Über die Autoren

Mike Hillenbrand

Mike Hillenbrand, 1972 in Essen geboren, ist ein versierter Kenner und Sympathisant der deutschen Phantastikszene und gilt insbesondere als Experte für „Star Trek“. Für seine gemeinsam mit Thomas Höhl verfassten und auch von der amerikanischen Fachpresse gelobten Sachbücher „Dies sind die Abenteuer – 40 Jahre Star Trek“ und „Star Trek in Deutschland“ erhielt er 2007 und 2009 den „Deutschen Phantastik-Preis“ in der Kategorie „Bestes Sekundärwerk“. Darüber hinaus produzierte der Journalist mehrere Jahre lang die offiziellen Video-Dokumentationen der größten europäischen SF-Veranstaltung, der FedCon, ist als Redakteur und Kolumnist an diversen Genrepublikationen im Print- und Onlinebereich beteiligt und arbeitete 2009 für den TV-Sender Kabel1 an der Infotainment-Show „Beam me up“ mit, die sich ebenfalls mit dem Phänomen „Star Trek“ befasste.

Mike Hillenbrand lebt mit seiner Frau und seinen Söhnen in Mülheim an der Ruhr.

www.mikehillenbrand.de

 

Christian Humberg

Christian Humberg, geboren 1976, ist Autor, Lektor und Übersetzer – insbesondere im Bereich Phantastik und Jugendbuch. Gemeinsam mit Bernd Perplies verfasst er für SchneiderBuch die Kinderserie „Drachengasse 13“ und steuerte einen Band zu Wolfgang Hohlbeins Fantasy-Bestsellerserie „Der Hexer von Salem“ bei. Unter Pseudonym schreibt er zudem Romane aus den Genres Fantasy, Horror und Science Fiction für Bastei Lübbe und Zaubermond.

Zu seinen bisherigen Veröffentlichungen im Sachbuchsegment zählen u.a. das offizielle Geburtstagsbuch „50 Jahre LEGO Stein“, das international erschien, und „Alles über Doktor House“ (mit Christian Lukas), die erste deutschsprachige Publikation zur TV-Hitserie aus den USA.

Christian Humberg ist langjähriger Redakteur und Kolumnist des Printmagazins SpaceView, sowie Mitarbeiter mehrerer weiterer nationaler und internationaler Print- und Onlinepublikationen, vor allem im phantastischen Bereich. Als redaktioneller Mitarbeiter und Übersetzer ist er an der Herausgabe von „Star Trek“- und anderen Romanen im CrossCult-Verlag beteiligt. Für Pabel Moewig hat der studierte Buchwissenschaftler und gelernte Journalist zahlreiche „Perry Rhodan“-Romane lektoriert und betreute für den Bertelsmann Buchclub die Fantasy-Romanserie „Elfenzeit“ mit. Er lebt vor einem PC-Monitor, der ihm die Sicht auf den Mainzer Dom versperrt.

www.christian-humberg.de

Vorwort

Wahlen und das Telekolleg Physik. Oder: Wie ich „Star Trek“-Fan wurde.
von Mike Hillenbrand

„Ostern ist vorbei, die Eier sind gegessen.“

Mit diesen Worten eröffnete ich am 10. April 1999 die erste Ausgabe der Internetradiosendung „TREKminds“, in der ein kleines Redaktionsteam Beiträge zum Universum von „Star Trek“ produzierte. Im Mittelpunkt der Sendung standen die Meinungen der „Star Trek“-Fans, die über die „TREKminds“-Voicebox, per E-Mail oder Fax zur „Frage der Woche“ Stellung beziehen konnten. „TREKminds“ entwickelte sich rasch zu einem Hit. In einer Zeit, in der man hauptsächlich noch mit 14.4er Modems das WWW durchstöberte und das Internet nicht sehr bunt, vor allem aber nicht bewegt war, erhielten wir viel Zuspruch aus dem „Fandom“, wie man die „Star Trek“-Fans gerne zusammenfassend bezeichnet, und zahlreiche Journalisten und Redakteure aus dem Genre der Phantastik boten ihre kostenlose Mitarbeit an. Aus dem rein auf „Star Trek“ basierenden „TREKminds“ wurde ein ganzer, nicht-kommerzieller „Internetradiosender“, das SF-Radio – bei dem in seinen Hochzeiten über 80 ehrenamtliche Mitarbeiter Programm machten.

