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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

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PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2753

 

Endstation Cestervelder

 

Perry Rhodan auf der Transmitterflucht – der Zerstörer von allem hilft seinem größten Feind

 

Michelle Stern

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Die Terraner – wie sich die Angehörigen der geeinten Menschheit nennen – sind längst in ferne Sterneninseln vorgestoßen. Immer wieder treffen Perry Rhodan und seine Gefährten auf raumfahrende Zivilisationen und auf die Spur kosmischer Mächte, die das Geschehen im Universum beeinflussen.

Seit 1514 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – bereits über zwei Jahre lang – steht die Milchstraße unter dem Einfluss des Atopischen Tribunals. Dies behauptet, im Rahmen der »Atopischen Ordo« für Frieden und Sicherheit zu sorgen und den Weltenbrand aufzuhalten, der anderenfalls der Galaxis drohe.

Wie sich herausstellt, beherrscht das Tribunal schon seit Jahrhunderten die Galaxis Larhatoon, die Heimat der Laren – dorthin hat es auch Perry Rhodan verschlagen. Während Reginald Bull der Fährte seines Freundes mit dem neuesten Raumschiff der Menschheit – der RAS TSCHUBAI – folgt, befindet Rhodan sich in einer prekären Situation:

Perry Rhodan flieht derzeit gemeinsam mit seinem offenbar ärgsten Feind, dem Anführer der Rebellen Larhatoons, vor den Onryonen. Mit sich führt er das Vektorion, ein larisches Relikt, das angeblich zur Ursprungswelt dieses Volkes weist. Dass ihnen überhaupt die Flucht gelingt, verdanken sie ihrem Begleiter Selthantar, doch selbst mit dessen Hilfe ist die ENDSTATION CESTERVELDER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Unsterbliche hat einen anstrengenden Fluchtgefährten.

Avestry-Pasik – Der Anführer der Proto-Hetosten hat genug vom Hetork Tesser.

Selthantar – Der Cyborg hat Visionen.

Karynar – Die Proto-Hetostin hat ein Geheimnis.

Die Ordnung zerbrochen

An den Hyptons zerschnitten

Der Greikos abhanden

Hetork Tesser

Die Pyramiden verloren

Die Raumer vergangen

Verschlossen der Weg

Hetork Tesser

Der Tunnel versperrt

Fort die Mastibekks

Erloschen der Glanz der Sieben

Hetork Tesser

Zerstörer von allem!

Warum?

Aus dem Klagelied der Laren

 

 

1.

An Bord der ZHOL-BANNAD

 

Der Alarm gellte durch die Gänge. Er schrillte bis ins Mark. Einen Augenblick erlosch die Beleuchtung, bebten die Wände. Das Schiff erzitterte von Einschlägen und Sprengungen, die kein Schutzschirm mehr abfing. Gelbes Notlicht flackerte.

Die Onryonen griffen an. Sie waren da draußen, an Hangarschotts und Schleusen. Dass sie keine Gnade kannten, bewiesen die Trümmer der beiden Begleitschiffe, die samt der Leichen Lichtjahre entfernt in der Schwärze des Alls trieben.

»Flieh!«, rief eine Stimme in Karynar. »Weg, solange du noch kannst!«

Aber wohin?

Zu den Beibooten und Rettungskapseln? An die Front, an eine der Stellen, an der die Onryonen in den flugunfähig geschossenen Raumer eindrangen wie Ungeziefer in einen Leichnam?

Karynar blieb stehen und holte Luft. Ihre Seiten stachen. Von beiden Seiten kamen ihr rennende Laren in Raumanzügen entgegen. Es stank nach Schweiß, verbranntem Kunststoff und erhitztem Metall. Die Luftreinigungsanlage scheiterte an der schieren Menge der Ausdünstungen, verteilte sie stattdessen gleichmäßig sogar an Orte, an denen es nicht brannte. Vielleicht war sie in Teilfunktionen ausgefallen.

Aus der Ferne klangen Schreie. Karynar hörte eine dumpfe Explosion und das gequälte Dröhnen von defekten Triebwerksaggregaten.

Die Lage war chaotisch. Es hieß, Avestry-Pasik sei mit seinem Freund Selthantar tief ins Schiffsinnere geflohen. Der Anführer kämpfe sich erfolgreich voran.

