Menge Prana. Diese reicht aus, um die körperlichen Aktivitäten und die weitgehend automatisch ablaufenden Prozesse von Gedanken und Gefühlen aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang kann man die Chakren nicht als »blockiert« oder »offen« bezeichnen, sondern eher als Leiter von mehr oder weniger Energie. Aber je mehr bewußte Aktivität für einen lebendigen Organismus nötig wird, desto mehr Energie »verlangen« die Chakren vom Universum. Wenn man zum Beispiel große intellektuelle Kraft braucht, verlangt dies nach mehr Prana, um die Chakren und in der Folge das Gehirn und seine Drüsen zu beleben.

Wenn ein bewußtes menschliches Wesen sehr spirituell wird, werden die Chakren entsprechend hochaktiv und leiten wesentlich mehr Prana. Mit wenig Prana kann kein vergeistigender Prozeß in Körper und Geist stattfinden. Darum gibt es in allen spirituellen Traditionen Praktiken, welche den Strom von Prana innerhalb des Körpers und in den Körper hinein verstärken.

Auf der anderen Seite brauchen wir hochaktive Chakren nur, wenn es dafür in unserem Körper und Geist einen Bedarf gibt. Dr. Gabriel Cousens, ein Psychiater und spiritueller Lehrer, weist darauf hin, daß nach seiner Erfahrung viele Patienten mit manischen Psychosen Ströme von Energie beschreiben, die aus ihrem Scheitel fließen. Dies ist jedoch kein spiritueller Gewinn, sondern eher eine Art Ungleichgewicht.

Die Lage der Chakren

In der Yoga-Tradition wird von diesen sieben Drüsen-Zusammenflüssen der Nadis, »Chakren« genannt, angenommen, daß sie sich innerhalb des zentralen Nadi befinden, dem »Sushumna Nadi«. In diesem dreilagigen zentralen Nadi gibt es genau in der Mitte das »Brahma Nadi«, und genau hier befinden sich die Chakren. Da die Chakren tatsächlich dreidimensional sind, ähnelt jedes von ihnen einem Lichttrichter, dessen enges Ende am feinstofflichen Rückgrat beginnt. Jedes der Chakren strahlt in die vier Richtungen aus, mit Ausnahme des erdorientierten ersten Chakras, das als unteres Ende hauptsächlich nach unten hin ausstrahlt, und dem himmelsorientierten siebten Chakra, das als oberes Ende hauptsächlich nach oben hin ausstrahlt.

Allgemein verortet man die sieben Chakren wie folgt:

Das erste Chakra befindet sich im Perineum oder Damm, jenem kleinen Bereich zwischen den Geschlechtsorganen und dem Anus. Es »strahlt« seine Wirkung auf die Beine aus und in der anderen Richtung zur Basis der Wirbelsäule hin.

Das zweite Chakra befindet sich zwischen den Geschlechtsorganen und dem Bauchnabel.

Das dritte Chakra liegt zwischen dem Bauchnabel und dem Solar Plexus.

Das vierte Chakra befindet sich im Zentrum der Brust, auf Höhe des Herzens.

Das fünfte Chakra befindet sich an der Basis der Kehle, auf Höhe der Schilddrüse.

Das sechste Chakra liegt zwischen den Augen, auf Höhe der Brauen.

Das siebte Chakra befindet sich auf dem Scheitel, ähnlich einer Scheitelkappe.

Jedes der Chakren ist für seinen Bereich »verantwortlich«, sowohl auf der Ebene der feinstofflichen als auch auf der Ebene der physischen Anatomie. Dies bedeutet, daß jedes Chakra für die Nerven, Drüsen und Organe, die sich in seinem spezifischen Bereich befinden, die wichtige Lebenskraft absorbiert.

Die Chakren als Anatomie der Seele

Die Übersetzung von Prana in physische, emotionale, mentale und spirituelle Aktivitäten ist die grundlegendste Funktion der Chakren. Aber wie ich bereits herausgestellt habe, sind die Chakren wie Brücken zwischen verschiedenen Systemen mit unterschiedlichen Graden von Dichte und Frequenz zu verstehen. Sie wirken wie Adapter (Anpasser) für die unterschiedlichen Systeme. Und auf diese Weise übersetzen sie emotionale in mentale oder physische in spirituelle Energie. Sie überbrücken auf erstaunliche Weise alle Ebenen unseres vielschichtigen Wesens. Ebenso wie unser Verdauungssystem, das unsere Nahrung in Stoffe umsetzt, die lebensnotwendig für unser Gehirn sind, fungieren die Chakren als die wesentlichen Übersetzer zwischen dem physischen Körper und der sehr komplexen Psyche.

