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Donna Leon

Vendetta

Commissario Brunettis vierter Fall

Roman
Aus dem Amerikanischen von
Monika Elwenspoek

 

 

 

 

 

 

 

 

Titel der 1995 bei HarperCollins Publishers,

New York, erschienenen Originalausgabe:

›Death and Judgement‹

Copyright © 1995 Donna Leon

Die deutsche Erstausgabe erschien 1997

im Diogenes Verlag

Das Motto aus: Mozart, Don Giovanni,

in der Übersetzung von

Karl Dietrich Gräwe, Reinbek 1981

Covermotiv: Foto von Fulvio Roiter (Ausschnitt)

Copyright © Fulvio Roiter

 

 

Für Toni Sepeda und
Craig Manley

 

 

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2011

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 23100 7

ISBN E-Book 978 3 257 60063 6

 

Questo è il fin di chi fa mal!
E de’ perfidi la morte
alla vita è sempre ugual.

Dies ist das Ende dessen, der Böses tut!
Und der Bösewichter Ende
ist ihrem Leben immer angemessen.

DON GIOVANNI

[7] 1

Am letzten Dienstag im September fiel in den Bergen zwischen Norditalien und Österreich der erste Schnee, gut einen Monat bevor damit normalerweise zu rechnen war. Das Unwetter kam ganz plötzlich, herangetragen von dicken Wolken, die ohne Vorwarnung aus dem Nichts heraufzogen. Innerhalb kürzester Zeit waren die Paßstraßen oberhalb von Tarvisio tödlich glatt. Es hatte vier Wochen nicht geregnet, und so lag dieser erste Schnee auf einem Untergrund, der schon von einer öligen Schmiere überzogen war.

Es war eine unheilvolle Kombination für einen Schwertransporter mit rumänischen Nummernschildern, auf dessen Ladepapieren 90 Kubikmeter Kiefernbretter standen. Kurz vor Tarvisio, in einer Kurve der Auffahrt zur Autostrada und somit zu den wärmeren, sichereren Straßen Italiens, bremste der Fahrer zu scharf und verlor die Kontrolle über das Ungetüm, das mit fünfzig Stundenkilometern von der Straße abkam. Die Räder pflügten tiefe Furchen in die noch ungefrorene Erde, während der Aufbau Bäume umknickte und eine lange Schneise bis hinunter zum Grund der Schlucht riß, wo der Laster schließlich gegen eine Felswand prallte, regelrecht aufplatzte und seine Ladung in weitem Umkreis verstreute.

Die ersten Männer am Ort des Geschehens, Fahrer anderer Schwertransporter, die ohne nachzudenken anhielten, um einem der Ihren zu Hilfe zu eilen, liefen zuerst zum [8] Führerhaus, aber für den Fahrer kam jede Hilfe zu spät. Er hing in seinem Sicherheitsgurt halb aus der Kabine heraus, sein Schädel eingeschlagen von dem dicken Ast, der bei der Schußfahrt des schweren Gefährts dessen Fahrertür abgerissen hatte. Der Fahrer einer Ladung Schweine, die zum Schlachten nach Italien gebracht wurden, stieg über die Reste der Motorhaube und spähte durch die zersplitterte Windschutzscheibe. Der Beifahrersitz war leer, und so begann der Suchtrupp, der sich inzwischen gebildet hatte, nach dem offenbar herausgeschleuderten zweiten Fahrer zu suchen.

Vier Fahrer von Lastern verschiedener Größen kletterten den Abhang hinunter; ein fünfter blieb oben an der Straße, um Warnleuchten aufzustellen und über sein Funkgerät die polizia stradale herbeizurufen. Es fiel immer noch Schnee in dicken Flocken, weshalb es ein Weilchen dauerte, bevor einer der Männer den verdrehten Körper auf dem oberen Drittel des Hangs liegen sah. Zwei von ihnen rannten hin, auch sie in der Hoffnung, daß wenigstens einer der Fahrer den Unfall überlebt hatte.

Rutschend, in ihrer Hast auch immer wieder auf die Knie fallend, kämpften die Männer sich durch den Schnee, den der Laster so mühelos weggepflügt hatte. Der erste kniete neben der reglos auf dem Rücken liegenden Gestalt nieder und fing an, die dünne weiße Schicht von dem Körper zu bürsten, um zu sehen, ob er noch atmete. Aber dann verfingen sich seine Finger in langen Haaren, und als er den Schnee vom Gesicht wischte, kamen darunter unverkennbar die zarten Wangenknochen einer Frau zum Vorschein.

Er hörte einen der anderen Fahrer von unten etwas [9] rufen. Als er sich umdrehte, sah er durch den noch immer rieselnden Schnee hindurch den anderen ein paar Meter links von der Spur, die der Laster bei seinem Sturz hinterlassen hatte, neben etwas knien.

»Was ist?« rief er, während er behutsam die Finger an den Hals der Frau legte und an dem grotesk verdrehten Körper ein Lebenszeichen zu ertasten versuchte.

»Das ist eine Frau«, schrie der zweite. Und gerade als er fühlte, daß in dem Hals unter seiner Hand kein Lebensfünkchen mehr war, rief der andere zu ihm herauf: »Sie ist tot.«

Später sagte der erste Fahrer, der hinter dem verunglückten Laster gesucht hatte, er habe geglaubt, der Wagen habe eine Ladung Schaufensterpuppen transportiert. Da lagen sie hinter den zerborstenen Hecktüren im Schnee herum, mindestens ein halbes Dutzend. Eine schien sogar zwischen den Brettern eingeklemmt zu sein, die im Laderaum umhergerutscht waren, denn sie hing halb von der hinteren Ladefläche herunter, die Beine unter den Bretterstapeln, die so gut zusammengeschnürt waren, daß selbst der Aufprall auf den Fels sie nicht hatte auseinanderreißen können. Aber dann habe er sich, wie er sagte, gewundert, seit wann Schaufensterpuppen denn Mäntel trugen. Und wovon der Schnee um sie herum so rot war.

[10] 2

Die polizia stradale brauchte über eine halbe Stunde, und als sie schließlich ankam, mußte sie erst einmal die Unfallstelle absichern und die kilometerlangen Staus auflösen, die sich in beiden Richtungen gebildet hatten, weil die durch die Straßenverhältnisse schon vorsichtig gewordenen Verkehrsteilnehmer noch langsamer fuhren, um durch das große Loch in der eisernen Leitplanke nach unten zu gaffen, dahin, wo die Lkw-Leiche lag. Zwischen den anderen Leichen.

Sowie der erste Beamte, der nicht verstehen konnte, was die Lastwagenfahrer ihm zuriefen, die verstümmelten Leiber neben dem Wrack sah, kletterte er den Hang wieder hinauf und rief über Funk die Carabinieristation in Tarvisio an. Die Reaktion auf seinen Hilferuf kam rasch, und schon bald vergrößerte sich das Verkehrschaos durch die Ankunft zweier Wagen mit sechs schwarzuniformierten Carabinieri. Sie stellten ihre Autos auf den Randstreifen und schlitterten den Hang hinunter zu dem Laster. Als sie feststellten, daß die Frau, deren Beine unter den Brettern auf der Ladefläche eingeklemmt waren, noch lebte, verloren die Carabinieri sofort jedes Interesse an der Verkehrslage.

