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GARY R. RENARD

Als Jesus
und
Buddha
sich kannten

Bericht über zwei
mächtige Weggefährten

Aus dem Amerikanischen von
Ulrike Brandhorst

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Amerikanische Originalausgabe:

2019 erstmals Deutsch im AMRA Verlag

Herausgeber

Michael Nagula

Lektorat

Jorinde Reznikoff

Einband

Guter Punkt

Layout

Birgit Letsch

Druck

CPI books GmbH

Copyright © 2017 by Gary R. Renard

ISBN Printausgabe 978-3-95447-246-8

In der deutschen Übersetzung wurden Zitate und sinngemäße Wiedergaben entnommen aus dem Werk »Ein Kurs in Wundern«®

Alle Rechte der Verbreitung vorbehalten, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks. Im Text enthaltene externe Links konnten vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Für Dr. Kenneth Wapnick.

Ich kann nicht du sein, doch wie du
kann ich mich an die Wahrheit halten
.

INHALT

Einleitung

Anmerkung des Autors zu Ein Kurs in Wundern®: Was er lehrt und welche Bedeutung er in Hinblick auf Jesus und Buddha hat

Teil I – v. Chr.

1Die Leiter zur Erleuchtung

2Vom Schintoismus zu Laotse: Frühe Gipfelerfahrungen

3In Zeiten des Hinduismus

4Plato und Freunde

5Siddhartha und sein Sohn

Teil II – n. Chr.

6Das letzte Leben von J und Buddha

7Gnostizismus

8J gechannelt, 1965–1977: Dieses Mal wird die Wahrheit nicht vergraben werden

9Die Bedeutung des Geistes

10Die Leiter verschwindet

Anhang: Überblick über die in diesem Buch betrachteten Leben

Quellenangaben

Über Ein Kurs in Wundern®

Über den Autor

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EINLEITUNG

Dieses Buch bezieht sich auf wahre Ereignisse, die zwischen Oktober 2013 und September 2016 stattgefunden haben. Mit Ausnahme meiner Rahmenerzählung und Anmerkungen sind sie in Form eines Gesprächs aufgezeichnet, an dem drei Personen beteiligt sind: Gary (das bin ich) sowie Arten und Pursah, zwei Aufgestiegene Meister, die mir in Fleisch und Blut erschienen sind. Der Rahmentext ist nur dann eigens gekennzeichnet, wenn er das Gespräch unterbricht, in diesem Fall wird er einfach als »Anmerkung« abgesetzt. Die zahlreichen kursiv geschriebenen Wörter geben die jeweilige Betonung von Seiten der Sprecher wieder.

Um aus den Informationen der folgenden Kapiteln Nutzen zu ziehen, ist es nicht sonderlich wichtig, daran zu glauben, dass mir tatsächlich Aufgestiegene Meister erschienen sind, und mir persönlich ist es egal, was Sie darüber denken. Doch kann ich mich dafür verbürgen, dass ein ungebildeter Laie wie ich ohne die Inspiration durch solche Lehrer kaum dazu in der Lage gewesen wäre, eine Schrift wie diese zu verfassen. In jedem Fall überlasse ich es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sich Ihre eigenen Gedanken über den Ursprung dieses Buches zu machen.

Auch wenn es schon mein viertes Buch mit Arten und Pursah ist, ist es nicht notwendig, die ersten drei – die Trilogie Die Illusion des Universums – gelesen zu haben, um es zu verstehen und Freude daran zu haben. Wenn Sie mit Ein Kurs in Wundern®, einer der hier besprochenen Lehren, noch nicht vertraut sind, finden Sie das Grundwissen, das zu seinem Verständnis notwendig ist, in der auf diese Einleitung folgenden Anmerkung. Die dortigen Ansätze werden im Laufe der Unterhaltungen weiter ausgeführt. Sie erfahren, wie diese Lehre mit anderen klassischen Lehren zusammenhängt, und lernen, sollte es Ihnen noch nicht vertraut sein, das Konzept der Nondualität kennen.

Das vorliegende Buch sollte nicht als Teil der Trilogie Die Illusion des Universums betrachtet werden, in der Arten und Pursah ihre individuellen Geschichten erzählen und erklären, wie drei ihrer Lebzeiten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden waren. Letztlich sind alle unsere Leben miteinander verbunden, doch meine Lehrer wählten diese drei Zeitabschnitte aus, um ihre Lehre verständlicher zu machen. Insbesondere erläuterten sie, wie sie Erleuchtung erlangten, die man genauso als Erwachen aus dem Traum bezeichnen könnte, den wir Leben nennen. Das Erwachen, und wie man es erreicht, ist auch in diesem Buch wieder eines der wichtigsten Themen.

Was diese Gespräche hier einzigartig macht und das vorliegende Buch außerhalb der Trilogie ansiedelt, ist, dass Arten und Pursah sich in diesem Fall auf zwei ihrer Freunde konzentrieren und berichten, wie sie sich kennenlernten, einander im Verlaufe der Geschichte voranbrachten und schließlich Erlösung fanden. Es war ein ganz schöner Schock für mich, als mir diese Geschichte zum ersten Mal zu Ohren kam. Auch wenn es nicht ihre wahren Namen gewesen sind, nenne ich die beiden Freunde aus der Erzählung Jesus und Buddha. Übrigens haben meine Lehrer den Namen Gautama, der manchmal mit Buddha in Zusammenhang gebracht wird, nie erwähnt.

Dieses Buch will keine tiefergehenden Erklärungen zu den in den Gesprächen erwähnten spirituellen Lehren und Traditionen liefern, sondern die Entwicklung von zwei großen Meistern nachzeichnen.

Meine Lehrer sind der Meinung, dass der schnellste – nicht der einzige, aber der schnellste – Weg zur Erleuchtung in dem bereits erwähnten metaphysischen Meisterwerk Ein Kurs in Wundern® zu finden ist, das im vorliegenden Buch einfach als »der Kurs« oder EKIW® bezeichnet wird. Doch es gibt zahlreiche Parallelen zwischen dem Kurs und jenen Lehren, die Jesus (den ich hier, wie in meinen anderen Büchern, einfach »J« nennen werde) und Buddha in ihren diversen Leben kennenlernten und praktizierten. Die Parallelen sind zum Teil so schlagend, dass außer den Kurszitaten auch Zitate aus anderen Texten in diesem Buch verwendet werden. Es ist allerdings wichtig, sich klar zu machen, dass man erst dann, wenn man diese Unterweisungen in den Kontext des später erläuterten reinen Nondualismus gesetzt hat, zurückblicken und erkennen kann, dass jeder einzelne Schritt auf dem Weg notwendig war, um zum nächsten zu führen.

