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DON JUAN ARCHIV WIEN

OTTOMANIA

4

Reihe herausgegeben von

HANS ERNST WEIDINGER · MICHAEL HÜTTLER

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WALTER PUCHNER

DAS NEUGRIECHISCHE
SCHATTENTHEATER
KARAGIOZIS

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Publiziert mit freundlicher Unterstützung des

Walter Puchner: Das neugriechische Schattentheater Karagiozis. Wien: HOLLITZER Wissenschaftsverlag, 2014 (= Ottomania 4)

Erweiterte Neuauflage mit Vorwort und Nachwort 2014.

Ursprünglich erschienen in:

Reihe Ottomania herausgegeben von Michael Hüttler und Hans Ernst Weidinger

© HOLLITZER Wissenschaftsverlag, Wien 2014

HOLLITZER Wissenschaftsverlag
der HOLLITZER Baustoffwerke Graz GmbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-99012-152-8 hbk

VORWÖRTER UND EINLEITUNG

VORWORT ZUR NEUAUFLAGE 2014

Die Wiederveröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit nach 40 Jahren ist eher eine ungewöhnliche Angelegenheit, noch dazu wenn es sich um das Erstlingswerk eines angehenden Mysten der scientia und eine theaterwissenschaftliche Dissertation an der Universität Wien handelt, deren ruhmloses Schicksal meist in den Regalen der National- und Universitätsbibliotheken Österreichs endet. Doch gibt es erleicherternde Umstände für ein solches Vorgehen, als 1) die Dissertationen der philosophischen Fakultät zu dieser Zeit in Österreich nicht gedruckt erschienen, sondern nur maschinschriftlich in drei Exemplaren, 2) die Historizität gewisser wegweisender Monographien in einem begrenzten Themenbereich eine neue publikative Zugänglichmachung von Stationen der Forschungsentwicklung von sich aus wünschenswert erscheinen lassen und 3) die vorliegende Monographie zum griechischen Schattentheater eine erstaunlich konstante Rezeption durch die Jahrzehnte hindurch erfahren hat, die sich nicht nur auf die internationale Puppenspielforschung bzw. die griechische Schattentheaterforschung bezieht, sondern auch auf vergleichende Balkanologie, Orientalistik, mediterrane Studien, Literatur- und Theatergeschichte und andere Disziplinen. Trotzdem die Arbeit nie ins Griechische übersetzt worden ist (und Deutsch ist nicht unbedingt die erste Präferenz der griechischen Geisteswissenschaften bezüglich europäischer Sprachenkenntnisse), gehört sie bis in die Gegenwart zu den Pflichtzitaten eines Großteils der einschlägigen griechischen Literatur, die sich in der einen oder anderen Form auch mit dem Schattentheater beschäftigt.

Die Wiener Dissertation Das neugriechische Schattentheater Karagiozis, Diss. Wien 1972, S. 219 (masch.), Abb., die bei Margret Dietrich in der Theaterwissenschaft eingereicht, aber auch von Leopold Schmidt (Volkskunde) und Polychronis Enepekidis (Neogräzistik) begutachtet wurde, war das Forschungsergebnis eines bis dahin einjährigen Aufenthalts in Griechenland (1971/1972) und sollte ein Unterkapitel des ersten Teils (zum Volkstheater) einer neuen Geschichte des neugriechischen Theaters darstellen, die allerdings bis heute noch nicht als einheitliche master narrative zu Ende geschrieben ist. Aus dem ersten Kapitel dieses ersten Teils wurde dann in der Folge meine Habilitationsschrift (ebenfalls an der Univ. Wien), Brauchtumserscheinungen im griechischen Jahreslauf und ihre Beziehungen zum Volkstheater. Theaterwissenschaftlich-volkskundliche Querschnittstudien zur südbalkan-mediterranen Volkskultur, Wien, Selbstverlag des Österreichischen Museums für Volkskunde 1977 (Veröffentlichungen des Österreichischen Museums für Volkskunde XVIII), S. 437, 28 Abb. auf Taf., 16 Skizzen, Karten und Diagramme, Faltkarte am Ende des Bandes, die bereits die thematische und methodische Ausweitung über die Theaterwissenschaft hinaus zu den Kulturwissenschaften des südosteuropäischen Raums hin augenfällig werden ließ.

Trotz dieser eher versteckten und auf Österreich beschränkten Publikation hatte die Dissertation immerhin die Aufmerksamkeit und das Interesse des führenden türkischen Theaterhistorikers Metin And erregt, der Schattentheater auch weltweit untersucht hat, ansonsten blieb die Wahrnehmung der Publikation eher auf Bibliographien beschränkt.1 Johann Hüttner hat die Dissertation in seinem bibliographischen Bericht über die Wiener theaterwissenschaftlichen Dissertationen von 1971 bis 1976 folgendermaßen beschrieben:

Die Arbeit gliedert sich in einen historischen und einen hermeneutischen Hauptabschnitt. Ersterer nimmt das Zeitkontinuum zur methodischen Achse, zweiterer beschäftigt sich selektiv mit einzelnen Problemfeldern.

Der historische Abschnitt umfaßt: Entstehungstheorien und Ursprungssagen, den türkischen Karagöz, Karagöz in Griechenland, die Hellenisierung, die Hochblüte, den Rückgang. Das Untersuchungsobjekt wird hier wissenschaftsgeschichtlich im Streit der Meinungen und phänomenologisch in deskriptiver Analyse zur Darstellung gebracht. Neben dem Eindringen in die historischen Bezüge im Umfeld des Forschungsgegenstandes kristallisieren sich schon Kernpunkte der nachfolgenden hermeneutischen Ausfaltung und Problemvertiefung heraus, der sich der zweite Hauptabschnitt widmet. Im Übergriff in Nachbarbereiche der Untersuchung ergeben sich vier Problemstellungen: Karagiozis als Forschungsgegenstand, Karagiozis als Produkt einer Volkskultur, Einflüsse und Beeinflussungen, Ästhetik und Theorie. Die vier genannten Kapitel verstehen sich als Versuche zu einer interdisziplinären Kulturkomparatistik.