In den darauffolgenden Jahren produzierte ich Wort- und Filmbeiträge für eine Reihe von Conventions, Funk- und Fernsehproduktionen, Magazinen im On- und Offline-Bereich und schrieb ein paar Bücher, u. a. auch zum Thema „Star Trek“. Seitdem habe ich meinen Ruf weg. Das Online-Kaufhaus amazon.de bezeichnete mich als „‚Star Trek’-Fan der ersten Garde“ und bei der Verleihung des deutschen Phantastik-Preis 2008, wo ich als Laudator den Preis für das beste Hörspiel an die fulminante Produktion „Mark Brandis“ überreichen durfte, stellte mich der Gastgeber Dirk van den Boom als „letzten lebenden ‚Star Trek’-Fan“ vor. Das war aber, wohlgemerkt, vor dem Start des elften Films. Auch in meinem Freundeskreis, meiner Familie, sogar unter meinen Kunden werde ich stark mit „Star Trek“ in Verbindung gebracht. Habe ich ein Problem damit? Nein. Haben meine Freunde, meine Familie, meine Kunden ein Problem damit? Wahrscheinlich nicht, zumal ich – wie die meisten Fans – den gängigen Klischees nicht entspreche. Manchmal frage ich mich aber, was die Menschen denken würden, wenn sie wüssten, wie sehr „Star Trek“ meine Sicht auf die Welt und mein Verhalten als Mensch geprägt hat. Was ich von Gene Roddenberrys Serien gelernt habe und wie sehr ich noch heute von diesen Erkenntnissen zehre. Bei Freundschaften, in der Familie und im Geschäftsleben.

Ich gehöre dem Jahrgang 1972 und damit einer Generation an, die noch mit drei Fernsehprogrammen aufwuchs. Deren Programm startete zunächst erst am Nachmittag und hörte um Mitternacht herum mit dem Spielen der Nationalhymne auf. Zwischendurch lief das legendäre Testbild, nur unterbrochen von der Sesamstraße im dritten Programm und dem Telekolleg Englisch oder Physik am Morgen. (Ich mache diese Sendungen übrigens für meine anfängliche Unlust in diesen Fächern in der Schule verantwortlich, aber das sei nur nebenbei gesagt. Was ich eigentlich sagen wollte:) Fernsehen war schlicht selten, und wie alle seltenen Dinge im Leben war es von einem gewissen Wert. Damals.

„Raumschiff Enterprise“ behielt ich schon ab meiner frühen Kindheit in Erinnerung. Die Assoziationskette beim Stichwort „Wahlen“, womit genauer „Bundes- oder Landtagswahlen“ gemeint sind, endet in meinem Kopf noch heute bei der NCC 1701, denn verdächtig häufig unterbrach das ZDF eine Episode am Sonntagabend an der spannendsten Stelle, um irgendeine langweilige Hochrechnung, Prognose oder gar ein Interview mit einem langweiligen alten Mann dazwischen zu schieben. Mehr als einmal kam es vor, dass der Rest der Folge gar nicht mehr ausgestrahlt wurde. Frustrierende Erlebnisse, die sich in meine Sozialisation einbrannten. Wahlen. Fast so schlimm wie das Telekolleg Physik. Pah.

Mit zunehmendem Alter wuchs auch mein Interesse an der Science-Fiction. Dabei waren es vor allem die Romane, die mich interessierten. Die „Star Trek“-Romane las ich mit wachsender Begeisterung. Sie waren bei weitem nicht mein einziges Lesevergnügen, aber mit der Zeit wurden sie zu meinem liebsten. Ich verstand plötzlich viel besser, was die Enterprise eigentlich war, warum das Schiff stets im Mittelpunkt stand und was die Frauen und Männer um Captain Kirk antrieb. Die TV-Episoden kannte ich zu diesem Zeitpunkt zwar, aber vielleicht auch aufgrund ihrer deutschen Synchronisation rissen sie mich bei weitem nicht so mit wie die Romane, die mir dieses Universum viel besser erklärten und nahe brachten. Durch sie habe ich auch gelernt, wie wichtig Wahlen sind. (Trotzdem kann die jüngere Generation froh sein, dass heute nur noch äußerst wenige Programmschienen unterbrochen werden, weil eine Hochrechnung ansteht.)

