ROBERT QUINT

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 25:

Ausflug ins Morgen

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

AUSFLUG INS MORGEN von Robert Quint 

 

Das Buch

 

Man schreibt das Jahr 2500 irdischer Zeitrechnung.

Verschlagen in eine fremde Zukunft - David und Chan in einem Alternativ-Universum...

David terGorden ist auf der Erde zurückgeblieben, nachdem er den Anschluss an die 'Raumschiff-Diebe' verloren hat, und schlägt sich nach Edinburgh durch. Er erreicht ein Haus, das sein Vater in weiser Voraussicht als Fluchtburg angelegt hat - und tritt nun als Hinnersen Bolter auf. Helena Koraischowa alias Chan de Nouille erfährt, dass ein Nachbar-Anwesen seit Kurzem bewohnt ist. Sie lädt den ihr unbekannten Bewohner zu einem von ihr ausgerichteten Fest ein...

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.

  AUSFLUG INS MORGEN von Robert Quint

 

 

 

 

  Es war die Angst, die ihn dazu bewogen hatte, sich mehrere Tage in der Wildnis am Fuß des Cheviot-Gebirges zu verstecken. Angst vor den Grauen Garden, vor den Kerkern des Konzils, dem Tod.

David terGorden unterdrückte ein Husten und kauerte sich in den Schutz des Dickichts, das die Hügelkette wie verfilztes grünes Haar bedeckte. Der Hunger nagte in seinen Eingeweiden und im schwachen Sternenlicht musterte er die magere Ration, die er zusammen mit dem solarzellenbetriebenen Radio aus dem verlassenen Landhaus eines Servis gestohlen hatte. Ein Ring rustikaler Bungalows umgab Edinburgh, das in der Ferne wie ein Juwel funkelte.

Streiflichtartig glitten die Ereignisse der letzten Tage durch Davids Bewusstsein. Das missglückte PSI-Attentat auf Max von Valdec... Die Entführung der beiden Treiber-Raumschiffe aus den Hangars im Bauch des Cheviot-Gebirges... Und die Konfrontation mit der Queen Bell Tyer, die verhindert hatte, dass er mit den anderen Terranauten von der Erde fliehen konnte.

Nun war er hier, allein im schottischen Hochland, vor den Toren Edinburghs. Der Treiber gab sich keinen Illusionen hin. Ohne die erneuten Unruhen unter den Nomans, von denen er über das Radio erfahren hatte, wäre ihm die Flucht nicht geglückt. Die Nomans hatten durch ihre Aktionen verhindert, dass die Grauen intensiv nach ihm suchten.

David fröstelte.

Edinburgh... Vielleicht erwartete ihn dort der Tod. Vielleicht gelang es ihm aber, jenes Haus zu erreichen, von dem ihm sein Vater erzählt hatte.

Plötzlich fuhr er auf und horchte.

Das vertraute tiefe Brummen löste Nervosität in ihm aus. Ob er diesmal Glück hatte?

Sein Herz hämmerte, als er so leise wie möglich durch das Dickicht huschte und die Flanke des Hügels erreichte. Wie ein Wurm aus Licht wand sich die Highway durch das Hochland und verschmolz in der Ferne mit der Helligkeit der Metropole. An dieser Stelle beschrieb die Highway einen scharfen Knick.

Die Fluoreszenzstreifen auf der Fahrbahn, unter der sich die elektromagnetische Computerlenkspur befand, stachen in terGordens Augen.

Das Brummen gewann an Lautstärke, kam schnell näher.

David kletterte weiter und erreichte schließlich den schmalen Felsvorsprung, der knapp sechs Meter, über der Straße lag. Schon mehrmals hatte er ihn aufgesucht, wenn ihm das Brummen die Gegenwart eines Lastgleiters verriet. Aber bisher war es ihm nicht gelungen, seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Eng presste er sich gegen das feuchte Erdreich und spannte seine Muskeln zum Sprung. Das Brummen klang jetzt bedrohlich nahe. Nur noch Sekunden, dann...

