Bestenreiner, Erika Charlotte von Mexiko

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Neuauflage einer früheren Ausgabe

ISBN 978-3-492-99117-9

© Piper Verlag GmbH, München 2007, 2018

 

Covergestaltung: zero-media.net, München

Covermotiv: Albert Gräfle nach Franz Xaver Winterhalter (»Charlotte Kaiserin von Mexiko«) akg-images

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MIRAMARE

Prolog

»Ich werde sechzig Jahre auf ihn warten …«, soll die nun Siebenundachtzigjährige einmal fast prophetisch gesagt haben, die am 19. Januar 1927 im Wasserschloß Bouchout in Meise, Belgien, auf dem Totenbett lag. Eine weiße Spitzendecke verbarg den greisenhaft geschrumpften Körper, das schmale Gesicht umrahmte eine weiße Haube: Charlotte, geborene Prinzessin von Belgien, verehelichte Erzherzogin von Österreich, spätere Kaiserin von Mexiko.

Nur wenige nahmen Notiz von ihrem Tod. Die Weltgeschichte, die in jüngster Vergangenheit Europa erschüttert hatte, war über sie ebenso hinweggegangen wie über die Tragödie, die sich vor nunmehr sechzig Jahren im fernen Mexiko abspielte und zu deren Hauptakteuren sie zählte.

Vielleicht war sie sogar mehr als das: eine junge Königstochter, schön, intelligent, energisch, mit wachem politischem Verstand, die sich zu Höherem berufen fühlte, als eine Prinzessin zu sein, deren wichtigste Aufgabe darin bestand, für den Fortbestand der Dynastie zu sorgen, artig Konversation zu machen und hübsch auszusehen. Charlotte wünschte sich, Verantwortung zu übernehmen, tätig zu sein, ein rückständiges, von Revolutionen erschüttertes Land zu modernisieren, einem geknechteten Volk ein besseres Leben mit einer gerechten, liberalen Regierung zu ermöglichen.

Natürlich war sie sich ihrer Grenzen bewußt, nur Helferin und Ratgeberin zu sein, eben die Frau an der Seite ihres Gatten. Der Herrscher war er: Kaiser Maximilian von Mexiko, ehemals Erzherzog von Österreich, den Kaiser Napoleon III. von Frankreich aus selbstsüchtigen Gründen für den schwankenden Thron des fernen Landes vorgeschlagen hatte.

Da war endlich die Aufgabe, nach der sich nicht nur der Erzherzog, sondern vor allem Charlotte gesehnt hatte. Doch auch sie erlag einer Illusion. Was mit so großer Begeisterung, viel gutem Willen und nahezu missionarischem Eifer begonnen worden war, wurde zu einem Kampf mit unzureichenden Mitteln gegen übermächtige Gegner. Ehrgeiz und Selbstüberschätzung, verbunden mit dem unbändigen Willen, allen Widerständen zum Trotz durchzuhalten, führten schließlich zum unausweichlichen Ende.

Als Charlotte einsehen mußte, daß auch der letzte, verzweifelte Versuch, das Schicksal noch zu wenden, erfolglos blieb, kam es zum psychischen Zusammenbruch. Der Geist der erst Sechsundzwanzigjährigen blieb gestört bis zu ihrem Tod.

Doch was war die tatsächliche Ursache jener geistigen Erkrankung? War es wirklich nur das Bewußtsein, mit ihrer Mission versagt zu haben? Konnte doch niemand, auch Charlotte nicht, damals ahnen, auf welch grausame Weise der Sieger die Niederlage seines kaiserlichen Widersachers ausnutzen, welchen Beweis seiner Macht er der Welt liefern würde. Oder war womöglich ein langsam wirkendes Pflanzengift im Spiel, das man der Kaiserin in Mexiko verabreicht hatte und das zwar nicht zum Tod, aber zu jenem geistigen Verfall führte? Oder war es etwas ganz anderes? Etwa eine schwere Schuld, die Folge einer persönlichen Schwäche, die Charlotte so sehr belastete, daß sich ihr Geist umnachtete? Verschiedene Indizien könnten darauf hindeuten.

Es bleibe dem Leser überlassen, sich selbst ein Bild davon zu machen.

Das Elternhaus

Leopold I., König der Belgier

Das Gebiet des heutigen Belgien blickt auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurück. In der Römerzeit war es eine Provinz namens Gallia Belgica, später gehörte es teils zu Frankreich, teils zum Heiligen Römischen Reich, schließlich zum Herzogtum Burgund. Durch die Heirat des späteren Kaisers Maximilian I. mit Maria von Burgund wurden die blühenden Provinzen zu einem wertvollen Teil des habsburgischen Besitzes.

»Kriege mögen die anderen führen, du, glückliches Österreich, heirate!« wurde zur Devise, nach der die Habsburger handelten. So verheiratete Kaiser Maximilian seinen einzigen Sohn Philipp mit Johanna, der Tochter des spanischen Königspaares Ferdinand von Aragonien und Isabella von Kastilien. Etliche Todesfälle sollten sich zudem als hilfreich erweisen. Johanna, die als »die Wahnsinnige« in die Geschichte einging, wurde schließlich zur Alleinerbin Spaniens. Inzwischen zählten auch die Entdeckungen von Kolumbus und die Eroberungen der anderen Konquistadoren dazu, die zum Ruhm ihres Vaterlandes, vor allem aber zum eigenen Nutzen, in die Welt hinauszogen. Johannas ältester Sohn, der spätere deutsche Kaiser Karl V., wurde also Herrscher über ein Reich, in dem, wie es treffend hieß, »die Sonne nicht unterging«. Nach seiner Abdankung im Jahre 1556 erhielt Karls Bruder Ferdinand (Kaiser Ferdinand I.) die österreichischen und sein Sohn Philipp (König Philipp II.) alle spanischen Besitzungen, zu denen auch die Niederlande und das spätere Belgien zählten. Letzteres verblieb bei Spanien, auch als die nördlichen Niederlande 1648 ihre Unabhängigkeit erlangten.