In einem dritten Hauptteil werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefaßt und in eine erweiterte Problemsichtung gestellt. Ein Anhang bringt ein alphabetisches Verzeichnis der namentlich bekannten Volkskünstler rund um das Schattentheater mit Kurzbiographien und stichwortartigen Charakteristiken, desgleichen ein Verzeichnis der Titel der Schattenspiele samt Quellenangabe. Es folgt ein Register der gedruckten Textserien sowie die Bibliographie zum Thema. Ein illustrierender Bildteil beschließt die Arbeit.2

Aufgrund der sehr bescheidenen Rezeption dieser „Publikation“ – eine maschinschriftliche Dissertation stellt eigentlich nicht einmal eine richtige Publikation dar – trat ich schon am Beginn meines Aufenthaltes in München 1974/1975 als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stifung für postdoktorale Forschungen3 an den Verfasser der Geschichte der byzantinischen Volksliteratur, München 1971, und Herausgeber der Reihe Miscellanea Byzantina Monacensia heran, mit der Frage, ob diese Monographie im Themenkreis des Interesses dieser Publikationsreihe liege, und erhielt sogleich eine positive Antwort. Hans-Georg Beck hatte in derselben Reihe schon die Dissertation von Georgios Veloudis, Der neugriechische Alexander. Tradition in Bewahrung und Wandel, München 1968 herausgebracht, eine Arbeit, die dem Schicksal des Alexanderromans in der nachbyzantinischen Epoche gewidmet war; darüberhinaus trug die universitäre Institution, die diese Reihe herausgab, den Titel Institut für Byzantinistik und Neugriechische Philologie. Nun war das Thema alles nur kein philologisches, da es sich beim Schattentheater um improvisierte Schaustellerei ohne stabile Textvorlage handelt, und es ist dem offenen Geisteshorizont des Nestors der bayerischen Byzantinistik zugutezuhalten, daß er diese Monographie in diese bedeutende Reihe byzantinistischer Arbeiten aufgenommen hat, indem er in erfahrener Voraussicht ihre Qualität und Originalität erkannt hatte, die sich allerdings erst nachträglich erweisen sollte.

Somit erschien Das neugriechische Schattentheater Karagiozis, München, Institut für Byzantinistik und Neugriechische Philologie der Universität München 1975 (Miscellanea Byzantina Monacensia 21), S. 250, 39 Abb. auf IX Taf. ohne wesentliche Änderungen in einer renommierten Reihe, allerdings nicht wirklich in gedruckter Form, sondern aus Gründen der beschränkten Finanzmöglichkeiten des Instituts, als hektographiertes und gebundenes, maschinschriftlich erstelltes Manuskript in Form eines Buches. Zwar gab es noch keine ISBN-Verpflichtung, doch trotz der provisorischen Aufmachung hatte die Publikationsreihe aufgrund der internationalen Vernetzung der Byzantinistik und der Bekanntheit ihres Herausgebers einen weit größeren Rezeptionsradius als eine Wiener Dissertation der Theaterwissenschaft. Das Büchlein ist wegen seiner beschränkten Auflagenzahl seit vielen Jahren vergriffen, aber doch in vielen Bibliotheken international vorhanden, wie ein Blick in den Karlsruher Virtuellen Katalog zeigt.

Somit gelangte die Monographie mit ihrem eher spezifischen Forschungsgegenstand in einer Randlage der wissenschaftlichen Modethemen in den Interessensbereich einer Reihe von Wissenschaftsdisziplinen, in den eine ungedruckte Wiener Dissertation der Theaterwissenschaft nie gelangt wäre: neben der Byzantinistik und Neogräzistik in die Orientalistik, die Balkankunde, die vergleichende Volkskunde Südosteuropas, aber auch die internationale Puppenspielforschung usw. Schon die Buchbesprechungen mit ihren unterschiedlichen Methoden und Sichtweisen geben davon einen sprechenden Eindruck: der Schweizer Robert Wildhaber beurteilt das Phänomen aus der Sicht der Volksschauspielforschung und der vergleichenden Volkskunde:

Puchner gibt uns eine tiefschürfende Analyse des griechischen Schattentheaters mit einer minutiösen Darstellung von Aufführungseinzelheiten. Als Arbeitshypothese bezeichnet er mit Schattentheater Karagiozis den hier beschriebenen, ab etwa 1890 sicher belegbaren, und auf griechischem Staatsgebiet aufgeführten Spieltyp mit all seinen temporalen und lokalen Modifikationen. Die Untersuchung geht von zwei Gesichtspunkten aus: einem historischen und einem deutenden: zugleich soll der heutige Stand der griechischen Forschung zum Thema aufgewiesen werden. Trotz aller Bemühungen ist festzustellen, daß Ursprungsraum und Ursprungszeit des Schattentheaters nicht exakt ausgemacht werden können. Die oft behauptete Übernahme des griechischen Spiels vom türkischen wird von Puchner strikt abgelehnt: eine solche habe es nie gegeben. Für Puchner ist die Hellenisierung des Spiels in drei Stufen erfolgt, wobei die eigentliche Themenanreicherung durch die Übernahme von Erzählgut aus der klephtischen Tradition und bedingt durch patriotische Vorstellungen um die Helden des Freiheitskampfes erfolgte. Das wesentliche Repertoire wurde im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ausgeformt: es besteht aus drei Stoffkreisen: 1. alltägliches Leben, in welchem Karagiozis eine ganze Menge von verschiedenen Berufen ergreift, 2. heroische Vorstellungen: Klephtentum und Freiheitskampf, 3. mythische Vorstellungen, Motivkreis um Alexander den Grossen. Man darf das Schattentheater als ein Gesamtkunstwerk im kleinen bezeichnen, denn Musik, Malerei, mimische und dramatische Kunst wirken hier zusammen. Es ist denn auch nicht zu verwundern, daß Karagiozis im neugriechischen Raum auf Malerei, Dichtung und Theater entscheidende Einflüsse ausgeübt hat. Im Anhang bringt Puchner ein ausführliches, sehr verdienstliches Verzeichnis namentlich bekannter Karagiozisspieler, Helfer, Sänger, Figurenschneider, Volksmaler und Theaterunternehmer; ferner bietet er uns das gesamte bekanntgewordene Repertoire des Schattentheaters Karagiozis und eine sorgfältige Bibliographie. Als sehr angenehm sei vermerkt, daß die zahlreich zitierten griechischen Texte von ihm in die deutsche Sprache übersetzt wurden.4

K. Mitsakis als Byzantinist und Neogräzist, damals aber Vorstand des Institute for Balkan Studies in Thessaloniki, hebt die Eigenständigkeit des griechischen Schattentheaters im südosteuropäischen Kontext hervor:

One must first of all remark that Puchner’s book on the Greek Karagiozis is one of the fullest and most important studies on the subject that has been written in recent years. The author, with a sound knowledge of first-hand material and the relevant bibliography, examines the subject not only from the purely historical point of view, but also as an expression of the special environment that gave rise to it or received it.

