Impressum:
Lektorat: Susanne Schmitz
Copyright © 2013 TUBUK.digital
Ein Imprint der TUBUK GmbH
ISBN: 978-3-95595-010-1
www.tubuk-digital.de
Johann Hirsch-Müller
König Ludwig I. und Lola Montez
Eine dramatische Komödie
in 30 Bildern und einem Epilog
Ludwig I., König von Bayern
Lola Montez
Königin Therese
Prinzessin Alexandra
Thronfolger Maximilian
Drei Bettler
Lizius, Sängerin
Beichtvater Pater Hilarius
Minister von Abel
Der Unbekannte
Bischof Diepenbrock
Adjutant Nussbaumer
Nürnberger, Student der Alemannia
Peissinger, Student der Cheruskia
Der Polizeipräsident v. Pechmann
Staatsrat von Berks
Intendant Frays
Kammerdiener
Conférencier
Cowboys / Cowgirls
Doppelbesetzungen sind möglich.
Ort und Zeit: München vom Oktober 1846 bis März 1848
Szenarium (Fassung vom 31.01.2006)
Inhalt
Rollen:
1. Bild „Kann so viel Schönheit Natur sein?“
Zwischenbild: „Ein tanzendes Weib ist eine zu gefährliche Versuchung.“
2. Bild „Man soll den Teufel nicht an die Wand malen!“
Zwischenbild: „Vater König unser, der Du bist als Ludwig I.“
3. Bild „Primadonna-Knöcherl“
Zwischenbild: Lolas Premieren-Tanz.
4. Bild „Fleischeslust“
5. Bild „Stieler, Ihr Pinsel wird alt.“
6. Bild „Apanage“
7. Bild „Ich kann mich mit dem Vesuv vergleichen.“
Zwischenbild: „Genügt Dir nicht ein schandbeflecktes Leben.“
8. Bild „Herr Minister, alles was geschieht, erfahre ich.“
9. Bild „Bleiben Sie bei Ihrer Stola, ich bleib bei meiner Lola.“
10. Bild „Ist die Gnade des Königs nicht Legitimation genug?“
11. Bild „Königs-Mätresse“
Zwischenbild: „Ich werde ein Memorandum verfassen.“
12. Bild „Absetzen“
13. Bild „Vorladung“
14. Bild „Misstrauen“
15. Bild „Landshuter Frischluft“
16. Bild „Ich bin kein Pferd, kein Hund, kein Clown, kein Zirkusaffe.“
17. Bild „Haben Sie das geschrieben?“
18. Bild „Lauschangriff“
19. Bild „Die Demission des Kabinetts ist angenommen.“
20. Bild „Aber wenn eine Kurtisane nötig wäre.“
21. Bild „Verführungskunst“
Zwischenbild: „Lola Montez, leider Gottes noch die Unsere.“
22. Bild „Sire, lassen Sie mich ziehen.“
23. Bild „Peissingers Abbitte“
24. Bild: „Halten sie mich für verrückt?“
25. Bild „Undank“
26. Bild „Lolas Flucht“
27. Bild „Nürnbergers Geständnis“
28. Bild „Schau di net um, die Lola geht rum.“
29. Bild „Abdankung“
Zwischenbild „Alexandras Todessehnsucht“
30. Bild „Verloren hab’ ich die Krone …“
Epilog „Western-Saloon“
Arbeitszimmer des Königs. Der König, Lola, dazu Herr Frays und Prinzessin Alexandra.
KÖNIG: sieht Lola prüfend an 20 Jahre, sagten Sie? Lola nickt. Also so alt wie
meine jüngste Tochter Alexandra. Und mir scheint, genauso übermütig –
LOLA: Sire, ich bin von spanischem Geblüt und stamme aus Andalusien, und an der
Wiege wurde mir nicht gesungen, dass ich dereinst als Künstlerin in München landen
sollte.
KÖNIG: Ja, es ist mir berichtet worden, dass Sie …
LOLA: Ich bin eine Tänzerin von internationalem Rang. Einer meiner ersten Gänge
also war mein Besuch im Münchner Hoftheater.