Die südlichen Niederlande, die eine Zeitlang wieder österreichisch waren, wurden durch den Wiener Kongreß 1815 zwar den nördlichen Niederlanden zugeschlagen, wurden aber im Jahre 1830 ebenfalls unabhängig. Somit war der Staat Belgien entstanden, dessen Grundlagen in London von den Großmächten festgelegt wurden.

Die Selbständigkeit des kleinen Landes war ein Kompromiß zwischen dem französischen Wunsch, die Vereinigung der nördlichen und südlichen Niederlande zu verhindern, und den britischen und deutschen Bemühungen, eine spätere Annexion durch Frankreich zu vereiteln.

Am 4. Juni 1831 wurde Leopold von Sachsen-Coburg-Gotha, einer Seitenlinie des nordthüringischen Adelsgeschlechts der Wettiner, zum »König der Belgier« gewählt und legte einen guten Monat später den Eid auf die sehr liberale Verfassung des Landes ab.

Was zeichnete also den im Jahre 1790 als achtes Kind von Herzog Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld, einem jener zahlreichen deutschen Landesfürsten, geborenen Leopold aus, daß er die Würde eines souveränen Königs erlangte?

Leopold, der zunächst in russischen Diensten stand, war aber auch am französischen Hof ein gern gesehener Gast. Dann allerdings schien er die Seiten gewechselt zu haben, denn im Jahre 1813 befand er sich beim Generalstab des russischen Gardekorps, kämpfte erfolgreich in der Schlacht bei Kulm und ritt ein Jahr später an der Spitze der russischen Gardekürassiere in Paris ein. Bald darauf finden wir ihn in England wieder, wo ihm ein märchenhafter Aufstieg gelang. 1816 heiratete er nämlich die künftige Thronerbin Prinzessin Charlotte, Tochter von König Georg IV. von England und Hannover. Als englischer Staatsbürger, der er inzwischen geworden war, verschaffte er sich mit Tüchtigkeit, Energie und Takt bald großes Ansehen, was ihm, außer seinem Landsitz Claremont bei London, auch die Würde eines Generals und Herzogs von Kendall einbrachte. Bedauerlicherweise währte seine Ehe nur kurz. Schon ein Jahr später starb Prinzessin Charlotte bei der Geburt eines toten Sohnes. Leopold hat sie ein Leben lang betrauert. »Nie habe er das Gefühl des Glücks, mit dem sein erstes kurzes Eheleben gesegnet war, wiedererlangt«,[1] sagte er noch im Alter von 72 Jahren.

Nach dem Tod seiner Frau ging Leopold auf Reisen. Als ihm im Jahre 1830 der griechische Thron angeboten wurde, schlug er ihn jedoch ebenso aus wie den eines Kaisers von Mexiko. Die Aussicht, größeren Einfluß auf die neue Thronerbin Victoria, die Nichte des Königs, nehmen zu können, war ihm anscheinend wichtiger.

Inzwischen hatte das Tauziehen um das unabhängig gewordene Belgien begonnen, das nun einen Herrscher brauchte. Eine andere Regierungsform konnte man sich damals noch nicht vorstellen. Der Wiener Kongreß hatte die Restauration, die Abkehr von allen revolutionären Ideen, gebracht und, so weit das möglich war, die Verhältnisse vor der Französischen Revolution wiederhergestellt.

Als künftigen Herrscher Belgiens zog man zuerst einen Sohn des französischen Königs Louis-Philippe in Betracht, der 1830 als »der Bürgerkönig« den Thron bestiegen hatte. Aber da legte England sein Veto ein. Ein König aus dem Hause Orléans hätte die Macht Frankreichs zu sehr gestärkt. Die nächste Wahl fiel auf Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha, wie dessen Familie sich nun nannte. Da dies aufgrund der früheren Ehe des Prätendenten mit der britischen Thronerbin eine Stärkung des englischen Einflusses bedeutete, versuchte Frankreich diese Einwirkung auf andere Weise wettzumachen. Es betrieb eine Heirat zwischen dem Witwer Leopold und der Tochter des französischen Königs. Das »europäische Gleichgewicht« sollte schließlich gewahrt bleiben. Dieser politische Grundsatz war im 16. Jahrhundert gefaßt worden und beruhte auf dem angestrebten Gleichgewicht der fünf europäischen Großmächte. Demnach sollte kein Staat so viel Macht erlangen dürfen, daß ihm nicht alle übrigen Nationen zusammen das Gegengewicht halten könnten. Er wurde besonders zur Richtschnur der englischen Politik.

Am 21. Juli 1831 zog Leopold in Brüssel als »König der Belgier« ein. Durch Zurückhaltung in den Kämpfen der belgischen Parteien gewann er bald großen Einfluß im Land und galt als das Vorbild eines konstitutionellen Herrschers.

Marie-Louise, Prinzessin von Orléans

Nicht Liebe, sondern nur politisches Interesse verband den damals Zweiundvierzigjährigen mit der gerade zwanzigjährigen französischen Prinzessin. Aber das war in Herrscherhäusern die Regel. Prinzessinnen waren hauptsächlich eine Art Ware, von der man sich politische Vorteile erhoffte. Nach ihrer Meinung gefragt wurden sie nur selten.

Auch Prinzessin Marie-Louise wurde nicht gefragt. Doch wie die meisten ihrer Standesgenossinnen fügte sie sich dem Wunsch ihrer Eltern, als sie am 9. August 1832 mit König Leopold vermählt wurde. Glücklich wurde die Ehe nicht. Aber dieses Los teilte die junge Königin mit dem Schicksal ihrer meisten Standesgenossinnen.