Am Ende führen alle spirituellen Wege zu Gott, und es ist auf keinen Fall die Absicht des Autors dieses Buches, die spirituellen Ansätze anderer herabzusetzen oder zu entwerten. Mit seiner Kompromisslosigkeit aber, die eines der wichtigsten Merkmale von Ein Kurs in Wundern® darstellt, unterscheidet sich dieses Buch von anderen, sonst könnte man im Übrigen auch auf es verzichten. Hinsichtlich seiner Botschaft bin auch ich zu keinerlei Kompromiss bereit – in der festen Überzeugung, dass J und Buddha es genauso gehalten hätten.

Falls Sie im vorliegenden Buch irgendwelche Fehler finden, können Sie sicher sein, dass es sich dabei um meine Fehler handelt und nicht um die meiner Lehrer. Ich bin nicht vollkommen, also ist es auch dieses Buch nicht. Doch glaube ich, dass es auf die Botschaft ankommt, nicht die Details. Tatsächlich gehen viele Kursschüler mit einzelnen Sätzen so kleingeistig um, dass sie die eigentliche Botschaft aus dem Blick verlieren und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.

Letztlich geht es in diesem Buch um nichts Geringeres, als die Leiter zur Erleuchtung hinaufzuklettern; die verschiedenen Phasen, die Buddha und J auf dieser illusionären Leiter durchliefen; und wie wir aus ihren Erfahrungen lernen und uns damit Tausende von Jahren eigener spiritueller Reisen ersparen können.

Mein Dank geht an Hay House für die wunderbare Betreuung meiner Bücher, an meine großartige Webmasterin Roberta Grace für ihre wertvolle Unterstützung sowie an Cindy Lora-Renard, meine Frau und Co-Lehrerin, für die beispielhafte und freudige Art, in der sie die Lehren des Kurses umsetzt. Ohne sie wäre es sehr viel schwerer gewesen, dieses Buch zu schreiben. Auch an William Shakespeare richtet sich mein Dank, außerdem an Nicolette Salamanca Young, meine Lektorin bei Hay House, sowie meinen Korrektor Jeffrey Rubin, deren beider Mitarbeit wirklich unschätzbar hilfreich war.

Zu guter Letzt möchte ich noch meinen Freunden von der Foundation for Inner Peace in Mill Valley, Kalifornien, und der Foundation for A Course in Miracles® in Temecula, Kalifornien, für ihre jahrzehntelange wichtige Arbeit danken, die es ermöglicht hat, Ein Kurs in Wundern® weltweit zugänglich zu machen.

Über meinen Dank hinaus ist ihnen zweifellos jener von Millionen anderen Menschen gewiss.

– Gary R. Renard

irgendwo in der Illusion Kaliforniens
und doch nicht in der Illusion Kaliforniens

ANMERKUNG DES AUTORS ZU

Ein Kurs in Wundern®

WAS ER LEHRT UND WELCHE BEDEUTUNG ER IN HINBLICK AUF JESUS UND BUDDHA HAT

Diese Anmerkung möchte einige Grundkonzepte von Ein Kurs in Wundern® sowie ihre Verknüpfung mit dem Thema Nondualismus erklären und zeigen, welche Bedeutung sie für die Erleuchtung spiritueller Meister wie Jesus und Buddha besitzen. Das wird es erfahrenen ebenso wie unerfahrenen Lesern leichter machen, die Gespräche in diesem Buch zu verstehen und zu genießen.

Das vorliegende Buch soll den Kurs nicht ersetzen. (Wie ich bereits in der Einleitung erwähnte, wird Ein Kurs in Wundern® üblicherweise einfach »der Kurs« oder EKIW® genannt). Denn selbst ein wahrhaft nondualistisches Verständnis des Kurses, das selten vorkommt, wird nicht zur Erleuchtung führen. Nur durch Übung und Anwendung der Lehren im Alltag – also in Ihren Beziehungen, Ihren Erfahrungen und sogar Ereignissen, die Sie im Fernsehen miterleben – kann es zur Erleuchtung kommen. Das sollten wir bei allem Weiteren im Hinterkopf behalten.

EKIW® wurde durch die Psychologin Dr. Helen Schucman gechannelt, welche Die Stimme Jesu hörte. Dabei erfuhr sie außerordentliche Unterstützung durch ihren Kollegen Dr. William (Bill) Thetford, der die Worte des Kurses abtippte, während sie Helen von ihrem Stenoblock vorlas. Die beiden hatten ein angespanntes Verhältnis zueinander und arbeiteten in einem Umfeld, das Helen als »deprimierend« beschrieb. Eines Tages sprach Bill Helen darauf an und meinte, er sei überzeugt davon, dass es »einen anderen Weg« geben müsse. Das sah sie genauso, und gemeinsam beschlossen sie, diesen zu finden. Ganz offensichtlich ist der Kurs das Resultat dieser Entscheidung.

Die vollständige Geschichte des EKIW® ist faszinierend, aber auch ziemlich lang und wurde bereits in mehreren Büchern erzählt. Für diese kurze Anmerkung genügt es zu erwähnen, dass Helen für das Channeln des Kurses sieben Jahre brauchte, dass sie aber das, was sie »die Stimme« nannte, noch mindestens fünf weitere Jahre vernahm. Helen channelte auch noch zwei ergänzende Schriften, die dem Kurs später hinzugefügt wurden. Offensichtlich hat J also nie aufgehört, mit ihr zu arbeiten. Auf Grund dieser Kontinuität ist es auch klar, dass J den Kurs vom Anfang bis zum Ende redigiert hat. Er korrigierte Helens Fehler, von denen die meisten in den ersten fünf der 31 Kapitel des Textbuchs vorkamen, und er zeichnet vollständig verantwortlich für die Stimmigkeit der 500.000 Wörter (neben dem Haupttext gibt es noch ein Übungsbuch mit 365 Lektionen und ein Handbuch für Lehrer). Der Leserfreundlichkeit halber und zu späteren Studienzwecken habe ich für Sie die Kurszitate vom Fließtext abgehoben und am Ende des Buches in einem Index aufgelistet.

Die drei anderen Hauptakteure in der Geschichte des Kurses waren Dr. Kenneth Wapnick, Judith Skutch Whitson, und Bob Skutch. Zusammen mit Helen und Bill gründeten die fünf schließlich die Foundation for Inner Peace, welche den Kurs im Jahre 1976 herausbrachte. Dr. Wapnick wurde, wie es meine Lehrer in meinem ersten Buch Die Illusion des Universums beteuerten, zum »größten Lehrer des Kurses«.

Die dritte Ausgabe von Ein Kurs in Wundern® ist die einzige, die sämtliche Texte enthält, welche von der Verfasserin Dr. Helen Schucman für den Druck genehmigt worden sind. Sie wurde exklusiv von der Foundation for Inner Peace veröffentlicht, jener Organisation, die Dr. Schucman 1975 dafür ausgewählt hatte. Dieser Sammelband enthält auch die ergänzenden Schriften zum Kurs: »Psychotherapie: Zweck, Prozess und Praxis« und »Das Lied des Gebets«. Diese Abschnitte sind Erweiterungen zu den Kursprinzipien und wurden Dr. Schucman kurz nach Fertigstellung von Ein Kurs in Wundern® diktiert.

