Verbraucherschlichtungsstellen in Deutschland

Zuständigkeit | Verfahren | Besonderheiten

Von Marcellus Schmidt
Assessor iur.
Mag. iur. (Heidelberg)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

Das Angebot

A. Besondere Verbraucherschlichtungsstellen

I. Privatrechtlich organisierte Stellen

Versicherungsombudsmann

Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung

Schlichtungsstelle beim deutschen Sparkassen- und Giroverband

Sparkassen-Schlichtungsstelle Baden-Württemberg

Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken

Ombudsmann der privaten Banken

Verbraucherschlichtungsstelle beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e. V. (VÖB)

Schlichtungsstelle Bausparen

Ombudsstelle Sachwerte und Investmentvermögen

Ombudsstelle für Investmentfonds

Schlichtungsstelle für gewerbliche Versicherungs-, Anlage- und Kreditvermittlung

VuV-Ombudsstelle beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e. V.

Ombudsmann Immobilien IVD/VPB – Grunderwerb und Verwaltung

söp Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr

SNUB – Die Nahverkehr-Schlichtungsstelle

Schlichtungsstelle Nahverkehr

Schlichtungsstelle Energie

Verbraucherschlichtungsstelle für Architekten- und Ingenieurleistungen

II. Behördliche Stellen

Verbraucherschlichtungsstelle Telekommunikation der Bundesnetzagentur

Verbraucherschlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur

Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft

Schlichtungsstelle bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Schlichtungsstelle bei der Deutschen Bundesbank

Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz

B. Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen

Außergerichtliche Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer e. V.

Universalschlichtungsstelle des Bundes

Anwaltliche Verbraucherschlichtungsstelle NRW e. V.

C. Weitere Einigungs- und Schlichtungsstellen

Kfz-Schiedsstellen

SCHUFA Ombudsmann

Andere Einigungs- und Schlichtungsstellen

D. Das Europäische Netzwerk Schlichtungsstellen Finanzdienstleistungen (FIN-NET)

Anhang

Vorwort zur 2. Auflage

Dieses Buch stellt alle Verbraucherschlichtungsstellen vor. Es dient allgemein der Orientierung und unterstützt den Leser dabei, in einer Verbraucherstreitigkeit außergerichtlich seine Rechte zu wahren.

Schlichtungsstellen bilden das Rückgrat der außergerichtlichen Streitbeilegung. Sie wurden und werden zwangsweise oder freiwillig für bestimmte Streitigkeiten eingerichtet. Ihr Zweck ist es, durch Einsatz eines neutralen Dritten, eines Streitmittlers, eine sachgerechte Einigung zwischen Konfliktparteien herbeizuführen.

Die Streitbeilegungsverfahren führen zumeist mit der Materie vertraute Fachleute, die aber in der Regel über keine Entscheidungsgewalt verfügen. Die zugehörigen Verfahrensordnungen sehen allerdings in einigen Fällen vor, dass Schlichtungssprüche verbindlich sind. Ein Beispiel sind private Banken, die dem Ombudsverfahren der privaten Banken angeschlossen sind – sie akzeptieren Schlichtungssprüche bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro.

Verbrauchern steht – auch nach einem Spruch der Schlichtungsstelle – immer der Rechtsweg offen. Für sie sind die Verfahren auch stets gebührenfrei.

Alle Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung kann der Verbraucher eigenständig betreiben, keine Stelle schreibt juristische Vertretung vor. Bei einem Konflikt um Finanzdienstleistung und bei höherem Streitwert kann es hingegen sehr sinnvoll sein, schon für das Schlichtungsverfahren Rechtsrat einzuholen und einen Rechtsanwalt als Beistand bzw. Interessenvertreter zu beauftragen. Die Schlichtungsstellen selbst erbringen ausnahmslos keine Rechtsberatung.