In einem Brief, den sie knapp zwei Wochen nach ihrer Hochzeit an ihre Eltern richtete, äußert sie sich erstaunlich offen. »Ich liebe ihn jetzt nicht mehr als vorher. Ich fühle nichts bei seinen Zärtlichkeiten. Ich ertrage sie und lasse sie über mich ergehen, aber ich finde dabei mehr Widerwillen als Vergnügen …«[2] Dennoch bemühte sie sich wohl, ihre Pflicht zu erfüllen. Das hieß, dem König und seiner jungen Dynastie möglichst bald Kinder zu schenken.

Der erste Sohn, Louis-Philippe, starb im Alter von neun Monaten, doch am 9. April 1835 wurde der Erbe, Leopold, geboren; zwei Jahre später folgte ein zweiter Junge, der den Namen Philipp erhielt, und am 7. Juni 1840 ein Mädchen, das auf die Namen Marie-Charlotte, Amélie, Victoire, Clémentine, Léopoldine getauft wurde, ein gesundes, auffallend hübsches Kind. Dennoch war König Leopold enttäuscht. Er hätte einen weiteren Sohn vorgezogen.

Die kleine Prinzessin entwickelte sich prächtig. Auch ihr Vater konnte ihren großen, dunklen Augen und ihrer zärtlichen, lebhaften und vergnügten Art nicht lange widerstehen. Sie war ein wißbegieriges, ungewöhnlich begabtes Kind. Schon im Alter von nicht einmal drei Jahren hatte sie den Wunsch, lesen zu lernen, und mit dreizehn vertiefte sie sich in die Schriften Plutarchs! An ihrem vierten Geburtstag schrieb die Königin an ihre Mutter: »Charlotte ist, wie Sie vorausgesagt haben, der ganze Liebling ihres Vaters geworden … Heute speist sie mit uns, umgeben von ihren Geschenken und mit Rosen gekrönt.«[3]

Königin Marie-Louise, eine junge Frau voller Herzensgüte, ging auf in der Fürsorge für ihre Kinder und widmete sich mit Hingabe allen Hilfsbedürftigen. Ihre besondere Liebe galt jedoch ihrer kleinen Tochter.

Das Verhältnis zu ihrem Gemahl verbesserte sich nicht. Im Gegenteil! König Leopold war oft auf Reisen, wie seine Standesgenossen liebte er die Jagd, und mit der ehelichen Treue nahm er es nicht sehr genau, auch wenn er dabei um größtmögliche Diskretion bemüht war. Bis zu dem Tag, an dem Arcadie Claret de Viescourt, eine üppige Schönheit, ihn in ihren Bann zog. Leopold verheiratete sie mit einem Angehörigen seines Hofstaats, der aber bald nach Deutschland abgeschoben wurde. Die nunmehrige Madame Meyer von Eppinghoven hatte jedoch nicht die Absicht, zurückgezogen in einer verschwiegenen Villa einzig der Liebe zu leben. Sie wollte ihre Macht demonstrieren – in einem vornehmen Stadthaus und in einer eleganten Karosse mit Lakaien und Vorreitern. Stolz zeigte sie die beiden Söhne, die sie dem König geboren hatte. Das Volk war empört und bewarf sogar ihr Haus mit Steinen. Es liebte seine »gute, kleine Königin«, der eine solche Schmach angetan wurde. Leopold ließ sich jedoch nicht beirren.

Auch wenn Marie-Louise keine große Liebe für ihren Gatten empfand, so litt sie doch unter der offen zur Schau getragenen Taktlosigkeit. »Was könnte ich auf Erden mehr verlangen, als Ihre Freundin zu sein«, schrieb sie Ende 1849 dem König. »Ich gebe mir an allem, was mich bekümmert, selbst die Schuld. Wenn ich nicht mehr jung bin, wenn es mir nicht geglückt ist, Freude in Ihr Leben zu bringen, kann ich es nur meinem unseligen Geschick zuschreiben …«[4] Aber selbst wenn Leopold möglicherweise davon beeindruckt war, so ließ er sich nicht von seinen Besuchen bei seiner Geliebten abhalten.

Erschwerend für die Königin kam hinzu, daß die politischen Umstände ihren Vater, König Louis-Philippe, zur Abdankung genötigt und ins Exil nach England getrieben hatten, wo er mit seiner Frau in Schloß Claremont Zuflucht fand. Doch er verwand das Exil nie und starb schon zwei Jahre später.

Nicht nur für Königin Marie-Louise war das Schicksal ihrer Eltern ein schwerer Schlag. Auch die damals achtjährige Charlotte war von den Ereignissen tief betroffen. Die Flucht ihrer Großeltern, die sie als schmähliche Niederlage empfand, wird Jahre später ihr eigenes Leben auf tragische Weise beeinflussen.

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Prinzessin Charlotte

Der Tod der Mutter

Charlotte wurde ebenso wie ihre Brüder privat unterrichtet, wobei besonderes Augenmerk auf Sprachen gelegt wurde. Gefördert wurde dies durch Aufenthalte in England bei den Großeltern oder bei ihrer Cousine Victoria. Aber auch musische Fächer, wie Zeichnen und Musik, wurden nicht vernachlässigt. Da Charlotte mit ihrem Lerneifer ihre Brüder übertraf, wurde sie oft als leuchtendes Vorbild für sie hingestellt, was das geschwisterliche Verhältnis nicht gerade begünstigte. Das galt besonders für den älteren Bruder Leopold, der die Schwester oft mit Neckereien und sarkastischen Bemerkungen quälte.

