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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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12.

13.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2565

 

Vastrears Odyssee

 

Der Frequenzfolger auf der Flucht – und auf der Suche nach einer neuen Bestimmung

 

Michael Marcus Thurner

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Eigentlich herrscht seit über hundert Jahren Frieden.

Doch seit die Terraner auf die sogenannten Polyport-Höfe gestoßen sind, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tobt der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof und greift mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe an.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – der Kampf findet in der Milchstraße und in Andromeda statt. Man entdeckt die Achillesferse der Vatrox, der Herren der Frequenz-Monarchie: Sie verfügen mittels ihrer Hibernationswelten über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie die Herrschaft der Frequenz-Monarchie.

Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt: Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen. Für den einzelnen Vatrox ändert das aber wenig an der prekären Situation, und manch Frequenzfolger muss sich mit den unangenehmen Folgen des Krieges auseinandersetzen. Und so beginnt VASTREARS ODYSSEE …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Vastrear – Der Frequenzfolger flieht vor den Schatten der Niederlage in Andromeda.

Bhustrin – Die Kriegsordonnanz folgt ihrem Herrn, wohin er auch geht.

Satwa – Die geklonte Tefroderin dient Vastrear als Autochthon-Ordonnanz.

S'Karbunc – Der Symbiont macht einen wesentlichen Teil der Autochthon-Ordonnanz aus.

1.

Satwa: Reiseimpressionen

 

Es ist doch immer wieder etwas Besonderes, dachte S'Karbunc.

Du meinst die Passage? Die Farbwechsel, das Spiel von Rot und Blau? Satwa hatte für die Betrachtungen ihres Symbionten derzeit nicht sonderlich viel übrig. Sie waren auf der Flucht und sie hatten den Handelsstern FATICO aufgeben müssen.

Rot und Blau, pah! Du solltest deine Parasinne schärfen, um deine Umgebung wirklich wahrnehmen zu können. Oh, ich vergaß: Da gibt es kaum etwas zu schärfen. Bloß diesen leicht verkümmerten Drüsen-Appendix …

Satwa ließ S'Karbunc auf sanfte Weise spüren, wer das Sagen hatte. Sie sendete Impulse, die den Symbionten wie Hitze vorkommen mochten.

Ich meinte den Zeit-Raum-Ozean rings um uns, dachte S'Karbunc ein wenig kleinlaut. Das Werden und Wachsen und Blühen und Sterben. Der schöpferische Akt, in all seiner Vielfalt … fühlst du es denn nicht?

Ich kann es sehen. Satwa blickte um sich. Sie bemerkte Schwarze Löcher, die grau wurden und verdorrten. Sterneninseln, die sich ineinander verkeilten und nach Sekunden, die zugleich Jahrmillionen waren, wieder auseinanderdrifteten und völlig neue Form annahmen. Galaxien, die einander umtanzten wie Fischchen, die wiederum von kleineren Artgenossen umringt wurden.

Licht- und Partikelstrahlen schossen scheinbar willkürlich umher und formten sich zu einem asynchronen Geflecht. Ein Brunnen spie Zeit und ein klein wenig Raum aus; Satwas Wahrnehmungsbereich vergrößerte sich um einige Milliarden Lichtjahre, und sie meinte, ganz weit hinten, dort wo alles endete, die Geburtswellen einer neuen Epoche wahrzunehmen.

Zeitstränge, manche dünn wie Haar, andere massiv wie Stahltaue, umschlangen einander. Sie bereiteten neue Geschichten alt auf – oder war es umgekehrt? Jene Figuren und Bilder, die Satwa zu sehen und zu fühlen bekam, zeigten sie und ihre Begleiter.

Den Frequenzfolger Vastrear, eben noch Herr über den Handelsstern FATICO, nun aber ein Vertriebener. Eine düstere hagere Gestalt, voll Glauben an das, was er im Dienst der Frequenz-Monarchie tat.

Die Kriegsordonnanz Bhustrin, ewiger Begleiter Vastrears. Ein Gnom, grobschlächtig und mitunter lächerlich wirkend. Er war flink wie ein Nager, skrupellos und gemein. Er bewachte und beschützte seinen Herrn mit Eifersucht, die sich manchmal durch Eintrübungen seines fast transparenten Körpers zeigte.

