Beiträge zur sächsischen Militärgeschichte zwischen 1793 und 1815

Heft 41

Abb. 01 - Faksimile mit dem Einband (11372 No. 92)

Bibliographische Information der Deutschen Biliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Die Deutsche Bibliothek – CIP – Einheitsaufnahme

Dr. Konrad Probsthain, Jörg Titze (Hrsg.)

Friedrich Gottlieb Probsthayn - Das Tagebuch vom 14.05.1813 bis 29.09.1814

ISBN 978-3-7431-5516-9

© 2016 Jörg Titze

Herstellung und Verlag:

BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

Inhaltsverzeichnis

Abb. 02 Probsthayn’s Grabmal auf dem Friedhof Radeberg (ev.-luth. Kirchspiel Radeberger Land)

Vorwort

Nachfolgend wiedergegeben wird das Tagebuch von Friedrich Gottlieb Probsthayn ( 1779 / 1839 ) aus den Jahren 1813 und 1814.

Probsthayn1 war den Feldzug von 1812 über im Depot der reitenden Artillerie-Brigade angestellt und erhielt Anfang 1813 das Kommando der 2. reitenden Batterie, welche in Sachsen als Ersatz für die verschollene Batterie der Kürassier-Brigade Thielmann neu aufgestellt worden war.

Das Tagebuch selbst befindet sich als handschriftliches Dokument im HStA Dresden. Es handelt sich dabei allem Anschein nach um eine zwischen 1815 und 1822 erfolgte Reinschrift2.

Die Entstehung dieses Heftes ist Herrn Dr. Konrad Probsthain zu verdanken. Herr Dr. Probsthain – zwar namens- aber nicht blutsverwandt mit unserem Protagonisten – hatte die Idee der gemeinsamen Bearbeitung des Tagebuches und mit der Transkription den allergrößten Teil der Arbeit geleistet, wofür ich ihm herzlichst danke.

Der Text selbst ist so originalgetreu wie möglich wiedergegeben, aber der heutigen Rechtschreibung angepasst.

Verwendete Namen, Begriffe und Ortsbezeichnungen werden, insofern zweifelsfrei identifizierbar3, zum besseren Verständnis in der exakten Begrifflichkeit wiedergeben. Sonst wurde die Schreibweise des Tagebuches beibehalten.

Die nichtpaginierten Seiten des Originals werden im Text durch gekennzeichnet.

Bedanken möchte ich mich beim Team des Hauptstaatsarchives in Dresden für die wie immer problemlose Bereitstellung der Akten und Genehmigung der Veröffentlichung; gleichfalls beim DHM Berlin für die Möglichkeit, das Götz-Bild gegen Gebühr abdrucken zu dürfen.

Natürlich möchte ich mich auch bei Ihnen, verehrter Leser, dafür bedanken, dass Sie sich zum Kauf dieses Buches entschlossen haben. Insofern Sie Anregungen und Kritiken haben oder mir einfach nur mitteilen wollen, ob Ihnen das Buch gefallen hat, so können Sie mich via email unter sachsen-titze@t-online.deerreichen.

Ihr

Jörg Titze


1 Er war 1794 beim Militär eingetreten, wurde 1798 Unteroffizier, 1800 (18.04.) Stückjunker, 1806 (08.01.) Sousleutnant, 1810 (18.04.) Premierleutnant und 1813 (18.02.) Capitaine. Die Beförderung zum charakterisierten Major erfolgte am 01.12.1825.

2 Probsthayn bezieht sich bei seinen Eintragungen zum 30.04.1814 auf den Oberstleutnant v.Stünzner vom Husarenregiment. Stünzner wurde am 15.07.1815 Oberstleutnant und am 16.12.1822 Oberst.

3 z.B. wird der im Eintrag vom 04.05.1814 als von Groseneck bezeichnete Oberst exakt als von Krauseneck wiedergegeben.

Tage-Buch vom 14ten Mai 1813 bis ultimo September 1814

Die reitende Batterie, welche ich zu kommandieren die Ehre habe, war in den ersten Monaten des Jahres 1813 mit der Kürassier-Brigade unter dem Generalmajor von Liebenau durch Bayern und Böhmen marschiert und hatte nach ihrem Einrücken in Sachsen, in der Gegend von Dohna anderweit Kantonierungs-Quartiere bezogen.

Den 14. Mai 1813, als dem Tag, von welchem sich gegenwärtiges Tagebuch anfangen sollte, brach die Batterie mit der Kürassier-Brigade aus dem seitherigen Kantonement auf einen Biwak bei Neudorf auf.

Den 15. Mai 1813 hielt der Kaiser Napoleon über die Brigade Revue, wo nach deren Beendigung alles wieder auf den alten Biwak rückte.

