Was ist das „BilMoG“?
Einordnung der Reform
Die Abkürzung „BilMoG“ steht für „Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz“; gleichzeitig steht sie für die größte deutsche Bilanzrechtsreform der letzten 25 Jahre. Mit dem Jahr 2009 und erstmals für die handelsrechtlichen Jahres- und Konzernabschlüsse ab dem Geschäftsjahr 2010 gelten die neuen Regelungen.
Die wesentlichen Grundlagen der handelsrechtlichen Rechnungslegung im Einzelabschluss (notwendig für die Ausschüttungsbemessung) und im Konzernabschluss (notwendig für eine weitergehende Information) sind seit dem Jahr 1985 in der Umsetzung der maßgeblichen Richtlinien der EU (damals noch EG) in deutsches Recht zu sehen. Zwar wurden die Regelungen des HGB seitdem vielfach modernisiert und reformiert; eine grundlegende Reform erfolgte bis zuletzt allerdings nicht.
Das BilMoG ändert dies nun, und zwar mit voller Wirkung ab 2010. Die Zielsetzung des Gesetzgebers mit dem Bil- MoG besteht darin, ein HGB zu schaffen, das für die Unternehmen dauerhaft eine gleichwertige, jedoch einfachere und kostengünstigere Alternative zu den IFRS darstellt. Das HGB bleibt einerseits weiterhin die Grundlage sowohl für die Ausschüttungsbemessung als auch für die steuerliche Gewinnermittlung; auch das bewährte System der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) soll grundsätzlich beibehalten werden. Andererseits ist der Einfluss internationaler Rechnungslegungsstandards, insbesondere im Bereich der Ansatz- und Bewertungsnormen, unverkennbar. Darüber hinaus werden mit dem BilMoG zwei Rechtsakte der EU, die sog. Abänderungsrichtlinie und die Abschlussprüferrichtlinie, „eins zu eins“ umgesetzt.
Die Gesetzesreform hat eine mehr als sechsjährige Entstehungsgeschichte aufzuweisen. Kein anderes Gesetz wurde in den letzten Jahren derart intensiv und facettenreich diskutiert wie das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts. Ab dem Jahr 2010 werden die Neuregelungen vollumfänglich das Bilanzbild deutscher Unternehmen und Konzerne prägen. Zwar werden die umfassenden Übergangsvorschriften dafür sorgen, dass es einige Jahre dauern wird, bis alle Neuerungen umgesetzt und alle Auswirkungen der Altregelungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aus den Bilanzen verschwunden sein werden. Dieser Befund ändert aber nichts an der deutlichen Internationalisierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung und an dem notwendigen und zeitgemäßen „Lifting“ des deutschen Bilanzrechts.
Versucht man, die Neuerungen des BilMoG auf eine Formel zu bringen, müsste diese wie folgt lauten:
Das BilMoG führt zu einer veränderten bilanziellen Darstellung: Es sind vielfach mehr Posten auf der Aktivseite anzusetzen und diese sind im Einzelfall höher zu bewerten als früher. Auf der Passivseite erfolgt künftig ein restriktiverer Ansatz von Verbindlichkeiten und Rückstellungen, und dies zu vielfach geringeren Wertansätzen als bislang – mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen. Wahlrechte werden abgeschafft und bestehende Vorschriften nach dem Vorbild der IFRS modernisiert.
Jeder Bilanzierende, Analyst, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer muss sich mit den Auswirkungen des Bil- MoG auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss, den neuen Möglichkeiten zwischenbetrieblicher Vergleiche sowie dem veränderten unternehmensindividuellen Bilanzbild auseinandersetzen.
Das BilMoG verändert das Bilanzbild deutscher Unternehmen und führt in weiten Teilen zu einem Umdenken in der Rechnungslegung, Berichterstattung, Bilanzpolitik und Bilanzanalyse.
Mit dem Inkrafttreten des BilMoG hat Deutschland ein neues Bilanzrecht erhalten. Über die Halbwertszeit der einzelnen Regelungen kann aus heutiger Sicht nur spekuliert werden. Es bleibt offen, ob das HGB in der Fassung des BilMoG eine langfristige Alternative zu den IFRS darstellen und bleiben wird oder ob die aktuelle HGB-Reform rückblickend nur als Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Übernahme der IFRS zu beurteilen sein wird.
Hintergrund und Entstehungsverlauf
Die Entwicklungsgeschichte des BilMoG zieht sich über einen vergleichsweise langen Zeitraum hin. Mehr als sechs Jahre liegen zwischen den ersten Ankündigungen des Gesetzgebers zur Reform des Bilanzrechts und der letztendlichen Verkündung.