The work begins with a detailed examination of the vexed question of the origin of the shadow-theatre. Puchner, in a very critical spirit, discusses and rejects one after another the various theories that attempt to connect the shadow-theatre with a particular place. „Ursprungsraum und Ursprungszeit des Schattentheaters“, he notes, „können auf Grund der vorhandenen Spuren nicht exakt ausgemacht werden. Die Wanderungstheorie ist als Hypothese zu schwach fundiert, um heute noch Geltung zu besitzen; die Erstellung einer Geschichte des Schattentheaters im Sinne sukzessiver Aufeinanderfolge von Phänomenen ist nicht durchführbar, besser wäre es von der Deskription geographisch getrennter oder nicht getrennter, simultan oder scheinbar sukzessiv vorhandener Spieltypen zu sprechen; die einleitend postulierte Phasenabfolge entlang des Zeitkontinuums hat sich also nur methodisch bewährt, nicht aber faktisch; die Streuung des Spurenmaterials legt mehrere autonome Entstehungszentren nahe, die sich möglicherweise in Wechselwirkung befunden haben; grundsätzlich ist der Ursprung des Schattentheaters aber ungeklärt“ (p. 195).

The work continues with a study of the Turkish Karagiozis as an expression of the closed social group of the Constantinopolitan „mahala“ [quarter], of its transplantation to Greece (c. 1850), and of the gradual hellenization of the shadow-theatre, not only for the sake of its enrichment with new characters and new subjects, but by reason of the inevitable change in its basic nature and ideology.

The author rejects as a mistake in method the tendency of certain students, mainly Greek, to see in the Karagiozis characteristics of men of our time – for instance, viewing the hero as an opponent of the establishment. „Der zerlumpte, bloßfüßige Armutsphilosoph predigt aber keine Widerstandsmoral“, writes Puchner, „gegen die Plutokratie, sein Realitätssinn ist vom Hunger geschwächt; nur wenn es gilt, gegen irgendwelche Idealismen anzutreten, ist er der große Realist. Seine Lebensart ist die des Überlebens, an seinem Hunger zerschellen alle intellektuellen Gebäude, nur die Wunschphantasie wuchert wild“ (p. 90).

According to the author the hellenization of the Karagiozis occurred in three successive phases: i) the geographical transfer by Vrachalis, ii) the enrichment in themes in the Epirote tradition, and iii) the reform by Mimaros. „In der ab 1890 ausgeformt vorliegenden klassischen Gestalt ist der Karagiozis Reflektor jenes kulturtopologischen und phylopsychischen Gefüges, das man romäische Volkskultur nennt. Seine ‚Weiterentwicklung‘ in den Städten Griechenlands ist nur eine äußerliche Perfektionierung mit Tendenzen zu optischer Extravertiertheit; wo die Grundstrukturen des Spieles angegriffen werden, kommt es zu Degenerationserscheinungen.

Die entscheidende Ursache für die quantitative und qualitative Regression der Spiele ist die partielle Auflösung der Volkskultur (Urbanisierung, Europäisierung, Industrialisierung). Die Aufführung erhält die Funktion einer beglückenden Anamnese an die Geborgenheit der Volkskultur oder der eigenen Kindheit“ (p. 195–6).

Finally, Puchner gives evidence for the influence of the Karagiozis in modern Greek literature, painting and music.

The book ends with an appendix, in which are noted, in alphabetical order, all the known names of Greek Karagiozis performers (145 in all) and all the plays in the Greek repertoire of the shadow-theatre (264 in all), with an exhaustive bibliography and pictures of the principal figures in the Greek and Turkish Karagiozis.

Puchner’s book constitutes a landmark in the international bibliography on the Greek Karagiozis and on the shadow-theatre generally. It is a substantial and composite work. No one will in future be able to write about the Karagiozis without keeping Puchner’s observations in view.5

D. Oikonomidis als Orientalist an einer deutschen Universität trägt kritische Anmerkungen zum osmanischen Karagöz bei:

Das neugriechische Schattentheater Karagjozis zählt nicht zu jenen besonders vernachlässigten Forschungsgebieten, auf die innerhalb der Neogräzistik immer wieder hingewiesen werden muß. Die Initiative aber und die Bemühungen W. Puchners, trotz des bisher Geschriebenen eine Darlegung der gesamten Problematik um das Karagjozis-Theater zu unternehmen, wird jeder zu schätzen wissen, der sich durch die ungewöhnlich umfangreiche und noch dazu verstreute bzw. schwer zugängliche Literatur über das Thema durchzuschlagen versucht hat. Daß W. Puchner in seiner Dissertation der beschwerliche Gang durch ein wahres Gestrüpp von einseitigen, mitunter polemisierenden, ja oft unvertretbar national betonten Meinungen um Ursprung und historische Entwicklung des Schattentheaters bis zum bezweckten Überblick (siehe S. 18–60) gelungen ist, muß bei seinem Leser Anerkennung hervorrufen.

Nach einer informativen Übersicht über die Herkunft („Entstehungstheorien und Ursprungssagen“, S. 18–38) und über die Geschichte des Schattenspiels im Osmanischen Reich („Der türkische Karagöz“, S. 39–60) geht der Verf. zum eigentlichen Thema seines Buches über, dessen geschichtliche Entwicklung er in zwei verschiedenen Kapiteln untersucht: „Karagöz in Griechenland“ (S. 61–75) und „Die Hellenisierung“ (S. 76–115).

So logisch die aufgeführte Anordnung der einzelnen Kapitel zu sein scheint, dürfte sie doch, zumindest was die Reihenfolge der beiden letztgenannten Abschnitte betrifft, nicht selbstverständlich sein. Die Anfänge der sogenannten Gräzisierung des türkischen Karagöz-Spiels, vorab seine vorauszusetzende sprachliche Gräzisierung dürften keineswegs die natürliche wie rasche Folge seiner Verpflanzung nach Griechenland sein. Diese Gräzisierung begann, sicherlich zögernd, entgegen allen geltenden Annahmen, wonach „alle Ursprungssagen enden damit, daß ein gewisser Vrachalis um 1850 oder 1860 […] das Schattenspiel aus Konstantinopel nach dem Piräus gebracht haben soll“ (S. 61), entschieden früher, und zwar außerhalb der Staatsgrenzen des heutigen Griechenlands. Es ist nämlich der Belesenheit G. Veloudis zu verdanken, einen verborgen gebliebenen, beinahe sensationellen Beleg ans Licht gezogen zu haben, aus dem hervorgeht, daß es schon vor dem Revolutionsanbruch, d. h. im Jahre 1816 Vorstellungen griechischer Schattenspieler in Istanbul gegeben hat (vgl. G. Veloudis, Der neugriechische Alexander. Tradition in Bewahrung und Wandel. München 1968. Miscellanea Byzantina Monacensia 8, S. 253 und 259). Es ist bedauerlich, daß diese einzigartige Nachricht W. Puchner unbekannt bleiben mußte!