Den 16. Mai 1813 in den Vormittagsstunden erhielt das erste Kavallerie-Corps der französischen Armee, unter dem General Latour Maubourg, welchem unsere Brigade zugeteilt war, und das, außer mehreren leichten und schweren Kavallerie-Regimentern, in Hinsicht der Artillerie, aus:

2 französischen und

1 italienischen reitenden Batterie unter

Kommando des französischen Artillerie-Obersten Luvoy bestand, den Befehl zum schleunigen Aufbruch, um aus der Gegend um Großenhain ein starkes feindliches Kavallerie-Corps zu vertreiben.

Nachdem wir Großenhain passiert hatten, formierten wir uns in geschlossenen Kolonnen und nahmen hierauf Position. Da sich aber vom Feinde, welcher Großenhain eine halbe Stunde zuvor verlassen hatte, nichts mehr entdecken ließ, so bezogen wir für diesen Tag in der Gegend von Wildenhain einen Biwak, wo wir bis

den 17. Mai 1813 nachmittags verblieben, und dann in Eilmärschen über Radeburg nach Medingen marschierten und dort en Bivouac einige Stunden hielten.

Den 18. Mai 1813 gegen Morgen wurde der Marsch über Radeberg, Bischofswerda bis an das Dorf Jannewitz fortgesetzt und daselbst biwakiert.

Den 19. Mai 1813 rückte das Corps in die Gegend Bautzen, wo es sich mit der großen Armee vereinigte.

Den 20. Mai 1813 machten wir verschiedene Bewegungen und bezogen dann ganz nahe an Bautzen einen Biwak.

Den 21. Mai 1813. Nachdem wir von Tagesanbruch an, bis gegen 10 Uhr morgens unaufhörlich Demonstrationsmärsche gemacht hatten, erhielt die Batterie Befehl, auf einer Höhe rechts von Bautzen, Position zu nehmen, zwei französische reitende zu uns gehörige Batterien hatten bereits schon dort abgeprotzt, welche von mehreren Infanterie-Kolonnen gedeckt waren; hinter dem Berg war Kavallerie aufgestellt.

Vor der Front breitete sich ein weites Tal aus, in welchem die diesseitige Kavallerie mit den Kosaken plänkerte. Auf den jenseitigen Höhen hatte der Feind schweres Geschütz postiert, das wir beschießen sollten.

Da wir aber wegen der zu großen Distanz diese Höhen nicht erreichen konnten, und dennoch die feindlichen Granaten in unsern Kolonnen mehreren Schaden verursachten; so befahl der französische Artillerie-General Nourry das Feuer einzustellen, um das feindliche dadurch nicht allzu stark auf unsere Kolonnen zu ziehen, und so geschahen unsererseits nur einzelne Schüsse auf Kosaken-Trupps, welche sich formieren wollten, und auf die am Fuße des jenseitigen Gebirges aufgestellte feindliche Kavallerie, die sich infolge dessen auch teilweise zurückzogen. Unterdessen erhielt die Batterie Befehl, von dieser Position abzumarschieren, und der Oberst Luvoy führte uns auf eine Anhöhe links von Bautzen, wo sich der Kaiser Napoleon befand. Die Batterie wurde hier en Park aufgefahren.

In dem vor uns liegenden Tale nach Hochkirchen zu, sahen wir Verschanzungen, welche vom Feinde mit vieler und schwerer Artillerie an Kanonen und Haubitzen besetzt waren.

So standen wir bis nachmittags gegen ½ 4 Uhr, wo wir Befehl erhielten, gegen die Verschanzungen vorzurücken, um den Feind daraus zu vertreiben. Drei französische Garde-Batterien mussten sich schon zurückziehen, teils weil sie demontiert waren, teils weil sie ihre Munition ganz verschossen hatten.

Wir marschierten zu 1 ab, und ein französischer General aus der Suite des Kaisers führte uns zu unserer Bestimmung an.

Die Distanzen von den Verschanzungen aus bis zu der Höhe, wo sich der Kaiser befand, waren feindlicherseits mit zwei Reihen Jalons abgesteckt, welche aber bemerkter General mit dem Säbel niederhieb.

Nachdem wir uns ungefähr bis auf 800 Schritt den Verschanzungen genähert hatten, marschierten wir mit der größten Präzision und Ordnung auf, und gingen en front unter dem heftigsten Feuer gegen die Verschanzungen vor. Um den feindlichen Batterien in die Flanke zu kommen, wurde der rechte Flügel vorgenommen, bei welcher Gelegenheit der Batterie die beiden Flügelkanonen demontiert wurden. Der einen Flügelkanone war das Protzrad zerschossen worden, und die andere hatte beide Stangenpferde verloren. Während die 4 übrigen Piecen schon in Tätigkeit waren, wurden unterdessen die beiden demontierten Kanonen durch die vorzügliche Schnelligkeit ihrer Bedienungen sehr bald wieder in aktiven Stand gesetzt.

Die Kanonade dauerte fast zwei Stunden lebhaft fort und unsererseits wurde mit so glücklichem Erfolg geschossen, dass der Feind nicht allein die Verschanzungen verließ, sondern auch alle Truppenabteilungen, die dort aufgestellt waren, den Rückzug antreten mussten. Auffallend war es, dass wir an diesem Tage in einer so großen Nähe und unter einem so heftigem Geschützfeuer einen so unbedeutenden Verlust hatten. Von der Artillerie wurden:

4 Canoniers und

1 Trainsoldat

blessiert,

6 Artillerie-, incl. 1, den Capitain, und

3 Train-Pferde

aber totgeschossen.

Die Ursache mochte wohl hauptsächlich darinnen liegen, dass der Feind bei dem raschen und lebhaften Schießen seinem Geschütz nicht die gehörige und akkurate Richtung gab, weshalb er uns großenteils überschoss.

Mit den übrigen drei zum Corps gehörigen reitenden Batterien, die ebenfalls mit uns Anteil an dem Gefechte genommen hatten avancierten wir hierauf einige hundert Schritt, worauf wir abermals Position nahmen, damit die Kavallerie, mit welcher der Kaiser in Masse vorging, falls, dass sie zurückgedrängt würde, von uns aufgenommen werden konnte.

Das Arriergarden-Gefecht dauerte noch bis nachts 12 Uhr, wo alsdann die Artillerie-Brigade einen Biwak unweit Hochkirchen, ohne Lebensmittel und Fourage, bezog.

Den 22. Mai 1813 mit Tagesanbruch wurde in der Richtung nach Reichenbach die Verfolgung des Feindes fortgesetzt, wo die Batterie bis auf die vor Reichenbach liegende Höhe zum dritten Mal Position nahm und lebhaft chargierte. Hier wurden uns

1 Train-Corporal,

2 Artillerie- und

2 Train-Pferde totgeschossen,

2 Kanoniers und

2 Trainsoldaten blessiert.

Schon schien das Gefecht beendigt zu sein, als sich am Fuße der Landeskrone bedeutende feindliche Kavallerie-Kolonnen zeigten, die den General Latour Maubourg zurückdrängen wollten. Die Batterie erhielt daher Befehl, noch einmal Position zu nehmen, um jene Kolonnen zu beschießen.

Die allzu große Distanz, sowie die einbrechende Nacht verhinderten uns jedoch hier mit Effekt zu schießen. Der General Latour Maubourg befahl daher, mit Schießen nachzulassen und auf der Höhe von Markersdorf für diese Nacht Position zu nehmen.

Den 23. Mai 1813 marschierte die Batterie nach Görlitz zu, und passierte, indem sie die Stadt links ließ, den Neiße-Fluss, auf welchem der fliehende Feind alle Brücken in Brand gesteckt hatte. Sowie die jenseitigen Höhen erreicht waren, wurde Position genommen, und die feindliche Artillerie links, die Kavallerie aber rechts beschossen. Der Premier-Leutnant Weise wurde blessiert, dem Train Leutnant Krüger sein Pferd und 1 Artilleriepferd totgeschossen.

Die 6-pfündige Batterie Rouvroy marschierte neben uns links auf, und nachdem sich der Feind durch ein wohl dirigiertes Feuer bis Leopoldshain (Lagów) zurückgezogen hatte, nahmen wir vor diesem Dorfe noch einmal Position und vertrieben mit wenigen Schüssen den Feind daraus.

Da der Feind bei seiner Retraite das Dorf in Brand gesteckt hatte, so dirigierte der General Latour Maubourg, das Dorf rechts lassend, alle Truppen links auf die Straße nach Bunzlau. Da aber in einem zu passierenden Walde noch ein sehr starkes Tirailleur Feuer statt hatte, bei welchem das sächsische Jäger-Bataillon vorzüglich engagiert war; so erhielt die Kavallerie und Artillerie Befehl, einstweilen Halt zu machen. Nachdem aber jener Wald gereinigt war, rückten wir unter Begünstigung der Nacht vor, und bezogen einen Biwak.

Abb. 03 Gegend von Bautzen, Görlitz, Bunzlau, Liegnitz und Sagan

Den 24. Mai 1813 setzten wir ohne vom Feinde etwas wahrzunehmen, unsern Marsch bis Naumburg am Queis (Nowogrodziec) fort, wo wir für diese Nacht biwakierten.

Den 25. Mai 1813