In den vielen Jahren nach der Premiere der Introradiosendung „TREKminds“ konnte ich feststellen, dass es noch viele weitere Fans gibt, die für ihr eigenes Leben Lehren aus „Star Trek“ geprüft und übernommen haben. Dabei ist es zweitrangig, ob diese Erkenntnisse und Botschaften inhaltlich auch in anderen Buch-, Fernseh- oder Kinoerfolgen zu finden sind. Wir haben sie in „Star Trek“ gefunden.

Christian Humberg und ich nutzen dieses Buch deshalb als unsere persönliche Voicebox, um zu zeigen, was wir – und andere – von „Star Trek“ gelernt haben. Es sind nicht nur unsere Gedanken und Meinungen, die wir in diesem Buch niederschreiben. Wir sprachen darum auch nicht nur miteinander, sondern auch mit anderen. Mit Menschen, deren Hobby oder deren Beruf „Star Trek“ ist. Darüber, was sie durch und von „Star Trek“ für ihr Leben gelernt haben. Wir sprachen mit und über „TREKminds“.

Mike Hillenbrand

Impressum

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© 2011/2014 In Farbe und Bunt Verlag

Die „Star Trek“-Serien sind eingetragene Warenzeichen von CBS Paramount Television, die „Star Trek“-Filme sind eingetragene Warenzeichen von Paramount Pictures.
„TREKminds“ ist in keiner Weise mit CBS Television und Paramount Pictures assoziiert.
„TREKminds“ gibt gesammelte subjektive Meinungen der Autoren, „Star Trek“-Fans und „Star Trek“-Experten wieder.

Cartoons „Alien Kindergarten“: Stefanie Kurt - www.draco-stellaris.de

Autoren: Mike Hillenbrand, Christian Humberg
Lektorat: Esther Haffner
E-Book Erstellung: Ralf »Searge« Pappers

ISBN: 978-3-941864-00-9 der Print-Ausgabe
ISBN: 978-3-941864-02-3 der E-Book-Ausgabe

– Alle Rechte vorbehalten –

TREKminds Buch PDF

Coming In oder: Ich geb dir ’nen Fünfer für den Klingonen
von Christian Humberg

Während ich diese Zeilen schreibe, ruft das amerikanische Technik-Kultur-Magazin „Wired“ seine Leser gerade zu einem scherzhaft gemeinten Wettstreit auf, in dem wir darüber abstimmen sollen, welches Franchise cooler ist: „Star Trek“ oder „Star Wars“. Dem aktuellen Zählerstand zufolge, liegt George Lucas` Sternensaga vorne – allerdings nur um den Bruchteil der Länge eines Laserschwertes.

Und wissen Sie, was ich mich frage? Wofür Sie wohl abgestimmt hätten, liebe Leser. Auch für Luke, Han und Leia? Oder eher für Jim, Leonard und … Mister? (Wo genau war es noch mal, dass Spock seinen Kollegen erklärte, sie könnten seinen Vornamen ohnehin nicht aussprechen?)

A-HA!

Jetzt habe ich Sie! Sie haben die Frage in der Klammer beantworten können, richtig? Sie wussten genauso gut wie ich, dass sowohl die Serie „Star Trek“ als auch die auf ihr basierenden Kinofilme einen großen Bogen darum machten, Spocks vollen Namen zu erwähnen! Und da wollen Sie mir noch weismachen, Sie hätten für „Star Wars“ abgestimmt? Ich bitte Sie …

Der Titel dieses Buches legt nahe, dass seine Leser sich aus der Gruppe der Menschen rekrutieren werden, die etwas für „Star Trek“ übrig haben – für das in den 1960ern von Gene Roddenberry begründete Franchise über den menschlichen Zug zu den Sternen. Und wenn wir Fans hier schon unter uns sind, können wir auch ehrlich miteinander sprechen, oder? Also darf ich offen zugeben, für Trek abgestimmt zu haben. Mehrfach.

Wann hat das eigentlich angefangen mit dieser Faszination, die uns immer überkommt, wenn die Worte „Der Weltraum, unendliche Weiten …“ aus den Lautsprechern eines Fernsehers oder Kinosaales schallen, wenn wir den Heldinnen und Helden der Sternenflotte in Romanen, Comics, Hörbüchern oder anderen Präsentationsformen begegnen? Ich für meinen Fall kann diese Frage sehr genau beantworten, denn mein persönliches „Coming In“ mit dem „Star Trek“-Fandom fand da statt, wo man es nicht so schnell vergisst – oder würden Sie sich nicht an einen Flohmarkt erinnern, der im Fernsehen übertragen wurde?