EKIW® ist ein Kurs zum Selbststudium – keine Religion. Auch wenn Menschen sich zu Studiengruppen zusammenfinden und Kirchen ins Leben rufen, die, wie sie sagen, auf EKIW® beruhen, ist der Kurs – wie Spiritualität überhaupt – letztlich dazu gedacht, uns eine Erfahrung zu vermitteln, die nicht in dieser Welt begründet liegt, sondern in einer ganz bestimmten Art und Weise, diese Welt zu betrachten. Und diese kommt von innen her.

Vierundzwanzig Jahre lang habe ich mich als Schüler mit dem Kurs beschäftigt, nun ist es meine Aufgabe, den Kurs so zu beleuchten und zu erklären, dass Schüler ihn anwenden können. Dazu bin ich nur dank meiner Lehrer fähig. Ohne ernsthafte Hilfe würde ich EKIW® nicht verstehen können.

Zum Stil des Kurses gehört eine äußerst erfindungsreiche Art der Wiederholung. Es wäre unmöglich, den Kurs zu lernen, ohne immer wieder neu mit den darin enthaltenen Ideen konfrontiert zu werden und so allmählich das Denksystem zu verinnerlichen, welches die für den Kurs zentrale wahre Vergebung erst möglich macht. Auch in diesem Buch werden Sie Wiederholungen finden, ebenso wie ein paar Dinge, die ich bereits in meinen anderen Büchern erwähnt habe; das wird Ihnen helfen, wenn Sie diese zu dem dafür vorgesehenen Zweck benutzen. Wiederholungen sind beim Lehren und Lernen des Kurses nicht nur akzeptabel, sondern sogar unerlässlich. Denn der Kurs zielt darauf ab, das falsche Ich aufzulösen – das, was wir als Ego bezeichnen – und uns so unsere eigene Göttlichkeit erfahrbar zu machen. Bevor ich das näher erläutere, möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass es einen Unterschied zwischen echter Spiritualität und dem gibt, was sich in den vergangenen Jahrzehnten als Spiritualität durchgesetzt hat, nämlich der Lebenshilfe-Bewegung.

Ich will diese Bewegung nicht schlechtreden. Ich bin kein ja Heuchler und habe die Lebenshilfe-Bewegung selbst erfolgreich genutzt. Nur kenne ich jetzt den Unterschied zwischen ihr und dem, worum es wirklich geht, und das haben mich meine Lehrer gelehrt.

In der Lebenshilfe-Bewegung geht es darum zu bekommen, was man will – Dinge in dieser Welt geschehen zu lassen, Dinge anzuziehen, die sich außerhalb von einem befinden, und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Doch dieser Ansatz fußt auf einer falschen Prämisse, die lautet: Wenn Sie bekommen, was Sie wollen, werden Sie glücklich. Die Wahrheit aber ist: Wenn Sie bekommen, was Sie wollen, werden Sie sich nur für kurze Zeit wohlfühlen und dann wieder etwas anderes wollen. Dieser Mechanismus entspricht dem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche und wird vom Ego gesteuert. Das Denksystem des Egos basiert auf der Idee der Trennung, der Vorstellung, dass wir uns in irgendeiner Weise sowohl von unserer Quelle – Gott – als auch voneinander getrennt haben. Und wenn Ihr Glück und Ihr innerer Frieden davon abhängen, was in dieser Welt geschieht, haben Sie ein Problem, denn das Einzige, worauf Sie sich in dieser Ego-Illusion von Welt verlassen können, ist, dass sie sich verändert. Denn das tut sie. Sie ist unbeständig und vergänglich und hat im besten Fall kurzfristige Befriedigung zu bieten.

Wie aber wäre es, wenn es unwichtig wäre, was in der Welt geschieht? Dem Ego scheint diese Vorstellung häretisch, aber was wäre, wenn das wirklich keine Rolle spielte? Wie wäre es, wenn Sie unabhängig davon, was in der Welt geschieht, glücklich, stark und voll inneren Friedens wären? Das wäre wahre Macht. Das wäre echte Stärke und Freiheit – und echte Spiritualität.

Ich habe überall in den USA und der Welt gelehrt, vierzehn Jahre lang, in dreißig Ländern und vierundvierzig Bundesstaaten der USA, und musste feststellen, dass mir an all diesen Orten eine Menge Fragen gestellt wurden, die ein erschreckend weitverbreitetes Gefühl des Mangels offenbarten. Die Menschen versuchen, den Mangel auf der Ebene der Form – wir könnten sagen auf der Leinwand, die wir für unser Leben halten – zu beseitigen, indem sie sich etwas beschaffen, von dem sie denken, dass es irgendwie ihr Mangelgefühl behebt, sei es etwas Materielles oder eine Beziehung. Sie suchen jedoch am falschen Ort. Der Mangel ist in uns und nicht außerhalb von uns, und der Grund für ihn ist ein anderer, als die meisten glauben. In Ein Kurs in Wundern® wird das so ausgedrückt: »Ein Gefühl der Trennung von GOTT ist der einzige Mangel, den du wirklich zu berichtigen brauchst.«1

Wie ich schon sagte, ist das Ego das falsche Ich, doch es gibt noch ein anderes Ich: das wahre Ich. Das wahre Ich hat nichts mit dieser Welt oder dem Körper zu tun. Mein Körper ist schlicht und einfach ein Symbol der Trennung. Das wahre Ich ist unsterblich, unverletzlich, unveränderlich, untrennbar und vollkommen; es ist etwas, was von nichts in dieser Welt berührt und in keiner Weise bedroht werden kann.

Genau darum geht es, wenn in der Einleitung zum Kurs steht: »Nichts Wirkliches kann bedroht werden.«2 Damit ist das wahre Ich gemeint. Und wenn es dann weiter heißt, »Nicht Unwirkliches existiert«,3 ist alles andere gemeint, alles was nicht dieses unsterbliche, unveränderliche, unverletzliche Selbst ist. Und deswegen ist der Kurs ein rein nondualistisches spirituelles Denksystem. Der Kurs besagt, dass von beiden Welten, der unsichtbaren Welt Gottes und der irrtümlicherweise von den Menschen wahrgenommenen Welt, nur die Welt Gottes wirklich ist, und alles andere unwirklich.

Die Welt Gottes kann – außer hin und wieder in flüchtigen Symbolen – nicht mit unseren physischen Augen erblickt werden, weil der Körper das Bewusstsein begrenzt. Doch ist die vollkommene Einheit mit der Quelle erfahrbar. Obwohl wir hier in unseren Körpern festzustecken scheinen, ist es uns möglich, unser wahres Ich zu erfahren. Und spirituelle Erfahrung ist enorm wichtig. Tatsächlich ist es das Einzige, was uns überhaupt glücklich macht. Worte können das nicht; meine Worte können das nicht. Oder, wie es im Kurs heißt: »Wir wollen jedoch nicht vergessen, dass Worte nur Symbole von Symbolen sind. So sind sie zweifach von der Wirklichkeit entfernt.«4 Und wie sollte, denken Sie mal darüber nach, das Symbol eines Symbols Sie jemals glücklich machen? Wie sollte es Ihnen je ein Gefühl von Fülle, Ganzheit, Vollkommenheit und Zufriedenheit geben? Nicht einmal eine Beschreibung der Wirklichkeit von Gottes Welt könnte das. Es wären immer noch nichts als Worte. Aber die Wirklichkeit zu erfahren, zu erfahren was Sie wirklich sind und wo Sie wirklich sind, wird Sie glücklich machen, denn das ist Fülle – ganz und vollkommen und zufriedenstellend.