- Im Februar 2003 kündigte die damalige Bundesregierung in einem Maßnahmenkatalog zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes im Rahmen eines Zehn-Punkte-Programms u. a. die Fortentwicklung der Bilanzregeln und die Anpassung an internationale Rechnungslegungsgrundsätze an.
- Erst mit dem Referentenentwurf des BilMoG vom 08.11.2007 wurden schließlich erstmals konkrete Änderungen und Neuerungen vorgestellt. Die Möglichkeit zur Stellungnahme wurde von Wissenschaft und Praxis in vielfältiger Weise wahrgenommen.
- Die Kritik der zahlreichen Stellungnahmen wurde vom Gesetzgeber im Regierungsentwurf des BilMoG vom 21.05.2008 zum Teil berücksichtigt. Der Regierungsentwurf des BilMoG zeichnete sich im Vergleich zum Referentenentwurf vor allem durch eine nun wieder stärkere Verzahnung zwischen der handels- und der steuerrechtlichen Rechnungslegung aus und nahm zudem die Annäherung an die IFRS teilweise wieder zurück. Zu dem Regierungsentwurf hat im Juli 2008 der Bundesrat Stellung genommen und in einigen Bereichen eine stärkere Annäherung an die IFRS befürwortet, sich in anderen Bereichen allerdings kritisch geäußert. In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats verdeutlichte die Bundesregierung, dass die Bedenken des Bundesrats zum Teil nachvollzogen werden können. Andererseits sah die Bundesregierung in manchen Bereichen keinen weiteren Handlungsbedarf. Am 25.09.2008 erfolgte die erste Lesung zum Regierungsentwurf des BilMoG im Bundestag. Bereits nach 30 Minuten wurde der Regierungsentwurf an den Rechtsausschuss verwiesen und die Lesung beendet.
- Der mit der Federführung beauftragte Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags beraumte daraufhin für den 17.12.2008 eine Expertenanhörung an. Die Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis diskutierten kontrovers über verschiedene Themenbereiche. Im Nachgang zu der im Rechtsausschuss geführten Diskussion um einzelne im Regierungsentwurf vorgesehene Änderungen und Neuerungen stellte der Rechtsausschuss im März 2009 die Beschlüsse des 6. Ausschusses zum Entwurf des BilMoG zusammen. Der aus dem Mai 2008 stammende Regierungsentwurf wurde in zentralen Fragestellungen verändert.
- Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) wurden mit Datum vom 24.03.2009 dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Der Deutsche Bundestag hat in zweiter und dritter Lesung der Beschlussempfehlung in seiner 214. Sitzung am 26.03.2009 zugestimmt. Nachdem der Bundesrat eine Fristverkürzung gewährt hat, hat er am 03.04.2009 dem Gesetz zugestimmt.
- Mit der Beschlussfassung des Bundesrats hat das BilMoG am 03.04.2009 alle rechtlichen Hürden genommen.
- Das BilMoG wurde mit Datum vom 25.05.2009 im Bundesgesetzblatt (BGBl 2009 Teil I Nr. 27, S. 1102ff.) vom 28. Mai 2009 veröffentlicht.
- Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und gilt daher seit dem 29.05.2009.
Wirkungsweise der Neuregelungen: Differenzierte Betrachtung
Nicht alle Unternehmen und nicht alle Bereiche der Rechnungslegung sind von den Neuerungen des BilMoG in gleicher Weise betroffen:
- Die steuerliche Gewinnermittlung bleibt im Wesentlichen unberührt. Dem Gesetzgeber ist die steuerneutrale Umsetzung des BilMoG gelungen. Steuerliche Spezialregelungen sorgen dafür, dass die handelsrechtlichen Änderungen nicht auf die Steuer durchschlagen.
- Allerdings fallen der steuerliche Jahresabschluss und der handelsrechtliche Jahresabschluss künftig mehr auseinander als bislang. Das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit wird aufgegeben. Das Prinzip der Maßgeblichkeit bleibt erhalten, wird aber an vielen Stellen aufgeweicht. Eine Einheitsbilanz wird künftig nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.
- Die Publizitätserleichterungen werden es kleinen Einzelkaufleuten künftig ermöglichen, auf ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss zu verzichten. Kleine und mittlere Kapitalgesellschaften sowie kleine Konzerne profitieren von den erhöhten Schwellenwerten. Damit können sie eher als bisher Berichterstattungs- und Offenlegungserleichterungen in Anspruch nehmen.