Der Lastgleiter schob sich aus den Schatten der Nacht und näherte sich der Biegung. Das Brummen schwoll an, als der Computerpilot des Gleiters die Impulse der Lenkspur auffing und die Geschwindigkeit drosselte, um nicht aus der Kurve zu fliegen. Der Gleiter war eine schenkeldicke, lang gestreckte Kunststoffplatte, die Autopilot und Antrieb beinhaltete. Kisten und kleine Container wurden durch Magnetfelder auf der glatten, flachen Ladefläche vor dem Herunterfallen bewahrt.

terGordens Spannung wuchs. Das Glück war ihm hold. Bisher waren alle Lastgleiter, die er an dieser Stelle beobachtet hatte, geschlossene Fahrzeuge gewesen. Dieser jedoch...

Der Gleiter bog in die Kurve.

Der Treiber sprang.

Zusammengekrümmt segelte er durch die Luft, fiel tiefer und tiefer, und wie in Zeitlupe huschte der automatische Transporter unter ihm hinweg. Ich schaffe es nicht! dachte David verzweifelt und schlug im gleichen Moment auf die Ladefläche auf.

Schmerz durchzuckte seine Fußknöchel. Hart prallte er mit dem Schädel gegen eine Kiste, und für kurze Zeit umhüllte ihn Benommenheit. Aber der Zusammenstoß mit der Kiste bewahrte ihn davor, von der Ladefläche auf die Fahrbahn geschleudert zu werden.

Das Brummen des Antriebs nahm wieder zu, als der Gleiter die Kurve verließ. Schnurgerade führte jetzt die Highway durch das hügelige, allmählich flacher werdende Gebiet. Die Lichter von Edinburgh schienen David vertrauensvoll zuzublinzeln.

Der Fahrtwind war kalt und der Treiber zitterte.

Er wusste, der schwierigste Teil seines Unternehmens lag noch vor ihm.

Als der Morgen graute, hatte er schon längst das Fahrzeug verlassen.

Das Glück war David terGorden treu geblieben. Der Lastgleiter hatte sich Edinburgh von Süden genähert und die noblen Außenviertel der Stadt des Matriarchats tangiert – und dort sollte sich auch jenes Anwesen befinden, das der alte Growan terGorden vor zwanzig Jahren unter falscher Identität erworben hatte.

Ungebeten stieg die Erinnerung in ihm auf.

Die Zeiten sind unsicher, hatte sein Vater gesagt. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass es früher oder später zu einem Machtkampf im Konzil kommen wird. Kaiser ist unersättlich, und die anderen Konzerne stehen ihm in nichts nach. Ich habe Vorbereitungen getroffen. Für dich, David. 

Zwei Tage nach diesem Gespräch hatte David die Erde verlassen, seinen Namen abgelegt und auf einem Treiber-Raumschiff als Stardust-Dave angeheuert.

David schüttelte unwillig den Kopf

Noch immer fühlte er Schuldbewusstsein, wenn er an seinen Vater dachte. Wenn er auf der Erde geblieben wäre, hätte er vielleicht seinen Tod verhindern können. Vielleicht...

Unnütze Gedanken! rief er sich zur Ordnung. Die Dinge hatten sich anders entwickelt, und er musste sich der Realität stellen.

Er blickte sich um.

Ein Park, dachte er verwundert. Sorgsam gemähtes Gras, gestutzte Bäume, hier und da ein künstlich angelegter Teich, auf dem Enten schwammen. Ihr Schnattern war neben dem Zwitschern der Vögel das einzige Geräusch.

Idyllisch, dachte der Treiber mit leiser Ironie. Zwischen den Bäumen schimmerten die Protop-Paläste der Edinburgher Oberschicht hervor. Manags, Servis... Die Herren der Erde. Nur durch sie konnte es ihm gelingen, die Erde zu verlassen. Nur sie verfügten über Zugang zu interstellaren Raumschiffen.

Er eilte weiter, vertraute seinem Orientierungssinn, den Worten seines toten Vaters. Das Anwesen, das offiziell dem Servis Hinnersen Bolter gehörte und auf Davids Gehirnwellenmuster abgestimmt war, musste sich ganz in der Nähe befinden. Langsam nahm der Baumbewuchs ab, wurde von weiten Rasenflächen und Blumenfeldern verdrängt. Exotische Gewächse, von denen sich nur wenige auf der Erde selbst entwickelt hatten, blühten überall.

Nur zögernd gelang es David, sich von dem faszinierenden Anblick zu lösen, und mit neu erwachtem Zorn dachte er daran, dass Dinge wie diese Parklandschaft hier nur den herrschenden Klassen des Sternenreiches vorbehalten waren. Kein Relax, kein Arbiter durfte diese Gebiete betreten.

Die Mauer tauchte so unvermittelt vor ihm auf, dass er fast mit ihr zusammengeprallt wäre. Sie war einen knappen Meter hoch, bestand aus grünem Protop und diente einem doppelt so hohen schmiedeeisernen Gitter als Sockel. Die Mauer zog sich schnurgerade durch die Parklandschaft, und durch die grauen Eisenstäbe blitzte ein halbkugelförmiges, auf massiven Säulen ruhendes Protopgebäude. Der Park setzte sich hinter der Mauer fort. Hier und da sprudelten kunstvolle Springbrunnen, funkelten abstrakte Glasskulpturen im frischen Morgenlicht. Alles machte einen gepflegten, unberührten Eindruck.

Und nirgends zeigte sich ein Mensch.

David entspannte sich allmählich. Er hatte sein Ziel erreicht. Allerdings – keimte neuer Zweifel in ihm auf – konnte er natürlich nicht sicher sein, dass das Konzil oder der Edinburgher Stadtrat im Lauf der Jahre dieses Anwesen nicht konfisziert hatte.

Er ging an der Mauer entlang, in jene Richtung, wo ein breiter Kiesweg sich durch das Gelände schlängelte und am Haus endete. Als das Tor endlich vor ihm auftauchte, verharrte er, schob sich für eine Weile in die blühenden Büsche und musterte misstrauisch die Zufahrtsstraße. Aber noch immer war alles menschenleer.

Die Spannung war ein fester, schmerzhafter Knoten in seiner Magengegend, und er musste sich überwinden, um die Zufahrtsstraße zu betreten und sich vor das Tor zu stellen. Instinktiv spürte er, wie ihn verborgene Kameraobjektive betrachteten, komplizierte Identifikationssysteme, Körperelektrizitätsfeld und Gehirnwellenmuster maßen.

Lautlos öffnete sich das Tor.

Nur mit Mühe gelang es dem Treiber, seine Erregung zu unterdrücken. In einem Reflex griff er nach dem kleinen Laser, den er unter dem Hemd trug und zog im letzten Moment die Hand zurück. Vorsichtig tastete er mit seinen psionischen Sinnen nach den Gedanken anderer Menschen, aber alles war still, leer, verlassen.

Er bewegte sich langsam weiter, durchschritt das Tor und fuhr zusammen, als es sich sofort hinter ihm schloss. Er hatte das Gefühl, in einer Falle zu sitzen.

Die Friedlichkeit, die der Park um das Protopgebäude ausströmte, erschien ihm wie Hohn.

Und dann sah er die Maschine.

Sie war so groß wie ein ausgewachsener Schäferhund und stakste auf sechs spinnendürren Metallbeinen über den Rasen. Ein Dutzend bewegliche Tentakel, die in Heckenscheren, Harken und verschiedenen anderen Gartenwerkzeugen endeten und ein faustgroßer Kopf vervollständigten die seltsame Gestalt.

Ein Gärtnerautomat, dachte David. Die scharfschneidigen Scheren riefen in ihm ein vages Gefühl der Gefahr wach, das anschwoll, als sich ihm der Automat mit steifen Schritten näherte.

Ein halbes Dutzend Meter trennte sie dann noch.

»Sie sind keine Pflanze«, sagte der Automat mit rostig klingender Stimme. Jetzt sah terGorden auch die Anzeichen des Verfalls an dem aus der Ferne makellos wirkenden Metallkörper. »Sie, sind kein Tier. Sind Sie ein Mensch oder ein Ding?«

Die Heckenschere klapperte.

David zuckte zusammen. Seine Hand lag auf dem Griff des Lasers.