Karynar hoffte, dass die Gerüchte stimmten und es verborgen im stählernen Bauch der ZHOL-BANNAD einen Transmitter gab, den Avestry-Pasik benutzen konnte. Seit seiner spektakulären Flucht von der Gefängniswelt galt er als Legende unter ihnen. Sie brauchten solche Legenden. Es befeuerte den Wunsch vieler Laren, gegen die Besatzer Widerstand zu leisten und das Unrecht, das die onryonische Vorherrschaft darstellte, zu bekämpfen.

Sie drückte sich an zwei Männern in Raumanzügen vorbei, schloss sich einer Gruppe an, die dem Angriff entgegenstürmte. Doch sie hatte Mühe, Schritt zu halten, und blieb immer weiter zurück.

Die Onryonen enterten. Es reichte ihnen nicht, das Schiff zu zerstören, wie die EVAN-EAVA und die YLIL-PAOX. Sie wollten Gefangene machen, sie foltern und mit dem erbeuteten Wissen endgültig das Rückgrat der Organisation brechen.

Wenn sie Karynar bekamen, war es aus. Sie würde ihr Geheimnis kaum vor den Onryonen verbergen können. Und wenn die Proto-Hetosten es erführen, die mit ihr gefangen waren, würden sie Karynar möglicherweise lynchen. Selbst wenn sie Karynar am Leben ließen – in ihren smaragdgrünen Augen würde der Ausdruck von Verachtung und Unverständnis liegen. Von Hass. Egal wie lange sie unter ihnen als ihresgleichen gelebt hatte, sie würden ihr niemals vergeben.

Dann lieber der Tod.

Oder?

Die leise Stimme des Zweifels war auf ihre Art ebenso hartnäckig wie der Fluchtimpuls und die schrillen Warnmeldungen der Positronik.

Karynar hetzte den Gang hinunter, dass es in den Knien stach. Ihr Körper wusste besser, was er wollte, als ihre Entschlusskraft.

»Karynar! Hierher!« Das war Fartir-Jenak. Er winkte ihr aus einem rauchgeschwängerten Gang zu. Ausgerechnet er.

Der Brandgeruch verstärkte sich. Karynar zögerte.

Fartir-Jenak wiederholte die auffordernde Geste mit der Hand. Seine gelben Lippen öffneten und schlossen sich hinter dem Visier des Helms, als wollte er sie lautlos beschwören.

Irgendwer rempelte Karynar im Vorbeirennen an, stieß ihr den Ellbogen schmerzhaft in die Seite.

Mit einem dumpfen Aufstöhnen taumelte Karynar vor, auf die Gangbiegung zu. »Was willst du?«

»Wir sprengen die Sektion, ehe die Goldaugen sie kriegen! Wir brauchen Unterstützung!«

In Karynars Körper kroch Kälte. Sie hob den Kombistrahler und kam in den Gang. Der Rauchgeruch war so intensiv, dass sie gegen einen Würgereiz ankämpfte.

Fartir-Jenak drehte sich um und lief voraus. Im Rauch erkannte Karynar vage die Umrisse seines Individualschirms.

Karynar hörte die Einschläge von Schüssen in der Wand, dann einen Schrei. Ob onryonisch oder larisch erkannte sie nicht. Im Sterben klangen sie ähnlich.

Sie aktivierte den Schirmgenerator und lief los.

In dieser Sektion brannte nur grünliche Notbeleuchtung. Wie viele Laren und Onryonen sich in den Gängen und Räumen zur Außenwand hin aufhielten, blieb ungewiss. Karynars Gedanken hämmerten wie die Absätze der schweren Stiefel auf dem harten Boden.

Wie hatten die Onryonen sie gefunden? Warum hatten sie die EVAN-EAVA und YLIL-PAOX entgegen sonstiger Gewohnheiten nahezu sofort vernichtet? Ahnten sie, dass Avestry-Pasik an Bord dieses Schiffes war?

Blieb wirklich nur der Tod?

Und warum Fartir-Jenak? Warum von allen an Bord musste sie am Ende ausgerechnet ihm über den Weg laufen, diesem selbstgerechten, fanatischen Proto-Hetosten, der nie einen Hehl daraus gemacht hatte, was er von ihr wollte?

Ein weiterer Schrei! Dieses Mal eindeutig larisch.

Karynars Herz schlug schmerzhaft gegen die Rippen. Geldis-Tara. Eine der wenigen, mit der sie mehr als ein paar Worte gewechselt hatte. Fast eine Freundin.