Eine Variante der außergerichtlichen Streitbeilegung soll nicht unerwähnt bleiben: die Mediation.1 Dieses Verfahren bietet die Außergerichtliche Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer aktiv zusätzlich an und setzt hierfür Zertifizierte Mediatoren ein.

1 Mediation (lat. „Vermittlung“) ist ein eigenständiges Verfahren, das für sehr viele Konfliktbereiche geeignet ist. In einem vertraulichen und strukturierten Verfahren streben die Parteien mit Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts an.

Das Angebot

Gibt es Streit aus einem Vertrag zwischen einem Unternehmer2 und einem Verbraucher3 (oder über das Bestehen eines solchen Vertragsverhältnisses) und soll dieser Streit bei einer staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstelle beigelegt werden, eröffnen sich mehrere Varianten.

Empfehlungen zum richtigen Vorgehen:

Es sind Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen (Abschnitt B) und solche mit einer eingeschränkten Zuständigkeit eingerichtet, die das Buch als Besondere Schlichtungsstellen (Abschnitt A) vorstellt. Bei Letzteren handelt es sich um branchenspezifische Einrichtungen. Eine weitere Unterscheidung sind privatrechtlich organisierte und behördliche (staatliche) Verbraucherschlichtungsstellen. Das System der Verbraucherschlichtung hat den privatrechtlich organisierten Verbraucherschlichtungsstellen grundsätzlich den Vorrang eingeräumt.

Dabei ist zu beachten: Nicht jede Schlichtungs-, Vermittlungs-, Einigungs-, Beschwerde-, Schieds-, Ombudsstelle ist eine Verbraucherschlichtungsstelle. „Verbraucherschlichtungsstelle“ ist vielmehr ein geschützter Begriff. Nach gesetzlicher Definition darf sich so nur eine Einrichtung bezeichnen, die

• Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten durchführt, an denen Verbraucher oder Unternehmer als Antragsteller oder Antragsgegner beteiligt sind, und die

• nach Gesetz oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt, beauftragt oder eingerichtet worden ist.4

I. Für ein breites Spektrum an Verbraucherstreitigkeiten kann man die private Außergerichtliche Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer wählen, z. B. bei einer Streitigkeit zwischen Reiseveranstalter und Reisendem. Immer muss sich der Gegner ebenfalls (vorab oder nach Einleitung des Verfahrens) mit der Wahl der Schlichtungsstelle einverstanden erklären.

II. Ist ein Wirtschaftsbereich und ein Sachverhalt betroffen, zu dem im Inhaltsverzeichnis unter Abschnitt A eine Besondere Verbraucherschlichtungsstelle aufgeführt ist, kommt sie für das Verfahren in Betracht. Es kann ihr nach Rechtsvorschriften eine vorrangige Zuständigkeit eingeräumt sein, beispielsweise dem Versicherungsombudsmann.5

Hat man zum eigenen Streitthema unter A eine passende Besondere Verbraucherschlichtungsstelle ausgemacht, sollte man im entsprechenden Kapitel nachlesen und die dortigen Informationen auswerten und – sofern die Stelle tatsächlich einschlägig ist – den Antrag an die gefundene Verbraucherschlichtungsstelle übermitteln, z. B. online. Hierzu stets die jeweilige Verfahrensordnung bzw. die für die Stelle genannten evtl. weiteren Regelungen heranziehen und beachten, also z. B. Voraussetzungen, Ablehnungsgründe, Wertgrenze usw.

III. Ist zwar der Wirtschaftsbereich gefunden, eine Besondere Verbraucherschlichtungsstelle aber erkennbar nicht zuständig, z. B. weil eine Streitigkeit mit einer exotischen Auslandsreisekrankenversicherung nicht vom Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung geschlichtet werden kann, da diese Versicherung dem dortigen Schlichtungsverfahren nicht angeschlossen ist, besteht eine Auffangzuständigkeit einer Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle nach Abschnitt B.