Sieht man von dieser Bemerkung am Rande und von einigen eingeschlichenen Ungenauigkeiten aus dem Gebiet der Orientalistik […] ab, so trägt die Behandlung dieses historischen Teils der Thematik die Merkmale einer gut fundierten, sorgfältigen Arbeit, zumal wenn man bedenkt, dass der Verf. türkische Texte benützt, die er aus Übersetzungen (ins Griechische?) eines Athener Armeniers (siehe S. 2) kennt. Vorbildlich, ja verblüffend ist jedoch W. Puchners Erfassung des verstreuten Schrifttums über das griechische Schattentheater. Ich wüßte nur zwei Aufsätze, die bis 1975 erschienen, seiner Bibliographie (S. 238–248) hinzugefügt werden können: H. Ritter, Der griechische Karagöz, in: Der Orient in der Forschung. Festschrift für Otto Spies zum 5. April 1966. Hrsg. von W. Hoenerbach. Wiesbaden 1967, S. 535–542 und E. Zakhos-Papazahariou, Les origines et survivances ottomanes au sein du théâtre d’ombres grec, in: Turcica 5 (1975) S. 32–39, dazu Taf. I–XXVII.

Neben dem genannte Überblick über Ursprung und Geschichte des Karagjozis-Theaters beschäftigt sich W. Puchner in der zweiten Unterteilung seines Buches in eigenen Kapiteln, die er untertreibend als „hermeneutische Versuche“ apostrophiert, mit der Stellung des Schattenspiels innerhalb der griechischen Volkskultur („Karagiozis als Produkt der Volkskultur“, S. 162–173), mit den Beziehungen zwischen Schatten- und Bühnentheater („Einflüsse und Beeinflussungen“, S. 174–184) und ferner mit der Definierung der ästhetischen Eigengesetzlichkeit des Karagjozis-Spiels („Ästhetik und Theorie“, S. 185–194).

Auch in diesem Themenkreis stellt der Verf. seine Souveränität aufs neue unter Beweis. Seine völlige Vertrautheit mit der Materie, seine vorbildliche Gründlichkeit und Sicherheit bei der soziologischen Betrachtung und kulturgeschichtlichen Einordnung des griechischen Schattenspiels geben seinem Urteil das Prädikat des Verbindlichen. Verbindlich ist auch der Schluß, den er über das, was das Schattenspiel in der griechischen Großstadtgesellschaft erbrachte, zieht: „Dem Karagiozis gelang, was der gelehrten Poesie der Ersten Athener Schule und selbst dem Ethographismus nicht gelang: ins Zentrum des Volksbewußtseins vorzustoßen“ (S. 190).

Die Forschung des Schattentheaters, insbesondere die des griechischen, gewann mit der hier besprochenen Abhandlung W. Puchners einen gewichtigen, anregenden Beitrag, der, wie mir scheint, seinen besonderen Platz in der Fachliteratur lange beibehalten wird.6

W. M. Hayes schreibt seine Besprechung in der byzantinischen Zeitschrift der Arizona State University, bewegt sich offenbar in einem byzantinistischen Ambiente, ist aber eigentlich sachfremd – er vergißt auch nicht, die bescheidene Aufmachung des Bändchens zu monieren:

Although theater in which puppets cast shadows on a sheet-screen between them and the spectators can be found in China, whence likely it spread westward through Asia, it was thought to be a product of Turkey when, legend has it, the Greek Jannis (or Barbayiannis) Vrachalis brought it from Constantinople to the Piraeus about 1860. Karagiozis (Turkish for „blackeyed one“) is the hero’s name.

He has become entirely Greek. He is witty, sly, cunning, mischievous, happy, unprincipled, pious, and earthy in a never-ending series of events derived from Greek mythology, history, or present times. Other Greek characters assist him. Barbajorghos, an unlearned but shrewd peasant with donkey, is a mountaineer who has never seen the sea. Sior Nionios from Zante is a (semi)intellectual European. Hatziavates is a half-Turk half-Greek intermediary. Each of a dozen more characters of the repertoire has his own sequence of scenes, songs, and dances. Besides these comic characters and plots Greek puppeteers, especially Mimaros (Dimitrios Sartounis), added more serious drama to the genre with heroic themes from the Klephtic tradition, immortalizing Athanasios Diakos, the patriot martyr.

The puppeteer, also called Karagiozis, is a one-man show, a master of improvisation, a restless sea of voices, moods, characters, an intimite mime of unwritten lines from countless scenarios which he weaves with the everlasting freshness of the present moment of creative genius. The greatest of the puppeteers was the late Sotiris Spatharis, whose son Eugenius has played the major cities from Athens to New York. The villagers for their part share in the creation, for their immediate laughter fashions the next line; their disapproval changes the whole story. Karagiozis is their expression of moods, needs, ideals in the never-to-be-repeated moment when people and puppets meet in high humor.

Puchner documents all this well and describes the spoken moment of genius as well as the written word allows. He concludes with several valuable appendices: a list of important Karagiozis puppeteer-players, a description of 264 episodes or series of episodes known to be in the repertoire, sources of 16 scripts of an essentially oral tradition, 174 bibliographic items, and 39 black-and-white pictures of the puppets seen as their shadows come through the screen. Unfortunately the book itself is poorly manufactured.

When Puchner explains the decline of Karagiozis he himself is in the arena of shadows. His theory is that Karagiozis and the folk people of Greece are so intimately connected that one reflects the other immediately. But (he argues) the villagers have moved to the cities, think of themselves as Europeans, and labor in factories. They have been uprooted and moved 500 years to another continent. Therefore (he concludes) Karagiozis is in decline.

However, Puchner’s explanation does little justice to Karagiozis’ incredible adaptibility. He came to Greece in 1860 as a Turkish immigrant: and born again of Greek villagers, he became an integral and living organ of Greek culture and demotic theater for the last 100 years. Indeed, the truth and the full explanation for his decline is that the clever Greek is caught in the inflexible shadows of his medium. And the medium is the message. Television came to Greece in the 1960s and to the villages in the 1970s. A new medium and one decade without shadows was enough to seal Karagiozis’ doom and put his shade to rest.