Die nun folgende Szene war so wirr, daß sie hätte komisch sein können, wäre sie nicht so absurd gewesen. Der Bretterstapel auf den Beinen der Frau war mindestens zwei Meter hoch; man hätte ihn leicht mit einem Kran [11] hochheben können, aber es war nicht möglich, einen Kran den Hang hinunterzubringen. Natürlich konnten die Männer den Stapel abräumen, aber dazu hätten sie daraufsteigen müssen und hätten sein Gewicht nur noch vergrößert.

Der jüngste der Carabinieri-Offiziere kauerte, fröstelnd in der bitteren Kälte der nahenden Bergnacht, hinter dem Lastwagen. Seine wattierte Uniformjacke war über den sichtbaren Teil der eingeklemmten Frauengestalt gebreitet. Ihre Beine verschwanden von den Oberschenkeln abwärts in einem kompakten Holzstapel wie auf einem besonders wunderlichen Gemälde von Magritte.

Er sah, daß sie jung und blond war, aber er sah auch, daß sie seit seiner Ankunft schon merklich blasser geworden war. Sie lag auf der Seite, die Wange auf den Wellblechboden des Lasters gepreßt. Ihre Augen waren geschlossen, doch sie schien noch zu atmen.

Hinter sich hörte er etwas Schweres auf den Wagenboden fallen. Die anderen fünf Männer krochen wie die Ameisen auf beiden Seiten des Bretterstapels entlang und zerrten an den einzelnen Packen, um ihn von oben her abzutragen. Immer wenn sie wieder einen abgeworfen hatten, sprangen sie hinterher, hoben ihn auf und wuchteten ihn durch die Hecktür hinaus, vorbei an dem Mädchen und dem jungen Monelli.

Und jedesmal, wenn sie an Monelli vorbeikamen, sahen sie, daß die Blutlache, die unter den Brettern hervorquoll, wieder etwas näher an seine Knie heranreichte. Dennoch zerrten sie weiter an den Brettern herum, rissen sich die Hände auf, zeitweise wie von Sinnen in ihrem Drang, das Mädchen zu befreien. Selbst nachdem Monelli schon seine [12] Jacke über das Gesicht des Mädchens gezogen hatte und aufgestanden war, rissen zwei von ihnen noch Bretter von dem Stapel und schleuderten sie hinaus in die zunehmende Dunkelheit. Sie fuhren damit fort, bis ihr Sergente zu jedem einzelnen hinging und ihm die Hand auf die Schulter legte, um ihm zu bedeuten, daß er jetzt aufhören könne. Da wurden sie ruhiger und widmeten sich ihrer Routinearbeit der Unfallaufnahme. Bis sie damit fertig waren und in Tarvisio Krankenwagen angefordert hatten, um die Toten wegzubringen, war weiterer Schnee gefallen; mittlerweile war es ganz dunkel, und der Verkehrsstau reichte bis zur Grenze nach Österreich.

Man konnte bis zum nächsten Morgen nichts mehr tun, aber die Carabinieri stellten sicherheitshalber zwei Posten auf, denn sie wußten um die Faszination, die für manche Menschen von einem Ort des Todes ausgeht, und fürchteten, daß Spuren vernichtet oder Beweisstücke entwendet werden könnten, wenn das Wrack über Nacht unbewacht blieb.

Die Morgendämmerung zog, wie oft in dieser Jahreszeit, mit rosigen Wölkchen herauf, und gegen zehn Uhr war der Schnee nur noch eine Erinnerung. Doch das Wrack des Lastwagens blieb, ebenso die tiefen Schürfwunden, die zu ihm hinunterführten. Im Laufe des Tages wurde die Ladung geborgen und in einiger Entfernung aufgestapelt. Während die Carabinieri damit beschäftigt waren, schimpfend über die Schwerarbeit, die Holzsplitter und den Morast unter ihren Stiefeln, machte ein Spurensicherungsteam sich über die Fahrerkabine her, nahm Fingerabdrücke und steckte alle Papiere und sonstigen Gegenstände in [13] etikettierte und numerierte Plastikbeutel. Der Fahrersitz war durch die Wucht des letzten Aufpralls aus der Verankerung gerissen worden; die beiden Männer, die in der Kabine arbeiteten, lösten ihn vollends heraus und entfernten den Bezug aus Kunststoff und Textilfaser, fanden aber nicht, was sie suchten. Auch entdeckten sie nichts in irgendeiner Weise Verdächtiges hinter der Kunststoffverkleidung der Kabine.

Erst im Laderaum kam etwas Ungewöhnliches zum Vorschein: acht Plastiktüten, wie man sie in Supermärkten bekommt, jede mit Frauenkleidung zum Wechseln, dazu in der einen noch ein kleines Gebetbuch in einer Sprache, die von einem der Männer als Rumänisch identifiziert wurde. Aus den Kleidungsstücken waren alle Etiketten herausgetrennt, und, wie sich zeigte, auch aus dem, was die acht bei dem Unfall getöteten Frauen am Leib getragen hatten.

An Papieren fand sich in der Fahrerkabine nichts weiter, als was man dort erwartete: der Paß des Fahrers, sein Führerschein, Versicherungsunterlagen, Zollerklärungen, Frachtbriefe und eine Rechnung mit dem Namen des Holzhändlers, an den die Ladung geliefert werden sollte. Die Papiere des Fahrers waren rumänisch, die Zollerklärungen in Ordnung; die Ladung war für eine Sägemühle in Sacile bestimmt, einer kleinen Stadt etwa hundert Kilometer weiter südlich.

Keine weiteren Erkenntnisse waren aus dem Wrack des Lastwagens zu gewinnen, das unter großen Schwierigkeiten und mit enormen Verkehrsbehinderungen von drei Abschleppwagen mit Winden hochgezogen und oben auf einen Tieflader verfrachtet wurde, der es zu seinem [14] rumänischen Besitzer zurückbrachte. Das Holz wurde schließlich doch noch an die Sägemühle in Sacile geliefert, die sich weigerte, die Zusatzkosten zu übernehmen.

Über den merkwürdigen Tod der acht Frauen wurde in der österreichischen und italienischen Presse unter Schlagzeilen wie Der Todeslaster und Il Camion della Morte berichtet. Die Österreicher waren irgendwie an drei Fotos von den im Schnee liegenden Leichen gekommen, die sie zusammen mit dem Artikel veröffentlichten. Es wurde wild spekuliert: Wirtschaftsflüchtlinge? Illegale Arbeiterinnen? Der Zusammenbruch des Kommunismus machte die früher sonst unweigerliche Schlußfolgerung gegenstandslos: Spione. Das Rätsel wurde letzten Endes nie gelöst, und die Ermittlungen versandeten irgendwo zwischen dem Unvermögen der rumänischen Behörden, Anfragen zu beantworten oder Papiere zurückzuschicken, und dem erlahmenden Interesse der Italiener. Die Leichen der Frauen und des Fahrers wurden per Flugzeug nach Bukarest zurückgeschickt, wo man sie unter der schweren Erde und der noch schwereren Bürokratie ihres Heimatlandes begrub.

