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Über den Autor

Dr. Michael Großklaus ist Pastor der Gnadenkirche in Villingen-Schwenningen, einer evangelischen Freikirche mit rund 300 Mitgliedern.

Seit 2008 ist der Theologe und Psychologe Studienleiter bei der Biblisch-Therapeutischen Seelsorge (BTS) und unterrichtet dort künftige Lebens- und Sozialberater. Außerdem arbeitet er als Dozent an Hochschulen und theologischen Ausbildungsstätten sowie als Coach und Supervisor in Kirchen, Freikirchen und Sozialeinrichtungen.

Michael Großklaus ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

www.michaelgrossklaus.de

Für Lea, Laura und David –
Gott wird Euch führen!

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Persönlichkeit und Ebenbildlichkeit Gottes

2 Persönlichkeits-ABC

Was ist deine Persönlichkeit?

Kurz-Exkurs: Dreifachgebot der Liebe

Wie entsteht deine Persönlichkeit?

Was deine Persönlichkeitsentwicklung beeinflusst Genetische Disposition

Kultur/Herkunft

Elternhaus/Erziehung

Soziale Schicht/Ansehen

Partnerschaft/Elternschaft

Arbeit/Einkommen

Spiritualität/Glaubensstil

3 Persönlichkeit ist messbar

Es

Ich

Über-Ich

Tiefenstruktur

Grundstruktur

Wesenszüge

4 Persönlichkeit und Gottesbild

Gottesbild/Gottesbeziehung bei Sachlichen

Gottesbild/Gottesbeziehung bei Warmherzigen

Gottesbild/Gottesbeziehung bei Korrekten

Gottesbild/Gottesbeziehung bei Unkonventionellen

5 Persönlichkeit im Kontext von Bibel und Berufung

Adam und Eva

Abram

Mose

Josef

Gideon

Salomo

Jeremia

Esther

Jona

Jesus

Petrus

Paulus

Timotheus

Was ist Berufung?

Allgemeine Berufung

Individuelle Berufung

Selbstberufung

6 Persönlichkeit im gemeindlichen Umfeld

7 Polizist, Pastor, Psychologe – wie geht denn so was?

Polizist

Pastor

Psychologe

8 Persönlichkeit und Berufswahl

9 Persönlichkeit und Partnerwahl

10 Persönlichkeit und Sex, aber hallo!

11 „Ich höre was, was du nicht sagst“

12 Praktische Vorschläge in Sachen Persönlichkeit, Berufung und Wille Gottes

Weiterbildungsangebote für Missionswerke

Persönlichkeitsstrukturtest (PST-R)

Persönlichkeitstests in Leitung und Mitarbeit einer Kirche

Bewusstere Verkündigung

Lerne Gott immer besser kennen (Gottes Wort, Gebet, Gemeinde)

Keine Angst vor Gottes Absichten für dein Leben

Austausch mit guten Freunden

Neutrale Haltung

13 Berufung: Gottes Anteil – unser Anteil

Der Plan Gottes

Der Wille Gottes

Die Stimme Gottes

14 Und seine Gebote sind nicht schwer

15 Was passiert eigentlich, wenn ich Gott falsch verstanden habe?

Nachwort

Vorwort

„Herr, was möchtest du von mir? Was ist dein Plan für mein Leben? Welchen Beruf soll ich wählen? Einen ‚ganz normalen‘ oder möchtest du, dass ich dir hauptamtlich diene? Und wenn Ja, nur für eine begrenzte Zeit oder ein Leben lang und wo und als was?“

Möglicherweise hast du diese Fragen schon mal gehört oder sie dir selbst gestellt. Mir jedenfalls ging es so und vielen Menschen, die ich kenne, ebenfalls. Darum erscheint dieses Buch. Seit über 30 Jahren höre ich immer wieder diese Fragen nach der eigenen Zukunft. Und sie sind mehr als verständlich, denn gerade junge Christen haben ein großes Interesse an Gottes Absichten für ihr Leben. Beruf oder Berufung? Oder ist Beruf und Berufung dasselbe? Man könnte es meinen, denn es klingt ganz ähnlich. In dem vorliegenden Buch geht es genau um diese Dinge. Deiner Zukunft auf der Spurwie du deine Berufung findest und welche Rolle deine Persönlichkeit dabei spielt.

