Agnes Budnowski, Flora Koller, Martina Kreuter-Müller, Ralf Harun Zwick

Ernährung bei COPD

2., überarbeitete Auflage

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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2. Auflage 2019

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Bildnachweis:

S. 10, 11, 12 unten, 13, 15, 18, 19, 20, 23, 26, 27, 28, 33, 39, 54: Fotolia

S. 12 Mitte: nach Schirnhofer et al., CHEST 2007; S. 14: nach Fabbri, 2008;

S. 16: nach CATestonline.org; S. 32: BMASGK, 2018

S. 42 links: pixabay, rechts: shutterstock; S. 50: Adobe Stock

S. 60, 66, 72, 78, 84, 94, 102, 108, 112, 118, 130, 136, 142: Victoria Posch und Esther Karner

Satz: Florian Spielauer, Wien

Umschlagbild: Victoria Posch und Esther Karner, Wien

Covergestaltung: Facultas nach einem Entwurf von José Coll, studiob.a.c.k.

Druck: Ferdinand Berger & Söhne, Horn

Printed in Austria

ISBN 978-3-99002-100-2 (print)

ISBN 978-3-99030-962-9 (epub)

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

WAS SIE ÜBER COPD WISSEN SOLLTEN

LUNGE UND DARM

COPD IM ÜBERBLICK

THERAPIE DER COPD

ERNÄHRUNG BEI COPD

ERNÄHRUNGSZUSTAND BEI COPD

MANGELERNÄHRUNG UND UNTERGEWICHT

ÜBERGEWICHT

EIWEISSBEDARF

ENTZÜNDUNGSHEMMENDE LEBENSMITTEL

OSTEOPOROSE

ERNÄHRUNGSTIPPS BEI …

… APPETITMANGEL

… ATEMNOT

… FRÜHER SÄTTIGUNG

… MÜDIGKEIT

… DEPRESSIVEN VERSTIMMUNGEN

… SODBRENNEN (REFLUX) UND MAGENSCHMERZEN

… VÖLLEGEFÜHL UND ÜBERBLÄHUNG

… VERSTOPFUNG

ERNÄHRUNG NACH TCM

REZEPTE

GESUNDE ERNÄHRUNG (BEI NORMAL- UND ÜBERGEWICHT)

FRÜHSTÜCK

KLEINE SPEISEN

SUPPEN

HAUPTSPEISEN MIT FLEISCH

HAUPTSPEISEN MIT FISCH

HAUPTSPEISEN VEGETARISCH

BEILAGEN

DESSERTS

ENERGIEREICHE ERNÄHRUNG (BEI UNTERGEWICHT)

FRÜHSTÜCK

ZWISCHENMAHLZEITEN

KLEINE SPEISEN

SUPPEN

HAUPTSPEISEN MIT FLEISCH

HAUPTSPEISEN MIT FISCH

HAUPTSPEISEN VEGETARISCH

BEILAGEN

DESSERTS

TIPPS UND HINWEISE

ABKÜRZUNGEN

GLOSSAR

KLEINES KÜCHENLEXIKON

REZEPTÜBERSICHT

GESUNDE ERNÄHRUNG (BEI NORMAL- UND ÜBERGEWICHT)

ENERGIEREICHE ERNÄHRUNG (BEI UNTERGEWICHT)

LITERATURVERZEICHNIS

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ernährung und COPD? Vordergründig drängt sich hier kein besonderer Zusammenhang auf.

Aber schauen wir uns den Vorgang der Atmung näher an: Es ist allgemein bekannt, dass sie uns den wertvollen Sauerstoff liefert, den wir zum Überleben und für viele Körperfunktionen benötigen – so auch für die Verbrennung der Nährstoffe und somit zur Energiegewinnung. Ist die Atmungsleistung eingeschränkt, kann dieser Vorgang nicht mehr optimal stattfinden und uns fehlen wichtige Nährstoffe und Kalorien.

Rein physiologisch ergeben sich dadurch bereits Defizite. Durch das Krankheitsgeschehen beeinflussen aber zudem der Appetitmangel (durch Entzündungsprozesse) und ein höherer Energieverbrauch (durch erschwerte Atemarbeit) die Nahrungsaufnahme und -verwertung.

Die internationalen GOLD-Richtlinien für COPD messen dem Ernährungszustand eine wichtige Bedeutung bei, da die Kapazität des Atemmuskels durch einen verbesserten Ernährungszustand gesteigert werden kann. Im Fokus steht die Vermeidung von starkem Über- und Untergewicht. Untergewichtige COPD-Betroffene haben ein höheres Sterblichkeitsrisiko als normalgewichtige. Hingegen ermüdet die Atemmuskulatur bei extrem Übergewichtigen früher.

Ziel der ernährungstherapeutischen Intervention ist es, die Gesamtbelastbarkeit, den Allgemeinzustand und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Dies führt unter anderem durch eine höhere Therapietoleranz zu einer erhöhten Lebensqualität. Eine Ernährungstherapie sollte dabei immer mit körperlichem Training einhergehen, um die Zunahme von Muskelmasse zu fördern. Besonders wirkungsvoll zeigen sich ernährungstherapeutische Maßnahmen bereits in einem frühen Krankheitsstadium (COPD II).

Die gute Nachricht lautet also: Sie können etwas dagegen tun! Dabei wollen wir Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, mit diesem Ratgeber helfen. Sie finden praktische Ernährungsempfehlungen individuell für Ihre Gewichtsproblematik, Begleiterkrankungen und Krankheitsnebenwirkungen. Hintergründe zur Erkrankung, zum Ernährungszustand und zu den Auswirkungen von Ernährung auf das Entzündungsgeschehen bringen Sie auf den neuesten Wissensstand. Der Rezeptteil ist für Ihren Bedarf übersichtlich gestaltet und nach vitaminreichen, eiweißreichen und leicht verdaulichen Speisen gegliedert.

Viel Freude und Erfolg beim Schmökern, Nachlesen und Mitkochen!

Agnes Budnowski
Flora Koller
Martina Kreuter-Müller
Ralf Harun Zwick

WAS SIE ÜBER COPD WISSEN SOLLTEN

Lunge und Darm

Darm und Lunge – wo soll denn da der Zusammenhang sein? Beginnen wir bei der Entwicklung beider Organe in der 4. Schwangerschaftswoche: Das ist der Zeitpunkt, zu dem sich die Lungenknospe aus dem Darmrohr bildet und in weiterer Folge zu Luftröhre, Bronchien und Lungenflügel ausreift. Die „Lunge entsteht also aus dem Darm“.

Beide Organe stehen mit der Außenwelt in Verbindung: Was wir über den Nasen-Rachen-Raum an Flüssigkeiten, festen Stoffen oder „Luft“ zu uns nehmen, durchwandert Membranen und ist zum Überleben unerlässlich. Die Schleimhäute des gesamten Magen-Darm-Traktes („Gastrointestinaltrakt“) und der Lunge sowie zuführender Atemwege weisen aus diesem Grund ähnliche Strukturen auf und gehen auch direkt ineinander über. Die Lunge dient vor allem der Aufnahme von Sauerstoff und dem Abatmen von Kohlendioxid, darüber hinaus scheidet sie aber täglich fast einen Liter Flüssigkeit aus! Schadstoffe, die eingeatmet werden, können in den Blutkreislauf gelangen und somit alle Organe schädigen. Die ausgeatmete Luft – also Partikel, die aus der Lunge strömen – kann aufgrund des Geruchs auf eine Erkrankung der inneren Organe schließen lassen.

Nicht nur embryologisch (in der Entwicklung als Embryo während der Schwangerschaft), physiologisch (in der Funktion) und anatomisch (Aufbau des Organismus) hängen Darm und Lunge eng miteinander zusammen. Einerseits können Partikel aus der Lunge ausgehustet, anschließend verschluckt werden und so in den Magen-Darm-Trakt gelangen. Umgekehrt kann Mageninhalt in geringster Form sogar unbemerkt in die Lunge gelangen. Dazu kommen noch die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes und der Nebenhöhlen, die miteinander in Verbindung stehen.