Sie selbst. Die autochthone Ordonnanz, ebenfalls im Dienst des Frequenzfolgers tätig. Ein Klonwesen mit tefrodischem Gengut. Groß gewachsen, dunkelhaarig, meist neckisch lächelnd, gemeinsam mit ihrem Seelenpartner S'Karbunc zu einem Werkzeug der Frequenz-Monarchie herangezogen.

Zusammen befanden sie sich auf der Flucht, von einer Station des Polyport-Netzes zur nächsten. Vertrieben von einem kleinen Kommando der Terraner, das FATICO im Sturm genommen hatte. Gedemütigt und geschwächt waren sie, kaum in der Lage, die Niederlage im Handelsstern zu begreifen …

Die Zeitfäden entwirrten sich. Satwa schüttelte verwirrt den Kopf. – War dies denn eben die Realität gewesen? Oder waren sie bloß die Reflektionen eines Betrachters, der aus einer anderen Perspektive dieses Zeitgewirrs auf sie blickte? Würden sie mitsamt ihres Zeitfadens verschwinden, wenn er seine Aufmerksamkeit von ihnen abwandte?

Was für seltsame, was für beunruhigende Gedanken … Satwa schob sie tunlichst beiseite und unterhielt sich im Stillen mit S'Karbunc, dessen Fladenleib sie um ihren Oberkörper geschlungen hielt. Irgendwann verstummten sie beide und verbrachten den Rest der Reise durch den Polyport-Tunnel unabhängig voneinander. Kontemplativ, jeder in sich selbst versunken. Manche Momente waren viel zu wertvoll, um sie mit dem jeweils anderen zu teilen.

2.

Vastrear: Die alte Heimat

 

Er trat aus dem Transferkamin, legte die Verbindung zum Handelsstern mithilfe seines C-Controllers endgültig lahm und ging zügig zu einem wartenden Okrivar.

Der Wasserstoffatmer grüßte ehrerbietig, prüfte die Legitimation des Ankömmlings oberflächlich und bedeutete den Darturka ringsum, den Weg frei zu machen. Die Soldaten der Frequenz-Monarchie ließen Vastrear und seine Begleiter anstandslos passieren.

Er suchte das monochrome graue Leuchten, das inmitten der Verladeplattform auf eine Informationsinsel hinwies, und als er es entdeckt hatte, ging er forsch darauf zu. Bhustrin bahnte ihm den Weg; wie immer.

Allerlei Volk umlagerte die Logistik-Schnittstelle. Roboteinheiten flogen aufgeregt umher, einfache Soldaten fassten ihre Waffen aus, höhere Dienstränge der Darturka sprachen Einsatzpläne ab, eine Gruppe Okrivar beschwerte sich lautstark über die Verzögerung einer Lieferung, die sie aus einem Distribut-Depot der Galaxis Bra-Nok-Zo erwarteten, zwei weißpelzige Slitaren debattierten aufgerichtet und sichtlich nervös über einen Versetzungsbefehl …

Man machte Vastrear und seinen Begleitern bereitwillig Platz. Vor Bhustrin öffnete sich eine Gasse, ein Ghimelaun winkte ihm ehrerbietig zu.

»Willkommen auf Hibernation-3«, sagte der Medusenähnliche und gönnte sich eine Salzwasserdusche. Er verknotete die langen Tanzfühler nervös, um sie auf wundersame Weise wieder voneinander zu lösen. »Du bist …?«

»Vastrear. Ich möchte Kumoson sprechen. Augenblicklich.«

Der Ghimelaun ließ einen Teil des Fatiwas, des Gelee-Gesichts, auf das Eingabefeld fallen. Körpereigene Magnetfelder des Ghimelaun vergrößerten da und dort das Gewicht des Fatiwas und erzeugten derart Schriftbilder, während die Tanzarme mit zunehmender Schnelligkeit seltsame Bilder in die Luft zeichneten.

