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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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9.

10.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2514

 

Ein Fall für das Galaktikum

 

Sie sind Kämpfer für den Frieden – aber ihr Gegner ist mächtig

 

Arndt Ellmer

 

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Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Der aufgefundene Polyport-Hof ITHAFOR stellt eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt eine Macht, die sich Frequenz-Monarchie nennt, in diesen Polyport-Hof vor. Der Angriff kann zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.

Während Perry Rhodan einem Hilferuf der Terraner in das in unbekannter Weite liegende Stardust-System folgt, ist die Lage in der Milchstraße alles andere als sicher. Und so mancher bisher kleine Konflikt entpuppt sich überraschend als EIN FALL FÜR DAS GALAKTIKUM ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Imperator Bostich I. – Der Arkonide empfängt seinen alten Widersacher in Galakto City.

Reginald Bull – Perry Rhodans langjähriger Weggefährte macht sich auf den Weg nach Aurora.

Leutnant Lech Hallon – Der Ordonnanz-Offizier bewährt sich an der Seite des Residenz-Ministers für Liga-Verteidigung.

Referror-8211 – Ein Kunstwesen dient als Amme in der Frequenz-Monarchie.

Sinnafoch – Ein Frequenzfolger lernt sein neues altes Leben kennen.

1.

 

Er will sich bewegen, aber er besitzt keinen Körper.

Er will sehen – ihm fehlen die Augen.

Er will hören – er hat keine Ohren.

Nur das winzige Pünktchen ist da, das grell in sein Bewusstsein sticht. Es frisst sich in das Nichts, versucht sich auszudehnen und die schwarze Leere zu verdrängen, die überall ist.

Einen Augenblick verharrt er reglos, während der winzige Punkt gegen das Nichts anrennt wie gegen eine undurchdringliche Wand.

Explodier bloß nicht! Er erschrickt ob dieses Gedankens, weiß nicht, woher dieser kommt. Was ist damit gemeint?

Du schaffst das nicht. Es ist besser, jetzt zu sterben als nie!

Die Stimme, sie quält ihn. Sie ist sein Feind. Sie dringt aus dem Nichts in sein Inneres. Sein Inneres, was ist das?

Kälte umfängt ihn. Der grelle Punkt gefriert, wird schwächer. Er erlischt, um plötzlich in einer grellen Eruption einen Teil seiner Energie zu vergeuden.

Das Bewusstsein versucht die Information festzuhalten. Vergebens. Sie entgleitet ihm, verschwindet in der Leere. Das Nichts hüllt ihn ein, verdammt ihn zur Reglosigkeit.

Er glaubt, so etwas wie einen Schrei zu hören, der als murmelndes Echo aus der Ferne zurückkehrt.

Nehme ich etwas wahr, was nicht in mir ist?

»Er fängt an zu leben.«

Es ist eine andere Stimme, nicht die von vorher. Sie klingt kalt.

Der grelle Punkt beginnt gleichmäßig zu wachsen, wird zu einem Fleck, einer Kugel, einem Feuerball.

Panik steigt in ihm auf, ein Gefühl, das ihm vertraut erscheint. Hat er das nicht schon einmal kennengelernt? Oder sogar mehrmals ...?

Ein anderer Gedanke taucht auf. Das Nichts – es darf ihn nicht verschlingen. Er muss alles daransetzen, ihm zu entkommen. Er weiß nicht, wie er es anstellen soll. Schlimmer noch, er hat keine Ahnung, wozu er es tun soll und was es ihm nützt. Es ist ein Gedanke, eher ein Gewirr aus mehreren Gedanken. Sonst nichts.

Was bin ich? Wer bin ich?

»Sein Bewusstsein entwickelt erste Aktivität.«

Seltsamerweise versteht er das, aber er begreift es trotzdem nicht. Wo bin ich? Wie komme ich hierher? In das Nichts?

Er kann sich nicht erinnern. Oder doch?

Seltsame Figuren geistern durch den grellen Ball, der ihm immer vertrauter wird. Das ist er selbst, seine Gedanken, sein Bewusstsein. Die Figuren formen sich zu Ketten, sie bilden einen Begriff, an den er sich zu erinnern glaubt.

Referror.