Darüber hinaus wissen wir, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen mit Lungenerkrankungen eng zusammenhängen. Sowohl der Darm wie auch die Lunge sind große immunologische Organsysteme, die in Verbindung stehen. Beispielsweise haben Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa (chronisch entzündlichen Erkrankungen des Dünn- oder Dickdarmes) eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Bronchitis oder Asthma bronchiale zu erkranken, als Menschen ohne Darmerkrankung.

Lunge, Darm, Immunsystem und Allergien hängen unmittelbar miteinander zusammen. Also ist es naheliegend, dass dieses komplexe Zusammenspiel durch die Ernährung beeinflusst werden kann.

Während die WHO-Definition Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 18 bis 25 kg/m2 als normalgewichtig einstuft, so gilt für Patientinnen und Patienten mit COPD, dass bereits jene mit einem BMI unter 21 kg/m2 ein erhöhtes Risiko haben (siehe BMI-Tabelle auf S. 24).

Die Ursachen dafür sind einerseits der erhöhte Energiebedarf von COPD-Betroffenen und andererseits die Fehlernährung. Auch Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten BMI (> 30 kg/m2) und COPD haben vermehrt Atemnot durch den Hochstand des Zwerchfells, die physiologischen Folgen und zahlreiche metabolische (stoffwechselbedingte) Ursachen.

COPD im Überblick

Was ist COPD?

COPD ist ein Begriff aus den 1960er-Jahren. Es war Dr. William Briscoe, ein Arzt aus Nordamerika, der diesen Terminus („chronic obstructive pulmonary disease“) 1965 bei einer Tagung in Aspen erstmals prägte.

Diese Definition enthält den Begriff chronisch, der bedeutet, dass Beschwerden wie Husten und Auswurf über mehrere Wochen – in zumindest zwei aufeinander folgenden Jahren - bestehen müssen. Der Begriff Obstruktion (Verengung) und die Messung der Obstruktion werden weiter unten besprochen. Dem liegt eine chronische Entzündung der Atemwege zugrunde, die zu einem Umbau, einer Verdickung und zu einer vermehrten Schleimproduktion führt. „Pulmonary disease“ bedeutet Lungenerkrankung.

Es ist also eine relativ vage Beschreibung von Beschwerden einer chronischen Bronchitis, die sich mittels einer Lungenfunktionsüberprüfung messen lassen. Hinzu kommt, dass es Betroffene gibt, die zusätzlich ein Lungenemphysem entwickeln. Hierbei kommt es zu einer Zerstörung des Lungengewebes, insbesondere der Alveolen (Lungenbläschen).

Im Jahr 1962 kam es zur ersten Definition der COPD durch die American Thoracic Society und 2001 zu den ersten sogenannten „GOLD-Guidelines“ (www.goldcopd.org), die seither in regelmäßigen Abständen überarbeitet und erweitert werden.

Lungenemphysem

Die „Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease“ (GOLD) hat zwei Hauptziele: einerseits das Bewusstsein für diese Erkrankung in der Bevölkerung sowie bei Ärztinnen und Ärzten zu verbessern, andererseits die Prävention (Vorbeugung) sowie die Therapie der COPD zu verbessern. Diese weltweite Initiative teilt die Lungenkrankheit in 4 Stadien und 4 Schweregrade ein. Somit können Medizinerinnen und Mediziner diagnostizieren, wie weit die Erkrankung bei den Betroffenen ausgeprägt ist und welche Therapien sowie welches medizinische Management notwendig sind.

Wie entsteht COPD?

Die Hauptursache der COPD in unserer Gesellschaft ist das Rauchen und Passivrauchen. 80–90 % der COPD-Patientinnen und -Patienten rauchen aktiv, nur 5–10 % haben nie geraucht. Dies sind meist Menschen, die passiv einer rauch- oder arbeitsbedingten Belastung durch andere inhalative (einatembare) Reizstoffe ausgesetzt waren oder sind. In ärmeren Ländern spielt vor allem das Inhalieren von Abgasen oder Kochen an Feuerstellen eine Rolle. Diese Menschen haben jedoch meist im Gegensatz zu uns nicht die Möglichkeit, eine Ärztin oder einen Arzt zu konsultieren. 20 % der regelmäßigen Raucherinnen und Raucher entwickeln eine COPD, was für sie bedeutet, dass sie ihrer Lunge einen irreparablen Schaden zugefügt haben. Viele bekommen Irritationen der Haut, der Augen, Entzündungen des Nasen-Rachen-Raumes, chronische Lungenerkrankungen bis hin zum Karzinom (Krebs).

In Österreich betrifft die COPD jeden vierten Erwachsenen über 40 Jahre! Diese Daten wurden 2007 erhoben und weltweit bestätigt. Somit sind in Österreich Hunderttausende betroffen, 400.000 sind diagnostiziert, die Dunkelziffer inkl. der Patienten, die eine Obstruktion ohne wirksame Einschränkung der Lungenfunktion haben, dürfte doppelt so hoch sein.

Häufigkeit der COPD in Österreich: BOLD-Studie

Wie wird COPD diagnostiziert?

Die Diagnose der COPD erfolgt einerseits durch eine ausführliche Anamnese (Untersuchung der Vorgeschichte einer Krankheit). Hierbei ist vor allem der Rauchstatus zu erheben, welcher in „packyears“ angegeben wird.

Ein „packyear“ ist definiert als der Konsum einer Packung Zigaretten pro Tag über die Dauer von einem Jahr. Wenn also jemand zwei Packungen täglich über 20 Jahre raucht, hat er 40 „packyears“.

Des Weiteren kann das Suchtpotenzial anhand des Fagerström-Fragebogens abgefragt werden. Der Fagerström-Fragebogen ermöglicht es, mit einfachen standardisierten Fragen zum Rauchverhalten rasch den Grad der Nikotinsucht zu erheben. Schwer abhängige Raucherinnen und Raucher sind anders zu behandeln als weniger abhängige. Falls jemand nie geraucht hat, ist genauestens zu erheben, inwiefern er oder sie inhalierbaren Substanzen ausgesetzt war.

Im Status wird die Patientin oder der Patient untersucht, Herz und Lunge werden „abgehört“. Speziell Patientinnen und Patienten mit COPD und Emphysem haben aufgrund der Lungenüberblähung tiefgestellte Zwerchfelle, angehobene Schultern und einen erweiterten Thoraxdurchmesser („Fassthorax“). Bei Betroffenen mit chronischem Sauerstoffmangel kann es zu einer Verdickung der Fingerspitzen kommen („Trommelschlägelfinger“).

Zur endgültigen Diagnose ist eine Lungenfunktionsmessung bei einer Lungenfachärztin oder einem Lungenfacharzt notwendig, bei der die Obstruktion als Verhältnis von FEV1/FVC unter 70 % gemessen werden kann.

FEV1 (= Forced Expiratory Volume in 1 Second), auch Ein-Sekunden-Kapazität genannt, bezeichnet die größtmögliche Menge an Luft, die innerhalb einer Sekunde gezielt ausgeatmet werden kann.

FVC oder forcierte Vitalkapazität (= Forced Vital Capacity) ist das Lungenvolumen, das mit maximaler Einatmung mit maximaler Geschwindigkeit ausgeatmet werden kann.

Darüber hinaus können erweiterte diagnostische Schritte notwendig sein, wie z. B. Allergietest, inhalative Provokation (Auslösen einer Atemwegsverengung bei Verdacht auf Asthma), Blutgasanalyse (Beurteilung des Sauerstoffs und Kohlendioxidgehaltes des Blutes), Belastungsuntersuchungen wie Ergometrie, Spiroergometrie (Fahrradbelastungsuntersuchungen), Röntgen, Computertomografie, kardiovaskuläre Abklärung (Herzultraschall), HNO-ärztliche Abklärung (Nasen-/Rachen-/Nasennebenhöhlenuntersuchung), gastroenterologische Abklärung (Magenspiegelung) u. v. m.

Dies ist notwendig, da es sich bei der COPD nicht um eine isolierte Erkrankung der Lunge handelt, wie dies bereits 1965 beschrieben wurde. Es handelt sich vielmehr um eine systemische Erkrankung, eine chronische Entzündung, die nicht nur die Atemwege und die Lunge, sondern den gesamten Körper betrifft. Betroffene mit COPD haben zu 50 % kardiovaskuläre Erkrankungen, 40 % ein metabolisches Syndrom, 30 % leiden an Muskelschwäche und 20 % an Osteoporose. Nur ein ganzheitlicher Therapieansatz kann somit dieser komplexen Erkrankung gerecht werden.

COPD ist mehr als eine Lungenerkrankung

COPD: Erscheinungsformen im Organismus und Begleiterscheinungen

Quelle: Fabbri, 2008

Welche Stadien der COPD gibt es?

Nach der Diagnose der Obstruktion (Verengung) erfolgt die Einteilung der COPD in vier Stadien anhand der FEV1 („Einsekundenkapazität“). Dazu dient ein Atemmanöver, bei dem ein rasches und intensives Ausatmen verlangt wird. Dies führt dazu, dass die FEV1-Werte schwer erkrankter COPD-Patientinnen und -Patienten, die sprichwörtlich „durch einen Strohhalm atmen“, deutlich erniedrigt sind.

Eine Einschränkung der FEV1 über 80 % entspricht einem Stadium COPD GOLD I, unter 80 % COPD GOLD II, unter 50 % COPD GOLD III sowie unter 30 % COPD GOLD IV.

GOLD (= Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) ist, wie oben beschrieben, eine globale Initiative für die COPD.

COPD GOLD I – FEV1 > 80%

COPD GOLD II – FEV1 < 80%

COPD GOLD III – FEV1 < 50% C

COPD GOLD IV – FEV1 < 30%

Da die Lungenfunktion allein nicht ausreicht, um die Komplexität der COPD ausreichend zu beurteilen, wurden in den letzten Jahren die GOLD-Richtlinien erweitert. Anhand der FEV1 erfolgt wie bisher eine Beurteilung der Obstruktion. Patientinnen und Patienten mit einer FEV1 über 50 % werden anhand ihrer Beschwerden in die Gruppen A und B eingeteilt, Patientinnen und Patienten mit einer FEV1 unter 50 % in die Gruppen C und D. Diese Unterscheidung erfolgt mithilfe des sogenannten CAT-Scores (= COPD Assessment Test).

Die neue Einteilung der COPD

entsprechend den GOLD Guidelines 2019 (www.goldcopd.org)

Der CAT-Score kann kostenfrei über die Website www.catestonline.org in vielen Sprachen aufgerufen und durch die Betroffenen innerhalb kurzer Zeit selbstständig beantwortet werden. Patientinnen und Patienten mit wenig Beschwerden (derzeit als CAT unter 10 Punkten definiert) sind der linken Spalte (A oder C), Patientinnen und Patienten mit einem CAT ≥ 10 sind der rechten Spalte (B oder D) zuzuordnen.

CAT-Test

1. kurz, validiert, einfach, schnell

2. besteht aus 8 Fragen

3. Gesamtscore (0–40)

4. 4 Grade der Beeinträchtigung

1. <10gering

2. 10–20 mittel

3. 21–30 hoch

4. 31–40 sehr hoch

Quelle: www.CATestonline.org, www.CATestonline.de

Es hat sich anhand der Studien der letzten Jahre herauskristallisiert, dass die deutliche Verschlechterung der Symptome – die sogenannte „Exazerbation“ – der COPD dramatische Auswirkungen hat. Betroffene, die sich im Rahmen einer Exazerbation klinisch verschlechtern, Kortikosteroide oder Antibiotika benötigen oder ins Krankenhaus aufgenommen werden müssen, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, auf der Intensivstation behandelt werden zu müssen oder gar zu versterben. Das ist dem Risiko eines Herzinfarktes gleichzusetzen, wenn nicht gar höher. Deshalb wurden die Exazerbationen zur Beurteilung der neuen GOLD-Richtlinien herangezogen. Hier gilt nun, dass – unabhängig von der Lungenfunktion – Betroffene, die häufig (zwei oder mehr Exazerbationen oder ein Spitalsaufenthalt pro Jahr) exazerbieren, der Gruppe C und D zuzuordnen sind. Es kann also vorkommen, dass eine Patientin oder ein Patient eine gute Lungenfunktion mit einer FEV1 über 50 % hat, aber dennoch aufgrund der Exazerbationen der Gruppe D zugeordnet ist. Diese Patientin bzw. dieser Patient muss stärker medikamentös behandelt werden, als dies bisher unter alleiniger Zuhilfenahme der FEV1 möglich war.

Therapie der COPD

Medikamentöse Therapie

Die wichtigste Therapie der COPD ist die Raucherentwöhnungstherapie. Ein Rauchstopp hat maßgeblichen Einfluss auf die COPD und darüber hinaus auf die kardiovaskuläre (z.B. Herzinfarkt) und pulmonale (von der Bronchitis/Lungenentzündung bis zum Lungenkrebs) Sterblichkeit. Es gibt niederschwellige Angebote wie das Rauchertelefon, darüber hinaus strukturierte Raucherentwöhnungsprogramme, in denen ärztliches Personal mit psychologischen Diensten zusammenarbeitet. Die Basis ist das ärztliche Gespräch, es gibt jedoch darüber hinaus wirksame Medikamente.

Als inhalative Therapie sind zwei Gruppen von Medikamenten gängig, die je nach Stadium entsprechend eingenommen werden sollten:

die Bronchodilatatoren/Bronchienerweiterer (Muskarin-Rezeptorantagonisten und ß-Mimetika) sowie

die antientzündliche Therapie mit inhalativen Glukokortikosteroiden („Kortison“)

Die Therapie der COPD erfolgt nach einem Stufenplan. Zu Beginn der Erkrankung (COPD-Stadium I) ist eine kurz wirksame bronchienerweiternde Therapie, die bedarfsweise eingenommen wird, ausreichend. Diese wirkt über zwei Rezeptoren, den Muskarinrezeptor und den ß-Rezeptor. Diese Rezeptoren befinden sich an unterschiedlichen Stellen der Atemwege, weshalb eine Kombination aus Muskarin-Rezeptorantagonisten und ß-Mimetika zu einer maximalen Bronchienerweiterung führt.

Als Therapie ab dem Stadium II haben sich die lang wirksamen Muskarin-Rezeptorantagonisten durchgesetzt. Diese werden morgens eingenommen und entfalten ihre Wirkung über 12 bis 24 Stunden. Sie wirken rasch bronchienerweiternd, die Wirkung hält jedoch bis zu 24 Stunden an.

Als nächster Schritt bei Beschwerden oder Fortschreiten der Erkrankung ist die Gabe eines lang wirksamen ß-Mimetikums indiziert. Diese Kombination zusammen mit kurz wirksamen Bronchienerweiterern, die bei Bedarf eingenommen werden können, gewährleistet die maximale Bronchienerweiterung.

Erst im Anschluss daran (ab dem Stadium III) kommen die inhalativen Glukokortikoide infrage. Diese wirken antientzündlich und stellen somit eine Ergänzung zur Bronchialerweiterung dar. Vor allem Patientinnen und Patienten mit häufig auftretender Bronchitis (Entzündung der Bronchien) dürften davon profitieren. Auch bei Asthmatikerinnen und Asthmatikern gehört die Therapie mit inhalativen Glukokortikoiden zur Basistherapie.

Die Entwicklung geht dahin, lang wirksame Kombinationspräparate zu entwickeln. Bald werden 24 Stunden wirksame Dreierkombinationen aus Muskarin-Rezeptorantagonist, ß-Mimetikum und Glukokortikoid zur Verfügung stehen. Es kann erwartet werden, dass sich dadurch eine bessere kontinuierliche, verlässliche Einnahme des Medikaments durch die Betroffenen ergeben wird. Immerhin können dadurch drei Sprays – die auch noch mehrmals am Tag genommen werden mussten – durch ein Medikament ersetzt werden.

Darüber hinaus gibt es für spezielle Gruppen von Patientinnen bzw. Patienten eine antientzündliche Therapie mit Roflumilast. Hierbei handelt es sich um eine Tablette, die einmal täglich eingenommen wird, die über einen anderen Mechanismus als das Kortison gegen die fortschreitende Entzündung wirkt.

Wichtig für Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wie COPD ist es, eine Influenza- und Pneumokokkenimpfung durchzuführen.

Nichtmedikamentöse Therapie

Die Basistherapie der COPD ist die Prävention und die Pneumologische Rehabilitation