Man stelle sich vor: Ein Fernsehstudio voller altem Plunder. Topflappen, Taschenbücher, Fahrradzubehör, Blumenkübel. Und mittendrin – ein Trekkie. Wann das genau war, vermag ich nicht mehr zu sagen. Vermutlich kurz vor dem Boom des Franchises, der mit dem Massenerfolg von „Star Trek: The Next Generation“ einsetzte. Aber ich weiß noch, wo.

Der Kanal hieß Südwestfunk und existiert nominell schon lange nicht mehr, er wurde 1997 zum Südwestrundfunk zusammenfusioniert, doch damals sendete er – ich glaube, es war an Mittwochabenden – eine Show, die mich in mehrfacher Hinsicht faszinierte. In ihr stellten ganz normale Leute ihren Krempel vor und hofften, irgendein Zuschauer habe vielleicht noch Verwendung für das alte Messingschild mit der Kaffeewerbung drauf, für den mühsam zusammengesammelten Jahrgang zerknitterter „Landser“-Heftchen oder für Opas seit Generationen nicht mehr funktionstüchtiges Nordmende-Radio. Falls ja, konnte der Zuschauer im Studio anrufen und während sowie nach der Livesendung mit dem jeweiligen Verkäufer über einen Preis verhandeln. Die Sendung bewies, dass man selbst zum sonntäglichen Spaziergang über den Flohmarkt nicht einmal mehr das Haus verlassen musste (sofern man bereit war, den Mittwochabend zum Sonntag zu erklären). So einfach kann Fernsehen sein.

Nun, eines Abends saß da ein junger Mann und sprengte das Format. Er sprach mit hessischem Dialekt, hatte einen Tisch voller bunt bedruckter Printprodukte vor sich, und er verblüffte den Moderator mit der Aussage, dass er gar nichts davon verkaufen wolle. Stattdessen hatte er eine Mission.

Dieser Mann hieß Robert Vogel. Vielleicht kennen Sie ihn sogar, er ist im deutschen Phantastik-Fandom sehr aktiv. Robert war in den TV-Flohmarkt gekommen, um verkappte „Star Trek“-Fans zu einem „Coming In“ zu überreden, zum Eintritt ins Fandom. Er sprach von der Serie und ihren Fans, von der Philosophie Gene Roddenberrys – und bestätigte mir, der ich auf der heimischen Couch saß und bis dato geglaubt hatte, mit diesem vermeintlich exzentrischen Hobby auf recht verlorenem Posten zu stehen, dass es Leute gab, die meine Begeisterung für „Star Trek“ teilten.

Und er sprach vom Fandom. Von einer weltweiten, bunten und facettenreichen Gemeinschaft Gleichgesinnter, die sich auf Conventions und Trekdinners traf, sich in Clubs organisierte und einfach Spaß an der Serie hatte. Wer sich ebenfalls von ihr angesprochen fühlte, so Roberts Angebot, könne ihn gerne im Studio anrufen. Robert war gekommen, um heimlichen Fans Starthilfe zu geben. Fans wie mir.

Keine fünf Minuten später führte ich ein Ferngespräch mit Mainz und hatte Robert am Apparat.

Wir sprachen lange an diesem Abend – und an so manchen folgenden. Ich erfuhr von der deutschen Clublandschaft und der gerade erst aufblühenden Conventionszene, schloss mich alsbald der herrlich sperrig betitelten „United Federation of ‚Star Trek’-Fans“ an – und wo immer ich mich in dieser „Föderation aus Fans“ hin wandte, fand ich Leute, mit denen ich etwas gemeinsam hatte. Leute, die ebenfalls über Spocks Vornamen Bescheid wussten – um beim gleichen Beispiel zu bleiben.