IV. Ist es hingegen nicht erkennbar, welche Stelle zur Schlichtung berufen ist, wählt man diejenige, die es wahrscheinlich ist. Sollte man sich getäuscht haben, wird die angerufene Stelle den Antrag an die von ihr herausgefundene zuständige Stelle abgeben und den Antragsteller darüber informieren oder den Antrag zurückgeben (Letzteres z. B. bei einem Auslandsbezug außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, wenn es keine Zuständigkeit gibt).

V. Betrifft das Streitthema einen Wirtschaftsbereich, zu dem unter Abschnitt A keine Besondere Schlichtungsstelle aufgeführt ist (beispielsweise der Bereich Touristik), dann weiter zu Abschnitt B Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen. Dort hat der Beschwerdeführer grundsätzlich6 die Wahl zwischen der Außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer und der Universalschlichtungsstelle des Bundes. In und mit Bezug zu Nordrhein-Westfalen schlichtet allgemein auch die Anwaltliche Verbraucherschlichtungsstelle NRW e. V.

VI. Die OS-Plattform nutzen

Zur Beilegung von verbraucherrechtlichen Streitigkeiten wegen online abgeschlossener Kauf- und Dienstleistungsverträge zwischen einem in der EU wohnhaften Verbraucher und einem in der EU niedergelassenen Unternehmer können Verbraucher und Unternehmen die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) nutzen. Für Verbraucher bietet die OS-Plattform die Möglichkeit, ein Problem in direktem Kontakt mit dem Unternehmer zu lösen, sofern der Unternehmer zu einem Gespräch bereit ist. Auch kann die Plattform zur Vereinbarung einer Streitbeilegungsstelle genutzt werden. Führt ein Verfahren dort nicht weiter, bemüht sich der OS-Berater darum, eine anderweitige Stelle zur außergerichtlichen Streitbeilegung aufzuzeigen.

Information im Internet:
https://ec.europa.eu/consumers/odr/main

VII. Nach Unternehmensinformation

Auf der Impressum- oder Kontaktseite der Website eines Unternehmens mit mehr als zehn Beschäftigten sollte nach den Vorschriften7 ein Hinweis zu finden sein, ob es an einem Schlichtungsverfahren teilnimmt. Dort steht schon die genaue Angabe der Schlichtungsstelle, an die man sich als Verbraucher wenden kann, bzw. es findet sich der – auch bereits für alle Einzelunternehmer in der EU mit Website – obligatorische Verweis auf die OS-Plattform.

Sofern sich ein Unternehmer verpflichtet hat oder verpflichtet ist (z. B. Energieversorgungsunternehmen), an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen, müssen auch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (sofern er solche verwendet) in jedem Fall einen Verweis auf das Bestehen der OS-Plattform enthalten sowie darauf, dass Verbraucher diese nutzen können.

VIII. Auslandsbezug

Gibt es bei einer Streitigkeit um eine Finanzdienstleistung8 einen Auslandsbezug, ist eine Orientierung bezüglich des Europäischen Netzwerks Schlichtungsstellen Finanzdienstleistungen (FIN-NET) angeraten, siehe Anhang.

2 § 14 Abs. 1 BGB: „Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“

3 § 13 BGB: „Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“

4 Vgl. § 2 Abs. 1 und 2 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

5 Vorrangzuständigkeit z. B. nach § 191f BRAO, § 14 UKlaG (vgl. Anhang), § 111b EnWG, § 214 VVG

6 Die Wahl besteht dann nicht, wenn der Universalschlichtungsstelle des Bundes die Schlichtungszuständigkeit ausdrücklich zugewiesen ist. Streitigkeiten, für deren Beilegung Verbraucherschlichtungsstellen nach anderen Rechtsvorschriften als denen des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes anerkannt, beauftragt oder eingerichtet werden, kann die Streitbeilegungsstelle ebenfalls nicht schlichten, siehe im Einzelnen die Ausführungen im Kapitel zur Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer.

7 §§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

8 Dies sind Verträge über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung.