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Vom Generalisten zum Spezialisten Positionierung- und Kommunikationsstrategien für die zahnärztliche Praxis

Jörg Ritter

Vom

GENERALISTEN

zum

SPEZIALISTEN

Positionierungs- und Kommunikationsstrategien
für die zahnärztliche Praxis

Berlin, Chicago, Tokio, Barcelona, Bukarest, Istanbul, London, Mailand, Moskau, Neu-Delhi, Paris, Peking, Prag, Riad, São Paulo, Seoul, Singapur, Warschau und Zagreb

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

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Lektorat: Friederike Zelke, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Covergestaltung: Valeri Ivankov, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Layout und Herstellung: Janina Kuhn, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

ISBN:
978-3-86867-293-0 (ebook)
978-3-86867-267-1 (print)

Vorwort

Die Wirtschaft befindet sich derzeit in vielen Branchen im Umbruch. Gerade im Gesundheitswesen – in der Vergangenheit meist staatlich geregelt – ändern sich die Rahmenbedingungen rapide. Der demografische Wandel hat dazu geführt, dass der Staat zunehmend dereguliert. Vorsorge und Behandlung werden vermehrt in die Eigenverantwortung der Bürger gelegt. Diese zeigen sich aber zunehmend verunsichert, da sie mangels Wissens meist kaum in der Lage sind, die Angebote und Behandlungen der medizinischen Dienstleister objektiv zu beurteilen. Darüber hinaus werden Patienten vermehrt mit billigen Angeboten vor allem aus dem Ausland gelockt.

Das Dilemma in dieser Situation ist, dass der Zahnarzt in Deutschland in seinen Kommunikations- und Werbemöglichkeiten immer noch strengen staatlichen Regularien unterliegt. Metaphorisch gesehen befindet er sich zwischen Baum und Borke. Doch jede Krise ist auch eine Chance. Der Patient wird zum Kunden und Zahnarztpraxen können trotz rechtlicher Einschränkungen viel unternehmen, um die Aufmerksamkeit des Kunden zu gewinnen und ihn von seiner Leistung zu überzeugen. Jede Zahnarztpraxis kann sich zu einer Marke entwickeln und damit Anziehungskraft auf ihre Patienten – Entschuldigung, ich meinte natürlich Kunden – ausüben.

Dem Buchautor gelingt es, wesentliche Prinzipien einer erfolgreichen Markenpositionierung auf die Zahnarztpraxen zu übertragen. Er zeigt, wie sich eine Praxis profilieren und damit gegenüber Wettbewerbern besser behaupten kann. Die Ausführungen machen deutlich, wie wichtig die Mitarbeiter der Praxis für Kundenbindungen sind und welchen Einfluss sie ausüben. In der Mathematik würde man es so ausdrücken: Die Qualität der eigentlichen Behandlung durch den Zahnarzt ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung mehr für den Erfolg.

Wenn Sie eine Zahnarztpraxis eröffnen oder erfolgreich weiter entwickeln wollen, so gibt dieses Buch eine Fülle von Anregungen, wie Sie Kunden begeistern und halten können. Entscheidend ist jedoch, sich nicht nur ein paar Empfehlungen herauszupicken, sondern die Markenpositionierung für die eigene Praxis systematisch zu entwickeln und die eigenen Mitarbeiter in diesen Prozess zu integrieren, so wie es in dieser Veröffentlichung beschrieben wird. Dann kann Ihre Praxis eine Faszination auf Menschen – Ihre Kunden und Mitarbeiter – ausstrahlen, die Sie vorher kaum für möglich gehalten haben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und bei der Entwicklung Ihrer Praxis zu einer „echten Marke“!

Prof. Dr. Thomas Gey

Nordakademie Hamburg

(Hochschule der Wirtschaft)

Inhalt

1Einleitung

2Ziele dieses Buches

3Literaturübersicht

3.1Terminologie und Bedeutung von Markenbegriffen

3.1.1Marke und Branding

3.1.2Markenpositionierung und Markentechnik

3.1.3Markenidentität und Markenimage

3.1.4Marketing

3.1.5Marketingkonzeption mit Ziel, Strategie und Marketingmix

3.1.6Corporate Identity

3.2Die Entwicklung des zahnärztlichen Marketings

3.3Die aktuellen gesetzlichen Vorgaben für zahnärztliches Marketing

4Analyse und Planung

4.1Merkmale heutiger Markenführung als Planungsvorbild

4.2Erläuterungen zum Praxisbeispiel – Wie nutzt man dieses Buch?