Ich begann, für Fanzines zu schreiben, besuchte die erste von vielen, vielen Conventions und saß gebannt vor dem Fernseher, wenn eine neue Folge, im Kino, wenn ein neuer Film, oder im Lehnstuhl, wenn ein neues Buch oder Comicheft zu „Star Trek“ den Weg zu mir gefunden hatte. Einen Kölner Comicshop trieb ich mit meinen detaillierten Bestelllisten über die Hefte, die er mir bitte aus den USA importieren sollte, nicht selten an den Rand des Wahnsinns, und wann immer ich die Trierer Buchhandlung Interbook besuchte, wo offenkundig ein Trekkie wie ich arbeitete, stand ich sprachlos vor dem großen Regal mit den Trek-Romanen aus dem In- und Ausland. So viele Möglichkeiten; am liebsten hätte ich sie alle mitgenommen.

Ich erinnere mich an Kinonächte an der Mosel, die so gut besucht waren, dass spätestens nach „Star Trek III – Auf der Suche nach Mr. Spock“ die Toilette überlief und sich alle heimlich raus schlichen, um Vorgärten zu schänden. An nächtliche Gespräche mit Fans und „Star Trek“-Schauspielern (zwei Gruppen, die sich nicht immer ausschließen) über Serieninhalte und -philosophien. An den tapferen Einzeltäter, der sich vor vielen Jahren in Sternenflottenuniform auf die Ring*Con traute – ich hätte ihn umarmen können. Ich weiß, wo ich war, als Gene Roddenberry starb. Und ich bin dankbar dafür, dass ich mich Jahre später beim damaligen Lektor der amerikanischen „Star Trek“-Comics für den Nachruf bedanken konnte, den dieser kurzerhand im darauf folgenden Heft abdruckte. Und bei Eugene „Rod“ Roddenberry junior für die Ideen seiner Eltern.

Man hört immer wieder von Menschen, die auf Flohmärkten die tollsten Schnäppchen gemacht haben und mit vor Stolz geschwellter Brust und einem Schuhkarton voller alter „Sigurd“-Piccolos, „Hanni und Nanni“-Kassetten oder „TKKG“-Bettwäsche nach Hause kamen. Und doch glaube ich, dass ich – zumindest für mich persönlich – meinen „großen Flohmarktfund“ damals schon gemacht habe, in einer … eigenartigen TV-Sendung im dritten Programm. Er hat nicht mehr gekostet, als ein paar Telefoneinheiten, und er hat zu einem Hobby geführt, aus dem längst viel mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung geworden ist. Genauso, wie „Star Trek“ viel mehr als nur gute Unterhaltung sein kann.

Danke, Robert, für deine gelungene Starthilfe. Danke, Gene, Harve, Rick, J. J. und alle anderen für viele Stunden guter – und manchmal sogar noch besserer – Unterhaltung und für ein Ideal, dass zwar unerreichbar sein mag, aber dennoch erstrebenswert bleibt. To boldly go.

Wir alle sind TREKminds. Klar können wir auch „Star Wars“, „Tatort“, „Hobbythek“ und jede erdenklich weitere Serie mögen … aber unser Herz schlägt für das gute alte Schiff Enterprise – und/oder für seine Schwestern. In diesem Sinne setzen wir nun einen Kurs auf den zweiten Stern von rechts … und sehen uns im nächsten Kapitel wieder.

Keep on trekking,
(und wie lange habe ich das nicht mehr geschrieben …)

PS: Ach ja, falls Sie tatsächlich nicht wussten, wie Spocks Vorname lautet, gebe ich Ihnen gerne Starthilfe. Er heißt genau wie sein Vater: S’chn T’gai. Dies wurde von der Romanautorin Barbara Hambly in ihrem Buch „Ishmael“ (Heyne, 1990) festgelegt. Bis heute hat ihr niemand widersprochen. Im Gegenteil: Mittlerweile hat S’chn T’gai Spock sogar einen eigenen Twitter-Account.

Und natürlich darf man als Trek-Anhänger auch den Krieg der Sterne mögen. Oder umgekehrt. Denken Sie einfach an die unendliche Mannigfaltigkeit …

Christian Humberg

Babelfish forever oder Sokath. Seine Augen unbedeckt

Gaines und Wertham in Amerika. Werthams Kopf abgewandt. Gaines und Kefauver im Fernsehen.

Oh, Pardon. Für einen Moment hatte ich doch tatsächlich den Universalübersetzer abgeschaltet und muss wohl in eine Bildsprache abgerutscht sein, die zu verstehen ohne entsprechende Vorkenntnis eher schwer fallen dürfte. Erlauben Sie mir daher, dieses Kapitel noch einmal zu beginnen.

Ähem.