Ich lade dich ein, mit mir auf Spurensuche zu gehen. Der Weg führt uns durch einige wichtige Bereiche des Lebens und des Glaubens und wird dir praktische Tipps geben, damit du immer mehr erkennen kannst, was Gott in deinem Leben vorhat.

Als ich mit dem Schreiben dieses Buches im Jahr 2019 begann, waren meine Kinder 13, 16 und 18 Jahre alt, und sie kamen aufgrund ihrer Lebensphase nach und nach voll in diese Themenstellung hinein. Es interessiert sie und sie stellen sich bis heute immer wieder diese Frage: Wie sieht meine Zukunft aus? Was hat Gott mit meinem Leben vor? Was ist meine Berufung?

Darum soll das vorliegende Buch besonders jungen Menschen einen Weg durch den Dschungel dieser Fragen zeigen und praktische Hilfestellungen geben, damit sie zuversichtlich und voller Gottvertrauen ihre Zukunft angehen.

Ich stellte mir diese Fragen auch, und ich erinnere mich noch genau: Es war Anfang der 1990er-Jahre, zu Beginn meiner theologischen Ausbildung. Ich war wie so oft im angeregten Austausch mit anderen Bibelschülern. Wir waren alle hoch motiviert, uns für einen Beruf ausbilden zu lassen, mit dem wir Gott dienen könnten, und waren dabei, uns vier Jahre vollzeitlich für den „Dienst im Reich Gottes“ ausbilden zu lassen. Ich für meinen Teil hatte allerdings keine Ahnung, wie das alles mal werden sollte – mir war nur klar: Ich war am rechten Ort. Meinen Traumberuf als Polizist hatte ich aufgegeben, was ein riesiges Opfer für mich gewesen war, und nun begann ein Weg mit ungewisser Zukunft und ohne jegliche Beamter-auf-Lebenszeit-Perspektive.1 Aber ich war sicher, Gott hatte zu mir geredet, diesen Weg einzuschlagen, und so war ich bereit, ihn auch zu gehen.

Ich war begeistert von diesem neuen Lebensalltag mit verschiedenen theologischen und dogmatischen Fächern und auch von den Missionaren, die uns wöchentlich besuchten und berichteten, was Gott anderswo auf der Welt tat. Ja, ich hatte meinen Beruf an den Nagel gehängt und war einer Berufung Gottes gefolgt. Aber ich vertraute Gott und war gespannt, was geschehen würde. Einige Mit-Bibelschüler hatten klare Vorstellungen von dem, was sie erwarten würde, und folgten klaren Zielen. Ich jedoch hatte keinen blassen Schimmer, was nach den vier Jahren einmal aus mir werden sollte und wohin meine Reise ging. Manchmal fühlte ich mich etwas schlecht deshalb, vor allem wenn ich mich mit meinen Kommilitonen verglich und deren gewaltigen Visionen und Zielen. Sie träumten von Einsätzen in Asien, Afrika, Russland und einem „weltweiten Dienst zur Ehre Gottes“ für die Menschen, die Gott noch nicht kannten. Auch Pastor, Missionar und Evangelist war als Berufswunsch immer wieder zu hören.

Mittlerweile sind 25 Jahre ins Land gegangen. Nie hätte ich damals für möglich gehalten, wie sich mein Leben weiterentwickeln würde. Ich bin begeistert über Gottes Wege, genauso wie über seine Umwege in meinem Leben. Ich bin gerne Pastor einer dynamischen Gemeinde, Psychologe, Dozent und Referent für theologische und seelsorgerliche Themen und Leiter einer psychologischen Beratungsstelle. Dass ich einen Doktortitel in Psychologie führen werde, hätte mir damals keiner zugetraut und – um ehrlich zu sein – ich am allerwenigsten.

Wenn ich an die großen Visionen meiner Kollegen von damals denke, bin ich allerdings etwas niedergeschlagen. Leider fällt mir keiner meiner damaligen Mitschüler ein, der seine Vision auch nur annährend erreichen konnte. Im Gegenteil, die meisten sind entweder gar nicht am gesetzten Ziel angekommen oder aber nach kurzer Zeit aus dem vollzeitlichen Dienst wieder ausgeschieden.

Wenn ich darüber nachdenke, frage ich mich: Hatten sie sich verhört oder getäuscht? Haben sie Fehler gemacht oder hatte Gott einen ganz anderen Plan? Oder hat er diesen Plan im Laufe der Zeit verändert? Was war das damals mit den anscheinend klaren Berufungen und dem Reden Gottes?