Die Gnostiker haben diese direkte Gotteserfahrung Gnosis genannt, was Wissen bedeutet. Dabei geht es aber nicht um Verstandeswissen oder Informationen. Wenn im Kurs das Wort Wissen verwendet wird, wird es oft in Großbuchstaben geschrieben, denn wie das Wort Gnosis bezieht es sich auf die direkte Erfahrung oder das Wissen um Gott.

Wie kommt man aber zu dieser Erfahrung, die alles übersteigt, was diese Welt zu bieten hat? Nun, um das zu erreichen, muss man sein Ego auflösen. EKIW® bringt es auf den Punkt: »Erlösen ist Aufheben.«5 Und das ist ein brillanter Ansatz, denn wenn Sie Ihr falsches Ich vollständig aufheben könnten, wenn Ihnen das tatsächlich gelänge, bliebe nichts anderes mehr übrig als das wahre Ich! Das wahre Ich ist schon vollkommen; es ist genau dasselbe wie seine Quelle. Um diese Vollkommenheit zu erfahren, müssen Sie das Ego aus Ihrem Unterbewusstsein entfernen – die Trennungsmauern einreißen, die Ihnen den Zugang zur Erfahrung dieser Vollkommenheit verwehren. Der Kurs aber führt Sie durch einen Prozess, im Laufe dessen Sie Ihr falsches Ich aufheben, welches irrigerweise davon ausgeht, es hätte eine individuelle, persönliche Identität, eine von Gott getrennte Existenz. Wie wir in diesem Buch sehen werden, können Sie das aber nicht alleine schaffen.

Das wirft eine weitere Frage auf: Was ist Ihre Rolle bei der Aufhebung des Egos? Sie besteht einer bestimmten Art von Vergebung, allerdings nicht jener Art Vergebung, welche den meisten Menschen in der Welt vorschwebt, wenn sie an dieses Wort denken, falls sie es überhaupt tun. Die herkömmliche Form der Vergebung verleiht der illusorischen Welt im Inneren Ihres Geistes Wirklichkeit und lässt so Welt und Ego unangetastet. Die wahre Vergebung hingegen verleiht der illusorischen Welt keine Wirklichkeit und lässt weder diese noch das Ego intakt.

Es gibt Menschen, die einem beibringen, man solle sich »mit seinem Ego anfreunden«. Doch denen muss ich leider die Nachricht überbringen, dass das Ego gar nicht mit ihnen befreundet sein will: Im Gegenteil, es will Sie umbringen. Denn wenn Sie verletzt oder umgebracht werden können, dann sind Sie ein Körper. Und wenn Sie ein Körper sind, dann ist das gesamte auf der Idee der Trennung basierende Ego-Denksystem wahr. Das Einzige, was Sie mit Ihrem Ego wirklich machen können, ist es aufzuheben. In Ein Kurs in Wundern® geht es um die Aufhebung des Egos oder des falschen Ichs, das sich mit dem Körper und der Trennung identifiziert. Das wahre Ich hingegen hat nichts mit dem Körper oder der Trennung zu tun. Wie im Kurs immer wieder betont wird: »Ich bin kein Körper. Ich bin frei. Denn ich bin nach wie vor, wie Gott mich schuf.«6 Und Gott hat uns so erschaffen, dass wir genau wie Gott sind – dasselbe wie die Quelle: in einem Zustand vollständigen und ewigen Einsseins, und das für immer.

Diese scheinbar getrennte Existenz ist in Wirklichkeit ein Traum. Die Lehre, dass die Erde und das Universum eine Illusion sind, ist bereits Tausende von Jahren alt, aber der Kurs geht noch einen Schritt weiter und führt diese Lehre bis hin zu dem Gedanken, dass diese Welt ein Traum ist, aus dem wir erwachen werden. Und dieses Erwachen ist Erleuchtung. Das ist es auch, was Buddha meinte, als er sagte: »Ich bin wach.« Heute glauben die meisten spirituellen Schüler, Buddha habe damit gemeint, dass er geistig außerordentlich rege sei und, auf Teufel komm raus, alles Mögliche manifestieren könne; und das entspricht in der Tat genau dem, was in der heutigen Spiritualität als Erleuchtung gehandelt wird. Aber Buddha meinte nicht, dass er innerhalb des Traumes wach sei, sondern dass er aus dem Traum erwacht sei. Und das ist kein geringfügiger Unterschied, sondern absolut entscheidend. Buddha erkannte, dass er nicht der Traum war, sondern der Träumer. Genau genommen war er überhaupt nicht im Traum. Der Traum ging von ihm aus – Buddha war keine Auswirkung des Traumes, sondern seine Ursache.

Deswegen ist EKIW® vollkommen in Einklang mit den Lehren von J und Buddha. Sie können keine Erleuchtung erlangen, wenn Sie nicht erkennen, dass Sie keine Auswirkung des Traumes sind, sondern der Träumer selbst – seine Ursache. Nur dann ist es möglich zu erwachen. Und um das zu erreichen, muss das Ego, dass Sie im Traumzustand der Trennung gefangen hält, verschwinden.

Doch wir können nicht ohne Hilfe von außen, das heißt von außerhalb des Systems, aus diesem Traum erwachen. Um das zu verstehen, hilft folgende Analogie: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine drei Jahre alte Tochter, die gerade im Bett liegt und schläft. Sie schauen nach ihr und stellen fest, dass sie einen üblen Traum hat, denn sie hustet, wälzt sich herum und hat einen unglücklichen Gesichtsausdruck. Was machen Sie? Sie werden wohl kaum hingehen und sie wachrütteln wie ein Wilder, denn das würde ihr nur noch mehr Angst einjagen. Eher wird Ihnen Ihre Intuition empfehlen, sich auf ihre Bettkante zu setzen und ihr etwas zuzuflüstern. Vielleicht sagen Sie ganz sanft etwas wie: »Hei, das ist nur ein Traum. Alles ist gut. Was du siehst, ist nicht wahr. Eigentlich hast du das alles selbst geschaffen, aber dann vergessen, dass du es selbst geschaffen hast. Du siehst es nur im Geist.« Und dann fragen Sie sich vielleicht, womit sie den Traum sieht, denn ihre Augen sind ja geschlossen, und fahren flüsternd fort: »Alles ist in Ordnung. Ich bin bei dir und passe auf dich auf.« Schließlich passiert etwas Spannendes: Ihre Tochter kann Ihre Stimme in ihrem Traum tatsächlich hören. Die Wahrheit kann also im Traum gehört werden. Die Wahrheit ist nicht in dem Traum, niemals, aber sie kann im Traum gehört werden. Und wenn Ihre Tochter auf die richtige Stimme hört und nicht auf die Stimme, die den Traum als Wirklichkeit ausgibt, wird sie ruhiger. Vielleicht beginnt sie zu verstehen, dass dieser Traum, der ihr so bedeutsam erschien, alles in allem keine große Sache ist. Und wenn sie dann bereit ist, ohne Angst zu erwachen, wird sie es tun. Wenn sie aber erwacht ist, stellt sie fest, dass sie ihr Bett niemals verlassen hat, sondern die ganze Zeit über dortgeblieben ist. Nicht, dass das Bett nicht da gewesen wäre, es hatte sich einfach nur außerhalb ihres Bewusstseins befunden.

Und wenn wir heute Morgen aus den Träumen erwacht sind, die wir letzte Nacht in unseren Betten geträumt haben, dann erwachen wir nur in eine andere Form des Träumens hinein. In Ein Kurs in Wundern® steht: »Du bist in GOTT zu Hause und träumst von der Verbannung, bist aber vollkommen in der Lage, zur Wirklichkeit zu erwachen.«7 Und in diesem Traum, der ebenso wenig die Wirklichkeit ist, redet der Heilige Geist uns mit denselben Worten gut zu, die wir einer Dreijährigen zuflüstern würden, die einen schlechten Traum hat. Er sagt zu uns: »Hei, das ist nur ein Traum. Alles ist gut. Was du siehst, ist nicht wahr. Eigentlich hast du das alles selbst geschaffen, aber dann vergessen, dass du es selbst geschaffen hast. Du siehst es nur im Geist.« Im Kurs heißt es dazu, dass wir »im Geist Revue passieren lassen, was vergangen ist«.8 Außerdem steht dort unmissverständlich: »Du verbringst deine gesamte Zeit mit Träumen.«9

Der Grund dafür, dass uns dieser Traum hier so viel wirklicher erscheint als die Träume, die wir nachts im Bett träumen, sind die verschiedenen Ebenen. Im Himmel gibt es keine Ebenen, dort gibt es nur vollkommenes Einssein und keinerlei Unterschiede. Aber die Welt des Egos ist voller Ebenen und Unterscheidungen. Der Trick liegt darin, dass wir glauben sollen, der eine Traum müsse die Wirklichkeit sein, weil er so viel wirklicher erscheint als unsere Träume in der Nacht. Trotzdem sagen heute sogar zahlreiche Physiker, dass das Universum eine Illusion sein muss, weil es überhaupt nicht möglich ist, dass es existiert. Manche sind sogar zu der Überzeugung gelangt, dass es nur eine Simulation sei. Aber wie Sie es auch immer nennen wollen, Fakt bleibt, dass wir träumen, wir würden geboren, träumen, wir hätten dieses seltsame Leben, träumen, wir würden sterben, träumen, es gäbe eine Phase zwischen Tod und Wiedergeburt, träumen, wir würden wiedergeboren, und so fort. Unsere Lebensläufe sind wie Traumsequenzen, in denen ein Traum nach dem anderen auftaucht, sodass wir uns stets in diesem unwirklichen Zustand befinden. Die Form der Träume scheint sich zu verändern, aber der Inhalt bleibt stets derselbe, nämlich Trennung. Der Kurs lehrt uns, dass wir uns in einem unwirklichen Zustand befinden, und in einem solchen unwirklichen, konfusen Zustand herrscht immer eine unterschwellige innere Unruhe, ob wir uns dessen bewusst sind, oder nicht. Wenn wir aber bereit sind, auf die richtige Stimme zu hören, die für die Wirklichkeit des reinen Geistes spricht, und nicht auf die Stimme des Egos, welche für die Wirklichkeit des Traums spricht, werden wir ruhiger. Vielleicht beginnen wir zu verstehen, dass dieser Traum, der uns so wichtig erschien, letztlich keine große Sache ist, sondern es vielleicht eine größere Wirklichkeit gibt, die über den Traum hinausgeht und überall zugleich ist. Es ist nicht so, als wäre sie nicht da, sie befindet sich einfach nur außerhalb unseres Bewusstseins. Aus diesem Grund zielt der Kurs darauf ab, »die Blockaden zu entfernen, die dich daran hindern, dir der Gegenwart der Liebe, die dein angestammtes Erbe ist, gewahr zu sein«.10 Unser angestammtes Erbe ist nichts weniger als das Reich Gottes, und das müssen wir uns nicht verdienen; es wird uns von Gott geschenkt. Ein Geschenk muss man sich nicht verdienen, doch solange wir denken, wir seien hier, müssen wir für dieses Geschenk hier erwachen. Ich mag die Frage, die im Kurs gestellt wird: »Wie kannst du Freude finden an einem freudlosen Ort, außer durch die Einsicht, dass du gar nicht dort bist?«11

Der Kurs ist eine ungeheuer mächtige und umfassende Lehre, viel größer als die meisten Lehrer ihn darstellen. Der Heilige Geist leitet uns an, wie wir erwachen können; nicht wie wir ein besserer Mensch werden können, sondern wie wir Alles sein können – nicht weniger als Eins mit Gott. Und so etwas geschieht nicht über Nacht. Wir haben dafür einen Prozess zu durchlaufen. Der reine Geist ist eine höhere Lebensform als der Körper, und auf diese höhere Lebensform müssen wir vorbereitet sein, sonst wäre das Erwachen zu beängstigend. Genau wie ein Schmetterling sein Kokonstadium durchläuft, müssen wir diesen Prozess durchlaufen, damit wir zu dem erwachen können, was wir wirklich sind. Der Heilige Geist erleichtert uns diese Metamorphose, indem er uns eine bestimmte Form der Vergebung beibringt. Im Kurs heißt es: »Vergebung ist das zentrale Thema, das sich durch die Erlösung zieht, das alle ihre Teile in bedeutsamen Beziehungen zueinander hält, den Lauf, den sie nimmt, ausgerichtet, und ihr Ergebnis sicher hält.«12

Es gibt drei Grundschritte, welche die Art von Vergebung ausmachen, die der Heilige Geist lehrt. Die entschlossene Praxis dieser Schritte wird schließlich zu dem führen, was der Kurs »Schau« nennt, und dann unweigerlich zum Erwachen aus dem Traum von Gegensätzen und Dualität.

Wir können beginnen, das zu tun, wovon Ein Kurs in Wundern174 sagt, es sei zur Erlösung der »Sohnschaft« notwendig, womit alles, jeder und jede gemeint sein kann, der, die oder das zu existieren scheint. J sagt: »Damit wird alles Denken der Welt völlig umgekehrt.«13 Und Sie tragen dann Ihren Teil zur Erlösung bei und erfüllen damit die einzige Verantwortung, die wir in diesem ganzen Chaos haben, in dem wir uns zu befinden scheinen, wenn Sie jene einzigartige Art von Vergebung praktizieren, die der Kurs lehrt. Wir müssen nicht die Welt retten. Den Job hat der Heilige Geist. Unser Job ist es, dem Heiligen Geist zu folgen, statt den Boss abgeben zu müssen. Wenn Sie allerdings ein eigenes Unternehmen führen, ist es nicht ratsam, jedem lauthals zu verkünden, Sie seien eigentlich gar nicht der Boss hier; es genügt, dass Sie in Ihrem Inneren wissen, wer hier tatsächlich der Boss ist. Viele Menschen denken, Jesus sei der ultimative Anführer gewesen, aber in Wirklichkeit war er der ultimative Nachfolger. Im Kurs sagt er, dass er nur auf eine Stimme gehört hat. Und das ist die Stimme, die der Kurs so weise als »die Stimme für Gott«14 bezeichnet, womit eher der Heilige Geist gemeint ist als die Stimme Gottes. Gott interagiert nicht mit der Welt, denn Gott ist vollkommenes Einssein, und wir sollten uns glücklich schätzen, dass Gott nicht verantwortlich für diese Welt ist. Denn wäre er es, dann wäre Er genauso verrückt wie wir. Da aber Gott immer noch, wie die Bibel und der Kurs schreiben, vollkommene Liebe ist, haben wir ein vollkommenes Zuhause, in das wir heimkehren können.

Der Heilige Geist vermag unsere Illusionen in diesem Traum zu sehen und tut das auch, ohne jedoch an sie zu glauben. Und indem wir dem Rat des Heiligen Geistes folgen und vergeben, können auch wir lernen, wie der Heilige Geist zu denken, und so zum reinen Geist erwachen. Der erste Schritt dahin erfordert Disziplin, jene Art von Disziplin, die erforderlich ist, wenn Sie sich in einer typischen Knopfdruck-Situation für eine ungewohnte Reaktion entscheiden.

Nehmen wir ein persönliches Beispiel: Stellen Sie sich vor, ich fahre eine Schnellstraße in meinem Wohnort Los Angeles entlang, und irgendein Typ nimmt mir die Vorfahrt. Wir wissen alle, dass Autos das Beste in der männlichen Spezies zum Vorschein bringen, und in genau diesem Moment habe ich eine bewusste Wahl zu treffen, wie ich das, was ich sehe, interpretieren möchte. Und da gibt es zwei Möglichkeiten. Ich kann wie die meisten Menschen mit dem Ego denken, was bedeutet, dass ich die Situation beurteile und vielleicht sogar dementsprechend reagiere (ein großer Fehler). Und vielleicht habe ich ja einen schlechten Tag, rege mich furchtbar auf und zeige der Person, die mir die Vorfahrt genommen hat, den Mittelfinger. Doch das kann alle möglichen Probleme mit sich bringen. Was zum Beispiel, wenn diese Person ein Gewehr hat? Dann könnte ich jetzt tot sein. Nicht, dass daran irgendetwas falsch wäre, denn wenn der Körper stirbt und nicht mehr in Erscheinung tritt, lebt ja der Geist weiter, was bedeutet, dass wir niemals wirklich »tot« sind. Falls Sie in dieser Welt aber noch etwas vorhaben, gibt es durchaus noch eine andere Möglichkeit.

Statt nämlich mit dem Ego zu reagieren, kann ich mir innerlich ein Stoppschild vor die Nase halten und damit aufhören. Das ist nicht einfach, weil es allem widerspricht, was ich bisher je gelernt habe. Vor allem für Männer ist es sehr schwer, sich zu beherrschen. Männer haben dieses Problem, das man Testosteron nennt. Wenn Du mich anrempelst, remple ich zurück. Das ist systeminhärent, Männer fangen gerne Kriege an. Es scheint, als könnte die Hälfte unserer Spezies nichts Konstruktives vollbringen. Und trotzdem ist es möglich, eine andere Wahl zu treffen. Ich kann mich selbst dabei ertappen, wie ich beginne, mit dem Ego zu denken, und dann damit aufhören. Das ist der erste Schritt zur wahren Vergebung, und der erste Schritt ist der schwerste. Diesen ersten Schritt auf einer tragfähigen Basis zu machen, erfordert eine dauerhafte Entscheidung zur Veränderung sowie Entschlossenheit und Anstrengung, sich daran zu gewöhnen, mit dem Heiligen Geist zu denken und nicht dem Ego.

Wenn Sie erst einmal gelernt haben, nicht mehr mit dem Ego zu reagieren – was Disziplin und geistige Übung erfordert, wie es die Übungsbuch-Lektionen des Kurses lehren – können Sie den nächsten Schritt zu Vergebung machen. Letztlich werden alle drei Schritte zu einem einzigen verschmelzen, und zu einer Gewohnheit für Sie werden, über die Sie nicht mehr groß nachdenken müssen. Sie wissen dann einfach, was wahr ist, und denken dementsprechend. Das ähnelt dem Zen-Konzept vom Wissen als unausgesprochener Wahrheit. Doch zunächst ist es von grundlegender Bedeutung, die einzelnen Schritte zu erlernen und einzuüben, damit Sie verstehen, was Sie tun und zwischen welchen Alternativen Sie sich entscheiden. So werden die Schritte allmählich ein Teil von Ihnen. Dass diese ein Teil von Ihnen geworden sind, merken Sie daran, dass Sie die Vergebung vermissen, sobald Sie sie einmal nicht anwenden. Einer der Gründe dafür ist, dass Sie verstanden haben, dass tatsächlich Sie es sind, die von der Vergebung profitieren.

Wenn Sie aufhören können, mit dem Ego zu reagieren, können Sie den zweiten Schritt machen und mit dem Heiligen Geist zu denken beginnen. Dieser Schritt beinhaltet das, was der Kurs als »Heilige Augenblick« bezeichnet. Das ist der Moment, in dem Sie umschalten und nicht mehr mit dem Ego denken, sondern mit dem Heiligen Geist. Nun haben Sie die richtige Wahl getroffen. Und sie treffen immer eine Wahl, ob Sie es wollen oder nicht. Sie können nicht mit dem Ego und dem Heiligen Geist gleichzeitig denken, denn die beiden vertreten zwei völlig unterschiedliche und sich gegenseitig ausschließende Denksysteme. Wenn Sie eine weise Entscheidung treffen, führt das zu einer komplett anderen Art von Lebenserfahrung – und kann sogar zu einem besseren Ergebnis führen, aber das ist dann nur eine Auswirkung. Unser Fokus liegt aber auf der Ursache. Wenn Sie sich um die Ursache kümmern, sorgt die Auswirkung für sich selbst. Das Ego hat Ihnen erzählt, dass das, was Sie sehen, wirklich ist – dass der Körper wirklich ist und dass Sie ein wirkliches Problem mit wirklichen Menschen in einer wirklichen Welt haben, das Sie lösen müssen. Der Geschichte, die der Heilige Geist Ihnen erzählt, ist hingegen eine komplett andere: Was Sie sehen, ist nicht wirklich.

Der Kurs beschreibt die illusionäre Welt des Egos nicht nur als Traum, sondern auch als eine Projektion Ihres unbewussten Geistes. Da Sie Ihren unbewussten Geist aber nicht sehen können, können Sie auch nicht erkennen, dass die Projektion von Ihnen selbst ausgeht. Sie projizieren also Körper und Trilliarden Arten von Trennung. Aber Menschen sind keine Körper; sie sind immer noch vollkommener, reiner Geist zu Hause in Gott. Das ist einfach in Vergessenheit geraten. Im Kurs steht die Frage: »Was wäre, wenn du begreifen würdest, dass diese Welt eine Halluzination ist? Was, wenn Du wirklich verstündest, dass du sie erfunden hast? Was, wenn du merktest, dass die, die scheinbar auf ihr wandeln, um zu sündigen und zu sterben, um anzugreifen, zu morden und sich selber zu zerstören, gänzlich unwirklich sind?«15 Letztlich wäre es Ihnen unmöglich, je wieder so auf die Welt zu reagieren, wie Sie es zuvor getan haben, und indem Sie sich für den Heiligen Geist entscheiden, hätten Sie den zweiten der drei Schritte unternommen, die zum Erwachen des reinen Geistes in Ihnen führen. Im Kurs wird gelehrt: »Der Begriff Geist (mind) wird benutzt, um die aktivierende Kraft des reinen Geistes (spirit) darzustellen, die dessen schöpferische Energie liefert«.16 In dem Sie sich für den reinen Geist entscheiden, aktivieren Sie ihn in Ihrem eigenen Geist. Im Kurs wird auch gelehrt, dass Wunder »heilen, weil sie die Identifikation mit dem Körper leugnen und die Identifikation mit dem reinen Geist bejahen«.17

Das »Wunder« in Ein Kurs in Wundern® ist jene Art von Vergebung, die ich hier beschreibe: eine Art von Vergebung, die von der Ursache her kommt und nicht von der Wirkung; jene Art von Vergebung, bei der Sie aufhören, das Opfer zu sein, und die Verantwortung für Ihre eigene Projektion übernehmen. Die Ureinwohner Amerikas sagten oft: »Sieh das große Geheimnis.« In Ein Kurs in Wundern® steht: »Sieh die große Projektion«,18 denn genau das ist das Raum-Zeit-Universum und nicht mehr. Wie es manche Lehransätze schon seit Tausenden von Jahren wiederholen, ist alles eine Illusion. Vielleicht können wir nicht erkennen, woher die Projektion kommt, aber wir können alle Auswirkungen dieser Projektion auf uns zunichte machen, indem wir ihr den Glauben verweigern, denn das ist es, was ihr Macht über uns gibt.

Der Traum wird nicht von jemand anderem geträumt. Es gibt niemand anderen, nur die Projektion. Wenn irgendjemand oder irgendetwas in dieser Welt die Macht hat, uns zu verletzen, dann nur, weil wir ihm diese Macht gegeben haben. Es ist nun an der Zeit, diese Macht zurückzuziehen und die Macht des Glaubens dort hinzugeben, wohin sie hingehört: zu Gott. Das verändert mit der Zeit alles. Im Kurs steht: »Wunder sind Gewohnheiten.«19 Unser Geist lernt wieder zu vergeben, anstatt zu verurteilen.

Was Ihre Erfahrung anbelangt, können Sie soweit kommen, dass die Welt Sie nicht verletzen kann. So sagt der Kurs über die Art und Weise, auf die der Heilige Geist vergibt: »Er leugnet, dass irgendetwas, was nicht von GOTT ist, die Fähigkeit hat, dich zu berühren. Das ist die einzige richtige Anwendung der Vergebung.«20 Wenn Sie Ursache und nicht Auswirkung sind, stellen Sie das Denken der Welt auf den Kopf. Und dann ist Vergebung gerechtfertigt. Wenn aber dies hier alles wirklich ist, dann ist Vergebung nicht gerechtfertigt. Doch es ist Ihre Projektion, und damit Vergebung völlig gerechtfertigt. Je mehr Sie sich daran gewöhnen, die Welt als etwas zu betrachten, was nicht über Sie kommt, sondern von Ihnen, desto unmöglicher wird es für Sie, so zu reagieren, wie Sie es bisher getan haben, und umso deutlicher erkennen Sie, dass Sie träumen.

Im Jahr 2003, kurz nachdem mein erstes Buch Die Illusion des Universums erschienen war, gründete ich auf Yahoo eine Studiengruppe zu meinem Buch und Ein Kurs in Wundern®, die zur größten Kursstudiengruppe weltweit wurde. In dieser Gruppe prägten wir den Ausdruck »Gelegenheit zur Vergebung«. Wir begannen uns gegenseitig als »JAFO« zu bezeichnen, ein Akronym für »just another forgiveness opportunity« – »nur eine weitere Gelegenheit zur Vergebung«. Dieser Satz entstand aufgrund der Tatsache, dass es immer Gelegenheiten zur Vergebung geben wird, solange wir hier zu sein scheinen. Es ist jedoch möglich, einen Punkt zu erreichen, an dem die Gelegenheiten zur Vergebung einen nicht mehr berühren können. Wenn Sie diesen Punkt auf Ihrer spirituellen Reise erreicht haben, stellen diese JAFOs keine große Herausforderung mehr für Sie dar und Ihre Vergebung wird mehr und mehr zum Automatismus, was Ihre Wahrnehmung mächtig verändern wird.

In meinen Workshops wird mir immer wieder von Neuem die Frage gestellt, was genau der Kurs bedeute, und für gewöhnlich lautet meine Antwort, dass die beste Art und Weise, die Bedeutung des Kurses zu verstehen, darin besteht, dem zu folgen, was darin geschrieben steht. Das mag offensichtlich erscheinen, aber im Kurs stehen eine Menge Sachen, die die Menschen nicht hören wollen, und um sie zu verstehen, muss man enorme psychologische Widerstände überwinden. Zum Beispiel steht dort: »Es gibt keine Welt! Das ist der zentrale Gedanke, den der Kurs zu lehren versucht.«21 Die meisten Menschen wollen das nicht hören, sondern wollen diese Welt haben; sie begehren in ihr dieses oder jenes, weil sie sich dazu hingezogen fühlen, und hoffen dabei, dass ihnen nichts Schlimmes widerfahren möge, oder wenn doch, nichts allzu Schlimmes. Aber der Kurs sagt auch (mit der Stimme Gottes, Jesus, der in der ersten Person spricht): »Ich habe dich dereinst gebeten, alles, was du hast, zu verkaufen, es den Armen zu geben und mir nachzufolgen. Damit habe ich Folgendes gemeint: Wenn du keine Investition in irgendetwas in der Welt hast, kannst du die Armen lehren, wo ihr Schatz ist. Die Armen sind lediglich die, die falsch investiert haben, und sie sind in der Tat arm!«22 Hier geht es um unsere psychologischen Investitionen. Die Lehren des Kurses beziehen sich immer auf die Ebene des Geistes, nicht auf die Ebene des Materiellen. Wir bereiten uns auf unsere Heimkehr vor, indem wir das Ego aufheben und dem Heiligen Geist immer mehr – und letztlich vollständig – die Führung über unseren Geist überlassen.

