Richard Wagner: Der fliegende Holländer

 

 

Richard Wagner

Der fliegende Holländer

Romantische Oper in drei Aufzügen

 

 

 

Richard Wagner: Der fliegende Holländer. Romantische Oper in drei Aufzügen

 

Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Albert Pinkham Ryder, Der fliegende Holländer, 1888

 

ISBN 978-3-7437-0833-4

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-7437-0787-0 (Broschiert)

ISBN 978-3-7437-0788-7 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Komponiert von Richard Wagner. Uraufführung am 02.01.1843, Königlich-Sächsisches Opernhaus (Semperoper), Dresden.

 

Der Text dieser Ausgabe folgt:

Richard Wagner: Die Musikdramen. Mit einem Vorwort von Joachim Kaiser, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1971.

 

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Personen

 

 

Daland, ein norwegischer Seefahrer

 

Senta, seine Tochter

 

Erik, ein Jäger

 

Mary, Sentas Amme

 

Der Steuermann Dalands

 

Der Holländer

 

Matrosen des Norwegers

 

Die Mannschaft des Fliegenden Holländers

 

Mädchen

 

Schauplatz: Die norwegische Küste[182]

 

Erster Aufzug

Steiles Felsenufer. Das Meer nimmt den größten Teil der Bühne ein; weite Aussicht auf dasselbe. Die Felsen im Vordergrund bilden auf beiden Seiten Schluchten, aus denen die Echos antworten. – Finsteres Wetter; heftiger Sturm; zwischen den Felsen selbst verliert der Wind, den man in offener See die Wogen peitschen sieht, seine Macht; nur von Zeit zu Zeit scheint das Heulen des Sturms hereinzudringen. – Das Schiff Dalands hat soeben dicht am Ufer Anker geworfen; die Mannschaft ist in geräuschvoller Arbeit beschäftigt, die Segel aufzustreichen, Taue auszuwerfen u.s.w. Daland ist ans Land gegangen; er steigt auf einen Felsen und sucht landeinwärts die Gegend zu erkennen.

 

MATROSEN während der Arbeit.

Johohe! Hallajo! Hohoha! Hallojo!

Ho! Ha! Ha! Ja! Hallajo! Hallaha! Hallahoja!

DALAND kommt vom Felsen herab.

Kein Zweifel! Sieben Meilen fort

trieb uns der Sturm vom sichren Port.

So nah dem Ziel nach langer Fahrt,

war mir der Streich noch aufgespart!

 

Der Steuermann ruft vom Schiffe her

 

STEUERMANN durch die hohlen Hände.

Ho! Kapitän!

DALAND.

Am Bord bei euch – wie steht's?

STEUERMANN.

Gut, Kapitän! Wir haben sich'ren Grund.

DALAND.

Sandwike ist's, genau kenn ich die Bucht.

Verwünscht! Schon sah am Ufer ich mein Haus,

Senta, mein Kind, glaubt ich schon zu umarmen: –

da bläst es aus dem Teufelsloch heraus ...

Wer baut auf Wind, baut auf Satans Erbarmen!

Was hilft's? Geduld! Der Sturm läßt nach;

wenn so er tobte, währt's nicht lang.

 

Er geht am Bord des Schiffes

 

He, Bursche! Lange wart ihr wach, –

zur Ruhe denn! Mir ist nicht bang.

 

Die Matrosen steigen in den Schiffsraum hinab

 

Nun, Steuermann, die Wache nimmst du wohl für mich?

Gefahr ist nicht, doch gut ist's, wenn du wachst.

STEUERMANN.

Seid außer Sorg! Schlaft ruhig, Kapitän!

 

Daland geht in die Kajüte.

 

[183] Der Sturm hat sich gelegt; nur in abgesetzten Pausen dringen gemilderte Windstöße in die Schlucht. Auf offener See türmen sich die Wogen. Der Steuermann macht die Schiffsrunde; von Müdigkeit überfallen setzt er sich dann am Steuerruder nieder. Er gähnt. – Er schüttelt sich auf, als ihm der Schlaf kommt

 

STEUERMANN.

Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer –

mein Mädel, bin dir nah!

Über turmhohe Flut vom Süden her –

mein Mädel, ich bin da!

Mein Mädel, wenn nicht Südwind wär,

ich nimmer wohl käm zu dir;

ach, lieber Südwind, blas noch mehr!

Mein Mädel verlangt nach mir.

Hohoja! Hallohoho! Jollohohoho! Heho!

 

Eine große Woge naht dem Schiffe und rüttelt es heftig. – Der Steuermann fährt auf; er sieht nach, ob das Schiff Schaden genommen habe. Beruhigt setzt er sich wieder am Steuer nieder. Der Schlaf kommt ihn immer mehr an. – Er gähnt.

 

Von den Südens Gestad, aus weitem Land –

ich hab an dich gedacht!

Durch Gewitter und Meer vom Mohrenstrand –

hab dir was mitgebracht.

Mein Mädel, preis den Südwind hoch,

ich bring dir ein gülden Band!

Ach, lieber Südwind, blase doch!

Mein Mädel hätt gern den Tand.

Hoho! Ja! Hollaho!

 

Er schläft völlig ein; das Meer wird von neuem unruhiger. – Das Schiff des Fliegenden Holländers, mit schwarzen Masten und blutroten Segeln, zeigt sich in der Ferne, und naht sich mit großer Schnelle der Küste. Es legt auf der dem norwegischen Schiffe entgegengesetzten Seite an. Mit einem furchtbaren Krach sinkt der Anker an der Kette in den Grund. – Der Steuermann fährt auf und sieht nach dem Steuer; überzeugt, daß nichts geschehen, setzt er sich wieder.

 

Mein Mädel, wenn nicht Südwind wär ...