Charlottes Jugend wurde durch Krankheiten kaum beeinträchtigt. Nur im Juni 1850 litt sie ebenso wie ihr Bruder Philipp an einem hartnäckigen Keuchhusten, der bei ihr zu Komplikationen führte. Königin Marie-Louise, deren Gesundheit nicht besonders stabil war, rieb sich bei der Pflege ihrer Kinder so auf, daß sie selbst erkrankte. Ihre wenig erfreuliche Ehe und der Tod ihres Vaters im August desselben Jahres überstiegen ihre Kräfte. Man brachte sie noch nach Ostende, hoffte, daß die Seeluft ihr guttun würde, doch es war vergebens. Sie starb, erst achtunddreißigjährig, am 11. Oktober 1850.

Der Tod der geliebten Mutter traf die zehnjährige Charlotte besonders hart. Zwar war auch König Leopold, der die Baronin Eppinghoven zu einer längeren Reise nötigte, vom frühen Hinscheiden seiner Frau zutiefst getroffen, aber die Regierungsgeschäfte sorgten für Ablenkung. Charlotte hingegen war allein. Ihr Bruder Leopold fühlte sich immer mehr als der künftige Thronerbe und ließ es seine Umgebung fühlen. Freundinnen oder auch nur Gespielinnen hatte sie nie gehabt. So kam es, daß das bisher so fröhliche Mädchen mit einem Schlag alle Kindlichkeit abstreifte, sehr ernst wurde und sowohl sich selbst als auch ihrer Umgebung gegenüber große Strenge walten ließ. Das Zusammenleben mit dem nun schon sechzigjährigen Vater, der es als selbstverständlich erachtete, auch mit ihr über Politik und Geschichte zu sprechen, mag dazu beigetragen haben. Immer größer trat die Ähnlichkeit zwischen Vater und Tochter hervor: der scharfe Intellekt, die Energie, die Fähigkeit, Distanz zu halten und Befehle zu erteilen, aber auch die Hingabe an eine Aufgabe. Charlotte lernte, sich die Denkweise des Vaters zu eigen zu machen: die Verantwortung vor Gott, der die Herrscher einsetzte, der aber auch einst Rechenschaft über deren Regierungstätigkeit fordern würde.

Wie selbstverständlich übernahm sie in den folgenden Jahren die Aufgaben der Mutter. Als Vierzehnjährige kümmerte sie sich um den täglichen Speisezettel, arrangierte mit erstaunlicher Sicherheit Festessen und Empfänge und gab ihre Anweisungen mit einer Entschiedenheit, die keinen Widerspruch duldete.

Außer ihrem Vater hatte nur ihre Gouvernante, Gräfin d’Hulst, einigen Einfluß auf die junge Prinzessin. Eingedenk der Mahnungen der verstorbenen Königin trug die Gräfin Sorge für Charlottes religiöse Erziehung und Bildung: Nicht nur Plutarch und andere Geschichtswerke – Charlottes Lieblingslektüre –, sondern auch religiöse Schriften mußte sie lesen.

Die Briefe von der Gräfin d’Hulst und von Charlottes Beichtvaters wiesen die junge Prinzessin immer wieder auf die Wichtigkeit hin, ihre religiösen und moralischen Pflichten zu erfüllen. Das wurde zu einer schweren Bürde für das junge Mädchen. »Es verlangt mich nicht, zu beten. Ich lerne nicht eifrig genug. Ich spüre, es ist schlecht von mir, Gott für all die geistigen und materiellen Wohltaten, die er mir erwiesen hat, so wenig dankbar zu sein.«[5]

Wie Laurence van Ypersele in ihrem Buch über Charlotte bemerkt, machten die Pflichten, die man ihr auferlegte, und die Schwierigkeiten, ihnen Genüge zu leisten, aus Charlotte eine Frau, »stolz, hoheitsvoll, unnahbar, reserviert, aber auch mutig und großzügig, intelligent und aktiv, beseelt von großem sozialem Bewußtsein, und die davon träumt, große Aufgaben der Menschlichkeit und Humanität Wirklichkeit werden zu lassen«.[6]

Charlottes Arbeitseifer und ihr Streben nach persönlicher Vollkommenheit und absoluter Pflichterfüllung in allen Ehren! Aber der ungeheure Ehrgeiz, die Strenge, die scharfe Kritik, das hoheitsvolle und wenig duldsame Wesen – Eigenschaften, die schon das junge Mädchen an den Tag legte – muten eher befremdend an. Sie duldete auch bei anderen keine Schwäche, nichts entging ihrem scharfen Blick. Und sie vergaß auch nichts. Charlotte hatte weit mehr Veranlagungen von ihrem Vater als von ihrer sanftmütigen Mutter geerbt. »Cher Papa« wurde zu ihrem Leitbild. Der frühe Tod der Mutter aber, ihre Liebe und der Einfluß, den sie auf ihre Tochter ausübte, war ein Verlust, der nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Sie war dreizehn Jahre alt, als König Leopold seinen älteren Sohn mit Erzherzogin Marie Henriette, einer Tochter des Palatins von Ungarn, des Stellvertreters des ungarischen Königs, verheiratete. Sie stammte aus einer großen Familie und war ein fröhliches Mädchen, dessen Interessen sich hauptsächlich auf Pferde und Musik beschränkten und überhaupt nicht mit denen ihres Bräutigams übereinstimmten. Eine glückliche Ehe wurde es nicht.