Sie rannte auf die Schreie zu. Eine Salve aus einem Thermostrahler trieb sie zur Seite und brachte sie zum Straucheln. Der Schirm flackerte leicht. Längerem Beschuss würde er nicht standhalten. Sie spielte mit ihrem Leben. Ein vertrautes Spiel. Und war sie nicht bereits gestorben?

Vor ihr lichtete sich der Raum. Geldis-Tara lag auf der Seite, die Beine angewinkelt. Sie wimmerte. Ihre obere Seite war blutverkrustet, der Anzug an der Hüfte zerfetzt. Neben ihr ragte ein zu Klump geschossener Kampfroboter auf, der niemanden mehr schützen konnte.

Der Veltha streckte seine tentakelartigen Arme weit aus. Die Energieanzeige war erloschen.

Eben schloss sich ein Schott am Gangende. Im schmalen Spalt erkannte Karynar die Umrisse eines Onryonen im Schutzanzug.

»Es wird sie nicht lang aufhalten!«, rief Gerdul, einer der engsten Freunde Fartir-Jenaks vom Schottsensor her.

Karynar beugte sich zu der Schwerverletzten. Ihr Herz fühlte sich kalt an, wie ein Fremdkörper. »Ich brauche eine Medo...« Die Worte erstickten, als sie Geldis-Taras Blick auffing, eisig wie das All.

»Spar ... dir ... die Mühe.« Geldis-Tara hob den Arm leicht an. Ihre Finger zuckten in den Handschuhen. »Fartir ... Du ... Gib ihn mir!«

»In Ordnung.« Fartir-Jenak kam heran. Er zog einen faustgroßen Gegenstand aus der äußeren Beintasche seines Anzugs, kaum größer als ein Mikro-Antigravgenerator. »Schick sie zu ihrer Ordo!«

Ein Sprengsatz!

Die Kälte in Karynars Brust breitete sich unvermittelt im ganzen Körper aus. Geldis-Tara wollte sich opfern. »Warum?«

In Fartir-Jenaks Gesicht lag ein Ausdruck von Mitleid, das an Arroganz grenzte. »Wir müssen einen Raum weiter. Dort können wir die Selbstzerstörung der Sektion einleiten. Wir verbergen uns in der Wandung da.« Er wies auf eine Stelle im Gang, dann auf eine andere. Dahinter befanden sich ein Stau- und ein Wartungsraum, knapp groß genug für je ein bis zwei Personen. »Nach der Sprengung schießen wir uns den Weg frei.«

Wie ruhig er das sagte. Wie gefühllos. Als wollte er eine Kabine sprengen und keine Larin. Karynar spürte ein altvertrautes Brennen an der Stirn. Sie berührte ihren Kopf. Was interessierte den selbst ernannt besten Rebellen Avestry-Pasiks schon ein Leben, wenn es um die heilige Sache ging?

Gerdul rief ein frei schwebendes Holo über dem Gerät an seinem Handgelenk auf. Es zeigte den Raum, der hinter dem Schott lag – eine schmale Zwischenzentrale mit einer einzelnen Konsole und einer Medienwand. Onryonen drängten sich darin.

»Sie sind zu fünft. Das schaffen wir. Schalten wir sie aus.«

Karynar schluckte. Wollte sie auf Onryonen schießen? Sie hatte immer gewusst, dass ein Tag kommen konnte, an dem sie kämpfen musste. Trotzdem war ihr der Gedanke zuwider, ein anderes Lebewesen zu töten. Der Kombistrahler stand auf Paralyse. Aber mit einem Paralysestrahler durchbrach man keinen Schutzschirm.

Neben ihnen stöhnte Geldis-Tara. Ihr Körper zitterte.

Das Bild über Gerduls Arm wechselte und zeigte das kugelförmige Schiff.

Der Anblick machte Karynars Mund trocken. Die stolze ZHOL-BANNAD war ein 2350 Schritt langer Haufen aus Altmetall und Schrott.

Mehrere ausgedehnte Trümmerwolken schwebten um das Schiff. Zwei schwere Strahltreffer hatten die untere Rumpfhälfte nah am Polbereich aufgerissen. An anderen Stellen wirkte es, als habe ein wütender Gott getobt, der Teile aus dem Schiff herausgerissen hatte. Nach dem Verlust des Halbraumfelds hatten turmdicke Salven ihre Spuren hinterlassen. Vom Antlitz Avestry-Pasiks war nichts mehr zu erkennen.

Das Schott glühte hell auf.

Gerdul fuhr herum. »Versteckt euch!«

Fartir-Jenak stürzte auf einen der Punkte an der Wandung zu. Er zog Karynar mit sich. Da er fast doppelt so stark und einen ganzen Kopf größer war, musste sie ihm zu folgen. An ihn gepresst quetschte sie sich in den leeren Stauraum. Ihr Ohr lag auf seiner Brust auf dem glatten Material des Anzugs, das leicht chemisch roch. Sie fühlte seinen Herzschlag. Ob er noch an sie dachte? Oder schaltete er seine romantischen Gefühle in dieser Situation ebenso aus wie das Mitleid für die sterbende Geldis-Tara?

Draußen ächzte Metall, kreischte es schrill auf. Irgendwo löste sich eine Verstrebung.

Die Onryonen brachen durch.

Stimmen wurden laut, viel zu melodisch für die schreckliche Situation.

Fartir-Jenak drückte sie enger an sich als nötig. »Du wirst nicht kneifen, oder Karynar?«

Sie schluckte und veränderte die Einstellung der Waffe. »Nein. Sie sind auch meine Feinde.«

Es knallte, dass Karynars Ohren klingelten. Zu spät dachte sie daran, sich die Hände dagegenzupressen. Mindestens drei Onryonen schrien.

Fartir-Jenak öffnete den Stauraum, sprang heraus und schoss.

Auch Karynar stolperte ins Freie, die Hand an der Auslösung des Schirms. Ihr Individualschirm baute sich konturnah in geringem Abstand zum Schutzanzug auf.

Vor ihr drehte sich ein Onryone um, der in einen ähnlichen Schutz gehüllt war. Die undurchdringliche Blase, die ihn umgab, flimmerte schwach violett.

Sie schossen beide.

Karynar warf sich zur Seite. Neben ihr zog der Thermostrahl des Gegners eine dünne, flüssige Spur am Boden. Ihr Schirm streifte Leichenteile und schob sie ein Stück zurück.

Mindestens zwei der Onryonen hatte es zerrissen. Auf die Stelle, an der Geldis-Tara gelegen hatte, wollte Karynar nicht sehen.

Gerdul und Fartir-Jenak hatten den Überraschungseffekt besser genutzt als sie. Sie brachten die von der Explosion belasteten Schirme der Onryonen zum Aufleuchten. Strukturrisse bildeten sich, die wie Blitze aussahen. Gnadenlos legten die beiden Rebellen nach.

Sie wollten ihre Gegner umbringen, sich für die toten Freunde der zerstörten Schiffe rächen, deren Leichen irgendwo da draußen in den Trümmern trieben. Schon schrie der erste Onryone auf.

Weitere Angreifer strömten in den Gang.

»Rückzug!«, rief einer von ihnen. »Bergt die Verwundeten!«

Zwei Onryonen schirmten den Rückzug ab, während drei weitere die Verletzen bargen.

Fartir-Jenak trieb sie weiter vor sich her.

Karynar stolperte hinter Gerdul in den Kontrollraum. Sie drückte sich so eng an die Wand, wie es mit aktiviertem Schutzschirm möglich war. Eine lächerlich hilflose Geste, aber sie kam nicht dagegen an.

Das war ein Albtraum. Ein einziger Albtraum, und sie wachte nicht auf.

»Schott verriegeln!«, brüllte Fartir-Jenak.

Mit einem Sprung war Gerdul beim Sensor. Sein Schirm flackerte bedenklich unter dem Beschuss mehrerer Onryonen.

Fartir-Jenak erreichte die Konsole. Er rief ein Bild auf. Seine Finger flogen über die Eingaben. Sicher gab er einen Kode ein.

Ein Thermostrahl zwang Fartir-Jenak vom Eingabefeld fort. Der Boden weichte in einer rot glühenden, nadeldünnen Bahn auf.

»Sonderfunktion erkannt. Selbstzerstörung der Sektion aktivieren?«, fragte die Positronik.

»Ja!«

»Bitte bestätige den Befehl manuell.«

Vom Schott her kam Gerduls gepresste Stimme. »Sie haben das Schott manipuliert, um ihren Rückzug zu sichern! Ich kann es nicht schließen!«

Weitere Schüsse zuckten in den Raum. Sie konzentrierten sich auf Gerdul und Fartir-Jenak.