- An einzelnen Stellen werden kleine und mittlere Kapitalgesellschaften von den einzelnen Ansatz- und Bewertungsvorschriften ausgenommen. Dies gilt ebenso für den Bereich der Anhangangaben. Damit wirken sich nicht alle Neuregelungen des BilMoG auf Unternehmen dieser Größenklassen aus.
- Große Kapitalgesellschaften werden mit nahezu allen Regelungen konfrontiert. Sowohl die einzelnen Ansatzals auch Bewertungsvorschriften und zahlreiche neue Berichterstattungspflichten machen die handelsrechtliche Rechnungslegung künftig komplexer und aufwendiger.
- Zusätzlich zu den Änderungen des HGB haben Aktiengesellschaften die Neuerungen des AktG zu beachten. Neben den Regelungen zur Ausschüttungssperre stehen hierbei im Wesentlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Überwachung des Rechnungslegungsprozesses durch den Aufsichtsrat und ein angemessenes Risikomanagementsystem im Vordergrund.
- Die Konzernabschlüsse aller Unternehmen werden durch das BilMoG verändert. Neue Aufstellungspflichten und eine veränderte Abgrenzung des Konsolidierungskreises sind in allen Fällen zu beachten. Einzelne Wahlrechte der Vergangenheit werden abgeschafft; gleichzeitig führt die grundsätzliche Einbeziehungspflicht von Zweckgesellschaften zu einer Ausweitung des Konsolidierungskreises.
- Natürliche Personen an der Spitze von Konzernen oder mit umfassenden Beteiligungen werden künftig eher der Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung ausgesetzt sein. Zudem fordern die neuen Anhangangaben im Einzelnen umfassende Angaben zu getätigten Geschäften.
Die Auswirkungen des BilMoG für den Bilanzierenden sind im Einzelfall zu prüfen.
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen, die sich im Zusammenhang mit dem handelsrechtlichen Einzelabschluss ergeben, dargestellt. Zusätzlich werden Schnittstellen zur steuerlichen Rechnungslegung und zu den Publizitätspflichten skizziert. Während die konzernspezifischen Regelungen ebenso wie die Änderungen im Aktiengesetz nur einen Teil der Bilanzierenden betreffen, sehen sich alle Unternehmen und Kaufleute mit den Änderungen im Einzelabschluss konfrontiert.
Das BilMoG verändert das Bilanzbild deutscher Unternehmen und erfordert ein Umdenken in Rechnungslegung, Berichterstattung, Bilanzpolitik und Bilanzanalyse.Die Wirkungsweise der Neuregelungen ist differenziert zu betrachten, das heißt, nicht alle Unternehmen und Bereiche der Rechnungslegung sind gleich davon betroffen. Daher sind die unternehmensindividuellen Auswirkungen zeitnah und genau zu analysieren.
Die Änderungen im Überblick
Die einzelnen Änderungen des BilMoG und des Micro- BilG betreffen unterschiedliche Bereiche der Rechnungslegung. Vor der Darstellung der Neuregelungen im Detail vorab ein Überblick:
- Die Publizitätspflichten deutscher Unternehmen werden weiter dereguliert: Einzelkaufleute, die bestimmte Größenkriterien nicht überschreiten, werden künftig von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht befreit. Die steuerliche Buchführungspflicht bleibt hiervon unberührt.
- Die Größenkriterien zur Einteilung von Kapitalgesellschaften in die Kategorien klein, mittel und groß wurden um 20 % angehoben. Da diese Neuregelung rückwirkend gilt, können ggf. die entsprechenden Erleichterungsmöglichkeiten bereits für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden. Dies kann Auswirkungen auf die Prüfungspflicht sowie die Inanspruchnahme größenabhängiger Erleichterungen haben. Auch die Pflicht zur Offenlegung bzw. der Umfang der offenzulegenden Daten ist von der Einteilung in die entsprechenden Größenklassen abhängig.
- Für sog. Kleinstkapitalgesellschaften wird eine neue Unternehmenskategorie geschaffen. Demnach können Unternehmen, wenn sie bestimmte Größenkriterien nicht überschreiten, Erleichterungen hinsichtlich Erstellung und Offenlegung ihres Jahresabschlusses in Anspruch nehmen.
- Die steuerliche Rechnungslegung wird im Einzelfall einfacher. Das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit wird aufgehoben, der Grundsatz der Maßgeblichkeit weiter ausgehöhlt. Eine Einheitsbilanz wird künftig nur noch im Ausnahmefall möglich sein.