Er weiß nicht, was es bedeutet, aber er kennt diese Kette. Referror!

Eiseskälte und glühende Lava dringen auf ihn ein, vereinigen sich zu einem explosiven Gemisch.

»Wer bin ich? Wo bin ich?« Das Ächzen kommt ganz aus der Nähe. Und dann wieder die andere Stimme: »Er wird bald erwachen!«

Was ist Erwachen? Das Gegenteil von dem, was er selbst ist?

»Der Frequenz-Monarchie sei Dank!« Diese Stimme – er täuscht sich vermutlich, aber irgendwie kommt sie ihm bekannt vor. »Der Vorgang der Erweckung verläuft ohne Probleme.«

»Erweckung?« Das ist wieder die ächzende Stimme. »Was ist mit mir?«

Das Gemisch aus Eis und Lava durchdringt ihn, es bläht ihn auf. Er kann sich nicht dagegen wehren. Eine Weile versucht er standzuhalten, dann gibt er der übermächtigen Kraft nach.

Er explodiert.

 

*

 

Sonnen kreisten über der Welt, auf seltsamen Bahnen, hin und her, her und hin. Sie pendelten von einer Seite zur anderen und wieder zurück. Er verstand nicht, warum sie es taten. Es machte ihn schwindelig, ihren Bewegungen zu folgen.

»Weniger Licht!«, sagte die fremde Stimme. »Es könnte den Augen des Wiedergeborenen schaden.«

Augen? Augen!

Ich sehe, dachte er. Und ich höre. Er wusste plötzlich Dinge und hatte keine Ahnung, warum und wozu. Das Nichts ...

Er hielt nach der schwarzen Leere Ausschau. Sie existierte nicht mehr. Alles um ihn herum war hell. Wärme hüllte ihn ein, die er als angenehm empfand. Das grelle Licht wurde erträglicher.

Die Stimme sagte: »Sein Kreislauf ist jetzt stabil. Seine Sinne sind zu siebzig Prozent erwacht. Er wird bald in der Lage sein, die Welt um sich herum zu erkennen.«

»Was ...?«, ächzte er abgehackt. »Wo ...?«

Ein Schatten verdrängte die Sonnen und sank ein Stück auf ihn herab. Riesengroß jagte er ihm Angst ein.

»Gedulde dich ein wenig. Die Phase des Erwachens ist bald abgeschlossen. Du hast geschlafen ...«

Bei ihren letzten Worten weckte ein leichter Unterton in der Stimme sein Misstrauen.

»Ge-schla-fen? – Im Nichts?« Er starrte auf den Schatten mit seiner fließenden Umrandung. Auf hellem Hintergrund entdeckte er eine Figurenkette, die er kannte. Referror! – »Referror!«

»Ja, ich bin der Referror«, sagte die Stimme. »Um genau zu sein, Referror-8211. Deine Fortschritte sind bemerkenswert. Du kannst schon Buchstaben zu einem Wort verbinden.«

Die Figuren nannten sich Buchstaben, die Summe ergab ein Wort.

»Du bist der Referror ...!«

Der Schatten über ihm glitt zur Seite. »Folge mit den Augen meiner Bewegung.«

Er tat es, es ging ganz leicht. Dennoch fühlte er sich dabei hilflos, irgendwie ausgeliefert. Was wollte der Referror von ihm? Was stellte er mit ihm an? Der Schlaf ...

»Ich habe nicht geschlafen!«

Sein Blick wurde klarer. Die Umrisse der Gestalt verloren ihren diffusen Charakter. Er sah ein Wesen über sich gebeugt, das ihm seltsam vertraut schien und doch irgendwie abstoßend auf ihn wirkte. Ein Kopf, ein Körper, zwei mal zwei Gliedmaßen, und das alles in einem merkwürdig gleichmäßigen Rosa mit graugelbem Unterton. Zwei dunkelblaue Murmeln in der Vorderseite des Kopfes musterten ihn aufmerksam. Die Arme des Referrors endeten in Händen, die beide jeweils einen Gegenstand festhielten. Länglich und schmal der eine, kurz, dick und schwarz wie ein gestauchtes Nichts der andere.

»Du hast recht«, sagte die rosige Gestalt. »Du hast nicht geschlafen. Du wurdest geboren.«

Du bist tot!