»Frequenzfolger Kumoson ist derzeit nicht erreichbar«, beschied ihm der Ghimelaun nach einer Weile. »Ich kann dir einen Termin in der Adjutanz verschaffen. Dort wird man dich …«

»Du hast mich wohl nicht richtig verstanden, Geschöpf!« Vastrear drehte den Kopf, sodass das lange, sorgfältig gepflegte Pigasoshaar sichtbar wurde. »Ich lege keinen Wert auf Kontakt mit irgendwelchen untergeordneten Befehlsempfängern. Ich möchte mit Kumoson sprechen – und mit niemandem sonst!«

Der Ghimelaun drehte sich irrwitzig rasch im Kreis, die Tanzarme rollten sich spindelartig um den dürren Körper, während das Fatiwa vollends zu zerfallen drohte. »Es tut mir leid, Herr! Entkorkt, trocknet oder entleibt mich – aber ihr werdet keine andere Antwort aus mir quetschen können. Kumoson ist dieser Tage ein vielbeschäftigter Mann.«

Vastrear war es leid. Ein Ghimelaun, ein wertloses Geschöpf eines ebenso wertlosen Volkes, das aufgrund seiner physischen Schwächen lediglich für Verwaltungsaufgaben herangezogen werden konnte, widersetzte sich seinen Anweisungen? Denen eines Frequenzfolgers?

Er würde ein Exempel statuieren lassen. Darturka sollten sich um den Kerl kümmern …

Satwa trat nahe an ihn heran. Viel näher, als er es guthieß.

»Mit Verlaub, Vastrear«, flüsterte ihm die geklonte Tefroderin zu, als hätte sie seine Gedanken gelesen, »der Tod dieses armseligen Wesens würde uns keinen Schritt weiterbringen; ganz im Gegenteil. Wir sollten das Angebot annehmen und mit der Adjutanz Kontakt aufnehmen. Diese Leute wissen die Ankunft eines Frequenzfolgers sicherlich anders einzuschätzen und beschaffen dir im Handumdrehen einen Termin bei Kumoson.«

»Ich brauche keinen Termin!«, entgegnete Vastrear. »Ich bin Kumoson gleichgestellt und ich habe wichtige Informationen für ihn!«

»Solche, die er offenbar schon besitzt.« Satwa deutete hinter sich. Er folgte ihren Blicken.

Tatsächlich. Er war zu sehr auf seinen Ärger konzentriert gewesen und hatte sich kaum um das gekümmert, was rings um ihn geschah. Zahlreiche Darturka bevölkerten die Station. Die Soldaten mehrerer Vao-Regimenter standen in Reih und Glied, die Waffen griffbereit. Schweres Schützenmaterial wurde soeben herangeschafft.

Okrivar huschten umher, beschäftigten sich an den Schaltpulten der Station, diskutierten angeregt. Ihre Blicke galten den Transferkaminen. Jedes Mal wenn sich die Farbe eines der vier Transportwege von Blau auf Rot änderte, richtete sich aller Aufmerksamkeit darauf.

»Man bereitet sich auf einen Angriff vor«, sagte der klein gewachsene Bhustrin. »Es besteht aber keine echte Gefahr.«

 

*

 

Vastrear ließ Gnade vor Recht ergehen und schonte das Leben des Ghimelaun. Mit einem Permit in der Hand, das ihm einen Termin in der Adjutanz noch am gleichen Abend gewährleistete, verließ er den Transporthof durch einen gut gesicherten Zugangstunnel.

Er trat ins Licht der Sonne, die im Jargon der hiesigen Bewohner den Namen »Wiege« erhalten hatte. Die offizielle Bezeichnung, eine Zahlen-Buchstaben-Kombination, war hingegen kaum gebräuchlich; zu Vastrears Bedauern und Ärger. Er verachtete Unschärfen, sowohl in der Arbeit als auch im Privatbereich.

Sofern ein Angehöriger der Frequenz-Monarchie so etwas wie Privatsphäre für sich in Anspruch nehmen durfte.

»Du erinnerst dich?«, fragte Bhustrin.

»Woran?«

»Du wurdest hier wiedergeboren. Ich weiß noch sehr gut, Herr, als du und ich …«

»Lass das Geplapper!«, unterbrach Vastrear die Kriegsordonnanz forsch. »Sentimentale Anwandlungen sind das Letzte, was ich derzeit gebrauchen kann.«

»Verzeih.« Bhustrin senkte ehrerbietig seinen kantigen massiven Kopf.