KÖNIG: Auch darüber weiß ich Bescheid.
LOLA: Aber es gelang mir nicht, den Intendanten davon zu überzeugen, dass sein
Theater eher als Hühnerstall bezeichnet werden muss.
KÖNIG: Auch davon habe ich gehört.
LOLA: Majestät, ich bin aufgetreten in Paris, London, Petersburg, Warschau, Wien,
Berlin.
KÖNIG: Und in München hat man Sie abgelehnt.
LOLA: Nein, Majestät, ich habe abgelehnt, ich, Majestät, wissen Sie, was das heißt:
Ich, Lola Montez, sollte vortanzen, auf Spitze.
KÖNIG: Spitzenschuhe gehören zum Ballett – wie die Lederhosen zum Schäfflertanz.
LOLA: Spitzenschuhe! Pirouette, Menuett? Ballett? Das ist vorbei, tot, tot wie, wie
sagten Sie?
KÖNIG: Schäfflertanz.
LOLA: Nein, das andere.
KÖNIG: Lederhose.
LOLA: Ja richtig, tot, tot wie Lederhose. Sie deutet eine Mischung aus
„Schuhplattler“ und „Striptease“ an, merkt, dass sie zu weit gegangen ist Oh! Oh,
pardon.
KÖNIG: Bitte, bitte, bitte. Lassen Sie sich nicht stören.
LOLA: Ich bin sicher, Hoheit, dass keiner kann sagen, ich bin schlecht gewachsen.
Das kann mir niemand vorwerfen.
KÖNIG: Pardon, pardon! Im Gegenteil. Es tut mir sehr leid, aber hier steht – zeigt
auf den Bericht Wo ist denn bloß mein Glas? findet es und liest „Lieber würden wir
nichts sagen über Lola Montez. Sie hat nichts Andalusisches an sich, abgesehen von
ihren wundervollen dunklen Augen. Wo kommt sie eigentlich wirklich her? Das ist die
Frage. Sicherlich, sie hat zierliche Füße und sehr hübsche Beine, doch was deren
Gebrauch betrifft, so vermuten wir, dass Lola Montez auf einem Trottoir wohl eher
zu Hause ist, denn auf den Brettern, die die Welt bewegen.“
LOLA: Wer hat das geschrieben? Lola wirft aufgebracht Bücher, Papiere und
Schreibutensilien auf dem Schreibtisch durcheinander und ergreift das Papiermesser.
Fast scheint es, dass sie in ihrer Wut auf den König einstechen will.
KÖNIG: Moment mal, das sagt ein Kritiker aus Paris, nicht ich.
LOLA: Pardon, Majestät, habe ich richtig verstanden. Sagten Sie Kritiker? Ein
Schmutzfink sagt das, Majestät, kein Kritiker, ein verklemmtes Etwas, eine Kreatur
von einem schreibenden Schmierfink, ein Parasit, der, wenn es Frauen wie mich nicht
geben würde, an seinem Schreibtisch verhungern würde.
Der König betätigt die Klingel. Einer der Kammerdiener öffnet die Tür des
königlichen Arbeitszimmers.
KÖNIG: Der Hofintendant möge eintreten.
KAMMERDIENER: Sehr wohl, Majestät. Geht ab.
LOLA: aufgebracht Intendant? Dieser Kretin ist ein Intendant? Majestät, noch nie in
meinem Leben ist mir ein größerer Dummkopf begegnet.
KÖNIG: Señora, das sollten Sie besser für sich behalten. So was spricht sich herum,
in Bayern.
LOLA: Dieser Herr Friese …
Intendant Frays kommt herein.
… oder wie dieser Herr heißen mag. Er hat sich schlecht benommen.
KÖNIG: Als Intendant ist das sein gutes Recht.
LOLA: Er besitzt keinerlei Kompetenz. Er weiß nicht, was das ist, Tanz. Er hält die
Drehung um die eigene Achse auf spitzen Schuhen für einen Tanz. Er hat keine
Ahnung, was das ist: Ausdruckstanz!