Das Ereignis verschwand schnell wieder aus den Zeitungen, verdrängt durch die Schändung eines jüdischen Friedhofs in Mailand und die Ermordung eines weiteren Richters. Vor ihrem Verschwinden wurde die Geschichte allerdings noch von Professoressa Paola Falier gelesen, Dozentin für englische Literatur an der Universität von Ca’ Pesaro in Venedig und, für diese Geschichte nicht ganz nebensächlich, Frau von Guido Brunetti, Commissario der Polizei in ebendieser Stadt.

[15] 3

Carlo Trevisan, Avvocato Carlo Trevisan, um ihm den Titel zu geben, mit dem er sich am liebsten anreden ließ, war ein Mann mit ganz normaler Vergangenheit, was nicht im mindesten dagegen sprach, daß er ein Mann mit grenzenloser Zukunft war. Geboren in Trient unweit der österreichischen Grenze, hatte er in Padua Jura studiert und, von allen Professoren einhellig gelobt, ein glänzendes Examen abgelegt. Danach hatte er eine Stelle in einer Anwaltskanzlei in Venedig angenommen, wo er bald zum Experten für internationales Recht wurde, einer der wenigen Juristen in der Stadt, die sich für dieses Gebiet interessierten. Nach nur fünf Jahren verließ er diese Kanzlei und gründete seine eigene, mit Schwerpunkt auf internationalem und Gesellschaftsrecht.

Italien ist ein Land, in dem man viele Gesetze an einem Tag erläßt, nur um sie am nächsten wieder aufzuheben. Und es ist auch nicht weiter verwunderlich, daß in einem Land, in dem selbst der simpelste Zeitungsartikel oft nicht zu verstehen ist, manchmal beträchtliche Unsicherheit hinsichtlich der genauen Bedeutung eines Gesetzes besteht. Die sich daraus ergebenden, vielfachen Auslegungsmöglichkeiten schaffen ein äußerst günstiges Klima für Anwälte, die für sich in Anspruch nehmen, die Gesetze zu verstehen. Zu diesen also gehörte Avvocato Carlo Trevisan.

Weil er ebenso fleißig wie ehrgeizig war, ging es Avvocato Trevisan ausgezeichnet. Da er sich vorteilhaft [16] verheiratete, nämlich mit der Tochter eines Bankers, konnte er mit vielen der erfolgreichsten und mächtigsten Industriellen und Banker des Veneto verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Umgang pflegen. Seine Praxis wuchs in gleichem Maße wie seine Taille, und bis zu dem Jahr, in dem er fünfzig wurde, beschäftigte Avvocato Trevisan in seiner Kanzlei sieben angestellte Anwälte, von denen keiner ein Teilhaber war. Einmal in der Woche besuchte er die Messe in Santa Maria del Giglio, zweimal hatte er im Stadtrat von Venedig gesessen und sich verdient gemacht; außerdem hatte er zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, beide intelligent und schön.

Am Dienstag vor dem Fest der Madonna della Salute im November verbrachte Avvocato Trevisan den Nachmittag in Padua, wohin ihn Francesco Urbani gebeten hatte, ein Mandant, der sich vor kurzem entschlossen hatte, seine Frau nach siebenundzwanzig Ehejahren um die Trennung zu bitten. Während der zwei Stunden, in denen die beiden Männer zusammensaßen, schlug Trevisan vor, Urbani solle bestimmte Gelder außer Landes schaffen, vielleicht nach Luxemburg, und sofort seine Anteile an den beiden Fabriken in Verona verkaufen, die er mit einem anderen in stiller Teilhaberschaft besaß. Die Erlöse aus diesen Transaktionen, so Trevisan, könnten rasch den anderen Geldern außer Landes folgen.

Nach diesem Termin, den Trevisan so gelegt hatte, daß er mit seiner nächsten Verabredung zusammenpaßte, ging der Avvocato zu einem allwöchentlichen Abendessen mit einem Geschäftsfreund. Die Woche davor hatte man sich in Venedig getroffen, also war heute Padua an der Reihe. Wie [17] alle ihre Zusammenkünfte war auch diese von der Jovialität geprägt, die aus Erfolg und Wohlstand erwächst. Gutes Essen, guter Wein und gute Nachrichten.

Trevisans Geschäftsfreund fuhr ihn zum Bahnhof, wo er wie immer den Intercity nach Triest bestieg, der um 22.15 Uhr in Venedig hielt. Obwohl er eine Fahrkarte für die 1. Klasse hatte, die sich im hinteren Teil des Zuges befand, ging Trevisan durch die fast leeren Wagen nach vorn und nahm in einem Abteil der 2. Klasse Platz: Wie alle Venezianer setzte auch er sich lieber in den vorderen Teil des Zuges, um nicht den ganzen Bahnsteig entlanggehen zu müssen, wenn sie im Bahnhof Santa Lucia hielten.

Er öffnete seinen kalbsledernen Aktenkoffer auf dem gegenüberliegenden Sitz und zog einen Prospekt heraus, den er kürzlich von der Banque Générale du Luxembourg zugeschickt bekommen hatte, mit einem Zinsangebot bis zu 18 %, allerdings nicht für Konten in italienischen Lire. Aus einem Fach im Deckel des Aktenkoffers zog er einen Taschenrechner, schraubte seinen Montblanc auf und machte auf einem Blatt Papier ein paar Überschlagsrechnungen.

Die Tür zu seinem Abteil wurde aufgeschoben, und Trevisan drehte sich zur Seite, um seine Fahrkarte aus der Manteltasche zu nehmen und sie dem Schaffner zu geben. Aber die Person, die da stand, wollte von Avvocato Carlo Trevisan etwas anderes als die Fahrkarte.

Seine Leiche wurde von der Schaffnerin Cristina Merli entdeckt, während der Zug die Lagune überquerte, die Venedig von Mestre trennt. Als sie an dem Abteil vorbeiging, in dem der gutgekleidete Herr ans Fenster gelehnt [18] schlief, wollte sie ihn zuerst nicht wegen einer Fahrkartenkontrolle wecken, doch dann fiel ihr ein, wie viele Reisende ohne Fahrkarte, auch gutgekleidete, auf dieser kurzen Fahrt über die Lagune Schlaf vortäuschten, um auf diese Weise unbehelligt 1000 Lire zu sparen. Außerdem würde er, wenn er eine Fahrkarte besaß, froh sein, geweckt zu werden, bevor der Zug im Bahnhof einfuhr, besonders wenn er das Einserboot zur Rialtobrücke erreichen wollte, das genau drei Minuten nach Ankunft des Zuges vom embarcadero losmachte.

Sie schob die Tür auf und trat in das kleine Abteil. »Buona sera, signore. Il Suo biglietto, per favore.«

Als sie später darüber berichtete, glaubte sie sich an den Geruch zu erinnern und meinte, er sei ihr gleich aufgefallen, als sie die Tür des überheizten Abteils öffnete. Sie machte zwei Schritte auf den Schlafenden zu und wiederholte mit erhobener Stimme: »Il Suo biglietto, per favore.« Schlief er so fest, daß er sie nicht hörte? Unmöglich. Er hatte bestimmt keine Fahrkarte und versuchte jetzt, um das unvermeidliche Bußgeld herumzukommen. Im Lauf der Jahre, die sie in Zügen verbracht hatte, war Cristina Merli dahin gekommen, diesen Augenblick fast zu genießen: Ausweis verlangen, Fahrkarte ausstellen und die Strafe kassieren. Ebenso hatte sie ihren Spaß an den vielfältigen Ausreden, die sie zu hören bekam, alle inzwischen so vertraut, daß sie sie im Schlaf hätte hersagen können: Ich muß sie verloren haben; der Zug fuhr schon an, und ich wollte ihn nicht verpassen; meine Frau sitzt mit den Fahrkarten in einem anderen Abteil.

Da ihr das alles durch den Kopf ging und sie wußte, daß [19] sie nun am Ende der langen Fahrt, die in Turin begonnen hatte, auch noch aufgehalten würde, reagierte sie ungehalten, vielleicht sogar grob.

»Bitte, Signore, wachen Sie auf, zeigen Sie mir Ihre Fahrkarte«, sagte sie, wobei sie sich über ihn beugte und ihn an der Schulter rüttelte. Kaum hatte sie ihn angefaßt, kippte der Mann vom Fenster weg, fiel vornüber und glitt vom Sitz auf den Boden. Im Fallen verrutschte sein Jackett, und sie sah das blutdurchtränkte Hemd. Der unverkennbare Gestank von Urin und Kot drang ihr in die Nase.

»Maria Vergine«, japste sie und trat sehr langsam rückwärts aus dem Abteil. Von links sah sie zwei Männer auf sich zukommen, Passagiere auf dem Weg zur vorderen Tür des Wagens. »Tut mir leid, meine Herren, die vordere Tür klemmt. Benutzen Sie bitte die hintere.« An solche Dinge gewöhnt, drehten die beiden um und gingen zum hinteren Teil des Wagens zurück. Cristina Merli warf einen Blick aus dem Fenster und sah, daß der Zug fast das Ende der Brücke erreicht hatte. Es konnte nur noch einen Moment dauern, bis er im Bahnhof hielt. Dann würden sich die Türen öffnen, die Passagiere würden aussteigen und alle Erinnerungen an die Fahrt und an die Menschen mitnehmen, die sie unterwegs auf den Gängen des langen Zuges gesehen haben mochten. Sie hörte das vertraute Rumpeln und Poltern, mit dem der Zug aufs richtige Gleis gelenkt wurde, dann schob sich die Lok schon unters Bahnhofsdach.

Sie war seit fünfzehn Jahren bei der Bahn und hatte so etwas noch nie erlebt, aber sie tat das einzige, was ihr einfiel: Sie ging ins Nachbarabteil und griff nach der [20] Notbremse. Sie zog und hörte das leise ›Schnipp‹, mit dem der mürbe Faden riß. Dann wartete sie, nicht ohne eine kühle, fast wissenschaftliche Neugier, was passieren würde.

[21] 4

Die Räder blockierten, und der Zug kam kreischend zum Stehen; in den Gängen wurden Fahrgäste zu Boden geworfen, in den Abteilen fielen Reisende ihrem wildfremden Gegenüber auf den Schoß. Sekunden später wurden Fenster heruntergezogen, Köpfe schauten heraus und wandten sich suchend nach beiden Seiten, um zu sehen, was der Grund für diesen plötzlichen Halt war. Cristina Merli öffnete das Fenster im Gang, froh über die beißende Winterluft, und streckte den Kopf hinaus, um abzuwarten, wer nun kommen würde. Es waren dann zwei Uniformierte der polizia ferroviaria, die den Bahnsteig entlanggerannt kamen. Sie beugte sich hinaus und winkte ihnen. »Hier, hierher.« Da sie nicht wollte, daß außer der Polizei noch jemand hörte, was sie zu sagen hatte, schwieg sie, bis die beiden direkt unter ihrem Fenster angekommen waren.

Nachdem sie ihnen alles erklärt hatte, lief der eine in den Bahnhof zurück; der andere ging nach vorn, um dem Lokführer Bescheid zu sagen. Im Schrittempo bewegte der Zug sich nach zwei vergeblichen Ansätzen in den Bahnhof, wo er schließlich an der gewohnten Stelle auf Gleis 5 zum Stehen kam. Auf dem Bahnsteig standen ein paar Leute, die entweder jemanden abholen oder selbst in den Nachtzug nach Triest steigen wollten. Als die Türen nicht aufgingen, steckten sie die Köpfe zusammen und fragten einander, was los sei. Eine Frau, die annahm, es handle sich schon wieder um einen Streik, ließ ihren Koffer fallen und riß die Arme [22] in die Luft. Während die Reisenden noch palavernd herumstanden und allmählich ungehalten wurden ob der unerklärten Verzögerung, in der sie einen neuerlichen Beweis für die Unzulänglichkeit der Bahn sahen, erschienen am Kopfende des Bahnsteigs sechs Polizisten mit Maschinenpistolen und schritten die Wagen entlang, wobei an jedem zweiten einer Stellung bezog. An den Fenstern tauchten weitere Köpfe auf, Männer brüllten wütend herum, aber was da auch alles gesagt wurde, niemand hörte darauf. Die Zugtüren blieben geschlossen.

Nachdem das einige lange Minuten so gegangen war, informierte jemand den Sergente, der das Kommando führte, daß der Zug eine Sprechanlage habe. Der Sergente stieg in die Lok und begann den Passagieren zu erklären, daß im Zug ein Verbrechen geschehen sei und sie sich so lange gedulden müßten, bis die Polizei ihre Personalien aufgenommen habe.

Als er geendet hatte, entriegelte der Lokführer die Türen, und die Polizisten stiegen in den Zug. Dummerweise hatte niemand daran gedacht, auch den Leuten auf dem Bahnsteig eine Erklärung zu geben, weshalb diese nun ebenfalls in den Zug drängten und sich rasch unter die anderen Fahrgäste mischten. Zwei Männer im zweiten Wagen versuchten sich mit der Bemerkung an dem Beamten im Gang vorbeizudrängeln, sie hätten nichts gesehen, wüßten nichts und seien sowieso schon spät dran. Der Beamte hielt seine Maschinenpistole quer vor die Brust, womit er wirkungsvoll den Gang versperrte und die Männer in ein Abteil abdrängte, wo sie sich murrend über die Arroganz der Polizei und ihre Rechte als Bürger ausließen.

[23] Am Ende stellte sich heraus, daß sich im Zug außer denen, die mit den Polizisten eingestiegen waren, nur vierunddreißig Personen befanden. Nach einer halben Stunde hatte die Polizei von allen die Namen und Adressen notiert und sie gefragt, ob ihnen unterwegs etwas Ungewöhnliches aufgefallen sei. Zwei erinnerten sich an einen dunkelhäutigen Hausierer, der den Zug in Vicenza verlassen habe, einer wollte kurz vor Verona einen Mann mit langen Haaren aus der Toilette kommen gesehen haben, und irgend jemand hatte in Mestre eine Frau mit Pelzhut aussteigen sehen, aber sonst hatte keiner etwas in irgendeiner Weise Ungewöhnliches bemerkt.