Ich glaube, die Antworten darauf sind viel weniger in Gott und in seinem Wesen, als vielmehr in uns Menschen und in unserem Wesen – genauer gesagt in unserer Persönlichkeit – zu finden.

Dies alles beschäftigte mich, während ich mich auf genau dieses Thema für einen Vortrag bei der Allianzkonferenz in Bad Blankenburg vorbereitete. Anfang August 2018 sprach ich dort über „Wie finden Christen ihre Berufung und welche Rolle spielt dabei ihre Persönlichkeit?“. Die überwältigenden mündlichen wie schriftlichen Reaktionen von Teilnehmern, aber auch von den Veranstaltern, ermutigten und motivierten mich so sehr, dass ich mich entschied, die Thematik eingehender zu erforschen und ein Buch darüber zu schreiben. Ein Buch, welches insbesondere jungen Leuten helfen soll, mit dieser Thematik gut umgehen zu können. Ende 2018 veröffentlichte die Zeitschrift BTS-aktuell dazu ebenfalls einen Artikel von mir.2

Und nun, im Frühjahr 2020, ist es fertig: Mein Buch über Berufung und Persönlichkeit und wie beides zusammenhängt. Ein Buch, das vielen Christen hoffentlich helfen wird. Ein Buch, welches leicht zu lesen ist und doch wesentliche Inhalte vermittelt. Ein Buch, nicht nur über den Zusammenhang zwischen Berufung und Persönlichkeit, sondern überhaupt über die Ausprägungen menschlicher Persönlichkeit. Aufgrund meiner Recherchen wurde mir nämlich klar, dass sie alle Bereiche unseres Lebens und damit auch alle Bereiche unseres Glaubenslebens durchdringt und beeinflusst. Die Bedeutung der menschlichen Persönlichkeit hat mehr Gewicht als gemeinhin angenommen wird.

Dass ausgerechnet im Jahr 2018, als ich mich mit der Thematik Wie finden Christen ihre Berufung und welche Rolle spielt dabei ihre Persönlichkeit? zu beschäftigen begonnen hatte, zwei Fachbücher zum Thema Persönlichkeit erschienen sind3, war ein äußert hilfreicher „Zufall“, und die Erkenntnisse dieser beiden Autoren werden hier berücksichtigt.

Dieses Buch ist aber bewusst für jeden Leser geschrieben und bedarf keiner wissenschaftlichen Vorbildung. Es versteht sich eher als eine Art praktische Ergänzung und Zugang für (insbesondere junge) Christen zu einem bisher vernachlässigten Thema. Deshalb werden auch meine eigenen Erfahrungen aus den Gesprächen mit unzähligen Menschen aller Altersgruppen und Glaubens-Stile einfließen, die ich in unserer Beratungsstelle, aber auch als Pastor, Psychologe und Dozent über einen Zeitraum von 25 Jahren geführt habe.4

Es ist mein Anliegen, zu dem Themengebiet Persönlichkeit und Berufung wichtige und vor allem hilfreiche Erkenntnisse vor biblisch-theologischem, aber auch vor seelsorgerlich-praktischem Hintergrund zu liefern.

„Darum, meine Schwestern und Brüder, bemüht euch mit Hingabe darum, eure Berufung und Erwählung bei Gott festzumachen. Wenn ihr das tut, werdet ihr niemals vom richtigen Weg abkommen.“ (2. Petrus 1,10)

Meine älteste Tochter ist am Heiligabend 2018 18 Jahre alt geworden und beendete letztes Jahr ihre Schule. Seit über einem Jahr quälte ich sie immer mal wieder mit der (wie ich finde) verständlichen Frage: „Lea, weißt du, was du nach der Schule machen möchtest?“ Die Antwort war immer ähnlich: „Nee, noch nicht. Mal schauen. Vielleicht mal ein paar Monate ins Ausland. Vielleicht eine Ausbildung oder Bibelschule machen oder studieren, vielleicht auch nicht, keine Ahnung.“ Sämtliche Klassenkameradinnen sagten dasselbe. Es war zum Verrücktwerden. Wie anders waren wir doch in den guten alten Zeiten, wo jeder genau wusste, was er werden wollte .