- Die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften im handelsrechtlichen Einzelabschluss werden modernisiert; bestehende Wahlrechte werden abgeschafft und es soll ein besserer Einblick in die Vermögenslage der Unternehmen erreicht werden. Zugleich werden die Angabepflichten im Anhang deutlich ausgeweitet. Auch der Lagebericht bleibt nicht unberührt. Die in Teilen deutliche Annäherung der handelsrechtlichen Vorschriften an die IFRS ist unverkennbar.
- Der Zeitpunkt der erstmaligen Gültigkeit der neuen Vorschriften ist unterschiedlich. Der Großteil der Neuregelungen des BilMoG entfaltet seine Gültigkeit erstmals in nach dem 31.12.2009 beginnenden Geschäftsjahren. Allerdings müssen erste Berichtspflichten – insbesondere in Anhang und Lagebericht – im Einzelfall bereits für 2009 berücksichtigt werden. Steuerlich greifen die veränderten Regelungen, die den Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit mit sich gebracht haben, bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2009. Die für Kleinstkapitalgesellschaften geltenden Erleichterungen (MicroBilG) können großteils erstmals für den Jahresabschluss 2012 in Anspruch genommen werden.
- Der Übergang auf das neue deutsche Bilanzrecht durch das BilMoG erfordert umfassende und einheitliche Regelungen zur Anwendung der einzelnen Vorschriften und zur Behandlung einzelner Übergangseffekte. Die Regelungen des EGHGB beinhalten diese Vorschriften. Durch das MicroBilG ergeben sich keine nennenswerten Übergangsprobleme.
Was ist das „MicroBilG“?
Einordnung der Reform
Am 27.12.2012 wurde das Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (kurz: MicroBilG) – als erste wahrnehmbare HGB-Reform nach dem BilMoG – im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz trat damit zum 28.12.2012 in Kraft und findet bereits für den Jahresabschluss 2012 Anwendung.
Das Gesetz sieht bestimmte Erleichterungen für sogenannte Kleinstkapitalgesellschaften vor. Diese Gesellschaften stellen eine Unterkategorie der kleinen Kapitalgesellschaften dar. An die Inanspruchnahme der Regelungen, die sowohl den Bereich der Erstellung des Jahresabschlusses als auch dessen Offenlegung betreffen, sind bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Durch die Neuschaffung der Unternehmenskategorie „Kleinstkapitalgesellschaft“ (nach § 267a HGB) kommt es zu einer weiteren Differenzierung der Unternehmen im Handelsrecht. Insgesamt wird die Rechnungslegungslandschaft damit heterogener und Unternehmensvergleiche werden erschwert. Zudem müssen letztlich die Wirkung des MicroBilG und der Umfang der in der Praxis tatsächlich nachhaltig umsetzbaren Erleichterungen bezweifelt werden.
Das MicroBilG führt zu einer weiteren Differenzierung innerhalb der für Kapitalgesellschaften geltenden Rechnungslegungsvorschriften. Die im Gesetz angedachten
(theoretischen) Erleichterungsmöglichkeiten werden vielfach keinen praktischen Mehrwert aufweisen, da sie im Alltag zu schnell an ihre Grenzen gelangen.
Hintergrund und Entstehungsverlauf
Die Entwicklungsgeschichte des MicroBilG ist auf Vorgaben der EU zurückzuführen. Nach längeren Überlegungen auf EU-Ebene zur Entlastung sogenannter Kleinst(kapital) gesellschaften von bestimmten Jahresabschlusserstellungs- und Offenlegungspflichten wurde die Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 14.03.2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rats über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben – kurz die so genannte Micro-Richtlinie – veröffentlicht.
Die nationale Gesetzgebung, die die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Handelsrecht zum Inhalt hatte, vollzog sich vergleichsweise schnell:
- Der Referentenentwurf zum MicroBilG stammt vom 31.07.2012.
- Der Beschluss des Bundestages datiert auf den 30.11.2012.
- Die Zustimmung des Bundesrates zum MicroBilG erfolgte am 14.12.2012
- Das MicroBilG wurde mit Datum vom 20.12.2012 im Bundesgesetzblatt (BGBl 2012 Teil I Nr. 61, S. 2751ff.) vom 27.12.2012 veröffentlicht.
- Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und gilt daher seit dem 28.12.2012
Wirkungsweise der Neuregelungen: Kaum praktischer Mehrwert zu erwarten
Die für Kleinstkapitalgesellschaften geltenden Erleichterungen werden nicht von allen Unternehmen in Anspruch genommen werden. Dies zeigt bereits ein erster Überblick über die wesentlichen Neuerungen:
- Erstellungserleichterungen betreffen eine nur auf die Buchstabenpositionen des § 266 HGB reduzierte Bilanzdarstellung sowie eine verkürzte Staffelung der Gewinnund-Verlust-Rechnung, die den Erfolgsspaltungsgrundsätzen allenfalls rudimentär genügt. Ein Anhang muss zudem dann nicht mehr erstellt werden, wenn bestimmte Angaben unter der Bilanz gemacht werden. Die Inanspruchnahme der vorgenannten Erleichterungen steht indes unter dem Damokles-Schwert des in § 264 Abs. 2 HGB geforderten Einblickgebots in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft. Nur wenn diese Anforderung trotz der ausgedünnten Rechnungslegungsinformationen erfüllt wird, ist die Inanspruchnahme der Erstellungserleichterungen zulässig.
- Die Offenlegungserleichterungen des MicroBilG erlauben es Kleinstkapitalgesellschaften, künftig ihre Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers zu hinterlegen. An die Stelle der bisherigen Offenlegung des Jahresabschlusses tritt demnach die Hinterlegung der rudimentären Rechnungslegungsdaten in Form der verkürzten Bilanz. Die hinterlegte Bilanz ist Dritten auf Antrag in Kopie zur Verfügung zu stellen.
- Die genannten Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften schaffen eine neue Kategorie in der ohnehin bereits stark differenzierten Rechnungslegungs- und Publizitätspflichtenlandschaft der handelsrechtlichen Kaufleute. Die Einordnung dieser neuen Kategorie ist umso schwieriger, als die einzelnen genannten Erleichterungen beliebig miteinander kombiniert werden können. An die Stelle der vom Gesetzgeber angestrebten Deregulierung tritt eine weitere Differenzierung von Rechnungslegungsdaten.
- Der praktische Nutzen der Erleichterungen ist aus verschiedenen Blickwinkeln kritisch zu hinterfragen: Gesellschafter werden weiterhin den Mindestumfang der erwarteten Informationen individuell festlegen; zudem regeln oftmals vorliegende Satzungen, dass neben der Bilanz und der Gewinn-und-Verlust-Rechnung auch ein Anhang zu erstellen ist. Banken werden im Rahmen von Kreditverträgen weiterhin für den jeweiligen Einzelfall Art und Umfang der Berichterstattung festlegen; die gesetzlichen Vorgaben werden also nicht die möglichen Individualabsprachen zwischen den Vertragsparteien berühren. Sofern die Kleinstkapitalgesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird – ob als Mutter- oder Tochterunternehmen –, sind die Erleichterungen für den Jahresabschluss ebenso hinfällig, da dann die für das Mutterunternehmen geltenden Regelungen zu beachten sind.
- Steuerliche Auswirkungen hat das MicroBilG nicht, aber Widersprüche bestehen dennoch: Durch die Vorgaben zur E-Bilanz hat der Gesetzgeber für steuerliche Zwecke jüngst größenunabhängige detaillierte Vorgaben zur Gliederung von Bilanz und Gewinn-und-Verlust- Rechnung gemacht, die ab 2013 zu beachten sind. Einerseits derart detaillierte und granulare steuerliche Angabepflichten und andererseits degenerierte handelsrechtliche Rechnungslegungsdaten passen nicht zusammen.
- Wie viele der vom Gesetzgeber genannten 500.000 betroffenen Unternehmen tatsächlich überhaupt einzelne Erleichterungen des MicroBilG in Anspruch nehmen werden, bleibt abzuwarten. Der Anwendungsbereich ist jedoch faktisch auf wenige Holdinggesellschaften, Komplementär-GmbHs und nicht konzernverflochtene sowie eigenkapitalfinanzierte Kleinstgesellschaften beschränkt.
- Die vom Gesetzgeber genannte Kostenersparnis von rd. 36 Mio. EUR führt unternehmensbezogen zu Einsparungen von rd. 72 EUR. Auch hier zeigt sich, dass vom MicroBilG keine nennenswerten Impulse ausgehen dürften.
- Mit Blick auf freiwillige Jahresabschlussprüfungen könnte sich allenfalls durch den Wegfall der Prüfung des Anhangs ein möglicher Einsparungseffekt bei den Bilanzierenden einstellen. Allerdings dürfte auch dieser Aspekt vor dem Hintergrund der vielfach aus dem Vorjahr zu übernehmenden Routine-Angaben nur wenig ins Gewicht fallen.