Als es schon so aussah, als sollte der Zug die ganze Nacht stehenbleiben, und Leute die Telefone zu stürmen begannen, um ihre Verwandten in Triest anzurufen und zu sagen, daß mit ihrer Ankunft nicht mehr zu rechnen sei, fuhr eine Lokomotive rückwärts an den letzten Wagen und machte ihn so unvermittelt zum ersten. Drei Arbeiter in blauen Anzügen krochen unter den Zug und kuppelten den Wagen, in dem der Tote lag, vom Rest des Zuges ab. Ein Schaffner lief den Bahnsteig entlang und rief: »In partenza, in partenza, siamo in partenza«, und die Fahrgäste stiegen eilig ein. Der Schaffner schlug eine Tür zu, dann noch eine und sprang schließlich, gerade als der Zug langsam aus der Bahnhofshalle zu rollen begann, selbst hinein. Indessen versuchte Cristina Merli im Büro des Bahnhofsvorstehers zu erklären, warum man sie für das Ziehen der Notbremse nicht mit einer Million Lire bestrafen dürfe.

[24] 5

Guido Brunetti erfuhr von dem Mord an Avvocato Carlo Trevisan erst am nächsten Morgen, und zwar auf wenig polizeigerechte Weise, nämlich aus den schreienden Schlagzeilen des Gazzettino, desselben Blattes, das zweimal Avvocato Trevisans Wahl in den Stadtrat laut begrüßt hatte. Avvocato assassinato sul Treno, brüllte die Schlagzeile, während La Nuova, wie stets dem Dramatischen zugeneigt, von Il Treno della Morte sprach. Brunetti sah diese Schlagzeilen auf dem Weg zur Arbeit, kaufte beide Blätter und blieb dann lesend mitten auf der Ruga Orefici stehen, während die morgendlichen Passanten unbeachtet an ihm vorbeigingen. Die Meldungen nannten nur die kargen Fakten: Im Intercity erschossen, Leiche bei Fahrt über Lagune entdeckt, übliche polizeiliche Ermittlungen.

Brunetti sah auf und ließ den Blick über die Obst- und Gemüsestände schweifen, ohne etwas zu sehen. »Übliche polizeiliche Ermittlungen«? Wer hatte letzte Nacht Dienst gehabt? Warum hatte man ihn nicht gerufen? Und wenn schon nicht ihn, welchen seiner Kollegen dann?

Er wandte sich vom Zeitungskiosk ab und setzte seinen Weg zur Questura fort, wobei er im Geiste die verschiedenen Fälle durchging, an denen sie jeweils arbeiteten, um sich schon einmal auszurechnen, wer wohl jetzt mit diesem betraut würde. Brunetti selbst stand gerade kurz vor dem Abschluß einer Ermittlung, die mit dem gigantischen, wenn auch auf venezianische Maßstäbe verkleinerten [25] Spinnennetz aus Bestechung und Korruption zu tun hatte, das sich in den letzten Jahren von Mailand her ausgebreitet hatte. Da waren Superschnellstraßen auf dem Festland gebaut worden, eine davon als Zubringer zum Flughafen, Milliarden Lire waren dafür ausgegeben worden. Und erst nach Fertigstellung hatte man sich überhaupt Gedanken darüber gemacht, daß der Flughafen mit seinen täglich kaum hundert Starts und Landungen bereits bestens durch Straßen, Busse, Taxis und Boote mit der Stadt verbunden war. Erst da war man auf die Idee gekommen, den enormen Aufwand an öffentlichen Geldern für eine Straße in Frage zu stellen, die auch beim allerbesten Willen nicht als in irgendeiner Weise notwendig bezeichnet werden konnte. Daher die Einschaltung von Brunetti, die Sperrung der Zahlungen und der Erlaß eines Haftbefehls gegen den Bauunternehmer, dessen Firma den Löwenanteil der Straßenbauarbeiten ausgeführt hatte, sowie gegen die drei Stadtratsmitglieder, die sich am lautesten für die Vergabe des Auftrags an diese Firma eingesetzt hatten.

Ein weiterer Commissario war mit dem Kasino beschäftigt, dessen Croupiers wieder einmal einen Weg gefunden hatten, das System zu überlisten und einen Prozentsatz für sich abzuzweigen. Der dritte ermittelte immer noch in Mestre gegen einige von der Mafia kontrollierte Geschäfte, ein Fall, der offenbar nirgendwo an eine Grenze stieß und leider auch kein Ende nahm.

So war es keine Überraschung für Brunetti, als er bei seiner Ankunft in der Questura von den Wachen am Eingang mit den Worten begrüßt wurde: »Er will Sie sprechen.« Wenn [26] Vice-Questore Patta ihn so früh schon sprechen wollte, war er letzte Nacht womöglich selbst gerufen worden, nicht einer der Commissari. Und wenn Patta den Mord so interessant fand, daß er um diese Morgenstunde schon anwesend war, dann mußte Trevisan wichtiger oder einflußreicher gewesen sein, als Brunetti sich klargemacht hatte.

Er ging in sein Büro, hängte seinen Mantel auf und sah sich seinen Schreibtisch an. Dort lag nichts, was nicht schon dagelegen hatte, als er gestern abend wegging, woraus er schloß, daß alle eventuell schon vorhandenen Unterlagen sich in Pattas Büro befanden. Er nahm die Hintertreppe nach unten und trat in Pattas Vorzimmer. Hinter ihrem Schreibtisch saß, als warte sie hier nur auf die Fotografen von Vogue, Signorina Elettra Zorzi, heute, wie die Lilien auf dem Felde, in einem weißen Crêpe-de-Chine-Kleid, das in schrägen, aber ausgesprochen provokativen Falten über ihren Busen fiel.

»Buon giorno, commissario«, sagte sie und blickte lächelnd von der Zeitschrift hoch, die aufgeschlagen auf ihrem Schreibtisch lag.

»Trevisan?« fragte Brunetti.

Sie nickte. »Er telefoniert schon seit zehn Minuten. Mit dem Bürgermeister.«

»Wer hat wen angerufen?«

»Der Bürgermeister ihn«, antwortete Signorina Elettra. »Warum? Ist das wichtig?«

»Ja. Es bedeutet wahrscheinlich, daß wir nichts in der Hand haben.«

»Wieso?«

[27] »Wenn er den Bürgermeister angerufen hätte, dann hieße das, er fühlt sich in irgendeinem Punkt sicher genug, um ihm mitzuteilen, daß wir schon einen Verdächtigen haben oder bald mit einem Geständnis rechnen können. Wenn der Bürgermeister ihn angerufen hat, kann das nur heißen, daß Trevisan ein bedeutender Mann war und sie die Sache schnell erledigt sehen wollen.«

Signorina Elettra klappte ihre Zeitschrift zu und legte sie beiseite. Brunetti erinnerte sich noch, daß sie zu Beginn ihrer Tätigkeit für Patta die Hefte immer in der Schublade verschwinden ließ, wenn sie nicht darin las; jetzt machte sie sich nicht einmal mehr die Mühe, sie mit der Schrift nach unten hinzulegen.