Auch Charlotte fand bald an ihrer neuen Schwägerin etliches auszusetzen. Wie Joan Haslip bemerkt, kritisierte sie Marie Henriette »mit der Strenge einer verbitterten alten Jungfer«. Sie habe nur Leichtsinn im Kopf und sei nur damit beschäftigt, Konzerte zu arrangieren. »Es langweilt mich zu Tode und kommt mir sinnlos vor, daß man nichts als Musik im Kopf hat«, lautete Charlottes Urteil.[7]

Die ersten Bewerber

Als Charlotte noch keine sechzehn Jahre alt war, stellten sich bereits die ersten Bewerber um ihre Hand ein. Die Kunde, daß es in Belgien eine junge Prinzessin gab, die nicht nur sehr hübsch, sondern auch eine sehr gute Partie war, hatte sich an den europäischen Höfen längst herumgesprochen. Mit ihren regelmäßigen Gesichtszügen, den großen, ausdrucksstarken Augen und dem zarten magnolienfarbenen Teint schien sie tatsächlich der Voraussage ihres Vaters zu entsprechen, einmal die schönste Prinzessin Europas zu werden. Dazu kam ein schlanker Wuchs und eine aufrechte Haltung, die sie größer erscheinen ließ, als sie wirklich war.

Obwohl König Leopold nur ein kleines Land repräsentierte, nahm er in Europa eine bedeutende Stellung ein. Durch ein persönliches und politisches Netzwerk war es ihm gelungen, für etliche seiner Verwandten vorteilhafte Heiraten zu arrangieren und die Hausmacht der Coburger und damit sein eigenes Ansehen in Europa zu erhöhen. Als sein Meisterstück galt die Ehe seines Neffen Albert mit der englischen Königin Victoria. Der Einfluß, den man König Leopold auf die englische Politik zuschrieb, wurde allerdings reichlich übertrieben.

Der erste Heiratsanwärter war Prinz Georg von Sachsen, der jüngere Bruder des sächsischen Königs. Ob ein Leben mit ihm für die junge Prinzessin glücklich verlaufen wäre? Jedenfalls hatte später die Schwiegertochter Georgs, Erzherzogin Luise von Toskana, einiges mit ihm auszustehen.

Der zweite war Pedro (V.) von Portugal, Enkel jenes anderen Pedro, der von 1822 bis 1831 unter dem Namen Peter I. Kaiser von Brasilien gewesen war und 1826 als Peter IV. für kurze Zeit auch den portugiesischen Thron bestiegen hatte. Pedro (V.) war ebenfalls ein Coburger und ein Cousin Charlottes. Sein Vater Ferdinand von Coburg, ein Neffe Leopolds, war durch dessen Vermittlung mit der inzwischen verstorbenen portugiesischen Königin Maria II. da Glória, Pedros Mutter, verheiratet worden. Wenn Charlotte nun Pedro ehelichen würde, wäre sie also Königin.

Königin Victoria von England setzte sich sehr für Pedro ein. Er sei »durch und durch der trefflichste Prinz, den es gibt, und obendrein gut, wacker und solide, wie man es sich nur wünschen kann … ich würde ihm jede meiner Töchter zur Frau geben, wenn er nicht katholisch wäre«, schrieb die Queen.[8] Für Charlottes Erzieherin, Gräfin d’Hulst, waren dagegen »alle Portugiesen nicht viel besser als Orang-Utans«.[9] War ihr nicht bewußt, daß der König von Portugal gar kein Portugiese war, sondern ein Coburger?

Ob dieses strenge Urteil Charlotte wirklich beeinflußte? Jedenfalls trat bald ein anderer Mann auf den Plan, der sie weit mehr beeindruckte als Georg von Sachsen oder König Pedro von Portugal. Charlotte verliebte sich.

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Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich

Die Herkunft

Erzherzog Ferdinand Maximilian war der Bruder des um zwei Jahre älteren Franz Joseph, der im Jahre 1848 den österreichischen Kaiserthron bestiegen hatte. Beide waren Söhne des österreichischen Erzherzogs Franz Karl und der Prinzessin Sophie von Wittelsbach.

Als König Max I. von Bayern seine Tochter Sophie mit dem wenig ansehnlichen und auch nicht mit besonderen Geistesgaben versehenen österreichischen Erzherzog verheiratet hatte, dachte jedermann, Franz Karl würde die Nachfolge seines Vaters Franz I. als Kaiser von Österreich antreten. Der Erstgeborene, Ferdinand, litt an einer schweren Form von Epilepsie und war anfangs nicht einmal imstande, Treppen zu steigen. Seine Betreuer hatten größte Mühe, ihm die einfachsten Dinge des täglichen Lebens beizubringen. Allerdings war er trotz mancher Behinderung geistig keineswegs zurückgeblieben, sondern sprach fünf Sprachen und war ein vielfach interessierter junger Mann. Doch Sophie hatte, wie die meisten, erhebliche Vorbehalte. Die Aussicht, Kaiserin von Österreich zu werden, entschädigte sie jedoch für die erzwungene Ehe.

Doch alle hatten die Rechnung ohne den allmächtigen Staatskanzler Fürst Metternich gemacht. Dieser, ein überzeugter Anhänger des Legitimitätsprinzips, nahm eine allmähliche Besserung im Befinden des Kronprinzen zum Anlaß, eine Heirat für ihn zu arrangieren und für seine Thronfolge einzutreten. Die Ehe blieb wie erwartet kinderlos, und die Wirren des Revolutionsjahres 1848 ließen einen Thronwechsel geboten erscheinen.

Nun trat Erzherzogin Sophie – wie man behauptet, »der einzige Mann« im Kaiserhaus – in Aktion. Unter Mithilfe der Kaiserin wurde Ferdinand zum Rücktritt und der nächste Thronanwärter, Sophies Gatte Franz Karl, zum Verzicht bewogen – was beiden wohl nicht besonders schwerfiel. Sophie war es klar, daß nach dem schwachen Ferdinand auch Franz Karl nicht der richtige Kaiser für Österreich war. Geeigneter erschien ihr der erst achtzehnjährige Franz Joseph, der von ihr von Kindheit an dazu erzogen worden war. Sophies Einfluß auf seine Regierung ist nicht von der Hand zu weisen.