Puchner may have written the best word on Karagiozis; he certainly has written the last.7

Der bekannte Byzantinist Alain Dierkens bringt nicht viel mehr als eine Inhaltsangabe:

La série de Miscellanea Byzantina dirigée par H. G. Beck a accueilli la thèse que W. Puchner a presentée à Vienne en 1972, sur le théâtre d’ombres „chinoises“ Karagiozis. Il est peut-être bon de rappeler que cette forme d’expression est d’origine turque et qu’elle s’est répandue dans tout le bassin oriental de la Mediterranée, principalement en Grèce: le personnage populaire de Karagiozis doit être rapproché de notre Polichinelle. W. Puchner nous donne une étude dense, étayée d’abondantes notes et d’une très vaste bibliographie: on y trouvera aussi une table alphabétique de 145 „marionettistes“ Karagiozis (avec éléments biographiques), les listes des 264 pièces du répertoire de ce théâtre et des textes connus (édités ou non) de celles-ci, et 9 planches représentant les principaux personnages du théâtre Karagiozis.8

Doch der Multiplikationseffekt, den Rezensionen in günstigen Konstellationen der Rezeptionslage hervorbringen können, hat den Bekanntheitsradius der Arbeit noch bedeutend erweitert. Dies ist aus den ca. 70 Zitationen (ohne Eigenzitate), die sich über vier Jahrzehnte verteilen, zu ersehen. Sie beziehen sich vorwiegend auf die griechische Schattenspielforschung9 bzw. die internationale10, die türkische11, auf Ausstellungskataloge12, die einschlägigen Bibliographien13 und Lexika14, die internationale Puppenspielforschung15, auf vergleichende Studien zwischen dem osmanischen Schattentheater und seinem hellenischen Nebenzweig16, aber auch auf Arbeiten der neugriechischen Literatur17, zum byzantinischen Mimus18, der komparativen Balkanologie19, der griechischen Philologie und Literaturgeschichte20, der griechischen Volkskunde und Volkskulturforschung21, der oralen Literatur22, der Märchenforschung23, der griechischen Theatergeschichte24 und Volksschauspielforschung25, der Kinderliteraturforschung26, der Kulturgeschichte27, auf die griechische Unterschichtensoziologie der Urbanzentren28, die Anwendung Propp’scher Funktionsmodelle aus dem Zaubermärchen29 sowie der Bachtin’schen Karnevalstheorie und Lachkultur30, auf strukturalistische Ansätze und transkulturelle Diffusionsmodelle31, auf Arbeiten zu den popularen Lesestoffen und der Heftchenliteratur32, endlich auch auf Beiträge österreichischer Gelehrter zur Erforschung der griechischen Volkskultur33 oder auf Geschichten der Griechischen Volkskundlichen Gesellschaft, der der Verfasser dieser Zeilen seit langen Jahren als Vizepräsident vorsteht.34 Diese Quotationen, bei denen es aufgrund ihrer Streuung auf soviele Fachgebiete nicht gelingen kann, sich von der Gesamtrezeption ein wirklich realistisches Bild zu machen, reichen von 1976 bis in die unmittelbare Gegenwart (2011).

Damit ist sowohl von der Rezeptionskontinuität her wie auch von der Bandbreite der rezipierenden Wissenschaftsdisziplinen eine inhaltlich unveränderte Wiederauflage dieser Arbeit gerechtfertigt, vor allem da das hektographierte Büchlein schon lange nicht mehr greifbar ist. Den neueren Forschungsstand einzuarbeiten, hat sich mehr oder weniger von selbst verboten: nach vier Jahrzehnten intensiver Forschung, zu denen der Autor selbst wesentliches beigetragen hat (vgl. das Nachwort 2014), wären weite Teile der Monographie umzuschreiben und vor allem die Bibliographie zu ergänzen (vgl. Bibliographie 1972–2012); daneben ist der Kenntnisstand in vielen Teilfragen heute ein anderer, obwohl die Spieltätigkeit (und damit auch die Flut der Veröffentlichungen) noch weiter zurückgegangen ist. Das Phänomen des traditionellen Schattentheaters ist den Weg zum Folklorismus und von dort zum musealen Relikt (mit einigen pädagogischen revivals) schon lange gegangen und damit selbst zur Geschichte geworden; und damit ist auch die Erhellung der Geschichte der einschlägigen Forschung zu einer Angelegenheit wissenschaftlicher Selbstreflexion geworden.35

Darüberhinaus ist das Rezeptionsschicksal dieser Monographie jedoch von sich aus eine eigene Untersuchung wert: nicht allzu häufig erreichen theaterwissenschaftliche Dissertationen mit etwas „exotischer“ Themenstellung eine Beachtung in sovielen Wissenschaftsdisziplinen und Fachbereichen, wie dies im Falle des griechischen Schattentheaters der Fall war. Ein Kapitel wissenschaftlicher Rezeptionsgeschichte also, die aus eigenem ein gehobenes Interesse beanspruchen darf und im Zuge des scientific transfer und seiner Mechanismen (wie entsteht das Wissen von Wissenschaftsbereichen?) zu einem Paradigma der Wissenschaftsvernetzung in einem scheinbar peripheren Themenbereich werden kann.

Am Textinhalt, an der Orthographie und der Strukturierung wurden keine wesentlichen Änderungen vorgenommen.36 Ein Nachwort 2014 sorgt für die detaillierte Präsentation des heutigen Forschungsstandes im Bereich des griechischen Schattentheaters. Dieses Nachwort ist unmittelbar mit der Auswahlbibliographie 1972–2012 gekoppelt, so daß die Wiederauflage der Dissertation in der Münchener Version von 1975 nicht nur retrospektive auf eine Station in der Erforschung des traditionellen Schattentheaters in Griechenland gerichtet ist, sondern zugleich auch einen rezenten Zugang zu diesem Forschungsbereich bietet und eine aktuelle Übersicht über dieses Puppenspiel mit Pappfiguren im mediterranen Bereich gibt, das einzige das aus osmanischer Zeit überlebt hat, wenn man die heutige Türkei ausnimmt, wo koordinierte Bemühungen unternommen werden, diese traditionelle Schauspielform wieder zu beleben. Für die Gelegenheit der Wiederauflage dieser Arbeit habe ich dem HOLLITZER Wissenschaftsverlag zu danken, und vor allem den beiden Herausgebern, Dr. Michael Hüttler, einstigem Hörer meiner Wiener Vorlesungen an der Theaterwissenschaft, und Dr. Hans Ernst Weidinger, für die freundliche Mühewaltung und das schöne Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

Walter Puchner

Athen, Mai 2014

ANMERKUNGEN

Vgl. z. B. W. Puchner/M. Varvounis, Greek Folk Culture. A Bibliography of Literature in English, French, German, and Italian on Greek Folk Culture in Greece, Cyprus, Asia Minor (before 1922) and the Diaspora (up to 2000), Athen 2011 (Laographia, supplement 15), S. 365, Nr. 4172.

J. Hüttner, „Wiener Theaterwissenschaftliche Dissertationen (Sept. 1971 – Sept.1976)“, in: Maske und Kothurn 22 (Wien 1976), S. 297–351, bes. S. 319.

Ein Aufenthalt, der der Ausarbeitung meiner schon genannten Habilitationsschrift unter der Betreuung des Byzantinisten Hans-Georg Beck und des Nestors der Ethnologia europaea Leopold Kretzenbacher gewidmet war.

R. Wildhaber, Schweizer Archiv für Volkskunde 72 [Basel 1976], S. 208–209.

K. Mitsakis, Balkan Studies 17 [Thessaloniki 1977], S. 414–415.

D. Oikonomidis, Südost-Forschungen XXXVII [München 1978], S. 435–436.

W. M. Hayes, Byzantine Studies/Études Byzantines 4 fasc. 2 [Arizona State Univ. 1977], S. 219–220.

A. Dierkens, Byzantion 47 [Bruxelles 1977], S. 594.

A. Photiadis, Kαραγκιόζης ο πρόσφυγας, Athen 1977, S. 513; Ap. Giagiannos/Ar. Giagiannos/I. Dinglis, O κόσμος του Kαραγκιόζη. Σκηνικά, Aθήνα 1977, S. 17–18; Th. Hatzipantazis, „H εισβολή του Kαραγκιόζη στην Aθήνα του 1890“, in: O Πολίτης 49 (1982), S. 64–87, bes. S. 64, 68; K. G. Giankoullis, H τέχνη του Kαραγκιόζη στην Kύπρο, Nicosia 1982, S. 7; L. S. Myrsiades, „Kαραγκιόζης. A Bibliography of Primary Materials“, in: Mαντατοφόρος 21 (Amsterdam 1983), S. 15–42, bes. S. 15, 20, 21 Th. Hatzipantazis, H εισβολή του Kαραγκιόζη στην Aθήνα του 1890, Athen 1984, S. 9, 23; Sp. Kokkinis, Aντικαραγκιόζης, Aθήνα 1985, σ. 74; Mich. Ieronymidis (Hrsg.), „Kαραγκιόζης. H σκιά του καλύτερου εαυτού μας“, in: Eπτά Hμέρες „H Kαθημερινή“, 3.1.1999, bes. S. 32.

10 M. Morfakidis, Karaguiosis. El teatro de sombras griego, Granada 1999, S. 110, 150.

11 M. And, Karagöz. Théâtre d’ombres turc, Ankara 1977, S. 118.

12 Ε.Λ.Ι.Α., Ελληνικό Θέατρο Σκιών. Φιγούρες από φως και ιστορία, Athen 2004, S. 175; Hellenic Literary and Historical Archive, Greek Shadow Theatre. Light and History, Athens 2004, S. 175.

13 Internationale Volkskunde-Bibliographie 1975/76, Freiburg 1979, Nr. 8274; Byzantinoslavica XXXVIII (Praha 1977), S. 78; Λαογραφία 31 (Athen 1976–1978), S. 317, Nr. 276; F. Hadamowsky, Bücherkunde deutschsprachiger Theaterliteratur. 2. Teil 1945–1970, Wien/Köln/Graz 1982, S. 95, Nr. 2319; Revue des Études byzantines 41 (Paris 1983), S. 117; Bαλκανική βιβλιογραφία VII (1980) [Institute for Balkan Studies, Thessaloniki 1982], Nr. 478; W. Puchner/M. Varvounis, Greek Folk Culture. A Bibliography of Literature in English, French, German, and Italian on Greek Folk Culture in Greece, Cyprus, Asia Minor (before 1922) and the Diaspora (up to 2000), Athens 2011 (Laographia, supplement 15), S. 365, Nr. 4177.

14 z. B. Λεξικό νεοελληνικής λογοτεχνίας, Αthen, Πατάκης 2007, S. 53, 1024.

15 G. Schnorr, Versuch einer Bibliographie puppenspielkundlicher Dissertationen und ähnlicher Hochschulschriften in deutscher Sprache sowie der entsprechenden Rezensionen, Bochum 1977, S. 7; John Mc Cormick/Bennie Pratasik, Popular puppet Theatre in Europe, 1800–1914, Cambridge Univ. Pr. 1998, S. 243.

16 A. Mystakidou, Karagöz. Tο θέατρο σκιών στην Eλλάδα και στην Tουρκία, Athen 1982, S. 217; St. Damianakos (Hrsg.), Θέατρο σκιών. Παράδοση και νεωτερικότητα, Athen 1993, S. 186, 189, 207; Th. Hadjipantazis, „The Silk Route Blocked: Theories on the Origin of the Greek Shadow Theatre“, in: Cultural and Commercial Exchanges between the Orient and the Greek World, Centre for Neohellenic Research/NHRF, Athens 1991, S. 139–147, bes. S. 141 und 143; Th. Hatzipanatzis, „Αναζητώντας τον Γιάννη Μπράχαλη. Οι όροι και τα όρια της προφορικής ιστορίας στην περίπτωση του ελληνικού Θεάτρου Σκιών“, in: Στέφανος. Τιμητική προσφορά στον Βάλτερ Πούχνερ, Athen 2007, S. 1337–1345, bes. S. 1338.

17 R. Gudas, The Bitter-Sweet Art. Karaghiozis. The Greek Shadow Theatre, Athens 1986, S. 263; Dim. Tziovas, „Eισαγωγή“ in: I. G. Pitzipios, H Oρφανή της Xίου ή ο θρίαμβος της αρετής/O Πίθηκος Ξουθ ή τα ήθη του αιώνος, Athen 1995, S. 9–91, bes. S. 41.

18 P. Easterling/E. Hall (Hrsg.), Greek and Roman Actors. Aspects of an Ancient Profession, Cambridge Univ. Pr. 2002, S. 317, 467.

19 D. Burkhart, „Das künstlerische Weltmodell in der Prosaerzählung. Am Beispiel Ivo Andrics Prokleta Avlija“, in: Zeitschrift für Balkanologie XVIII/1 (Berlin 1982), S. 1–21, bes. S. 16 f.; V. Rotolo, „Gli Albanesi nella cultura popolare greca“, in: Etnie albanese e minoranze linguistiche in Italia (IX. Congresso Internazionale di Studi Albanesi, Palermo 1981), Palermo 1982, S. 75–86, bes. S. 85 („il rigoroso e documentato studio“); D. Burkhart, Kulturraum Balkan. Studien zur Volkskunde und Literatur Südosteuropas, Berlin/Hamburg 1989, S. 252.

20 H φυλλάδα του Mεγαλέξαντρου. Διήγησις Aλεξάνδρου του Mακεδόνος, hrsg. v. G. Veloudis, Athen 1977, S. 84; St. Lampakis, Oι καταβάσεις στον Kάτω Kόσμο στη βυζαντινή και μεταβυζαντινή λογοτεχνία, Athen 1982, S. 37, 238; P. D. Mastrodimitris, Eισαγωγή στη νεοελληνική φιλολογία, Athen 1983, S. 201 (5. Aufl. 1990, S. 223, 6. Aufl. 1996, S. 281, 7. Aufl. 2005, S. 348).

21 M. G. Meraklis, Eλληνική Λαογραφία. Bd. 3. Λαϊκή Tέχνη, Athen 1992, S. 219; ders., Ελληνική Λαογραφία. Κοινωνική συγκρότηση, Ήθη και έθιμα, Λαϊκή τέχνη, Athen 2004, S. 601.

22 M. G. Meraklis, „Tο αισώπειο ζήτημα“, in: Διαβάζω 167 (1987), S. 23–29, bes. S. 25; ders., Έντεχνος λαϊκός λόγος, Athen 1993, S. 220; E. Moser-Karagiannis, Littérature orale de la Grèce moderne. Recueil d’ études, Athènes 2005, S. 377.

23 M. G. Meraklis, „Märchen in Griechenland“, D. Röth/W. Kahn, Märchen und Märchenforschung in Europa, Frankfurt 1993, S. 99–105 und 308–310, bes. S. 308 ff; Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, Bd. 11/3 (Berlin, New York 2004), Sp. 1244–1253.

24 Th. Grammatas, Tο ελληνικό θέατρο στον 20ό αιώνα. Πολιτισμικά πρότυπα και πρωτοτυπία, Athen 2002, Bd. 1, S. 45, Bd. 2, S. 388; E.-A. Delveroudi, „Θέατρο“, in: Ιστορία της Ελλάδας του 20ού αιώνα. Οι απαρχές 1900–1922, hrsg. v. Chr. Hatzijosiph, Bd. 1, Athen 1999, S. 352–387, bes. S. 387; Θ. Χατζηπανταζής, Από του Νείλου μέχρι του Δουνάβεως. Το χρονικό της ανάπτυξης του ελληνικού επαγγελματικού θεάτρου στο ευρύτρο πλαίσιο της Ανατολικής Μεσογείου από την ίδρυση του ανεξάρτητου κράτους ώς τη Μικρασιατική Καταστροφή, Bd. 2, 1876–1897, Heraklion 2012, S. 217, 976.

25 Aik. Polymerou-Kamilaki, Θεατρολογικά μελετήματα για το λαϊκό θέατρο. Aπό το κρητικό θέατρο στα δρώμενα της νεοελληνικής αποκιράς. „Aπ’ την Eρωφίλη στην Γκόλφω“, Athen 1998, S. 313; M. G. Varvounis, Λαϊκές θρησκευτικές τελετουργίες στην ανατολική και τη βόρεια Θράκη, Athen 2010, S. 97.

26 I. E. Kallergis, „Για το θέατρο σκιών“, in: Eπιθεώρηση Παιδικής Λογοτεχνίας 6 (αφιέρωμα „Tο Παιδικό Θέατρο“, Athen 1991), S. 198–206, bes. S. 200; ders., Προσεγγίσεις στην παιδική λογοτεχνία, Athen 1995, S. 166, 271.

27 S. Troumpeta, „Πρόσληψη και προσαρμογή του Θεάτρου Σκιών στον ελληνικό εθνικό πολιτισμό στα τέλη του 19ου αιώνα“, in: O Eλληνικός Kόσμος ανάμεσα στην Aνατολή και τη Δύση. Πρακτικά του A’ Eυρωπαϊκού Συνεδρίου Nεοελληνικών Σπουδών, Bερολίνο, 2–4 Oκτωβρίου 1998, Bd. 1, Athen 1999, S. 383–393, bes. S. 384, 386, 389.

28 I. Petropoulos, Yπόκοσμος και Kαραγκιόζης, Athen 1978, S. 72 f.; St. Damianakos, Παράδοση ανταρσίας και λαϊκός πολιτισμός, Athen 1987, S. 185.

29 G. M. Siphakis, „H παραδοσιακή δραματουργία του Kαραγκιόζη (πρώτη προσέγγιση)“, in: O Πολίτης 5 (1976) S. 25–39, bes. S. 25; ders., H παραδοσιακή δραματουργία του Kαραγκιόζη (πρώτη προσέγγιση), Athen 1984, S. 14.

30 G. Kiourtsakis, Προφορική παράδοση και ομαδική δημιουργία. Tο παράδειγμα του Kαραγκιόζη, Athen 1983, S. 139, 159, 161, 229, 315; ders., Kαρναβάλι και Kαραγκιόζης, Athen 1985, S. 432, 538.

31 Z. Siaflekis, „Transmissió i transformacó d’un simbol cultural en el teatre d’ombres grec“, in: El Teatre d’ombres arreu del món, Barcelona 1984, S. 83–96, bes. S. 96; ders., „Transmission et transformation d’un symbol culturelle dans le théâtre d’ombres grec: le cas d’Alexandre le Grand et le Dragon Maudit“, in: St. Damianakos (Hrsg.), Théâtre d’ombres, Paris 1986, S 229–247, bes. S. 246 („qui offre la bibliographie la plus complète des pièces du répertoire du théâtre d’ombres grec“).

32 E. Antzaka-Weis, „Kommentierte Bibliographie zur Popularliteratur. B. Griechenland“, in: Kl. Roth (Hrsg.), Südosteuropäische Popularliteratur im 19. und 20. Jahrhundert, München 1993, S. 356 ff., bes. S. 383.

33 M. Varvounis, „The Austrian Contribution to the Research of Greek Folklore“, in: H. Kröll (Hrsg.), Austrian-Greek Encounters over the Centuries, Innsbruck/Wien/Bozen 2007, S. 205–215, bes. S. 212, 215; ders., „Η συμβολή των Αυστριακών ερευνητών στη μελέτη του ελληνικού λαϊκού πολιτισμού“, in: Παρνασσός ΜΘ΄ (2007), S. 275–290, bes. S. 288.