»Wann ist er gekommen?« erkundigte sich Brunetti.

»Um halb neun.« Und bevor er noch weiterfragen konnte, sagte sie: »Ich war schon hier und habe ihm erklärt, daß Sie bereits im Haus waren, aber wieder weggegangen sind, um mit Leonardis Dienstmädchen zu sprechen.« Er hatte sich gestern nachmittag im Zuge seiner Ermittlungen gegen die Baufirma mit dieser Frau unterhalten und nichts erfahren.

»Grazie«, sagte er. Brunetti hatte es schon mehr als einmal merkwürdig gefunden, daß Signorina Elettra mit ihrem angeborenen Hang zum Flunkern sich ausgerechnet eine Arbeit bei der Polizei gesucht hatte.

Sie warf einen Blick auf ihren Schreibtisch, wo ein rotes Lämpchen an ihrem Telefon zu blinken aufgehört hatte. »Er ist fertig«, sagte sie.

Brunetti nickte und klopfte an Pattas Tür, wartete auf das »Avanti« von drinnen und ging hinein.

[28] Obwohl der Vice-Questore so früh gekommen war, hatte er offenbar genügend Zeit für seine Toilette gehabt: Der Duft eines durchdringenden After-shave hing in der Luft, und Pattas gutgeschnittenes Gesicht glänzte frisch. Die Krawatte aus Wolle, der Anzug Seide: kein Sklave der Tradition, der Vice-Questore. »Wo waren Sie?« fragte Patta zur Begrüßung.

»Bei den Leonardis. Ich dachte, ich könnte mal mit ihrem Dienstmädchen reden.«

»Und?«

»Sie weiß nichts.«

»Das ist jetzt egal«, sagte Patta, dann deutete er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich, Brunetti.« Als der Commissario Platz genommen hatte, fragte Patta: »Haben Sie von der Sache gehört?«

Unnötig zu fragen, von welcher »Sache« die Rede war. »Ja«, antwortete Brunetti. »Was ist passiert?«

»Jemand hat ihn letzte Nacht im Zug aus Turin erschossen. Zwei Schüsse, aus nächster Nähe. In den Körper. Einer muß eine Arterie getroffen haben, denn er hat stark geblutet.« Wenn Patta »muß« sagte, konnte das nur heißen, daß die Autopsie noch nicht vorgenommen war und er lediglich mutmaßte.

»Wo waren Sie gestern abend?« fragte Patta, fast als wollte er Brunetti als Verdächtigen ausschließen, bevor er ins Detail ging.

»Wir haben bei Freunden zu Abend gegessen.«

»Wie ich hörte, hat man versucht, Sie zu Hause zu erreichen.«

»Ich war bei Freunden«, wiederholte Brunetti.

[29] »Warum haben Sie keinen Anrufbeantworter?«

»Ich habe zwei Kinder.«

»Was soll das heißen?«

»Das heißt, wenn ich einen Anrufbeantworter hätte, müßte ich mir dauernd die Nachrichten ihrer Freunde anhören.« Oder die vielfältigen Ausflüchte der Kinder selbst für ihr Zuspätkommen oder ihre Abwesenheit. Es hieß zudem, daß nach Brunettis Meinung Kinder auch die Pflicht hatten, Nachrichten für ihre Eltern entgegenzunehmen, aber er hatte keine Lust, dieses Thema mit Patta zu bereden.

»So ist der Fall bei mir gelandet«, sagte Patta, ohne seine Verärgerung auch nur ansatzweise zu verbergen.

Brunetti hatte den Verdacht, daß eine Entschuldigung von ihm erwartet wurde. Er sagte nichts.

»Ich bin zum Bahnhof gefahren. Die polizia ferroviaria hatte natürlich alles verpfuscht.« Patta sah auf seinen Schreibtisch und schob Brunetti ein paar Fotos hinüber.

Brunetti beugte sich vor, nahm die Bilder und sah sie sich an, während Patta sich weiter über die Inkompetenz der Bahnpolizei ausließ. Das erste Bild war von der Abteiltür aus aufgenommen und zeigte den Körper eines Mannes, der zwischen den Sitzen auf dem Rücken lag. Der Blickwinkel machte es unmöglich, mehr als den Hinterkopf des Mannes zu erkennen, aber die dunkelroten Flecken auf dem sich nach oben wölbenden Bauch waren unverkennbar. Das nächste Bild zeigte den Körper von der anderen Seite des Abteils und mußte durchs Fenster aufgenommen worden sein. Auf diesem sah Brunetti, daß die Augen des Mannes geschlossen waren und eine seiner Hände einen [30] Füllfederhalter umklammert hielt. Die übrigen Bilder zeigten wenig mehr, obwohl sie im Abteil aufgenommen worden waren. Der Mann schien zu schlafen; der Tod hatte jeden Ausdruck von seinem Gesicht gewischt und nur noch so eine Art Schlaf des Gerechten übriggelassen.

»Wurde er ausgeraubt?« fragte Brunetti in Pattas anhaltendes Lamento hinein.

»Wie?«

»Wurde er ausgeraubt?«

»Anscheinend nicht. Seine Brieftasche war noch da, und sein Aktenkoffer lag, wie Sie sehen, auf dem Sitz gegenüber.«

»Mafia?« fragte Brunetti, wie man das so fragte, fragen mußte.

Patta zuckte die Achseln. »Er war Anwalt«, meinte er und überließ es Brunetti, daraus abzuleiten, ob ihn das einer Hinrichtung durch die Mafia mehr oder weniger würdig machte.

»Ehefrau?« fragte Brunetti, der damit zum Ausdruck brachte, daß er sowohl Italiener als auch verheiratet war.

»Unwahrscheinlich. Sie ist Geschäftsführerin des Lions Club«, antwortete Patta, und Brunetti wurde von der Absurdität dieser Bemerkung so überrumpelt, daß er unwillkürlich lachen mußte, doch als er Pattas Blick sah, machte er rasch ein Husten daraus, das sich zu einem echten Hustenanfall ausweitete, von dem er mit rotem Gesicht und tränenden Augen wieder aufsah.