Wieder so ein Gedanke in seinem Bewusstsein, der nicht von ihm stammte.

»Ich bin wach, nicht tot!«

»Mit wem sprichst du?«, fragte der Referror blitzschnell.

»Mit ... Ich weiß nicht ... Da ist eine Stimme in mir ...«

»Der Induktionsdamm arbeitet bereits, aber er tut es unkontrolliert. Achte nicht auf ihn. Es vergeht meist nach ein, zwei Stunden.«

»Ich versuche es. – Sag mir, wer ich bin.«

»Hab Geduld. Irgendwann fällt es dir ein.«

Irgendwann ... Wann war irgendwann?

Er löste seinen Blick vom Referror, betrachtete die Gegenstände in seiner Nähe, silbern glänzende Gebilde mit dünnen, biegsamen Armen. Dahinter ragten Wände auf, an denen zahllose Lichter blinkten. Dazwischen leuchteten Buchstabenreihen auf. Ab und zu erklang eine monoton klingende Stimme und gab Informationen von sich, mit denen er nichts anfangen konnte.

Alles, was der Referror sprach, verstand er problemlos, als sei das schon immer seine eigene Sprache gewesen.

Er musterte die Fläche, auf der er lag. Sie fühlte sich weich und glitschig an. Am Fußende ragte ein grün-violetter Kasten auf. Je länger er die Farbstreifen betrachtete, desto mehr entspannte er sich.

»Das Zimmer entspricht ganz deinem persönlichen Geschmack«, sagte der Referror.

Die Farben, die Umgebung – alles kam ihm irgendwie vertraut vor, als habe er es schon einmal gesehen. »Wieso kann ich mich nicht erinnern?«

»Jedes Mal ist es anders«, antwortete der Referror.

Wieder starrte er diesen gleichmäßig rosaroten Körper an. Wieso kenne ich die Farben? »Sagtest du ›jedes Mal‹? Wie oft schon?«

»Es spielt keine Rolle. Ich bin da, um dir dabei zu helfen, deine Erinnerung wiederzufinden. Du brauchst viel Zeit dazu. Nimm sie dir. Versuch jetzt, dich von dem Medobett zu erheben.«

Medobett hieß das also.

Bett zum Sterben, nicht zum Schlafen!

»Hör auf, Quälgeist!«

»Der Damm wird dir in deinem neuen Leben wertvolle Dienste leisten«, sagte der Referror. »Wie immer!«

Er blickte an sich hinab, vergegenwärtigte sich zum ersten Mal bewusst den Körper, den er besaß. Entschlossen richtete er sich auf, schwang die Beine über die Bettkante. Es ging schief. Sie gehorchten ihm nicht richtig, als seien es nicht die eigenen. Die Arme bekam er schneller unter Kontrolle, aber dann knickte sein Oberkörper weg.

»Dieser Körper, lebt er überhaupt?« Er erhob sich, kam schwankend auf die Füße. Der Referror stützte ihn.

»Du hattest schon größere Probleme nach dem Erwachen. Dieses Mal scheint dir alles leichtzufallen. Und ich wäre beinahe zu spät zu deiner Erweckung gekommen.«

Er entdeckte ein Wandelement, in dem sich sein Körper spiegelte – hager, nein, eher spindeldürr. In dem asketischen Gesicht dominierten Augen von hellem Orange. Sie sahen aus, als würden sie von innen leuchten, umso mehr, da seine Haut dunkel erschien, fast schwarz.

»Das bin also ich.« Auf den ersten Blick entsprach er nicht seiner eigenen Vorstellung. So kurz nach der Erweckung wollte das nichts heißen.

»Aber wer bin ich?« Er drehte sich ein Stück zur Seite, dabei fiel sein Blick auf den Hinterkopf. Übergangslos empfand er Leere in sich, das schwarze Nichts wollte zurückkehren und ihn verschlingen.

»Wieso ist da nichts?«, murmelte er dumpf. Wie ein elektrischer Schlag ging es durch seinen Körper. Er zuckte unkontrolliert und fand sich in den Armen des Referrors und zwischen den Tentakeln mehrerer dieser Gebilde über dem Bett. Er riss sich los, sprang gegen die Spiegelwand, dass sie sich dellte und nur noch ein verzerrtes Abbild seiner Selbst lieferte.