Aber in der Tat, gerade heute haben viele junge Menschen die Qual der Wahl. Es gibt so viele Möglichkeiten, was man werden könnte. Eine vollkommen andere Situation als noch vor 20, 200 oder gar 2000 Jahren.

Damals machten sich Christen auch schon Gedanken darüber, wie ein Leben in den Wegen und im Willen Gottes aussehen kann. Ich beginne dieses Buch darum bewusst mit den Aussagen aus dem 2. Petrusbrief, da sie gleich zu Anfang verdeutlichen, was als Grundlage für die Thematik Berufung und Wille Gottes verstanden werden kann. Der Apostel Petrus, der Autor dieses Briefes, hat selber eine sehr direkte Berufung erlebt. Jesus forderte ihn auf: „Folge mir nach!“, und er folgte diesem Ruf augenblicklich, verließ Frau, Kinder und (Fischerei-)Geschäft in Kapernaum und ging mit diesem neuen Rabbi Jesus. Sein Leben als einer der drei engsten Nachfolger – zusammen mit den Aposteln Johannes und Jakobus – ist vielen Bibellesern bekannt. Seine Höhen und Tiefen, seine Stärken und Schwächen sind uns vertraut. Er wurde trotz mehrfacher Verleugnung seines Herrn einer der Säulen der ersten Kirche in Jerusalem und der neuen christlichen Bewegung. Petrus musste seine Berufung immer wieder festmachen – insbesondere, nachdem er drei Mal verleugnet hatte, ein Nachfolger Jesu zu sein. Als Jesus ihn wenig später mehrfach fragte: „Petrus, hast du mich lieb?“, wurde es zu einer existenziellen Sache, ja geradezu zu einer persönlichen Nagelprobe für ihn. Wir werden später noch mehr über Petrus und seine Persönlichkeit erfahren.

Eine Berufung erstens zu erkennen und diese dann zweitens auch zu leben, geschieht nicht automatisch. Wenn ein Christ (überhaupt) in der Lage ist, seine Berufung zu erkennen, dann gilt es, diese Berufung immer wieder festzumachen. Festmachen meint an dieser Stelle so viel wie „festzurren“ oder „festbinden“. Dazu muss man verstanden haben, was Berufung eigentlich bedeutet – und dass sie immer in direkter und unmittelbarer Verbindung mit der eigenen Persönlichkeit steht. Das vorliegende Buch beschreibt genau diese Verbindung. Es ist eine Reise durch das große Land von göttlichen Berufungen und menschlichen Reaktionen darauf.

Der Vollständigkeit halber soll hier noch erwähnt werden, dass das evangelische und katholische Kirchenrecht den Begriff Berufung auch kennt. Ein zentraler Begriff ist Vokation oder vocatio (von lateinisch: vocare = rufen). Dort geht es im Wesentlichen um die Berufung in ein kirchliches Amt als Priester, Pfarrer oder auch Religionslehrer, welches von einer Kirchenleitung vorgenommen wird und durch die Vokationsordnung geregelt ist.

Im vorliegenden Buch geht es jedoch um den geistlichen Aspekt der Berufung, und diese wird in den Zusammenhang mit der menschlichen Persönlichkeit gestellt. Um dem gerecht zu werden, beginnen wir ganz vorne. Quasi am Anfang von allem. Und zwar mit einer äußerst wichtigen Frage: Was hat die menschliche Persönlichkeit mit der Ebenbildlichkeit Gottes zu tun?

Ich wünsche jedem Leser viel Freude und echten Gewinn beim Lesen dieses Buches. Es soll dich unterstützen und dir eine echte Hilfe sein, damit du deiner Zukunft immer besser auf die Spur kommst.


1 Wie man vom Polizisten zum Pastor und dann auch noch zum Psychologen wird, darauf wird in einem weiteren Kapitel gesondert eingegangen.

2 BTS aktuell, Dezember 2018: Wie finden Christen ihre Berufung – und welche Rolle spielt dabei ihre Persönlichkeit?

3 „Persönlichkeit – Was uns ausmacht und warum“ von Jens B. Asendorpf und „Persönlichkeitsdiagnostik – Theorie und Praxis in ganzheitlicher Sicht“ von Michael Dieterich.

4 Wo immer ich persönliche Erfahrungen mit Menschen erwähne, wird selbstverständlich die nötige Diskretion gewahrt.