Ferdinand Maximilian erhielt die gleiche Erziehung und Ausbildung wie sein Bruder, doch schon früh trat die Verschiedenheit ihre Charaktere und Anlagen zutage. Franz Joseph war eher ein nüchtern denkender, pflichteifriger Mensch, Ferdinand Maximilian war dagegen schwärmerisch und von sprunghaftem Wesen. Wenn der Ältere begeistert mit Zinnsoldaten und Ritterburgen spielte und schon früh großes Interesse für das Militär zeigte, so offenbarte der Jüngere von Anfang an Begeisterung für die Natur mit ihrer vielfältigen Fauna und Flora und fühlte sich früh zum Meer und zur Ferne hingezogen. Während Franz Joseph über seine kleinen Ausgaben minutiös Buch führte und nicht mehr ausgab, als er besaß, war Ferdinand Maximilian immer in Geldverlegenheit und machte Schulden, die seine Mutter großzügig beglich. Denn wenn Franz Joseph der künftige Kaiser war, dann war »Maxi«, wie sie ihn nannte, der Sohn ihres Herzens.

Sollte es also doch stimmen, was böse Zungen hinter vorgehaltener Hand flüsterten? Daß »Maxi« nicht Franz Karls Sohn, sondern der des Herzogs von Reichstadt war? Des unglücklichen Sohnes Napoleons, den sein stolzer Vater bei seiner Geburt zum »König von Rom« ernannt hatte? Er kam nach der Verbannung des Korsen an den Hof seines Großvaters nach Wien und hieß schließlich »Franz Herzog von Reichstadt«. Die damals noch sehr junge Sophie und der noch jüngere Sprößling Napoleons hatten sich angefreundet. Sophies Briefe an ihre Mutter sollen laut Haslip sogar bezeugen. daß sie sich in Reichstadt verliebt hatte. Tatsache ist, daß der einsame Junge, der ohne Eltern aufwuchs und am Hofe seines Großvaters ein Außenseiter war, für die angeheiratete Tante schwärmte. Auch sie fühlte sich zu ihm hingezogen, um so mehr, als der »deliziöse Reichstadt«, wie man ihn nannte, zu einem charmanten, frühreifen jungen Mann herangewachsen war und sehr bald der Schwarm vieler Gräfinnen und Prinzessinnen wurde. »Fränzchen« wurde Sophies Begleiter nicht nur für Theater und Oper, sondern auch bei Bällen im Fasching. Er war genauso jung und fröhlich wie sie und sichtlich unterhaltsamer als ihr Mann, der am liebsten seine Ruhe haben wollte.

Ob man der frommen Erzherzogin Sophie, die seit Herbst 1831 wieder ein Kind erwartete, wirklich eine Affäre mit ihrem Neffen zutrauen darf, läßt sich durch nichts beweisen. Es fällt schwer anzunehmen, daß sie sich tatsächlich über die Konventionen von Moral, Erziehung und Religiosität derart hinweggesetzt haben sollte. Seltsam allerdings scheint es, daß sie dem damals schon todkranken jungen Mann, der an einer rasch fortschreitenden Tuberkulose litt, in Schönbrunn ein Zimmer neben dem Kinderzimmer überließ. Ein wenig gibt ein Satz des Herzogs von Reichstadt in einem Brief an seine Mutter zu denken, den er einen Tag nach der Geburt von Ferdinand Maximilian geschrieben haben soll: »Sie muß am Leben bleiben um des Kindes willen, das sie an ihrer Brust hält.«[10] Einen Beweis bietet auch das nicht.

Der Herzog von Reichstadt starb am 22. Juli 1832 im Alter von nur 21 Jahren und wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt. Bei der Nachricht, daß Sophie am 6. Juli einen Jungen zur Welt gebracht hatte, soll er zum letzten Mal gelächelt haben …

1940 ließ Hitler seinen Sarg als Zeichen der Ehrerbietung an Frankreich in den Pariser Invalidendom überführen. Dort fand »l’Aiglon«, »der junge Aar«, wie das Drama des französischen Schriftstellers Edmond Rostand in der aus dem Jahr 1925 stammenden Nachdichtung von Klabund heißt, an der Seite seines Vaters seine letzte Ruhe.

Erzherzogin Sophie soll sich nach dem Tod des Herzogs sehr verändert haben. Aus der lebensfrohen jungen Prinzessin war eine strenge, bigotte, erzreaktionäre und nur auf ihre Kinder und den Ruhm des Hauses Habsburg konzentrierte Frau geworden, die später der armen Sisi das Leben schwermachte und als böse Schwiegermutter zur Legende geworden ist.

Der junge Erzherzog

Je älter Ferdinand Maximilian wurde, um so mehr wurde ihm der Unterschied zwischen ihm, dem gewöhnlichen Erzherzog, und dem künftigen Kaiser bewußt. Dem trug auch die Erzherzogin trotz aller Liebe immer wieder Rechnung. Franz Joseph war zum Kaiser bestimmt, »Maxi« nur der zweitgeborene Sohn. Das wurde dem Sechzehnjährigen besonders klar, als Franz Joseph im Dezember 1848 tatsächlich zur höchsten Würde im Staat aufgestiegen war. »Von Gottes Gnaden Kaiser«, die »Majestät«, das war im monarchistischen Österreich beinahe schon wie der liebe Gott persönlich. Und er, um lediglich zwei Jahre jünger, war zwar ebenfalls privilegiert, aber doch nur einer unter den vielen Erzherzögen der Dynastie.

Ferdinand Maximilian liebte seinen Bruder, dennoch neidete er ihm seinen Rang. Und Franz Joseph neidete dem Jüngeren die große Beliebtheit, die er aufgrund seines offenen, freundlichen Wesens genoß. »Maxis« eher weiche und mitfühlende Wesensart brachte es mit sich, daß die harten Strafmaßnahmen, die der junge Kaiser und seine Ratgeber für die ungarischen Revolutionäre beschlossen hatten, ihm gründlich mißfielen. Diese Kritik an seiner Regierung nahm Franz Joseph übel. Er schätzte liberale Ideen nicht und schon gar nicht ihre mögliche Verbreitung durch einen Erzherzog aus seinem engsten Familienkreis. Da eine militärische Laufbahn für die jungen Erzherzöge ohnehin geboten und Ferdinand Maximilians Vorliebe für das Meer bekannt war, verfügte der Kaiser, daß er in die kaiserliche Marine eintrat. Ihr Hauptquartier befand sich in Triest – also weit entfernt von Wien und der Hofburg.

Nach einer Reise auf dem Dampfer Vulkan, die Ferdinand Maximilian mit seinem jüngeren Bruder Karl Ludwig nach Griechenland unternahm, begann er seine Laufbahn als Leutnant der Marine.

Ferdinand Maximilian, der sich keineswegs abgeschoben fühlte, war glücklich in seiner neuen Stellung im Kreis junger Offiziere. Bald stellte er mit Mißbilligung fest, daß die Marine das Stiefkind der kaiserlichen Armee war, und beschloß, bei nächster Gelegenheit seinem Bruder die Augen darüber zu öffnen.

Doch der Kaiser hatte andere Sorgen. Die Marine war ihm nicht wichtig. Erst viel später gelang es Ferdinand Maximilian, aus der kaiserlichen Kriegsmarine eine schlagkräftige Flotte zu machen, die in Zukunft durchaus ihre Berechtigung bewies. Vorerst mußte der junge Offizier sich damit begnügen, Reisen im Mittelmeer zu unternehmen, wie nach Gibraltar oder nach Neapel. Dort herrschte damals noch ein Zweig der Bourbonen, die vielfach mit habsburgischen Prinzessinnen verehelicht waren.

Königin in Portugal war Maria II. da Glória, die Tochter von König Pedro I. und Maria Leopoldine von Österreich, Ferdinand Maximilians Tante. Pedros zweiter Ehe entstammte eine Tochter namens Maria Amalia, in die Ferdinand Maximilian sich auf den ersten Blick verliebte. Die beiden waren ein schönes Paar, und der Erzherzog zog zum ersten Mal eine Heirat in Betracht. Doch dazu mußte der Kaiser in Wien seine Zustimmung geben.

Franz Joseph fand zwar, daß die junge Prinzessin von Portugal keine geeignete Partie für den Bruder des Kaisers von Österreich sei, gab aber schließlich seine Erlaubnis. Erzherzogin Sophie hatte sich sehr für ihren zweiten Sohn eingesetzt. Ein Jahr später sollte anläßlich der Volljährigkeit von Ferdinand Maximilian die Verlobung gefeiert werden. Doch dazu kam es nicht. Maria Amalia starb im darauf folgenden Winter während eines Aufenthalts in Madeira an Tuberkulose. Ferdinand Maximilian scheint sie wirklich geliebt zu haben. Er trauerte aufrichtig um sie und behielt sie in liebevollem Andenken. Vielleicht war die zarte Prinzessin sogar die einzige Frau, die er je geliebt hat. Einen Ring, der einige ihrer Haare enthielt, soll er bis zu seinem Tod getragen haben.

Im September 1854 ernannte Kaiser Franz Joseph seinen Bruder zum Konteradmiral und Chef der kaiserlichen Kriegsmarine. Ferdinand Maximilian setzte sich mit allen Kräften dafür ein, die veraltete Flotte nach englischem Vorbild auszubauen. Das kostete eine Menge Geld – in Wien fanden zwar viele, daß es das nicht wert wäre, aber sie waren machtlos, da der Kaiser sein Einverständnis erteilt hatte. Die moderne österreichische Marine, deren Grundlagen damals geschaffen wurden, ist der Initiative des Erzherzogs Ferdinand Maximilian zu verdanken.

Im Frühjahr 1854 wurde der Erzherzog mit einer größeren außenpolitischen Mission betraut: Offiziell wurde er nach Paris gesandt, um die Glückwünsche des österreichischen Kaiserhauses zur Geburt des französischen Thronfolgers zu überbringen, inoffiziell, um das Verhältnis zwischen den beiden Staaten zu verbessern. Der Staatsbesuch verlief erfolgreich, aber die Folgen, die er zeitigte, sollten verhängnisvoll sein.

Ferdinand Maximilian hatte ebenso wie sein Bruder Franz Joseph für den »Parvenükaiser« Napoleon III. keine besondere Sympathie gehabt. Franz Joseph mochte überhaupt die Bonapartes nicht. Für das österreichische Herrscherhaus, das ja nun wirklich keine guten Erinnerungen an den ersten Napoleon hatte, waren sie nichts weiter als Emporkömmlinge von einer obskuren Mittelmeerinsel. Napoleon III. war ein Neffe Napoleons I. Sein Vater, König Ludwig von Holland, verdankte sein Reich nur dem Familiensinn seines Bruders, der es sich zur Pflicht gemacht hatte, all seine Angehörigen mit Kronen zu versorgen. Die Mutter Napoleons III. war Hortense, eine Tochter des französischen Vicomte de Beauharnais und Napoleons I. erster Frau Joséphine, einer eher unbedeutenden Adligen von der Karibikinsel Martinique.

Alles in allem war das keine Familie, die einem Habsburger Respekt abnötigte. Doch wider Erwarten war Erzherzog Ferdinand Maximilian, der als Bruder des Kaisers von Österreich mit allem Prunk empfangen wurde, fasziniert von der Persönlichkeit und dem Charme seiner Gastgeber. »Leben und leben lassen« war deren Devise.