Die Welt, an die wir einst geglaubt haben, ist ein Traum, weiter nichts. William Shakespeare, der laut meinen Lehrern erleuchtet war, hat mit seinen Worten aus Der Sturm den Nagel auf den Kopf getroffen:

Mein Sohn, Ihr blickt ja auf verstörte Weise,

Als wäret Ihr bestürzt: seid gutes Muts!

Das Fest ist jetzt zu Ende; unsre Spieler,

Wie ich Euch sagte, waren Geister, und

Sind aufgelöst in Luft, in dünne Luft.

Wie dieses Scheines lockrer Bau, so werden

Die wolkenhohen Türme, die Paläste,

Die hehren Tempel, selbst der große Ball,

Ja, was daran nur Teil hat, untergehn

Und, wie dies leere Schaugepräng‘ erblaßt,

Spurlos verschwinden. Wir sind solches Zeug

Wie der zu Träumen, und dies kleine Leben

Umfaßt ein Schlaf.

(Übersetzung von August Wilhelm Schlegel)

Diese Worte würden wunderbar in das Textbuch von EKIW® passen. Der Kurs führt uns auf eine ganz neue Ebene luziden Träumens. Letztlich werden wir uns dessen bewusst, dass wir träumen, und jeder und jedem JAFO kann gleichermaßen vergeben werden. So beginnen wir loszulassen, und finden inneren Frieden. Und da wir klarer denken können und nun die Führung und Inspiration des Heiligen Geistes zu unserer Verfügung haben, funktionieren wir ironischerweise sogar besser innerhalb dieses Traumes.

Schauen wir uns noch einmal den ersten Schritt zur Vergebung an: Sobald Sie sich dabei ertappen, mit dem Ego zu denken, hören Sie auf damit! Das verlangt Disziplin, denn das Ego ist gerissen und wird tausend neue Möglichkeiten finden, Sie davon zu überzeugen, dass die Anderen und Sie selbst Körper sind, was die ganze Sache wahr macht. Der Heilige Geist hält jedoch, wie bereits erwähnt, eine komplett andere Identität für Sie bereit, an die Sie sich erinnern sollten: »Ich bin kein Körper. Ich bin frei. Denn ich bin nach wie vor, wie GOTT mich schuf.«23 Das gilt auch für andere, und so geht es im zweiten Vergebungsschritt darum zu verstehen, dass das, was wir sehen, nicht wahr ist. Wir müssen umdenken – mit dem Heiligen Geist denken und nicht mit dem Ego.

Wenn Sie es so weit geschafft haben, wird der Heilige Geist Ihnen jene rechtgesinnten Ideen aus dem Kurs anbieten, die am besten zu der Situation oder dem Anlass passen, mit dem Sie gerade zu tun haben. Vielleicht müssen Sie aber auch gar nicht denken. Vielleicht finden Sie einfach inneren Frieden.

Wenn schließlich das Ego aufgehoben ist, und der Heilige Geist die Führung in Ihrem Geist übernommen hat, wird es Ihnen möglich sein, die Botschaften und Inspirationen des Heiligen Geistes deutlicher wahrzunehmen. Dann können Sie sogar Antworten auf praktische Fragen bekommen, die Ihr illusorisches Leben betreffen. Ein Leben, das mit dem Heiligen Geist geführt wird, unterscheidet sich völlig von einem Leben, das mit dem Ego gelebt wird. Sie sind dann nie mehr allein, auch wenn Sie die einzige Person im Raum sind.

Ihr unbewusster Geist weiß alles. Das muss er auch, denn die Projektion eines Universums von Raum und Zeit geht zuallererst von ihm aus. Und wenn er alles weiß, dann weiß er auch, dass es tatsächlich nur einen von uns gibt. Und wenn er weiß, dass es nur einen von uns gibt, wird er alles, was Sie über die Welt oder eine andere Person denken, für das halten, was Sie über sich selbst denken. Das ist ein ziemlich ernüchternder Gedanke. Die Menschen fragen sich, warum sie Depressionen haben, aber schauen wir uns einmal an, was sie ihr ganzes Leben lang für einen Müll über andere Menschen gedacht haben, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass es auf sie selbst zurückfällt und diktiert, was sie über sich selbst denken und damit letztlich ihre eigene Identität bildet, so wie sie diese sehen und an sie glauben! Ein weiterer wichtiger Aspekt des zweiten Vergebungsschrittes ist also, dass Sie verstehen, dass Sie der anderen Person nicht vergeben, weil diese Ihnen tatsächlich etwas angetan hätte, sondern dass diese in Wirklichkeit gar nichts getan hat, denn Sie haben sich diese Person überhaupt erst ausgedacht. Sie vergeben dieser Person also, weil sie überhaupt nichts getan hat und unschuldig ist. Diese Art von Vergebung führt dazu, dass Sie sich selbst mit neuen Augen sehen. Denn wenn die Anderen schuldig sind, sind auch Sie schuldig. Wenn sie aber unschuldig sind, sind auch Sie unschuldig. Daran führt kein Weg vorbei. Der Grund dafür ist ein sehr wichtiges geistiges Gesetz in EKIW®: »Wie du ihn siehst, wirst du dich selber sehen.«24

Gleichzeitig ist es enorm wichtig, dass Sie an dieser Stelle nicht aufhören, wie es viele Schüler tun. Denn es gibt noch einen weiteren sehr wichtigen Aspekt, den die meisten gerne vergessen: Wenn es stimmt, dass Sie sich so sehen, wie sie die Anderen sehen, und wenn Sie in der Überzeugung leben, dass die Welt und Ihre Mitmenschen nur eine Illusion sind, wird Ihr Geist das so deuten, dass Sie selbst eine Illusion sind. Dann werden Sie sich leer und bedeutungslos fühlen, was eine ziemlich gute Beschreibung für Depression ist. Aus diesem Grund ist Ein Kurs in Wundern® sehr viel proaktiver, als die meisten Menschen es erkennen. Er beschreibt nicht einfach nur das Denksystem des Egos, welches auf der Welt am weitesten verbreitet ist, sondern ersetzt das Denksystem des Egos – und zwar vollständig – durch das Denksystem des Heiligen Geistes. Es ist also unerlässlich, dass Sie nach den ersten beiden Schritten zur Vergebung auch den dritten machen.

Der größte Fehler, der Schülern von Ein Kurs in WundernRICHELBST