34 G. K. Kouzas, Ελληνική Λαογραφική Εταιρεία. Η ιστορική διαδρομή της (1908–2008), Athen 2009, S. 179; V. Chrysanthopoulou, „Βιο-εργογραφικά Βάλτερ Πούχνερ και Ελληνική Λαογραφία“, in: Επιστημονική Επετηρίς της Φιλοσοφικής Σχολής του Πανεπιστημίου Αθηνών ΜΒ΄ (2010–11), S. 251–256, bes. S. 251, 255. Vgl. auch Ch. N. Kittas, „Προσφώνηση“, 47. „Τελετή επίδοσης του τόμου ‘Στέφανος’, τιμητική προσφορά στον κ. Βάλτερ Πούχνερ, καθηγητή του Τμήματος Θεατρικών Σπουδών“, Εθνικό και Καποδιστριακό Πανεπιστήμιο Αθηνών, Επίσημοι Λόγοι. Πρυτανεία Χρήστου Ν. Κίττα 2006–2010, τόμος 35ος (Μέρος Β΄ 2.5.2007 – 25.3.2008), Athen 2011, S. 207–228, bes. S. 209–211 (209).

35 Teil dieser Selbstreflexion war es auch, im historischen Text (1972) die älteren und heute als diskriminierend geltenden Bezeichnungen für Roma mit den nun gängigen Termini zu ersetzen. In den Originalzitaten wurden diese jedoch belassen.

36 Orthographische Fehler aus dem Original wurden stillschweigend korrigiert. Der Anhang und die Fußnoten wurden insofern überarbeitet, als „Nachträge“ und Hinzufügungen aus der Originalversion in die alphabetische und numerische Reihenfolge eingegliedert wurden; Querverweise wurden dementsprechend korrigiert. Die Literaturnachweise, die Zeichensetzung im Hauptext und die Formatierung wurden überarbeitet und vereinheitlicht.

VORWORT

Das neugriechische Schattentheater ist der letzte Zeuge einer einst im ganzen östlichen Mittelmeer verbreiteten Spieltätigkeit. Dieses fachlich scheinbar periphere Phänomen führt den Untersuchenden sehr bald schon in zentrale Bereiche von Theaterwissenschaft und Neogräzistik. Die umfangreiche Literatur rund um das Schattentheater weist bedeutende Urteilsdivergenzen auf, die vom „Epiphänomen türkischer Provenienz“ bis zum „einzig echten griechischen Volkstheater“ reichen.

Diese Divergenzen wurden zum Ausgangspunkt der Untersuchung gemacht, welche daher Ausblicke nach verschiedensten Richtungen und Einblicke in verschiedenste Zusammenhänge aufweist. Zugleich schließt sie eine Lücke der Forschung, da die älteren Arbeiten (Roussel, Caimi) von der Wissenschaftsentwicklung der letzten Jahrzehnte überrollt worden sind, und die griechische Forschung aufgrund der Sprachschranke schwer zugänglich und überdies sehr verstreut ist.

Der äußerliche Aufbau der Untersuchung entspricht innerthematischen Erfordernissen. Über Methodik und Gliederungsfragen wird im Zuge der Arbeit selbst gehandelt. Die Anlage ist eine bewußt zweigleisige: der umfangreiche Apparat will nicht Akribie vortäuschen, sondern die Problemlagen in ihrer Verzweigtheit erfassen, um dann einen einigermaßen lesbaren Kontext erstellen zu können. Die Bemühung um Lesbarkeit und die Verpflichtung zur Anführung der Nachweise haben zur vorliegenden Lösung greifen lassen. Die zahlreich zitierten griechischen Texte sind ohne weiteres in die deutsche Sprache übersetzt. Auf die Wiedergabe des originalen Wortlauts mußte aus Gründen einer weiteren Belastung des Apparats im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden.

Die Arbeit stellt eine geringfügig umgearbeitete Fassung der im September 1972 bei Prof. Dietrich (Wien) in Theaterwissenschaft eingereichten Dissertation dar. Der Bildteil mußte aus technischen Gründen etwas gekürzt werden. Die Arbeit entspringt einem einjährigen Aufenthalt in Griechenland (1971–1972), der zu Quellenerschließung und Feldforschung genutzt wurde.

Für die Hilfe bei der Ausarbeitung der Untersuchung sei folgenden Personen herzlich gedankt: Frau Prof. Dietrich (Wien) für die zahlreichen wertvollen Fachhinweise und Anregungen, Herrn Gen. dir. Kournoutos (Kulturministerium Athen) und Prof. Mouzenidhis (Nationaltheater Athen) für ihr lebhaftes Interesse und ihre Unterstützung bei der Anbahnung wissenschaftlicher Kontakte, Frau Dr. Katerina Kakouri (Athen) für die vielen Hinweise aus der Volkskunde, Herrn Prof. Jannis Sidheris für die freundlich gewährte Einsichtnahme in die Bestände des Theatermuseums Athen, den Spielern S. und E. Spatharis und Ch. Charidhimos für die vielen erläuternden Gespräche und Informationen, Herrn Metin And (Ankara) für die Beistellung der neuesten türkischen Literatur, Herrn Manuk Tik (Athen) für die Übersetzung der türkischen Texte, sowie den vielen griechischen Helfern bei der Kontrolle der deutschen Übersetzungen aus dem Griechischen und der Deutung lexikalisch nicht erfaßter Ausdrücke.

Besonderer Dank sei auch Herrn Prof. Hunger (Wien), Herrn Prof. Bernath (Berlin/München), Herrn Prof. Schmidt (Wien) und Herrn Prof. Kretzenbacher (München) für die Begutachtung und Betreuung ausgesprochen, und nicht zuletzt Herrn Prof. Beck für die gastfreundliche Aufnahme der Arbeit in die byzantinistische Schriftenreihe der MBM.

München, im August 1975Walter Puchner

L. DURRELL’S BESCHREIBUNG EINER KARAGIOZIS-VORSTELLUNG

Die hervorragendste Schilderung einer neugriechischen Schattentheateraufführung aus der Reiseliteratur über Griechenland stammt von Lawrence Durrell, der auf Korfu eine Vorstellung („Die öffentlichen Wahlen“) gesehen hat (30er Jahre). Hier seien als eine Art Motte Teile der ausgezeichneten Übersetzung von H. Zand wiedergegeben (LV 31 = Literaturverzeichnis bzw. Bibliographie 31 S. 45 ff.):