Zu den gängigsten Vorwürfen, welche Gegner der Science-Fiction diesem Genre entgegenbringen, gehört der Verweis auf den vermeintlichen Unrealismus des darin Geschilderten. Die „Zukunftsgeschichten“ der SF behandelten angeblich nur Inhalte, die sich geografisch und zeitlich weit von unserem eigenen Umfeld und Erfahrungshorizont befinden und denen daher – so auch die altvertraute Einstellung gegen jegliche Form trivialer Literatur – der Bezug zur Realität fehle. Dies sei besonders schade und unnötig, weil doch der gute alte Planet Erde der Gegenwart noch mehr als genug Rätsel, Begegnungen und Entdeckungen berge, denen sich zu widmen weitaus lohnender sei. Etwa dem Verständnis zwischen den Kulturen.

Und da ist schon etwas dran. Selbst der überzeugteste Verfechter der Science-Fiction wird nicht abstreiten können, dass Eskapismus kein Weg ist, die Probleme der Welt zu lösen. Aber oft wird der Inhalt der eskapistischen Narration erst dann richtig gut, wenn er die realen Zustände spiegelt und sich als überspitzt-abstrahierte Metapher eines durch und durch realen Themas versteht. Eines der vielleicht besten Beispiele für diese Art der besonders inspirierten Fiktion stellt die Episode „Darmok“ aus der fünften Staffel von „Star Trek: The Next Generation“ dar. Darüber hinaus zählt sie zu den wohl TREKmindigsten Geschichten, die uns das von Gene Roddenberry begründete Franchise bis heute präsentiert hat. Grund genug, für einen erneuten Blick auf Picard und Dathon auf El-Adrel.

Die von Philip LaZebnik und Joe Menosky verfasste Episode „Darmok“ schildert eigentlich etwas nahezu Alltägliches, zumindest wenn man es an den Standards der Serie misst: den Aufbau politischer Beziehungen zwischen zwei Sternenvölkern. Auf der einen Seite stehen Jean-Luc Picard, besonnener und philosophisch bewanderter Captain der U.S.S. Enterprise, und seine Crew – Figuren, die der Zuschauer kennt, mag und versteht. Und auf der anderen …

Nun, da steht das große Unbekannte. Das, was nicht zu verstehen ist. Auf den ersten Blick.

Sie nennen sich die Kinder von Tama, jene Fremden aus den Tiefen des Alls. Und sie haben Interesse signalisiert, sich friedlich der Föderation anzunähern. Vielleicht ist sogar ein späterer Beitritt drin, nur gestaltet sich die Kommunikation mit den Tamarianern, wie die Crew der Enterprise ihre Verhandlungspartner tituliert, nahezu unmöglich. Zwar arbeitet der unverzichtbare Universaltranslator des Schiffes tadellos und übersetzt artig Vokabel auf Vokabel, welche die Tamarianer verlauten lassen. Doch fehlt der Übersetzung der Sinn, der Inhalt. Denn die Kinder von Tama sprechen in Bildern und Metaphern, deren Gehalt sich nur dem erschließt, der ihre Vorlage kennt. Darmok und Jalad auf Tanagra? Shaka, als die Mauern fielen? Was soll das nur heißen? „Hallo, wie geht’s euch so“ klingt jedenfalls anders …

Als die Tamarianer merken, dass ihre Worte nur Ratlosigkeit bei Picard und seinen Vertrauten hervorrufen, entscheiden sie sich, stattdessen Taten sprechen zu lassen. Sie entführen den Captain des Sternenflottenschiffes auf einen unbewohnt scheinenden Planeten. Dort trifft Picard abermals auf den Anführer der tamarianischen Delegation. Picard vermutet, sich ihm nun im Kampf stellen zu müssen, und verweigert die Mitarbeit an diesem in seinen Augen unsinnigen Vorgehen. Doch Dathon verfolgt ganz andere Pläne, wie der Mensch im Laufe der zwei Tage, die er in Gesellschaft des Tamarianers verbringt, erkennt.

Denn der Planet El-Adrel ist nicht unbewohnt. Ein nur schemenhaft zu erkennendes Monster greift die ungleichen Gefährten an und der Kampf gegen den gemeinsamen Gegner bringt Picard und Dathon einander näher, wie es einst auch Darmok und Jalad auf Tanagra gelang, wo sich diese beiden – Personen aus der tamarianischen Mythologie – zusammen einem Ungeheuer stellen mussten. Darmok und Jalad verließen die Insel Tanagra schließlich gemeinsam, als im Kampf erprobte Freunde – und eben dies ist es, was Dathon dem verständnislosen Picard zu vermitteln versucht. Gemeinsame Ziele, gemeinsame Taten.