4.3Marktanalyse (Umfeld-/Kunden-/Wettbewerberanalyse)

4.4Trends und Megatrends

4.5Eigenanalyse

4.6Die Stärken/Schwächenanalyse (SWOT) – Das Eigenbild

4.7Der Vergleich des Fremdbildes mit dem Eigenbild (SWOT-TOWS-Analyse)

4.8Folgerungen aus der SWOT-TOWS-Analyse

4.9Das Markensteuerrad („Brandwheel“)

5Von der Positionierung zum „unique selling point (USP)“

5.1Die Positionierung

5.2Der USP

5.3Die Entwicklung eines USP und der Einbau in das Soll-Markensteuerrad

6Die Endodontiepraxis als Marke Die Corporate Identity (CI) als Voraussetzung für Markenbildung

6.1Die Corporate Identity (CI)

7Die Kommunikation als wichtiger Baustein zur Markenbildung

7.1Kommunikation I: Augenblicke der Wahrheit – Moments of truth

7.2Kommunikation II: „Vom Erstanruf bis zur Verabschiedung, vom Parkplatz bis zur Rechnung“ – Möglichkeiten von Marketingmaßnahmen vor und nach der eigentlichen Behandlung

7.3Kommunikation III: Entwicklung einer Kommunikationsstrategie aus der Corporate Identity

7.4Kommunikation IV: Die Homepage/Website und andere Kommunikationsleistungen als Bestandteil der Corporate Identity

8Ergebnisse

9Diskussion

10Zusammenfassung

Anhang

Literatur

Indizes, Keywords, Abstract

Danksagung

Stichwortverzeichnis

„Was nützt es gut zu sein,
wenn keiner es weiß?“

Hermann Scherer

Einleitung 1

„Die Zukunft zeigt sich in uns – lange bevor sie eintritt.“

Rainer Maria Rilke

Die Entwicklung der Zahnheilkunde schreitet rasant voran; standen vor Jahren die klassischen Fachbereiche wie Chirurgie, konservierende Zahnheilkunde, Prothetik und KFO im Blickpunkt und waren vor Jahren die Begriffe Marketing und Positionierung mit dem Fachbereich Zahnmedizin eher selten verknüpft, so sind heutzutage auch solche „fachübergreifenden“ Faktoren zunehmend wichtige Bestandteile zur Existenzsicherung selbstständigen zahnärztlichen Schaffens geworden.

Zusätzlich ist in den letzten fünf Jahren ein ausgeprägter Trendwechsel zu beobachten: Auf die Prävention als notwendige begleitende zahnärztliche Maßnahme folgte die Implantologie als nunmehr langjährig ausgereifte Versorgungsform bei Zahnverlust. Nicht zuletzt bedingt durch das immer höhere Lebensalter unserer Patienten (Alterspyramide) setzt sich aber zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Implantologie nicht alles leisten kann und es darüber hinaus Sinn ergibt, in weit früherem Stadium durch geeignete zahnärztliche Maßnahmen Zahnverlust und (damit Stützzonenverlust) zu verhindern.

Daher vollzieht sich momentan ein neuer Trend zur Zahnerhaltung, begleitet von technischen Innovationen wie neuen Materialien (Nickel-Titan-Feilen, Mineraltrioxidaggregat) und neuen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten (Dentalmikroskop, DVT, Revisionsbehandlungen, Retrograde Chirurgie). Dadurch erhält bspw. der Fachbereich Endodontologie insgesamt einen enormen Auftrieb und rückt zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Nun sind neue Therapieformen mit höheren Erfolgsraten möglich.

Zusätzlich macht sich in Europa in allen Fachbereichen ein starker Trend zur Spezialisierung in den Praxen und Kliniken bemerkbar. Erhöhte Konkurrenz, Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen, restriktive Erstattungspolitik von Seiten der Sozialkassen, Aufhebung des Werbeverbots, aber auch neue europäische Gesetze mit veränderten Studiengängen und Examinarichtlinien (Bologna-Gesetzgebung) sind hier einige der Gründe, die sicher eine Rolle spielen.

Der zahnärztlich tätige Spezialist muss sich aber auf dem „Gesundheitsmarkt“ genauso behaupten wie der Generalist und kommt heutzutage nicht umhin, sich als Unternehmer mit Begriffen wie Markenbildung, Positionierungsstrategie, professioneller Außenwahrnehmung, interner und externer Praxiskommunikation sowie der Internetpräsenz zu befassen.

Last, but not least bietet eine individuelle Positionierungsstrategie hinsichtlich der Aspekte Praxiswerterhaltung und -wertsteigerung auch mittel- bis langfristig deutlich bessere Chancen und Vorteile bei der Praxisweitergabe. Gerade in Zeiten, wo sich Praxen immer schwerer verkaufen lassen, haben nur diejenigen Ordinationen, welche ein positives und individuelles Image haben, im Vergleich zu Durchschnittspraxen ein deutlich höheres Praxiswertpotential.

All diese Entwicklungen und unterschiedlichsten Aspekte – die zudem in keiner Weise Bestandteil der universitären zahnärztlichen Ausbildung sind – belegen die Relevanz, sich mit diesem Thema im Rahmen einer Veröffentlichung zu beschäftigen.

Ziele dieses Buches 2

„Erfolgreiche Menschen haben eine selektive Wahrnehmung und sind fasziniert von einer Idee.“

Thomas Gey (2012)

Das wesentliche Ziel des vorliegenden Buches besteht darin, eine Positionierungs- und Kommunikationsstrategie zur Bildung einer lokalen Marke für bspw. endodontologische Fachpraxen zu entwickeln. Zielgruppe sind sowohl Zahnärzte, die sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, sich auf einen Fachbereich zu fokussieren, als auch (vielleicht schon langjährig praktizierende) Spezialisten, denen ein Leitfaden fehlt, ihre hochwertig spezialisierte Leistung im Kollegen- und Patientenkreis erfolgreich zu kommunizieren.

Im Rahmen dieser Ausführungen sind daher folgende wesentliche Fragen zu klären:

1.Was ist Praxismarketing überhaupt und was bedeutet gute Positionierung?

2.Was sind die wesentlichen Wünsche und Bedürfnisse von Patienten, die einen Spezialisten aufsuchen? Was erwarten sie von der Praxis, vom Behandler etc.?

3.Gibt es Trends, die zu berücksichtigen sind?

4.Welche Analysekriterien stehen zur Auswahl? Welche sind gut geeignet?

5.Welche Maßnahmen muss der spezialisierte Zahnarzt ergreifen, um in der Umwelt als Spezialist wahrgenommen zu werden? Womit macht er sich nicht austauschbar mit seinen Mitbewerbern – was bedeutet „AndersArtigkeit“ für bspw. Endodontologen? Mit welchen Mitteln kann man die Außenwahrnehmung verstärken?

6.Gibt es unterschiedliche Marketingkonzepte – was bewährt sich im Bereich der Zahnheilkunde?

7.Wie kann man eine Markenidentität aufbauen? Welche Faktoren sind besonders zu berücksichtigen?

So setzt sich das vorliegende Buch weniger das Ziel, die theoretischen Hintergründe von Positionierung und Marketing komplett auszuleuchten, als vielmehr auf Basis wissenschaftlich langjährig anerkannter Erkenntnisse konkrete Handlungsempfehlungen, Möglichkeiten und Hinweise zu formulieren, um eine Fachpraxis als Marke im deutschen Gesundheitsmarkt erfolgreich positionieren zu können. Dies wird anhand des Fachbereiches Endodontologie mit Beispielen aus der Praxis verdeutlicht.

Damit vermittelt dieses Buch anschaulich, wie eine praxisnahe Umsetzung stattfinden kann.

Literaturübersicht 3

„Positionierung ist die Kunst, Chancen aufzuspüren, sie zu entwickeln und davon zu profitieren.“

Philip Kotler

Die Recherche zeigt, dass zu dem Thema „Positionierung und Markenbildung für Endodontologen“ praktisch keine Veröffentlichungen vorliegen. Selbst zum Thema „Zahnärztliche Positionierung“ gibt es nur wenig Literatur. So existieren diverse, kleinere Artikel in Fachperiodika mit eher praktischem Anwendungshintergrund – wissenschaftliche Untersuchungen sind hingegen rar.

Im Marketingbereich ist das Angebot deutlich größer. Als Standardwerke für zahnärztliches Marketing mit wissenschaftlichem Hintergrund und Untersuchungen gelten zum einen „Die Zahnarztpraxis als Center of Excellence“1, zum anderen „Meine Zahnarztpraxis“2.

3.1Terminologie und Bedeutung von Markenbegriffen

Die Historie der Markenbildung lässt sich über Jahrhunderte zurückverfolgen und stellt keine echte Neuentwicklung dar3. Sowohl im alten Ägypten als auch in nachfolgenden Kulturen wurden Gegenstände mit Markierungen versehen, um ihre Identität aus der Masse hervorzuheben. Esch4 belegt anhand von Steinmetzmarkierungen, dass mittelalterliche Gilden ihre Mitglieder aufforderten, „ihre Produkte zur Hervorhebung der konsistenten Qualität und zur Abgrenzung von konkurrierenden Herstellern zu markieren“.

Daran hat sich bis heute nichts geändert – der Begriff der Marke gilt als Zeichen der Erkennung und kann zudem die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen dokumentieren sowie zur Differenzierung und zum Ausdruck der eigenen Persönlichkeit beitragen5.

Im Nachfolgenden sind einige zum Verständnis wichtige grundlegende Begrifflichkeiten aus dem Kontext des Markenbegriffs aufgeführt und erläutert:

3.1.1 Marke und Branding

Der ursprüngliche Markenbegriff geht zurück bis in die 1930er Jahre und wird Hans Domizlaff zugeschrieben. Er gilt als Begründer der Markentechnik in Deutschland3 und formulierte schon 1939: „Die Bildung des Markenartikelbegriffs bedeutet das seltsame Kunststück, aus einer mehr oder weniger anonymen Ware, die in keiner Weise besonders bevorrechtigt ist – allerdings muss sie qualitativ tadellos sein – eine Ware zu gestalten, die wie eine patentierte Erfindung die Sicherheit eines Monopols gewährleistet.“6

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