Als er soweit zu sich gekommen war, daß er normal atmen konnte, fragte Brunetti: »Und Geschäftspartner? Wäre da etwas zu holen?«

[31] »Keine Ahnung.« Patta klopfte mit einem Finger auf den Schreibtisch, um Brunettis Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Ich habe mir die derzeit laufenden Fälle angesehen, und wie es aussieht, haben Sie am wenigsten zu tun.« Zu den Eigenschaften, die Patta für Brunetti besonders liebenswert machten, gehörte dessen unfehlbares Gespür für den richtigen Ausdruck. »Ich möchte den Fall gern Ihnen übertragen, aber vorher will ich die Gewißheit haben, daß Sie ihn so behandeln, wie es sich gehört.«

Für Brunetti hieß das, Patta wollte die Gewißheit haben, daß er der gesellschaftlichen Stellung, die sich aus der Tätigkeit für den Lions Club ergab, gebührend Rechnung trug. Da ihm klar war, daß er nicht hier säße, wenn Patta nicht bereits entschieden hätte, ihm den Fall zu übertragen, zog Brunetti es vor, die Warnung in diesen Worten zu überhören und statt dessen zu fragen: »Was ist mit den Leuten aus dem Zug?«

Sein Gespräch mit dem Bürgermeister mußte bei Patta den Eindruck hinterlassen haben, daß schnelles Handeln hier wichtiger war als eine Belehrung Brunettis, denn er antwortete ohne Umschweife: »Die polizia ferroviaria hat die Namen und Anschriften aller Reisenden aufgenommen, die im Zug waren, als er in den Bahnhof einfuhr.« Brunetti hob fragend das Kinn, und Patta fuhr fort: »Ein paar wollen irgendwelche verdächtigen Leute im Zug gesehen haben. Steht alles im Bericht.« Er deutete auf eine vor ihm liegende Mappe.

»Welcher Richter ist mit der Sache befaßt?« fragte Brunetti, denn damit würde er wissen, wieviel Rücksicht er auf den Lions Club nehmen mußte.

[32] »Vantuno«, antwortete Patta. Giudice Vantuno war eine Frau in Brunettis Alter, mit der er in der Vergangenheit schon erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Obwohl aus Sizilien gebürtig wie Patta, wußte sie doch, daß es in Venedigs Gesellschaft allerlei Vielschichtigkeiten und Nuancen gab, die sie nie durchschauen würde, aber sie hatte so viel Zutrauen zu den örtlichen Commissari, daß sie ihnen große Freiheit bei ihren Ermittlungen ließ.

Brunetti nickte nur, denn selbst diese kleine Genugtuung wollte er sich Patta gegenüber nicht anmerken lassen.

»Aber ich erwarte täglich einen Bericht von Ihnen«, fuhr Patta fort. »Trevisan war ein wichtiger Mann. Ich habe wegen dieser Sache bereits einen Anruf aus dem Bürgermeisteramt bekommen, und ich sage Ihnen ganz offen, daß er die Geschichte so schnell wie möglich erledigt sehen will.«

»Konnte er uns schon Hinweise geben?« fragte Brunetti.

Patta, an die Unverschämtheiten seines Untergebenen gewöhnt, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah Brunetti einen Moment lang an, bevor er fragte: »Was für Hinweise?« Mit seiner deutlichen Betonung auf dem ersten Wort drückte er sein Mißfallen an der Frage aus.

»Zu irgend etwas, worin Trevisan möglicherweise verwickelt war«, antwortete Brunetti ungerührt. Er meinte das ganz ernst. Wenn jemand Bürgermeister war, schloß das nicht aus, daß er über die dunklen Geheimnisse seiner Freunde Bescheid wußte, eher doch wohl im Gegenteil.

»Ich hätte es unpassend gefunden, dem Bürgermeister eine solche Frage zu stellen«, antwortete Patta.

»Dann tue ich es vielleicht«, meinte Brunetti ruhig.

[33] »Brunetti, machen Sie in dieser Sache keinen Wirbel.«

»Den gibt es doch bereits«, sagte Brunetti und legte die Fotos in die Mappe zurück. »Sonst noch etwas, Vice-Questore?«

Patta ließ ein paar Sekunden verstreichen, bevor er antwortete: »Nein, vorerst nicht.« Er schob Brunetti die Mappe hin. »Das hier können Sie mitnehmen. Und vergessen Sie nicht, daß ich jeden Tag einen Bericht haben möchte.« Als Brunetti nichts erwiderte, setzte Patta hinzu: »Oder geben Sie ihn Scarpa«, wobei er Brunetti lange genug im Auge behielt, um zu sehen, wie er auf den Namen seines allseits verhaßten Assistenten reagierte.

»Gewiß, Vice-Questore«, antwortete Brunetti in neutralem Ton, nahm die Mappe an sich und stand auf. »Wohin hat man Trevisan gebracht?«

»Ins Ospedale Civile. Ich nehme an, die Autopsie findet heute vormittag statt. Und denken Sie daran, daß er mit dem Bürgermeister befreundet war.«

»Natürlich, Vice-Questore«, sagte Brunetti und ging.

[34] 6

Signorina Elettra sah von ihrer Zeitschrift hoch, als Brunetti aus Pattas Büro kam. »Allora?« fragte sie.

»Trevisan. Und ich soll es schnell zu Ende bringen, weil er mit dem Bürgermeister befreundet war.«

»Die Trevisan ist eine Tigerin«, sagte Signorina Elettra, und zu seiner Ermutigung fügte sie noch hinzu: »Sie wird Ihnen Ärger machen.«

»Gibt es eigentlich in dieser Stadt noch Leute, die Sie nicht kennen?« wollte Brunetti wissen.

»Direkt kenne ich sie gar nicht. Aber sie war mal Patientin meiner Schwester.«

»Barbara«, entfuhr es Brunetti, dem urplötzlich wieder einfiel, wo er ihre Schwester kennengelernt hatte. »Die Ärztin?«

»Genau die, Commissario«, sagte sie mit genüßlichem Lächeln. »Ich habe mich schon gefragt, wie lange Sie wohl brauchen, bis Sie sich erinnern.«

Als Signorina Elettra in der Questura angefangen hatte, war Brunetti ihr Familienname gleich bekannt vorgekommen; Zorzi war nicht unbedingt ein geläufiger Name, aber er hätte die aufgeweckte, strahlende Elettra – auch alle anderen Adjektive, die sich für sie anboten, fielen in das Umfeld von Licht und Sichtbarkeit – nie mit der ruhigen, zurückhaltenden Ärztin in Verbindung gebracht, zu deren Patienten sein Schwiegervater zählte und offenbar auch Signora Trevisan.

[35] »War Patientin?« fragte Brunetti, der seine Überlegungen zu Elettras Familie lieber auf später verschieben wollte.

»Ja, bis vor etwa einem Jahr. Sie und ihre Tochter, beide waren Patientinnen. Aber eines Tages kam sie in Barbaras Praxis und machte irgendwie eine Szene, wollte wissen, weswegen Barbara ihre Tochter behandelte.«

Brunetti hörte zu, stellte aber keine Fragen.

»Die Tochter war erst vierzehn, aber als Barbara sich weigerte, ihr Auskunft zu geben, behauptete Signora Trevisan, Barbara habe eine Abtreibung vorgenommen oder sie zu diesem Zweck ins Krankenhaus geschickt. Sie hat herumgeschrien und schließlich eine Zeitschrift nach ihr geworfen.«

»Nach Ihrer Schwester?«

»Ja.«

»Und was hat sie gemacht?«

»Wer?«

»Ihre Schwester.«

»Sie hat sie aufgefordert, die Praxis zu verlassen. Das hat sie dann nach weiterem Herumschreien getan.«

»Und dann?«

»Am nächsten Tag hat Barbara ihr per Einschreiben die Krankenunterlagen geschickt und ihr empfohlen, sich einen anderen Arzt zu suchen.«

»Und die Tochter?«

»Die ist auch nicht mehr gekommen. Aber Barbara ist ihr auf der Straße begegnet, wo das Mädchen ihr erzählte, die Mutter habe ihr verboten, weiter zu ihr zu gehen. Sie habe sie in eine Privatklinik gebracht.«

»Weswegen war die Tochter denn in Behandlung?«

[36] Er sah Signorina Elettra ihre Antwort abwägen. Sie kam aber rasch zu dem Schluß, daß Brunetti es sowieso herausbekommen würde, und sagte: »Es war eine Geschlechtskrankheit.«

»Welche?«

»Das weiß ich nicht mehr. Da müssen Sie meine Schwester fragen.«

»Oder Signora Trevisan.«

Elettra antwortete rasch und böse: »Wenn die je erfahren hat, was es war, dann jedenfalls nicht von Barbara.«

Brunetti glaubte ihr das ohne weiteres. »Die Tochter ist jetzt also etwa fünfzehn?«

Elettra nickte. »Müßte hinkommen.«

Brunetti dachte kurz nach. Das Gesetz war hier etwas unklar – wann war es das nicht? Ein Arzt mußte keine Auskunft über die Krankheiten eines Patienten geben, aber es war ihm doch sicher freigestellt, darüber zu reden, wie ein Patient sich verhalten hatte, besonders in einer Situation, in der es nicht um die eigene Gesundheit ging. Besser, er sprach selbst mit der Ärztin, als Elettra zu bitten, es für ihn zu tun. »Hat Ihre Schwester noch dieselbe Praxis in der Nähe von San Barnaba?«

»Ja. Sie wird heute nachmittag auch dort sein. Soll ich ihr sagen, daß Sie kommen?«

»Heißt das, Sie sagen ihr nichts davon, wenn ich Sie nicht darum bitte?«

Sie blickte auf die Tastatur ihres Computers, fand dort offenbar die gewünschte Antwort und sah wieder Brunetti an. »Es spielt ja keine Rolle, Commissario. Sie hat nichts verbrochen. Gut, ich sage ihr also nichts.«

[37] Die Neugier ließ ihn fragen: »Und wenn es denn eine Rolle spielte? Wenn sie etwas verbrochen hätte?«

»Wenn es ihr helfen könnte, würde ich sie warnen. Selbstverständlich.«

»Auch wenn Sie damit ein Dienstgeheimnis verraten müßten, Signorina?« fragte er, lächelte aber dann, um ihr zu zeigen, daß er nur Spaß machte, obwohl das nicht stimmte.

Sie sah ihn verständnislos an. »Glauben Sie, Dienstgeheimnisse würden auch nur die allerkleinste Rolle spielen, wenn es um meine Familie ginge?«

Ernüchtert antwortete er: »Nein, Signorina. Sicher nicht.«

Signorina Elettra lächelte, sichtlich froh, dem Commissario wieder einmal zu einer Einsicht verholfen zu haben.

»Wissen Sie sonst noch etwas über die Frau« – er korrigierte sich – »die Witwe?«

»Nein, nicht unmittelbar. Ich habe natürlich in der Zeitung über sie gelesen. Ständig für irgendwelche guten Zwecke aktiv«, sagte sie mit übertriebener Betonung. »Sie wissen schon: Lebensmittelsendungen nach Somalia, die dann gestohlen, nach Albanien geschickt und dort verkauft werden. Oder diese Galakonzerte im La Fenice, die immer höchstens die Ausgaben decken und den Organisatoren Gelegenheit geben, sich herauszuputzen und sich vor ihren Freunden zu brüsten. Es erstaunt mich, daß Sie nicht wissen, wer sie ist.«

»So ganz entfernt kommt mir ihr Name bekannt vor, mehr aber auch nicht. Und der Mann?«

»Internationales Recht, soviel ich weiß, und sehr gut [38] darin. Ich glaube, ich habe mal etwas über ein Geschäft mit Polen oder Tschechien gelesen – irgendeines dieser Länder, wo man Kartoffeln ißt und sich schlecht anzieht –, aber genau weiß ich es nicht mehr.«

»Was für eine Art von Geschäft?«

Sie schüttelte den Kopf, konnte sich nicht erinnern.

»Könnten Sie das herausbekommen?«

»Wenn ich zum Gazzettino ins Archiv gehe und nachsehe, wahrscheinlich schon.«

»Haben Sie etwas für den Vice-Questore zu erledigen?«

»Ich bestelle ihm noch einen Tisch fürs Mittagessen, dann gehe ich gleich zum Gazzettino. Soll ich sonst noch etwas heraussuchen?«

»Ja, über die Ehefrau. Wer schreibt denn zur Zeit die Gesellschaftsspalte?«

»Pitteri, glaube ich.«

»Aha, dann reden Sie mal mit ihm und sehen Sie, ob er etwas über die beiden weiß, was er nicht veröffentlichen kann.«

»Was ja immer genau das ist, was die Leute am liebsten lesen.«

»Scheint so«, sagte Brunetti.

»Noch etwas, Commissario?«

»Nein, vielen Dank, Signorina. Ist Vianello im Haus?«

»Ich habe ihn noch nicht gesehen.«

»Wenn er kommt, würden Sie ihn dann bitte zu mir hochschicken?«

»Aber sicher«, antwortete sie, indem sie sich wieder ihrer Zeitschrift zuwandte. Brunetti warf einen Blick darauf, [39] um zu sehen, was für einen Artikel sie gerade las – Schulterpolster –, und ging dann in sein Büro zurück.

Die Akte enthielt, wie immer zu Beginn einer Ermittlung, wenig mehr als Namen und Daten. Carlo Trevisan war vor fünfzig Jahren in Trient geboren und hatte an der Universität von Padua studiert, dort sein Juraexamen abgelegt und sich danach als Anwalt in Venedig niedergelassen. Vor achtzehn Jahren hatte er Franca Lotto geheiratet und mit ihr zwei Kinder in die Welt gesetzt, die inzwischen fünfzehnjährige Francesca und den jetzt siebzehnjährigen Sohn, Claudio.

Avvocato Trevisan hatte sich nie für Strafrecht interessiert und nie mit der Polizei zu tun gehabt. Auch war er nie der Guardia di Finanza aufgefallen, was man entweder als Wunder nehmen oder als Zeichen dafür verstehen mußte, daß seine Steuererklärungen immer in Ordnung waren, was wiederum ein Wunder gewesen wäre. Außerdem enthielt die Akte eine Liste der Angestellten in Trevisans Kanzlei und eine Kopie seines Paßantrags.

»Lavata con Perlana«, sagte Brunetti laut, als er die Papiere auf seinen Schreibtisch legte, eine Anlehnung an den Werbeslogan für ein Waschmittel, das angeblich alles und jedes weißer als weiß wusch. Wer konnte eine weißere Weste haben als Carlo Trevisan? Und interessanter noch, wer konnte ihm zwei Kugeln verpaßt und sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, die Brieftasche mitzunehmen?

Brunetti zog mit dem rechten großen Zeh die unterste Schublade seines Schreibtischs auf und legte die Füße über Kreuz darauf. Wer immer das war, mußte es zwischen Padua und Mestre getan haben: niemand wäre das Risiko [40]