Und wirklich: nach und nach entwickelt sich ein Verständnis zwischen Picard und Dathon, das über schlichte Vokabeln hinausgeht und das auf Taten und Handlungen basiert, praktisch und nachvollziehbar. Als der Captain der Enterprise schließlich auf die Brücke seines Schiffes zurückkehrt, kann er den Kindern von Tama in deren eigenem Idiom vom heldenhaften Tod ihres Anführers berichten, der sein Leben opferte, damit eine Verständigung zwischen zwei zumindest sprachlich grundverschiedenen Kulturen möglich wurde. Picard verhindert dadurch einen Krieg und legt den Grundstein für eine zukünftige und hoffentlich für beide Parteien fruchtbare Zusammenarbeit. Jeder gewinnt.

Dies ist eine wundervolle Episode und eine, die bei vielen Fans einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Zum einen liegt das an dem faszinierenden Rätsel, welches Menosky und LaZebnik ersinnen. Wieder und wieder versucht der Zuschauer, hinter die Motive der Tamarianer zu kommen, doch er erweist sich dabei genauso hilf- und ratlos wie Picard. Außerdem ist die Spannungskurve beachtlich, die bei einer simplen diplomatischen Begegnung beginnt, dann über Kidnapping bis hin zum nackten Überlebenskampf verläuft – und das ist nur der Haupthandlungsstrang. Doch weitaus wertvoller als das eigentliche Abenteuer ist die Metaebene, die „Darmok“ bietet: Es ist eine Geschichte über Verständnis und Verständigung. Ein Treffen der Kulturen und somit, nach Logik der Tamarianer, gewissermaßen schon selbst eine Metapher.

Lesern dieses Buches dürfte der Begriff des IDIC oder UMUK mittlerweile geläufig sein, weswegen wir hier auf eine erneute Beschreibung dieses vulkanischen Gedankenguts verzichten wollen, doch lassen Sie uns noch einmal betonen, dass der Ansatz des Fragens und Verstehen wollens einer der Grundpfeiler des „Star Trek“-Konzeptes darstellt. Schon seit sich Jeffrey Hunters Captain Christopher Pike auf Talos IV den Machenschaften der Talosianer widersetzte, geschildert im originalen Pilotfilm „Der Käfig“ von 1966 sowie dem TV-Zweiteiler „Talos VI – Tabu“, ist das für die damalige TV-Unterhaltung eher untypische „erst fragen, dann schießen“, welches „Star Trek“ von jeher propagierte, von den Fans dieses Franchises aufgenommen und übernommen worden. „Star Trek“ handelt, in seinen besten Momenten und fernab von allen visuellen Schauwerten und abenteuerlichen Erzählungen, vom gemeinsamen Miteinander, vom Reichtum der Vielfalt. So, wie sich die Mitglieder von Roddenberrys visionärer Sternenflotte wie selbstverständlich aus verschiedensten Völkern und Spezies rekrutieren, stellt auch die Vereinigte Föderation der Planeten einen Schmelztiegel unterschiedlichster Lebewesen und Kulturen dar. Sie alle eint eine gemeinsame Zielsetzung: zu forschen, zu erfahren und zu begreifen. Friedlich und demokratisch ordnen sie sich alle dem gemeinsamen Weg unter. Und jeder gewinnt. Die Feder mag vielleicht mächtiger als das Schwert sein, doch der Verstand, so betont „Star Trek“ deutlich, übertrifft beide um Längen und führt, wenn richtig angewandt, zu den vorteilhaftesten Ergebnissen.

Selten hat die Serie dies so treffend illustriert wie in „Darmok“. Fernab aller Ablenkungen und auf das gemeinsame Ziel des Verstehens konzentriert, gelingt es Picard und Dathon, ihre Vorurteile und Missverständnisse auf friedliche Weise loszuwerden. Wie ein geduldiger Vater bemüht sich Dathon wieder und wieder, seinem menschlichen Gegenüber die Metaphern zu vermitteln. Und wer sich die Episode ein zweites Mal anschaut, sieht, wie schlicht und einfach die Bilder eigentlich sind, die Dathon verwendet. Er will Picard fordern, aber nicht überfordern – genauso funktioniert Spracherwerb. „Kate is hungry“ mag ein simpler Satz sein, aber für jemanden, der des Englischen nicht mächtig ist, stellen auch diese drei kurzen Worte zunächst einmal ein Hindernis dar.