»Ein Mensch«, erklärte er langsam. Es sah seinem Vater ähnlich, einen Gärtnerautomaten mit einem Sprachprogramm auszurüsten. Der alte terGorden hatte schon immer eine Schwäche für exzentrische Überflüssigkeiten gehabt.

»Sie könnten natürlich auch ein Unkraut sein, das sich verstellt«, knarrte der Automat unbeirrt. »Aber wer hat schon jemals von einem sprechenden Unkraut gehört?« Der faustgroße Kopf mit den elektronischen Sinnen und der fingerlangen Sprechmembrane wackelte zweifelnd hin und her. Das Klappern der Heckenschere brach ab. »Andererseits – können Sie beweisen, dass Sie ein Mensch und kein intelligentes Unkraut sind?«

Die Irrealität der Situation löste in terGorden ein nervöses Kichern aus. »Es kommt darauf an«, sagte er vorsichtig, »wie du den Begriff Mensch oder Unkraut definierst.«

»Raffiniert«, bemerkte der automatische Gärtner bewundernd. »Für ein Unkraut sind Sie verdammt scharfsinnig.« Der Kopf drehte sich zur Seite. Ein heller, greller Pfiff ertönte. David wandte sich um und erblickte einen weiteren Automaten; eine fußballgroße Kugel, die einen armdicken Schlauch hinter sich herschleppte. Die Kugel schwebte einen halben Meter über dem Boden und das feine Summen des miniaturisierten MHD-Triebwerks übertönte das Zwitschern der Vögel in den nahen Bäumen.

»Was gibt’s, Mac?« fragte die Kugel. Ihre Stimme klang weich und zart. »Ich habe wenig Zeit, muss noch Quadrat Pe-Elf bewässern.« Dann erst schien sie David zu bemerken. »He!«, drang die einschmeichelnde Jungmädchenstimme aus der Kugel. »Eine neue Skulptur! Warum hat man mich nicht darüber informiert?«

»Es ist keine Skulptur«, widersprach der Gärtnerroboter. »Ich halte es vielmehr für ein intelligentes Unkraut. Es kann natürlich auch ein Mensch sein... «

»Wo ist da der Unterschied?«, erkundigte sich der Bewässerungsautomat und schwebte vor David in der Luft, schien ihn mit verborgenen Augen zu mustern. »Aber vielleicht ist er doch eine Skulptur. Der Hausfreund ist so senil, dass er es durchaus vergessen haben könnte, uns zu informieren.«

»Ich bin ein Mensch«, wiederholte der Treiber und kratzte sich den Kopf. »Aber für Unkraut seid ihr beide recht hübsch.«

»Er belastet meine Datenspeicher«, beklagte sich die Kugel. »Im übrigen bin ich nicht gewohnt, mich mit sprechenden Skulpturen herumzuärgern.«

»Bin ich wirklich hübsch?« erkundigte sich der Gärtnerroboter wissbegierig.

Ein Rasseln verhinderte, dass David ihm antworten konnte.

Über den gepflegten Weg, der zum Haus führte, rollte ein seltsames Fahrzeug. Es besaß Ketten wie ein altmodischer Kampfpanzer und auf seiner Oberfläche befanden sich zwei Sitze.

»Der Hausfreund, Mac.«

Der Gärtner sagte nichts, sonder klapperte nur mit der Heckenschere. Dann hatte das Kettenfahrzeug sie erreicht und stoppte knapp vor terGorden. Eine Klappe öffnete sich in der Vorderfront und ein Bildschirm erschien, flammte auf. Erstaunt betrachtete David das Gesicht eines gepflegt wirkenden Mannes mit lockigen schwarzen Haaren und einem stutzerhaften Oberlippenbart. »Willkommen«, sagte der Unbekannte. »Ich bin Bolters Hausfreund. Sie haben mich sehr lange warten lassen, Meister.«

»Sie wissen, wer ich bin?«, fragte der Treiber erstaunt.