Erinnerungen … wozu waren sie gut? Sie banden gedankliche Kapazitäten und beeinträchtigten das Konzentrationsvermögen. Er hatte nach vorn zu blicken. In Richtung jener glorreichen Zeiten, die sie erwarteten, sobald sie ihren lästigen Gegner besiegt und Zugriff auf das PARALOX-ARSENAL bekommen hatten.

Es war heiß. Es musste Sommer in der Stadt 457 sein. Der Boden reflektierte ungefiltert die Hitze des rotgolden leuchtenden Gestirns. Auf den wenigen ungepflegten Rasenstreifen tummelten sich Slitaren und grunzten wohlig, während sie die Erde mit ihren Bauchstacheln durchfurchten.

Ein Referror streifte ziellos umher. Das Kunstwesen war offensichtlich dienstfrei gestellt; es hatte keinen wiedererwachten Vatrox zu betreuen.

Widerlich!

Er blieb stehen, konzentrierte sich und verinnerlichte die architektonische Struktur von Zentrial 457. Es war nicht schwer; alle Wohn-Metropolen auf Hibernation-3 ähnelten einander. Kannte man eine von ihnen, fand man sich in allen zurecht. Die Industrie- und Produktionsstädte, meist auf der Süd-Hemisphäre der Welt angesiedelt, folgten einem geringfügig anderen Gestaltungsmuster.

»Wir haben einen halben Tag Zeit, Herr«, sagte Bhustrin. »Sollen wir eine Wohnung requirieren? Möchtest du dich ausruhen?«

»Nein.« Vastrear überlegte. »Es gibt einen Ort, den ich wiedersehen möchte; um nachzudenken: das Refugium.«

»Ich besorge uns eine Passage.« Bhustrin gab sich weiterhin ehrerbietig, warf aber Satwa einen bedeutungsvollen Blick zu.

Das Konfliktpotenzial zwischen der Kriegsordonnanz und der Tefroderin war enorm, da beide um seine Gunst wetteiferten und alles unternahmen, um besser dazustehen als der jeweils andere. Unter anderen Umständen hätte sich Vastrear an den Reibereien zwischen seinen beiden engsten Mitarbeitern delektiert. Doch nicht bei dieser Gelegenheit. Vastrears Sorgen waren zu groß und zu schwer geworden, um sich für derlei Firlefanz zu interessieren.

Bhustrins semitransparenter Körper dunkelte ein wenig nach, während er die notwendigen Schritte zur Erlangung einer Passage-Erlaubnis in die Wege leitete. Über eines der vielen, frei umherstehenden Terminals klinkte er sich in einen Rechnerknoten ein und gab seine Wünsche bekannt. Das Ansuchen der Kriegsordonnanz würde nach Dringlichkeit behandelt werden.

Vastrear kümmerte sich nicht weiter um Bhustrin; auch nicht um Satwa, die sich aufmerksam umblickte und mit ihren wachen Sinnen diese neue Umgebung zu verinnerlichen versuchte. Sie war ein recht gut gelungenes Zuchtexemplar. Ein besonders erfreuliches Resultat ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Und doch hatte sie auf FATICO schlechte Arbeit geleistet …

Ohne dass es Vastrear verhindern konnte, schweiften seine Gedanken ab. Er dachte an den Handelsstern, für dessen Verlust letztlich er verantwortlich war. Es gelang ihm nach wie vor nicht, die Ereignisse, die zum Verlust dieses Machtsymbols geführt hatten, nüchtern zu beurteilen. Er fühlte Empörung. Ohnmächtige Wut. Ratlosigkeit, sobald er daran dachte.

Sorge.

Erinnerungen sind nicht gut!, mahnte er sich einmal mehr und erinnerte sich eines alten Lehrspruchs: Befrei dich von den Problemen der vergangenen Nacht, sonst werden sie zu den Bürden des kommenden Tages. Nach jedem Schlaf kommt ein neuer Anfang, so wie nach jedem Tod ein neues Leben beginnt.

»Ich habe die Passage«, unterbrach Bhustrin seine Gedankengänge. »Ein Geamint wird uns in dreißig Pulsen aufnehmen.«

Sie warteten schweigend, bis ihr Gefährt landete und seine Aufnahmezunge nach ihnen ausstreckte. Der biomimetische Körper, Produkt einer auf Hibernation-3 entwickelten Technologie, war kaum wahrzunehmen. Bloß einige Unschärfen, die das Gebilde zur Umgebung hin abgrenzten, deuteten das Vorhandensein des Fluggeräts an.