Man kann sich das Chakrensystem als perfekte Brücke zwischen Körper und Seele vorstellen. Als perfekte Brücke ist dieses System eine vollständige Entsprechung der körperlichen Anatomie. Man könnte sagen, daß das Chakrensystem eine Metapher für den Körper ist und der Körper eine Metapher für das Chakrensystem.

Jedes Chakra ist wie ein Organ unserer Seele, und jedes dieser Organe ist eine direkte »Kopie« eines oder mehrerer körperlicher Organe. Auch wenn sich in jedem der nachfolgenden Kapitel, die jeweils einem bestimmten Chakra gewidmet sind, eine wesentlich genauere Erklärung findet, soll dieses Prinzip hier kurz aufgezeigt werden.

Das erste Chakra, das sich an der Basis der Wirbelsäule befindet, hängt mit dem Bewegungsapparat zusammen. Psychologisch gesprochen, handelt es von unserer Fähigkeit, gerade zu stehen, vollkommen aufrecht und in diesem Planeten verwurzelt. Die Fähigkeit, ganz und gar präsent zu sein und angesichts irdischer Herausforderungen niemals nachzugeben, ist das zentrale Thema des ersten Chakras. Wir können also die Entsprechung zwischen dem Seelischen und Körperlichen sehen, die beide im ersten Chakra reflektiert werden. Darum stehen psychosomatische Krankheiten, die mit dem ersten Chakra zusammenhängen, hauptsächlich mit Störungen von Knochen, Wirbelsäule, Muskeln und Gelenken in Verbindung.

Das zweite Chakra, das sich im Unterbauch befindet, hängt mit den Geschlechtsorganen und -drüsen zusammen und auch mit den Nieren. Psychologisch gesprochen, handelt es von unserer Fähigkeit, im Strom der Abenteuer des Lebens zu »fließen« und die »Saftigkeit« des Lebens zu genießen. Diese Metapher ist ziemlich perfekt: Die sexuellen Organe stellen unsere ganz grundsätzliche Teilnahme am Prozeß des Lebens dar, der per Definition in der Fortpflanzung besteht. Die Nieren sind für das Gleichgewicht des Wasserhaushalts im Körper verantwortlich, und dies ist eine Parallele sowohl zur Fähigkeit zu fließen als auch zum Durst – dem Durst nach Leben. Entsprechend hängen psychosomatische Störungen vor allem mit Problemen der Geschlechtsorgane und -drüsen und mit den Nieren zusammen.

Das dritte Chakra, das sich im Oberbauch befindet, hängt stark mit dem Verdauungssystem und der Leber zusammen. In seelischer Hinsicht handelt es von unserer Fähigkeit, Informationen und Reize zu verdauen und äußeren Druck zu neutralisieren. Die Art, wie wir mit Druck von außen umgehen, entspricht unserer Fähigkeit, Nahrung zu verdauen: die guten Bestandteile aufnehmen und unnötige oder giftige Elemente loswerden zu können. Dafür brauchen wir Kraft, die sich seelisch als starkes Selbstbewußtsein ausdrückt. Psychosomatische Krankheiten stehen hier vor allem mit dem Verdauungssystem und der Leber im Zusammenhang und werden oft von andauernder Wut oder Frustration verursacht, die eine ungeeignete Reaktion auf Druck von außen darstellen.

Das vierte Chakra, das sich in der Brust befindet, steht mit dem Herzen und der Lunge in Verbindung. Auch auf seelischer Ebene geht es hier um unsere Fähigkeit, zu atmen. Der Atem selbst ist eine hervorragende Metapher: Ich erlaube der Welt, tief in mich einzudringen, und erlaube mir selbst, in die Welt hinauszutreten. Ist es nicht ganz offensichtlich, daß das Thema dieses Chakras unsere Beziehung mit der Welt und mit allen um uns herum ist? Wenn wir dem Sauerstoff gestatten, als unsere ganz grundsätzliche Verbindung zum Leben auf die richtige Weise in unseren Körper einzudringen und darin zu fließen, ist dies dasselbe, wie anderen zu erlauben, in unser Innerstes zu dringen und auf das Innigste mit uns in Berührung zu kommen. Psychosomatische Krankheiten betreffen Asthma oder Herzrhythmusstörungen, von einfachen Schmerzen in der Brust bis zu Angina Pectoris – kurz, alles was mit den Lungen und dem Herzen zusammenhängt.

Das fünfte Chakra, an der Basis der Kehle, ist mit der Kehle und der Schilddrüse verbunden. Psychologisch gesprochen ist das Thema dieses Chakras unsere Fähigkeit, eine gute Verbindung zwischen unserer inneren und äußeren Welt herzustellen. Dies ist mit den Themen rund um das Atmen vergleichbar, aber hier geht es mehr um Ausdruck und Kommunikation (Stimmbänder) wie auch um die Fähigkeit, lebenswichtige Bestandteile aus der Welt aufzunehmen (da die Kehle der einzige Eingang des Körpers ist, durch den sowohl Sauerstoff als auch Nahrung kommen). Die Kehle ist also der Vermittler, durch den das Innere nach außen hin ausgedrückt und das Äußere aufgenommen werden kann. Selbstverständlich ist die Schilddrüse in diesen Prozeß eingebunden, da sie für das Tempo des Stoffwechsels verantwortlich ist, also für die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen, welche die Aufnahme von Stoffen aus der Umwelt und die Produktion von Energie daraus gestatten – was im Grunde bedeutet, das wir auf die Umwelt eingehen, während wir unsere eigene Struktur erhalten. Die psychosomatischen Krankheiten hängen mit Stimme, Schilddrüse, Mandeln und generell mit Störungen der Kehle zusammen.

Das sechste Chakra, im unteren Teil der Stirn, steht mit dem Gehirn in Verbindung, vor allem mit dem Neokortex und der Hypophyse. In seelischer Hinsicht geht es um die Fähigkeit, die gesamte Komplexität unseres Wesens mental regeln zu können. (Auf der körperlichen Ebene ist die Hypophyse dafür verantwortlich, daß das gesamte Körpersystem durch die Regulierung des endokrinen Systems in einem stabilen Zustand gehalten wird.) Dieses Chakra wird auch mit den Augen in Verbindung gebracht. Auf der seelischen Ebene gehört hierzu unsere Fähigkeit, wahrzunehmen und das Wahrgenommene richtig zu interpretieren. Die psychosomatischen Störungen sind Kopfschmerzen und Migräne, mentales Ungleichgewicht und Störungen in den Augen und beim Sehen.

Das siebte Chakra, auf dem Scheitel gelegen, wird mit den beiden Hemisphären des Großhirns sowie der Epiphyse in Verbindung gebracht. Psychologisch gesprochen ist hier unsere Fähigkeit, verschiedene Bewußtseinszustände zu beherrschen, das Thema. (Auf der körperlichen Ebene ist die Epiphyse für die Steuerung zweier grundlegender Bewußtseinszustände verantwortlich, nämlich Schlaf und Wachzustand). Das siebte Chakra kontrolliert die gesamte Psyche und definiert in gewisser Weise ihre Grenzen und ihre Reichweite. Psychosomatische Störungen haben mit Schlafproblemen zu tun, mit Ungleichgewichten, die von Drogen und psychoaktiven Pflanzen verursacht wurden, sowie mit Bewußtseinsverlust, Kopfverletzungen, Abtrennung des Geistes vom Körper und Erkrankungen der Seele (psychische Störungen).

Aus dieser kurzen Beschreibung läßt sich eine sehr wichtige Einsicht gewinnen: Die Chakren sind tatsächlich die zentralen Organe der Seele, und jedes der Chakren hat eine bestimmte Notwendigkeit der menschlichen Psyche zu regeln. Zusammen stellen sie eine umfassende Landkarte unserer Seele dar: Der unterste Teil der feinstofflichen Anatomie beschäftigt sich mit den grundlegenden Herausforderungen des Lebens in der materiellen Welt; der Unterbauch der feinstofflichen Anatomie hat mit unserer Verbindung zur Lebenskraft zu tun; der Oberbauch unserer verborgenen Anatomie ist für die Wahrnehmung unserer eigenen Kraft verantwortlich; unser feinstoffliches Herz ist mit der Regulierung von Emotionen befaßt; unsere feinstoffliche Kehle kümmert sich um jedwede sprachliche Kommunikation und unseren Ausdruck; das feinstoffliche untere Gehirn kontrolliert den Mechanismus des mentalen Bereichs, Wahrnehmung und Interpretation, und das verborgene obere Gehirn ist für die schwer erklärbaren Wechselwirkungen mit den feinstofflichen Ebenen des Universums verantwortlich.

Prägungen und Eindrücke der Chakren

Vor allem anderen fungieren die Chakren als energetisches System oder Energiekörper; sie regulieren die Verbindung zwischen dem Körper und der feinstofflichen Lebensenergie. Wie wir sehen konnten, kontrolliert das Chakrensystem auch die Verbindung zwischen dem Körper und den feinstofflichen Schichten unseres Bewußtseins. Diese zweite Aktivität erweitert die grundlegende energetische Dimension der Chakren um eine sehr wichtige Dimension: die psychologische.

Weil die Chakren als Mittler zwischen der Seele (oder dem Bewußtsein) und dem physischen Körper fungieren, beinhalten sie seelische Funktionen und Verhaltensmerkmale wie auch Eindrücke aus der Vergangenheit. In der Yoga-Tradition wird dieser Komplex aus Funktionen, Merkmalen und Eindrücken »Vrittis« genannt.

Vrittis sind die Aktivitäten der Psyche – Neigungen, Gedanken und Begierden – wie sie in den Chakren ihren Ausdruck finden. Sie interagieren mit den »Samskaras« der Psyche (tiefen Eindrücken, die im Unbewußten verblieben sind – aus diesem oder aus anderen Leben), welche die Grundursache für »Vasanas« (gewohnheitsmäßige, im Kreis laufende mentale Muster im Denken) sind. Man könnte sagen, daß Vrittis sich zwischen den Samskaras und ihren letztlichen Ausdrucksformen, den Vasanas, befinden – was Sinn ergibt, weil Vrittis in den Chakren liegen, welche die Vermittler zwischen der feinstofflichen Psyche und dem physischen Körper sind.

Wir können die Chakren als Kanäle oder sogar Prismen bezeichnen, durch welche das Unbewußte seine tiefsten Neigungen, Begierden und Eindrücke ausstrahlt. Das Unbewußte bricht sich durch das System der Chakren in sieben verschiedenen Strahlen oder Schichten Bahn, wobei jeder Strahl sich in Form konkreter Vrittis in jedem einzelnen Chakra zum Ausdruck bringt. Auf diese Weise vermittelt das Chakrensystem zwischen unserem tiefsten Unbewußten und dem Verstand.

Vrittis können ausgeglichen oder unausgeglichen sein, überaktiv oder nahezu inaktiv. Da sie viele mentale Störungen verursachen, ist es sehr wichtig zu verstehen, wie sie sich ausgleichen lassen – und für diesen Zweck gibt es zahlreiche spirituelle Praktiken (die später noch beschrieben werden).

Es gibt einen weiteren sehr wichtigen Grund, die Vrittis in den Chakren auszubalancieren: Wie wir jetzt wissen, sind die Chakren dafür verantwortlich, daß Lebenskraft aufgenommen wird. Aber diese Funktion des Chakrensystems wird gestört, wenn es stark mit unausgeglichenen Vrittis belastet ist. Wenn der optimale Fluß an Prana ein Chakra oder mehrere Chakren nicht mehr erreicht, verursacht dies psychosomatische und seelische Störungen. Wenn andererseits das Einfließen von Prana in das System des Körpers optimal funktioniert, also völlig ungestört ist, erfährt man ein Gefühl der Ekstase oder Freude, körperlich, emotional und mental.

Für jeden, der sich für spirituelle Transformation interessiert, ist das Ausgleichen der Vrittis ein äußerst wichtiges Ziel, da diese Transformation einen gewaltigen Fluß an Prana in die Chakren hinein erfordert. Die Chakren müssen dann mit ganzer Kraft ungestört funktionieren können.

Zusammengefaßt ist der Ausgleich von Vrittis für mehrere Ebenen des Lebens vonnöten:

• Körperliche Gesundheit und Ausgeglichenheit. Diese Ausgeglichenheit bedeutet ein Gleichgewicht zwischen den sympathischen und parasympathischen Systemen sowie mehr Energie für die Drüsen und Organe.

• Emotionale und mentale Ausgeglichenheit. Unausgeglichene Vrittis strahlen in das Denken aus und verursachen dort Unruhe; folglich ist der Verstand still, wenn die Vrittis still sind.

• Spirituelle Transformation. Die bewußte oder unbewußte Reinigung der Vrittis ist ein wichtiger Teil des spirituellen Prozesses. Am Ende dieses Buches (im Anhang) wird die Wichtigkeit einer völligen Angleichung und Synchronisierung aller sieben Chakren – zu einem einheitlichen feinstofflichen Körper – in einem spirituelleren Zusammenhang erklärt.

Die menschliche Evolution und die Chakren

Es ist sehr gut möglich, daß das Chakrensystem am Anfang, als sich die ersten Menschen auf diesem Planeten entwickelt haben, vor allem als technisches energetisches System fungiert hat, das die Wechselbeziehungen zwischen dem Körper und der kosmischen Energie regulierte. Je weiter der Mensch sich entwickelt hat, desto mehr seelische Ebenen entwickelten sich in den Chakren, mit dem Ergebnis einer steigenden Vielschichtigkeit von Prägungen. Später kamen noch subtilere Schichten hinzu: transformativ-spirituelle Prägungen, Weisheiten und Fähigkeiten. Vielleicht sind die Chakren des Menschen so im Laufe der Zeit immer komplexer geworden: von der energetischen Funktion zu einer ganzheitlichen Landkarte der Psyche und von den Umrissen der Seele zu einer umfassenden Verbindung mit dem Bewußtsein, dem Geistigen.

Eine kühnere Theorie würde besagen, daß das Chakrensystem, als grundlegendste Struktur der feinstofflichen Anatomie, sich gleichzeitig mit der vielschichtigen menschlichen Seele entwickelt hat, die den Menschen letztlich vom übrigen Reich der Tiere schied. Diese Theorie beinhaltet die Vorstellung, daß die geistigeren Fähigkeiten unserer Spezies nicht angeboren oder als schlummernde Fähigkeiten vorhanden waren, sondern sich aus dem Streben des Geistes, zu lernen und zu begreifen, herausgebildet haben.

Da die Chakren als Speicherort vergangener Eindrücke fungieren und jedes Chakra entsprechend seiner Rolle in der feinstofflichen Anatomie einzigartige Eindrücke in sich trägt, können wir innerhalb dieses Systems die gesamte Geschichte der Evolution der menschlichen Psyche finden: die sieben Schichten der Seele, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Die Chakren können also auf erstaunliche Weise sowohl die Geschichte der menschlichen Evolution enthüllen als auch die verborgene Struktur des menschlichen Unbewußten. Entsprechend spiegeln die Chakren das seelische Wachstum jedes neugeborenen Babys zu einem reifen und integrierten menschlichen Wesen auf diesem Planeten wider.

Auf praktischer Ebene müssen wir aus diesem Vorgang schließen, daß die vielschichtigen Chakren heute so belastet sind wie noch nie zuvor und daß wir viel zu tun haben werden, sie zu klären und auszugleichen. Aus diesem Grund schreibe ich dieses Buch – um zu helfen, die Chakren im Kontext einer Zeit zu verstehen, die wesentlich komplexer ist als jene, in der die Chakren erstmals erkannt und beschrieben wurden.

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Ein tiefgehendes Verständnis der Chakren gibt uns einen klaren Plan unserer Seele und so eine Möglichkeit, uns in unserer menschlichen Vielschichtigkeit zurechtzufinden. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum dieser Lernprozeß oft geradezu verzückt: Wir können uns endlich selbst verstehen.

Der große Vorteil des Chakrensystems liegt darin, daß es, wenn auch unsichtbar, das am besten zugängliche System der feinstofflichen Anatomie ist. Der Grund dafür ist einfach: Da sie dem physischen Körper am nächsten sind, können alle die Chakren deutlich spüren. Alle Menschen kennen Empfindungen wie »ein gebrochenes Herz« oder eine »zugeschnürte« Kehle oder Angst, die »die Beine lähmt«. Man rät uns, uns die Dinge nicht so sehr »zu Herzen zu nehmen«, unsere Gefühle nicht »aufzustauen« oder »frei von der Leber weg« unsere Meinung zu sagen. Diese leichte Zugänglichkeit ist der Grund, weshalb ich mich in diesem Buch fast ausschließlich auf das Chakrensystem konzentriere: Als die unmittelbarste Verbindung zu den unsichtbaren Dimensionen der feinstofflichen Anatomie sind die Chakren das praktischste Vehikel zu den verborgenen Schichten unserer Bewußtseinsfähigkeit.

Wenn wir das Chakrensystem als vollständigen Plan der menschlichen Seele begreifen, können wir die Chakren als Schlüssel zu vollkommener Ausgeglichenheit und bewußter Transformation verwenden. Durch dieses System können wir zweifellos ein umfassendes Bild von der uns bevorstehenden Reise erhalten und unseren Entwicklungsstand erkennen, so wie er jetzt ist. Und am wichtigsten: Wir können unsere volle Entfaltungsmöglichkeit zu gesunden und ganzen Menschen erkennen.

Z W E I T E RT E I L

Eine tiefgehende Reise in die Chakren

Wir werden eine sehr tiefgehende Reise in jedes einzelne der sieben Chakren unternehmen. Wie schon erwähnt, wird dies keine Reise im üblichen mythologischen, esoterischen Sinn sein, sondern sie wird eher mit der Verwandlung der Seele im Zusammenhang stehen.