»Wo ist mein Pigasoshaar?«, schrie er den Referror an. Der Rosarote schien um eine Nuance dunkler geworden zu sein, vielleicht von der Anstrengung, ihn zu bändigen.

»So fängt es immer an«, sagte der Referror. Teilnahmsloser hätte es nicht klingen können. »Erste Fetzen deiner konkreten Erinnerung tauchen auf.«

Ein Blitz zuckte durch sein Bewusstsein und löschte es aus, aber gleichzeitig kehrte es zurück. Dieser Fetzen hatte nichts mit der Zierde seines Kopfes zu tun. »Ich bin gestorben. Ich war tot.« In seinem Innern loderte der Schmerz. Er empfand die Pein, die seinen Körper in Atome zerlegte und vernichtete, aber im Todeskampf verspürte er plötzlich Zuversicht. Er würde wiedergeboren. So war es immer.

Er sank auf das Bett zurück, starrte den Referror an und wusste es jetzt aus eigener Erkenntnis, dass er nicht zum ersten Mal geboren worden war.

»Es ist ein ewiger Kreislauf«, verkündete der Referror. »Du bist ein Vatrox mit vielen Wiedergeburten. Dein Pigasoshaar wird wachsen wie jedes Mal zuvor.«

»Ein Vatrox also ... Ich kann mich nicht erinnern, was geschehen ist.«

»Alles, was deine Lebensumstände und deine Vergangenheit betrifft, kannst du den Datenspeichern entnehmen. Zunächst jedoch musst du zu dir selbst finden.«

»Ich muss von vorn anfangen? Was für eine Schande.« Er wollte sich über den Hinterkopf streichen, aber das Fehlen des Pigasoshaars weckte Ekel in ihm. Seine Hand zuckte zurück.

Erneut stand er auf und ging ein paar Schritte. Es klappte schon deutlich besser. »Referror, wer bin ich? Sag es mir endlich!«

»Du bist einer unserer Ehrbarsten.«

»Das ist kein Name. Wie heiße ich?«

Der Referror schwieg.

Wut überkam ihn. Er wollte nicht warten, bis es ihm einfiel. Er konnte nicht warten. Am liebsten hätte er den hässlich Rosaroten wegen dessen Hartnäckigkeit in Stücke gerissen. »Ich befehle dir, mir meinen Namen zu sagen!«

»So gefällst du mir schon besser.« Der Referror grinste – ein schmieriges, entgleistes, irgendwie lebloses Grinsen. »Du bist Sinnafoch. Frequenzfolger Sinnafoch.«

2.

16. Januar 1463 NGZ, 11 Uhr 48

 

»Nach der Schlacht ist immer vor der Schlacht.« Reginald Bull stocherte lustlos im Rückenpanzer des Hummers herum, den er als Mittagessen ausgewählt hatte. »Frag mich nicht, wer den Spruch erfunden hat. Vermutlich ist er so alt wie die Menschheit.«

Sein Gegenüber sah ihn aus großen runden Augen an. »Und die hat etliche Zeitalter auf dem Buckel. Apropos Buckel, du sitzt am Tisch, als würde auf deinen Schultern mindestens eine halbe Tonne lasten. Ein Rudel unsichtbarer Ertruser zum Beispiel.«

»So fühle ich mich auch, Kleiner.«

Die Spuren der Kämpfe in den Transferhallen und im Distribut-Depot waren längst nicht beseitigt, Teile der Anlagen wurden durch Schirmfelder unter Verschluss gehalten. Vor den insgesamt 32 Transfer-Kaminen flimmerten grüne Hochernergie-Überladungsschirme – für alle Fälle. Zwar hatten sie die kleine Flotte der Frequenz-Monarchie in die Flucht geschlagen und der Frequenzfolger war beim Eindringen nach ITHAFOR ums Leben gekommen, aber das änderte nichts an der Tatsache an sich: Die Frequenz-Monarchie wollte das Distribut-Depot zurückerobern.

Bull richtete sich auf, atmete tief durch und legte das Besteck weg, mit dem er das Hummerfleisch aus der Schale gepult hatte. Die Köstlichkeit in Rot-Orange sah verdammt echt aus. Nicht einmal am Geschmack hätte er die Imitation erkannt, und doch stammte der Hummer aus den Designerfarmen von PRAETORIA.