Das Gesicht des Mannes mit dem seltsamen Namen verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Natürlich, Meister. Sie sind David terGorden.«

 

*

 

Mit geschlossenen Augen umklammerte Helena Koraischowa den muskulösen, braungebrannten Körper Emmer terChannedys. Der Servis keuchte, als er in sie eindrang, als ihre Leiber miteinander verschmolzen, und jede Bewegung ließ sie hinaufschweben, höher und höher, bis zu jenem Punkt, wo die Gedanken explodierten und nur noch Gefühle zurückblieben.

Die Frau schrie leise auf, als sie Erfüllung fand und die Hitze jede Faser ihres Körpers erfasste.

»Helena, Helena«, stöhnte terChannedy und fast schmerzhaft umklammerten seine Hände ihre Brüste.

Sie öffnete die Augen zu einem Spalt und musterte sein verzerrtes Gesicht, das sich gleich darauf entspannte. Ein törichtes Lächeln lag um seinen vollen Mund.

Er ist ein Idiot, dachte Helena spöttisch. Lieb und dumm und unkompliziert. Wachs in meinen Händen. Wie alle Männer. Gleich – gleich wird er wieder Süßholz raspeln, sentimentalen Unfug... 

»Ich liebe dich, Helena«, sagte der Servis leise, öffnete die Augen und sah sie mit seinem törichten, befriedigten Lächeln an. »Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen sollte.«

Bei der Grauen Arda!, dachte Helena Koraischowa alias Chan de Nouille. Er ist einfältiger, als ich für möglich gehalten hatte. 

»Natürlich«, murmelte sie gleichgültig.

Er rollte sich von ihr und blickte sie forschend von der Seite an. »Manchmal habe ich das Gefühl«, flüsterte er mit seiner gurrenden, sentimentalen Stimme, »dass du mich nicht ernst nimmst.«

Damit könntest du Recht haben... Die Graue unterdrückte eine sarkastische Bemerkung.

»Helena«, fuhr der Servis fort, »warum bist du dagegen, dass wir einen befristeten Partnerkontrakt schließen? Unsere Liebe ist doch groß genug, um...«

Die Graue hörte nicht mehr zu. Dir geht es um mein Geld, du Halunke. Darum dieses verliebte Geschwätz. 

Seine Hand berührte ihre Schulter und glitt tiefer. Unwillig richtete sie sich auf, stieg aus dem breiten Bett und warf einen Umhang um ihre Schultern.

»Aber Helena... !« Emmer terChannedy blickte verwirrt zu ihr hinauf.

»Verschwinde«, befahl sie. »Ich habe einige wichtige Dinge zu erledigen.«

»Aber Hel…«

»Hör auf, ständig ›Aber Helena‹ zu sagen«, unterbrach sie ihren derzeitigen Bettgespielen brüsk, »und verschwinde endlich.« Sie lächelte verstohlen. Nun ist er beleidigt. Aber er wird wiederkommen, nachdem er geschmollt hat. Er ist ein Narr, aber ein Mann, ein gut gebauter Mann... 

Brummend griff der Servis nach seiner Kleidung, zog sich hastig an und ging dann zögernd zur Tür. »Sehen wir uns heute Abend auf dem Fest?«, fragte er leise.

Helena gähnte. »Natürlich, aber nun lass mich bitte allein, ja?« Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln und registrierte zufrieden, wie seine Verstimmung dahinschmolz. Es ist leicht, sie zu lenken. Sie sind so dumm... 

Als die Tür hinter dem Servis zuglitt, entfaltete die Große Graue hektische Geschäftigkeit. In einem komplizierten Rhythmus strich sie über die Kante der Schminkkommode, und der ovale Spiegel wurde augenblicklich schwarz, nur um gleich darauf aufzuflammen. Das verschnörkelte Symbol des Hauscomputers flimmerte scheinbar vor ihr in der Luft. »Ist alles für das Fest vorbereitet?«, fragte sie gelangweilt.

»Es ist alles erledigt, Manag«, erklärte der Computer mit seiner fein modulierten Kunststimme. »Sämtliche Einladungen wurden positiv bestätigt. Mit dem Eintreffen der ersten Gäste ist um siebzehn Uhr Ortszeit zu rechnen, music minus one hat den Kontrakt erfüllt. Die Künstler sind bereits in den Gästequartieren untergebracht.«