Zunächst wird es zu jedem Chakra eine allgemeine Einführung geben, sowohl in die wichtigsten psychologischen Themen als auch in die damit zusammenhängenden seelischen Störungen. Anschließend wird jedes Chakra entsprechend der vier möglichen Stufen seiner Entwicklung vorgestellt:

• unausgeglichen

• funktionsfähig (also arbeitsfähig, aber gestört)

• ausgeglichen (arbeitsfähig, ungestört aber nicht in seiner ganzen spirituellen Kapazität arbeitend)

• und spirituell wach (arbeitsfähig, ungestört und mit voller spiritueller Kapazität).

Zu jeder der drei letzten Ebenen werde ich die Mittel erklären, mit denen sie erreicht und wie sie dann stabilisiert werden können (im Abschnitt »Lösungen«). Daraus ergibt sich für uns natürlich ein ganz anderes Verständnis von seelischer Gesundheit, weit jenseits der funktionalen Ebene.

In der Folge werden sehr wichtige psychische Faktoren eingeführt:

Charakteristische Emotionen und typische Reaktionen.

Die Art von Trauma, die sich im jeweiligen Chakra ansammelt, und wie es die Persönlichkeit formen kann.

Die dem Chakra entsprechende Persönlichkeit. Die Menschen können mit Hilfe des Chakrensystems leicht in sieben Charaktertypen eingeteilt werden. Durch diese Einordnung kann man die eigene typische Wahrnehmung und die Reaktionen auf das Leben durchschauen. Die Charaktere mögen in ihrem unaufgewachten Zustand sehr beschränkt sein, aber in ihrem aufgewachten Zustand verwandeln sie sich in einzigartige Facetten des Göttlichen. Aus diesem Grund erwähne ich die Namen großer Menschen, die der typische Ausdruck eines bestimmten Chakras waren.

Maskuline und feminine Aspekte des Chakras. Diese können unsere eher männliche oder eher weibliche Ausrichtung reflektieren sowie das darüber hinausgehende Potential.

Die Art des Glücks: In jedem Chakra streben wir danach, eine bestimmte Art der Erfüllung zu erreichen, die uns als Verwirklichung des Glücks erscheint.

Die Weltsicht des Chakras. Das Verständnis vom Sinn des Lebens und anderer Konzepte wie die von Tod, Liebe und Gott.

Die Evolution der Chakren, wie sie im Wachstumsprozeß eines menschlichen Lebens reflektiert wird.

Psychosomatische Störungen, die im Chakra angestaut sein können.

Kollektive Prägungen im Chakra: Wie bestimmte Ideen, die sich im Chakrensystem der Menschheit angesammelt haben, unsere persönlichen Ungleichgewichte und Neigungen beeinflussen.

Die historische Phase in der menschlichen Evolution, in welcher das Chakra sich selbst am stärksten auf der Ebene der gesamten Menschheit ausgedrückt hat. Es handelt sich dabei um einen Wendepunkt, in dem der psychologische Aspekt des Chakra zu einer allgemeinen kollektiven Kapazität wurde.

Wichtige Wechselbeziehungen mit anderen Chakren; sie zu erkennen, gibt uns die Möglichkeit, unsere gegenwärtige Reise nicht nur durch ein einzelnes Chakra, sondern durch seine vielfältigen Wechselbeziehungen zu erfassen. Jeder von uns hat in bestimmten Lebensabschnitten einen spezifischen Chakren-Plan, der den Herausforderungen des Lebens und den Umwelteinflüssen entspricht, die die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Chakren auslösen. Die Chakren reagieren auf seelischen oder spirituellen Druck, indem sie Vrittis (seelische Muster) aufarbeiten und mit voller Kapazität arbeiten. Deswegen ist es äußerst nützlich, unsere Landkarte lesen zu können.

Das Chakra in der spirituellen Transformation: die Rolle des Chakras im Zusammenhang mit dem Prozeß des Erwachens.

Körperliche, seelische und spirituelle Praktiken, die für den Ausgleich eines Chakras, für die Bewältigung seiner Herausforderungen und die Aufnahme seiner Lehre am besten geeignet sind.

Jetzt, voll ausgerüstet für diese lange Reise, laßt uns beginnen.