»Manchmal frage ich mich, ob das denn nie aufhört, diese Kriege mit Mächten, deren Interessen sich von unseren jedes Mal so gewaltig unterscheiden, dass eine bewaffnete Konfrontation unausweichlich scheint.«

Gucky ließ seinen Nagezahn blitzen. »Ich dachte, du hättest dich längst daran gewöhnt, immerfort zwischen den Stühlen zu sitzen! Zumal ja auf einem gar nicht mehr genug Platz für dich ist, so, wie du das Essen in dich reinschaufelst, mein Dicker.«

»Pass bloß auf mit deinem breiten Ilthintern vom Möhrenschlingen. – Weißt du, TRAITOR war eine Bedrohung, gegen die wir uns nur wehren konnten. Aber jetzt haben wir die Zukunft selbst in der Hand. Unsere Zukunft und die aller Völker dieser Galaxis. Was sage ich, der ganzen Lokalen Gruppe.« Etwas leiser fügte er hinzu: »Und des Stardust-Systems.«

Seit sie von dort über den Polyport-Funk einen Hilferuf erhalten hatten, waren sie sich über die Dimensionen des Polyport-Netzes klar geworden und über seine strategische Bedeutung. Da existierte ein System von Transport-Höfen, das mehrere Galaxien miteinander verband, unter anderem Andromeda, die Milchstraße, Centaurus A und weitere Sterneninseln. In diesen Höfen tauchten seit Ende Dezember Kampftruppen der sogenannten Frequenz-Monarchie auf. Die bisher unbekannte Macht beanspruchte die Höfe für sich. Und sie agierte auf intergalaktischem Terrain.

Das lapidare Bekenntnis, mit dem der kurzfristig gefangengesetzte Frequenzfolger Sinnafoch es kommentiert hatte, ging Bully nicht aus dem Sinn. »Dies ist das Zeitalter der Vierten Hyperdepression, und es ist die Bestimmung der Monarchie zu herrschen. Wer sich ihr in den Weg stellt, wird ausgelöscht.«

Der Ausspruch zeugte von einer gehörigen Portion Naivität. Da kamen Truppen durch die Kamine der Höfe, schossen um sich und schickten sich an, die Transportmittel zu erobern. Sie fragten niemanden, sondern verhielten sich gerade so, als seien diese Höfe ihr rechtmäßiges Eigentum und sie seien gekommen, um Verbrecher zu exekutieren.

»Frechheit siegt!«, stieß der Terraner hervor. »Aber wenn die Kerle glauben, dass sie damit durchkommen, haben sie sich getäuscht. Nicht mit uns!«

»Natürlich nicht!«, pflichtete Gucky ihm bei. »Willst du nicht lieber zu Ende essen?«

»Mir ist der Appetit vergangen.«

Schon die morgendliche Lagebesprechung hatte ihn belastet. Er hatte die verdiente Euphorie der Männer und Frauen dämpfen müssen. Trotz des Sieges bestand keinerlei Grund, sich übermäßig zu freuen oder gar zu triumphieren. Eine gewonnene Schlacht machte noch längst keinen gewonnenen Krieg.

Ausschlaggebend für die zurückhaltende Einschätzung war jedoch vor allem der Kartentank, den sie im zerstörten Flaggschiff des Frequenzfolgers gefunden und analysiert hatten. Aus diesen Daten ging hervor, dass die Frequenz-Monarchie Stützpunkte im Sternhaufen Bengar unterhielt, 4500 Lichtjahre von Tefrod entfernt.

Die 24 Schiffe, die ITHAFOR angegriffen hatten, waren von dort gekommen: aus Andromeda, der Nachbargalaxis der Milchstraße.

Sinnafoch hatte den Tod gefunden. Das Ausbleiben von Funksprüchen und Schiffen musste den Heerführern dort zu denken geben. Sie würden kommen und nachsehen, wenn sie das nicht schon getan hatten. Und gemäß ihrer eigenen Philosophie, die man in Grundzügen kannte, würden sie den nächsten Versuch starten, ITHAFOR zurückzuerobern.