Und Picard überwindet derartige Hindernisse. Versteht er auch nicht gleich die Worte, so erkennt er doch Dathons Geduld und Mühe. Feindseligkeit sieht anders aus und tatsächlich ist der Tamarianer so überzeugt von der gemeinsamen Zukunft beider Kulturen, dass er sein eigenes Leben dafür gibt, die Legende von Darmok und Jalad mit dem Erdenbewohner zu wiederholen. Picard und Dathon auf El-Adrel.

Schauspieler Paul Winfield ist großartig in der Rolle des Fremden, der um Verständnis kämpft, und vermittelt Dathons Antrieb und Sorge selbst durch das Alien-Make-up sehr überzeugend. Patrick Stewart – dessen selten verwendete Uniform-Oberjacke dem gewitzten Zuschauer schon in den ersten Szenen suggeriert, dass Picard in dieser Episode an die frische Luft geraten wird – steht ihm in nichts nach und zeigt den nachdenklich-philosophischen Picard, den zu sein ihn die auf der Serie basierenden Kinofilme so selten Gelegenheit gaben. Und beide transportieren die zutiefst Roddenberry’sche Grundaussage der Episode meisterhaft.

Der Rest der Stammbesatzung liefert uns derweil den Gegenblick. Ratlos über das Geschehen und unfähig, den Captain aus der vermuteten Gefahr zu retten, steigern sich Commander William T. Riker und die Crew der Enterprise nach und nach in einen Kampf gegen die Tamarianer hinein. Passenderweise ist es der klingonische Krieger Worf, der von vornherein davon ausgeht, dass die Kinder von Tama feindliche Absichten hegen. Nach Picards Verschwinden sagt Worf, er habe keinen Zweifel, dass sich sein Captain als würdiger Kämpfer erweise – und diese Denkweise, die gleich vom schlimmsten, nämlich dem Gewaltfall ausgeht, steckt Riker im Laufe der Episode an. Für Worf ist diese Denkweise nur logisch, entstammt er doch einem kriegerischen Kulturkreis, in dem die Schlacht als Mittel des Ehrerwerbs gilt. Der Mensch Riker handelt reflektiert und besonnener, doch auch er kommt letzten Endes zu der einfachen – aber falschen – Schlussfolgerung: fremd gleich böse. Auch Picard hatte auf El-Adrel ursprünglich ja nichts als Feindseligkeit hinter Dathons Handlungen vermutet.

Wenn „Star Trek“ uns die Sinnlosigkeit unserer Vorurteile unter die Nase reibt, beweist es seinen Realitätsbezug. Wenn es uns zum Zuhören und Nachdenken animiert und den Wert eines offenen Geistes betont, zeigt es, warum es seit über vierzig Jahren einen so hohen Stellenwert im Leben so vieler Menschen einnimmt. Sollte Ihnen, liebe Leser, also mal wieder jemand begegnen, der der Science-Fiction Irrelevanz und Trivialität vorwirft, verweisen Sie ihn ruhig auf „Darmok“. Und danach auf die „Tagesschau“ oder jede andere Nachrichtenquelle – die zeigen uns nämlich jeden Tag aufs Neue beste Beispiele für menschliche Vorurteile und kulturelles Unverständnis. Shaka, als die Mauern fielen.

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Die wahre letzte Grenze

To boldly go.

Ein Infinitiv, wenn auch auf adverbiale Weise pathetisch angehaucht, ist eigentlich nichts Besonderes und doch steckt in diesen drei kleinen Worten, die Mitte der 1960er-Jahre im Vorspann einer amerikanischen SF-Fernsehserie gesprochen wurden, eine der Kernaussagen „Star Treks“: Auf geht’s, und zwar kühn und mutig. Captain Kirk und seine Kollegen weiten in bestem Pioniergeist Grenzen aus, sie vergrößern Erfahrungshorizonte und Wissensstandards – schlicht dadurch, dass sie vorwärts blicken. Boldly.