KÖNIG: Ich auch nicht.
LOLA: Sie müssen das nicht wissen, Sie sind König und kein Intendant.
KÖNIG: Interessieren tät’s mich aber schon. Was drücken Sie denn aus, mit Ihrem
Tanz?
LOLA: Sie müssen fragen, was drücke ich aus mit meinem Körper.
INTENDANT leise zu sich Unvermögen.
KÖNIG: zum Intendanten Haben Sie etwas gesagt? Herr Frays will antworten.
LOLA: Majestät, wie soll ich Ihnen das beschreiben. Stellen Sie sich vor, ich bin wie
Mutter Erde, vielleicht nicht ganz so rund, aber die Erde lebt uns vor, was das ist,
Leben, verstehen Sie, Majestät.
INTENDANT: Majestät. Wir suchen Gruppentänzerinnen und keine Erdkugeln.
KÖNIG: Das bleibt Ihnen unbenommen. Diese Frau hier ist keine Tänzerin. Sie ist ein
Ereignis.
Lola, die instinktiv heraushört, was der König mit „Ereignis“ meint, fängt an, sich
auf betörende Weise zu bewegen. Sie entledigt sich ihrer Kleidungsstücke bis auf ein
fleischfarbenes Trikot, wobei Musik einsetzt. Sie tanzt sich in einen Rausch. Mit der
Musik endet auch der Tanz. Langes Schweigen.
KÖNIG: Schön Gestalt hat groß Gewalt.
LOLA: Wie bitte, ich kann Sie nicht verstehen.
KÖNIG: Liebe Donna, ich bin in der glücklichen Lage, Herrn Frays zu bitten, Sie zu
engagieren. mit einer eindeutigen Handbewegung zu Herrn Frays Danke, Herr
Hofintendant.
Herr Frays geht wortlos ab.
KÖNIG: Nun?
LOLA: Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Ich wusste, Sie würden meine Kunst
verstehen.
KÖNIG: Erlauben Sie, Señora deutet mit einer anzüglichen Handbewegung auf Lolas
Brüste kann so viel Schönheit – Natur sein?
LOLA: Sie weicht zurück Sire! macht urplötzlich ihre Brüste frei.
Des Königs Tochter Alexandra platzt unangemeldet herein.
KÖNIG: peinlich berührt Alexandra, was fällt Dir ein! Habe ich Dich rufen lassen?
ALEXANDRA: Ich bitte um Verzeihung, mein allerliebster Vater, Majestät, Gott, ich
bin ganz durcheinander, ich wollte nur berichten: Maximilian ist eben angekommen
und hat den kleinen Ludwig dabei. Du musst ihm Audienz gewähren, sonst hört der
nicht mehr auf zu schreien.
Lola, inzwischen nicht mehr barbusig, lacht – nach dem Geschmack des Königs
ein wenig zu laut.
Lichtwechsel
Intendant Frays.
INTENDANT FRAYS: Sehr verehrtes Publikum. Ein tanzendes Weib ist eine zu
gefährliche Versuchung, gegen die sich nicht einmal der heilige Augustin stark genug
fühlte. Tänzerinnen haben meistens mehr Glück als Sängerinnen. Was werden also die
Gesangsdrosseln dazu sagen, wenn die hier nackert herumhüpft! Und vor allem die
Lizius! Der König, unser gnädigster Herr, wäre gut beraten, sich mit ihr zu begnügen,
wenn er keinen Skandal riskieren möchte! Die Lizius-Koloraturen kosten ohnehin
genug Geld! Überhaupt, was brauchen wir bei uns in Bayern eine andalusische
Tänzerin? Was brauchen wir bei uns in Bayern diese Ausländerei? Mit diesen fremden
Sitten. Wie heißt
es bei uns in Bayern doch so treffend: „Was der Bauer nicht kennt, des frisst er net.“
Achselzucken, Verbeugung Imbezile!
Lichtwechsel