Vastrear betrat die Zunge, tat die wenigen Schritte ins Leere – und fand sich unvermittelt im Inneren des Schiffs wieder. Spartanisch eingerichtet war es; mit wenigen Sitzgelegenheiten, einer offenen Hygienezelle und mehreren Arbeitsplätzen entlang der Reihen kleiner Bullaugenfenster.

Satwa folgte ihm. Sie gab sich unbeeindruckt; doch der Frequenzfolger hatte längst gelernt, ihre Mimik zu durchschauen.

Bhustrin betrat das Schiff und befahl den Start. Das Geamint erhob sich ruckfrei und machte sich auf den Weg Richtung Nordwesten. Hin zum Refugium in Stadt 383.

»Wo sind wir hier?«, fragte Satwa. Sie hatte sich in eine der Stuhlschalen gesetzt und bewegte ihren Körper unruhig hin und her.

»In einem biomimetischen Fahrzeug«, antwortete Vastrear knapp. »Die Schiffshülle wurde mit einem biomechanischen Anstrich überzogen. Mit intelligenten Farbpigmenten auf bakterieller Basis, wenn man es so nennen möchte. Die Geamint-Bakterien wurden auf größtmögliche Anpassungsfähigkeit gezüchtet. Je nach Lichteinfall verändern sie sich derart, dass sie fast wie unsichtbar erscheinen.«

»Sind die Geamints vakuumtauglich, Herr? Ein biomimetischer Tarnschirm, der ohne Energieemissionen auskommt, scheint mir eine recht probate – und vom Feind nicht erwartete – Defensivwaffe zu sein.«

»Die Geamints sind eine Fehlentwicklung. Das Konzept erwies sich angesichts des großen Zuchtaufwands als zu teure Alternative zu herkömmlichen Tarnschirmen. Es wurde lediglich eine Kleinserie von etwa einer Million bodengebundenen Fahrzeugen mit Geamint-Bakterien überzogen. Allesamt sind diese Einheiten auf Hibernation-3 im Einsatz. Das Konzept wurde und wird niemals über diesen lokalen Charakter hinauskommen.«

»Das ist schade.«

»Das ist Selektion, Satwa. Manches setzt sich durch, anderes bleibt auf der Strecke.« Er blickte die beiden Ordonnanzen nacheinander an. Lange. Sie sollten den tieferen Sinn seiner Worte verinnerlichen.

Vastrear setzte sich an einen der Arbeitsplätze und aktivierte die Universal-Folie. Das dünne Leitblatt sprang auf eine Fingerberührung an und machte ihn in Wort und Bild mit den neuesten Entwicklungen auf Hibernation-3 vertraut.

Er betrachtete die Nachrichten bloß oberflächlich. Sie waren wenig aussagekräftig und in erster Linie für Nicht-Vatrox gedacht. Selbstverständlich existierte für die Angehörigen seines Volkes eine eigene Leseart der Daten- und Informationsreihen. Eine Sprache hinter der Sprache, sozusagen. Eine, die Besorgnis und Unsicherheit über die Situation in dieser Sterneninsel ausdrückte. Doch sie war zu vage, zu unbestimmt.

Vastrear verstand den Kern der Aussagen nicht. Aber eines war klar: Kumoson, nomineller Befehlshaber auf Hibernation-3, war irritiert.

Und das war ganz und gar nicht gut.

 

*

 

Er verbrachte einen Teil der Reise dösend. Er hatte dem Geamint eine geringe Geschwindigkeit befohlen. Ohne selbst zu wissen, warum er Zeit vergeudete.

Als sie in der Stadt 383 landeten, fühlte er sich besser – und war ein wenig aufgeregt. Er würde das Refugium wiedersehen. Jenen Ort, den er nach seiner Wiedergeburt so sehr zu schätzen gelernt hatte. Im Inneren des Gebäudes hatte er die Agenden, die Pläne, die Konzepte der Frequenz-Monarchie vollständig verinnerlicht.

Vastrear ging von Bord, ohne sich um seine Begleiter zu scheren. Sie würden ihm nachlaufen, wie immer.