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Das erste Chakra: Die Suche nach Sicherheit

Lage und allgemeine Orientierung

Das erste Chakra ist im Perineum oder Damm zu finden und strahlt die Beine hinab und zum unteren Ende der Wirbelsäule hinauf. Da das Nadi-System aus dem Bereich genau unter dem ersten Chakra herausfließt, wird es in der Yoga-Tradition als Grundlage unserer feinstofflichen und körperlichen Lebensvorgänge wie auch unserer Seele angesehen. Darum wird das erste Chakra traditionell als die »stützende Basis« betrachtet – sein Funktionieren bestimmt die Arbeit aller unserer körperlichen und seelischen Systeme.

Die Beine spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Jedes Kind kämpft darum, auf eigenen Beinen zu stehen – so beginnt alles menschliche Leben. Sobald das Kind die Fähigkeit hat, auf eigenen Füßen zu stehen, hat es einen enormen Sprung in Richtung der eigenen Unabhängigkeit getan und kann freier mit seiner Umgebung in Verbindung treten. Wenn der Mensch dann alt wird und sich dem Tod nähert, wird das Stehen immer schwieriger für ihn; es ist, als würde die Lebenskraft die Beine verlassen und sich langsam nach oben in Richtung des Gehirns bewegen und schließlich sogar darüber hinaus.

Als Basis oder Grund ist dieses Chakra eng mit der Schwerkraft verbunden. Genauso, wie die Schwerkraft dafür sorgt, daß wir am Boden bleiben, hält uns das erste Chakra emotional, mental und spirituell am Boden. Das kann sehr zuträglich sein, weil jeder lebende Organismus Nahrung von Mutter Erde braucht. Wenn das Chakra jedoch unausgeglichen ist, führt diese Tendenz zu Schwere und Dichte dazu, daß wir uns zu sehr mit materiellen und irdischen Dingen wie Familie, Nahrung und materiellem Besitz identifizieren, daß wir Besitztümer anhäufen und ein übergroßes Bedürfnis nach Zugehörigkeit haben. Solange das erste Chakra nicht ausreichend im Gleichgewicht ist, sind wir deswegen ausschließlich im Irdischen und Materiellen verhaftet.

Das erste Chakra ist wegen seiner Aufgabe, feinstoffliche Energie aus der Erde zu ziehen, einzigartig; es dient als durchlässiges Verbindungselement zur Lebenskraft des Planeten. Deswegen ist dieses Chakra als einziges nach unten ausgerichtet.

Der starke Bezug zu materieller Nahrung kann sehr Gegensätzliches beinhalten, etwa das Gefühl, ganz genährt, oder das Gefühl, von jeder Nahrung abgeschnitten zu sein. Dieses Chakra erregt unser Verlangen nach Nahrung, körperlicher Gesundheit und Stärke, nach einem langen Leben und der Fähigkeit, die Kräfte der Erde als Lebensquelle zu nutzen. Wenn das erste Chakra unausgeglichen ist, werden wir ständig einen unersättlichen Drang nach Nahrung und etwas Festem und Sicherem verspüren; ist es ausgeglichen, nutzen wir die Ressourcen der Erde weise – Lebensmittel, Pflanzen, Wasser, Luft und Natur –, um unsere Gesundheit und unser allgemeines Wohl zu erhalten.

Grundlegende psychologische Themen

Im ersten Chakra geht es ganz ums Überleben und um eine gesicherte Existenz in der Welt. Seine ältesten Prägungen stammen aus der Zeit des prähistorischen Menschen, der ständig mit oft feindseligen Naturkräften zu tun hatte, seien es Raubtiere oder die Unbilden des Wetters; der aber auch gegen seinesgleichen kämpfte, gegen andere Stämme oder um Land. In diesen Zeiten konnte ein Mensch nie sicher sein, wann er seine nächste Mahlzeit bekommen würde, er mußte ständig um sein Dasein fürchten. Das Leben erschien gewaltig, grausam und ihm gegenüber ziemlich gleichgültig; jede Veränderung konnte einen schlimmen und gefährlichen Wendepunkt bedeuten.

Wenn wir eine streunende Katze beobachten, können wir leicht erkennen, wie sich der Selbsterhaltungstrieb zeigt: Die Katze bewegt sich vorsichtig, untersucht mißtrauisch jedes sich bewegende Objekt in ihrer Nähe; sie muß jederzeit damit rechnen, aufgeschreckt oder verjagt zu werden. Der größte Teil der Menschheit lebt psychologisch gesehen genau wie diese Katze: Obwohl die Mehrzahl der Leser dieses Buchs sich um ihre nächste Mahlzeit keine Sorgen machen müssen und ihre Ruhe sicher nicht von Raubtieren gestört wird, sind eine tiefsitzende Furcht und die Angst vor dem Leben, das als bedrohlicher Ort erscheint, noch da. Die Raubtiere haben nur die Gestalt gewechselt, und statt der Unbilden des Wetters erleben wir andere Veränderungen im Leben; die instinktive und körperbezogene Angst des ersten Chakras hat sich so in eine seelische, emotionale und mentale Form von Angst verwandelt.