Ehe Fartir-Jenak den Sensor erreichte, erlosch der Schirm. Durch die vielen Risse auf der Oberfläche schien es, als würde er zerbersten. Fartir-Jenak brach mit einem Stöhnen zusammen.

Ein Rauchfaden stieg auf. Es roch verbrannt. Sein Bein war von einem Thermostrahl getroffen. Er presste eine Hand gegen den Schutzanzug am Oberschenkel, dabei hielt er die Finger seitlich, um beide Wunden zu umschließen. Offensichtlich hatte der Strahl den Knochen und große Blutgefäße verfehlt, denn zumindest blieb Fartir-Jenak bei Bewusstsein.

»Fartir!« Karynar hatte Mühe zu atmen.

Aus dem Gang näherten sich die Onryonen.

Mit verbissenem Gesichtsausdruck streckte sich Fartir-Jenak, doch die Schaltfläche lag weit außerhalb seiner Reichweite. »Positronik, Selbstzerstörung aktivieren!«

»Dieser Schritt ist für den verbalen Zugang aus Sicherheitsgründen gesperrt. Bitte gib die Bestätigung manuell ein.«

Fartir-Jenak stöhnte. Seine Hand schob sich vor. »Karynar!«

Obwohl ihre Beine streikten, gelang es Karynar, auf ihn zuzutorkeln. Sie fühlte sich wie nach einem mehrstündigen Lauf. Vor Angst war ihr übel. Drei Schüsse trafen nacheinander den Schirm, der ihren Rücken schützte. Bei jedem zuckte Karynar zusammen, als hätte er sie selbst getroffen. Panisch sah sie, dass sich auf der Oberfläche der Aureole Risse bildeten.

Schräg hinter ihr sackte Gerdul lautlos in sich zusammen. Sie erspähte es aus den Augenwinkeln. Ein Paralysestrahl?

»Karynar! Schnell!«

Karynar erreichte die Konsole. Sie zögerte. War es das? Sollte das ihr endgültiger Abgang werden? Es gab noch etwas, das sie tun konnte. Eine Aufgabe.

Fartir-Jenak klammerte seine Hand um ihr Fußgelenk. Er war stark genug, ihr in seiner Verzweiflung den Knochen zu brechen. »Tu es! Lieber der Tod als ein Gefangener der Onryonen!«

Karynars Hand lag schwer und steif wie Metall am Sensor. Sie musste eine Entscheidung treffen.

2.

Auf einem fremden Planeten

 

Perry Rhodan krampfte die Hand um das Vektorion, das in der Brusttasche seiner lucbarnischen Kombination lag. Um ihn baute sich die Käfigkuppel eines Transmitters auf, auf drei Seiten umgeben von mattgrauen Wänden.

Eine Schmerzwelle lief durch Rhodans Körper. Wie die Ausläufer einer Flut erreichte sie den Nacken, brandete ins obere Ende der Wirbelsäule und hinterließ dort eine brennende Spur. Womöglich war die Belastung durch die Transmitterstafette größer als gedacht.

Rhodan vermutete, dass er, Avestry-Pasik und Selthantar in kurzer Zeit mehr als fünfundzwanzig Transposten passiert hatten, um mögliche Verfolger zu täuschen. Dabei waren sie entstofflicht geblieben und in keinem der Transposten materialisiert.

Er griff sich an den Kopf. »Was ist passiert?«

Avestry-Pasik drehte sich im Empfangsfeld zu ihm um, antwortete jedoch nicht auf die Frage. Er hatte lediglich einen ungehaltenen Blick für Rhodan übrig, als hätte er heimlich darauf gehofft, dass der nach ihm abgestrahlte Hetork Tesser nie am Ziel ankäme.

Selthantar rematerialisierte zuletzt.

Der Lajuure verzog die gelben Lippen, dass sich die Nasenlöcher weiteten. »Alles in Ordnung. Keine nennenswerten Abweichungen.«

Eine Erschütterung ging durch den Raum und machte seine Worte wenig glaubhaft. Es fühlte sich an wie ein Erdbeben. Die Wände schienen kurzzeitig zu schwanken. Leichter Schwindel ergriff Rhodan.