Das unausgeglichene erste Chakra fürchtet Veränderungen und wehrt sich gegen Schmerz. Es strebt nach einem ununterbrochenen Fluß der Routine, in dem alle festen Vorstellungen des Verstandes immer gleich bleiben. Dieses Streben ist ziemlich problematisch, wenn man bedenkt, daß das Leben von Natur aus unbeständig ist. Es gibt also gar nichts, das bis zum Ende aller Zeiten fest und stabil bleiben kann, und da die Hälfte des Lebens aus Leiden besteht, folgt es jedem Moment der Freude und des Wohlbefindens wie ein treuer Begleiter nach.

Eigentlich aber ist die Ursache allen menschlichen Leids die feste Angewohnheit des ersten Chakras, Veränderungen und Schmerz Widerstand zu leisten. Gautama der Buddha hat gelehrt, daß das Ende des Leidens zuallererst darin besteht, die Unbeständigkeit zu erkennen; dies kann – wenn der endlose Kreislauf von Leben und Tod so, wie er ist, gesehen wird – unser Wesen mit heiterer Gelassenheit erfüllen. Aber das unausgeglichene Chakra kann von Natur aus Veränderungen und Leid nicht akzeptieren und schreckt davor zurück, seine beiden Füße auf den unsicheren Boden der Erde zu stellen.

Die Füße mit einem Gefühl von Sicherheit und Vertrauen auf die Erde zu stellen – auf den konkreten Boden dieses Planeten – kann dem unausgeglichenen ersten Chakra als furchteinflößende Herausforderung vorkommen. Wenn ich, bewußt und unbewußt, ständig auf den nächsten Schlag warte, wenn alles, was mir lieb und teuer ist, mir gewaltsam genommen werden kann, reagiert das Gehirn mit einem Verteidigungsmechanismus, da es das Überleben des Organismus sichern will: Es wird das Maß an körperlicher Präsenz verringern. So wird es das Atmen vermindern, weil das Atmen unsere Bereitschaft ausmacht, in einer fließenden Verbindung mit der Welt zu stehen. Es wird außerdem alle Geschehnisse des Lebens aus einem mentalen und emotionalen Bunker heraus betrachten und jeden Reiz sehr automatisch und voreingenommen interpretieren.

Und hier kommt das Trauma in unsere Erörterung. Der Verteidigungsmechanismus des Gehirns besteht im Wesentlichen darin, die körperliche Präsenz zu vermindern. Das Gehirn hält diese Art der Verteidigung für recht effizient, da sie hilft, Erschütterungen zu vermeiden. Ironischerweise aber sorgt genau dieser Zustand, in welchem wir nicht im Körper präsent sind, dafür, daß der Organismus den Gefahren des Lebens fast wehrlos ausgeliefert ist. Es macht die Dinge nur schlimmer, halb schlafend durch die Welt zu laufen.

Ein Trauma entsteht immer dann, wenn es eine Unterbrechung im Fluß sich wiederholender Reize gibt. Diese Unterbrechung interpretiert das Gehirn sofort als Gefahrensignal, und wenn ihm diese Unterbrechung wichtig genug vorkommt oder wenn sie andauert, speichert es diese Prägung auf sinnbildliche Weise. In dem Augenblick, in dem das Gehirn merkt, daß sich dem Organismus etwas nähert, das diesem gespeicherten Sinnbild ähnelt, sendet es Gefahrensignale an die Ebene der Sinne und Emotionen. Da das Gehirn viele derartige Prägungen speichert, führt dies unausweichlich zu einer ständigen und sehr ermüdenden Anspannung, da fortwährend irritierende Gefahrensignale gesendet werden.

Die Reaktion des Gehirns auf Traumata, die von einem unausgeglichen ersten Chakra verursacht werden, vermindert die Präsenz im Körper in genau jenen Momenten, in denen die beste Reaktion darin bestehen würde, die Präsenz im Körper zu erhöhen. Anstatt die Atmung zu vermindern und in eine Abwehrhaltung zu gehen, indem man Körper und Geist starr werden läßt und an unvernünftigen Schlüssen über das Leben festhält, muß man vollständig und ruhig atmen, die Herausforderung annehmen und in unmittelbare Berührung mit der Situation kommen, während man sich von unnötigem Denken befreit.