»Riss in der Außenwand der Station«, verkündete eine weich modulierte, weibliche Stimme auf Larisch. »Verschluss beginnt gemäß Standardprogrammierung. Für weitere Optionen können Anweisungen gegeben werden.«

Selthantar reagierte nicht darauf. Er trat über eine Rampe aus dem Transmitter und rief an der Schaltkonsole ein Holo auf. Seine Finger zuckten über die virtuellen Eingabefelder. Auf den tintenblauen, von gelben Adern marmorierten Wangen lag ein ungesunder Stich ins Gräuliche. Die Farbigkeit der Implantate in seinem Kopf veränderte sich. Über die Schaltkreise lief ein Lichtimpuls, der wie ein winziger Satellit hektische Kreisbahnen zog. »Ich muss den Transmitter aus der Verbundenheit nehmen!«

Rhodan nickte. Er bezweifelte, dass die Onryonen sie von der ZHOL-BANNAD aus verfolgen konnten. Selthantar hatte kurz vor den Transmissionen die Selbstzerstörung der Schiffsstation aktiviert. Doch die Onryonen konnten einen anderen Transmitter nehmen, der mit dem Netz innerhalb der Domäne verbunden war, falls ihnen die Zielkoordinaten in die Hände fielen.

Die Positronik meldete sich erneut: »Riss in der Subetage des Stationsbereichs geschlossen. Kein Einbruch gefährlicher Strahlung. Durch subplanetare, tektonische Bewegungen sind Schäden der Stufe Zwei entstanden. Reparatur läuft. Station befindet sich im Notbetrieb.«

Rhodan fragte sich, inwiefern ein Zusammenhang zwischen ihrer Rematerialisation und dem Beben bestehen konnte. Womöglich hatte ein Generator Schaden genommen.

Letztlich spielte es keine Rolle. Selthantar hatte die Verbindung gekappt. Wo auch immer sie gelandet waren – dieser Ort war die Endstation der Stafettenreise.

Er trat aus dem Transmitter in den Raum und öffnete überrascht den Mund. Der Transmitter stand unter einer durchsichtigen Kuppel. Bis auf den zentriert stehenden Käfig samt seiner zugehörigen Gerätschaften und die Schaltkonsole war die Kuppel leer. Obwohl die Barriere durchsichtig war, erhaschte Rhodan nur im unteren Bereich an wenigen Stellen einen Blick auf eine schwarze, verkrustete Ebene, über die gelbgrüne Polarlichter tanzten.

Den Rest der Kuppel bedeckten armlange, schwarzbraune Chitinleiber, deren unzählige Füße sich mit tellerartigen Saugnäpfen festhielten. Sie krochen teils übereinander. Dabei schien es, als würden einige der Tiere ihre Artgenossen im Vorbeigehen auffressen. Manche Exemplare steckten bis zur Panzermitte in anderen. Es herrschte hektische Betriebsamkeit.

Rhodan meinte, auf der falschen Seite eines riesigen Terrariums zu stehen.

Selthantar senkte die Schultern. Seine Finger kamen zur Ruhe. »Geschafft. Wir sind so sicher, wie wir sein können.«

Rhodan fiel auf, dass die holografischen Schriftzeichen am Kragen der passgenau geschnittenen Uniform des Lajuuren hell leuchteten. Da Selthantar einst ein Weichensteller gewesen war, der in den Transposten gearbeitet hatte, reagierte die Uniform womöglich auf die Umgebung oder den Transpostendurchgang. Gern hätte Rhodan mehr über die spannende Technik erfahren, derer sich die Lajuures bedienten.

Ein grünes Flackern lenkte Rhodans Aufmerksamkeit auf sich.

Erneut ging sein Blick durch eines der Löcher im Leibermeer hinaus auf die schwarze Ebene. Er schauderte. Die Welt dort draußen war kein fruchtbarer Sauerstoffplanet wie Terra oder einer der unzähligen anderen in der Milchstraße und vergleichbaren Galaxien. Sie war wie der Schatten von etwas, das einst gelebt hatte, aber brutal vernichtet worden war. Das schwarze Gestein war geschmolzen, zerflossen und teils in irrwitzigen Formationen erstarrt.

»Wo sind wir?«, fragte er.

»Definitiv auf einem Planeten.« Selthantar beugte sich tiefer über die Konsole. Da er ein gutes Stück kleiner war als ein Lare, reichte sie ihm bis zur Brust. »Ich habe eine Vermutung, bin aber noch nicht ganz sicher. Die Positronik hat Schaden genommen.«

»Auf jeden Fall herrscht die natürliche Schwerkraft dieser Welt«, stellte Avestry-Pasik mit einem Unterton fest, als wäre dieser Zustand eine persönliche Beleidigung. »Gut für dich, Hetork Tesser.«