Der Erzherzog genoß die Ungezwungenheit des französischen Hofes, an dem schöne Frauen und Männer, die in Wien nie die Schwelle der Hofburg überschritten hätten, eine tonangebende Rolle spielten, Leute wie Außenminister Graf Walewski, Sohn einer Geliebten Napoleons I., oder der Herzog von Morny, Sohn von Königin Hortense und ihrem langjährigen Geliebten, dem Grafen Flahaut. Auch Eugénie, eine geborene Gräfin Montijo aus Spanien, weit davon entfernt, den strengen Gesetzen der Habsburger zu genügen, hätte in Österreich nie die Gattin eines Kaisers werden können. Napoleon hatte sie dazu gemacht, nachdem die alten Höfe ihm als Brautwerber die kalte Schulter gezeigt hatten.

Gespart wurde nicht am französischen Hof, die Wirtschaft florierte, das Bürgertum hatte daran teil. Bälle und Lustbarkeiten aller Art wurden veranstaltet, die Toiletten der Damen wetteiferten mit denen ihrer Rivalinnen an Prunk, die Juwelen an Kostbarkeit. Jacques Offenbach sorgte mit Operetten wie Pariser Leben für Stimmung. Dazu trugen auch die Tänzerinnen nicht wenig bei, die beim »Cancan« für Einblicke sorgten, die für die strengen Moralbegriffe des Bürgertums ein Tabu darstellten.

Kein Wunder, daß Erzherzog Ferdinand Maximilian beeindruckt war, denn das französische Kaiserpaar und seine Umgebung überboten einander an Liebenswürdigkeit und taten alles, um ihren Gast zu ehren.

Obwohl er in seinen persönlichen Botschaften nach Wien gelegentlich nicht mit Kritik sparte, konnte der Erzherzog nicht umhin, sich durch den Charme Napoleons III. bezaubern zu lassen, der, wie er schreibt, »zwar nicht das Genie seines Onkels besitzt, aber dennoch eine starke Persönlichkeit ist, der sein Jahrhundert dominiert und seine Spuren hinterläßt«.[11] Es sollte nicht das einzige Mal sein, daß er sich leicht beeinflussen ließ und seine Meinung rasch änderte.

Nach einem Aufenthalt von zwölf Tagen verließ Erzherzog Ferdinand Maximilian höchst befriedigt Paris. Der Grundstein zu einer Freundschaft, in die sich deutliche Bewunderung mischte, war gelegt. An Bord der kaiserlichen Jacht Reine Hortense reiste er nach Belgien weiter.

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Der Bräutigam

Der erste Eindruck

Die Reise nach Belgien, getarnt als Freundschaftsbesuch, hatte noch einen anderen, inoffiziellen Grund. Erzherzogin Sophie hielt Ausschau nach einer geeigneten Gattin für ihren zweitgeborenen Sohn. Kaiser Franz Joseph war seit zwei Jahren verheiratet und hatte bereits ein Töchterchen. Für die Erzherzogin war die Wahl ihres Ältesten zwar nicht ganz nach Wunsch verlaufen, sie hätte die ältere Schwester der Braut entschieden vorgezogen, aber Franz Joseph hatte sich Hals über Kopf in die Jüngere verliebt und auf einer Heirat mit Elisabeth, Herzogin in Bayern, aus dem Hause Wittelsbach bestanden. Erzherzogin Sophie stand der jungen Frau immer noch skeptisch gegenüber. Die Schwierigkeiten, die sie von Anfang an befürchtet hatte, waren ja auch prompt eingetreten. Nun konnte sie nur hoffen, daß es mit der Heirat von Ferdinand Maximilian besser klappte. Vor allem sollte er endlich seine Wahl treffen. Seit dem Tod von Maria Amalia machte er nämlich keinerlei Anstalten dazu.

Eine Verbindung mit dem Hause Coburg war zwar nicht gerade der Traum der Erzherzogin. Früher hätte man im österreichischen Kaiserhaus vermutlich kaum daran gedacht. Aber inzwischen hatte König Leopold – und mit ihm sein Land – bekanntlich an Renommee gewonnen. Für die Wittelsbacherin Sophie, die nun eine Angehörige der Familie Habsburg war, sprach also nichts dagegen, ihren Sohn mit der Tochter des Königs der Belgier zu verheiraten. Daß diese als reichste Prinzessin Europas galt, stellte schließlich auch nicht gerade ein Hindernis dar. Aber selbstverständlich überließ sie letztendlich Ferdinand Maximilian die Wahl. Deshalb sollte er sich das Mädchen erst einmal unverbindlich ansehen.

Erzherzog Ferdinand Maximilian hatte zunächst einige flandrische Städte, wie Tournai, Gent und Antwerpen, besucht und mit einigem Stolz dort Spuren seiner Vorfahren gefunden, die das Land einst beherrscht hatten. Bewundernd schrieb er: »Ich habe bisher kein solch blühendes Land gesehen, das so sehr alle Elemente von Wohlstand und Fülle vereinigt: fruchtbare Erde, reiche Städte, ein ausgedehntes Eisenbahnnetz, Handel und Industrie, wie ich sie sonst nirgends getroffen habe. Kurz, es ist ein Musterland.«[12]

Das sprach durchaus für die Regierungstätigkeit von König Leopold. Der erste Eindruck, den der Erzherzog von diesem gewann, war allerdings nicht nur positiv. So sehr er dessen Klugheit und Regierungserfahrung anerkannte, hielt er doch Leopold für zu belehrend, denn er betonte zu sehr seine Mittlerrolle in Europa.

Charlotte hingegen fand er reizend, charmant und intellektuell ihrem Alter weit voraus, ihre noch unentwickelte Schönheit vielversprechend. Leopold antwortete: »Ich denke, daß sie eine der schönsten Prinzessinnen Europas werden wird. Hoffentlich bringt ihr das Glück.«[13] Obwohl sich der Erzherzog nicht weiter äußerte, stellte der König befriedigt fest, daß die beiden jungen Menschen offenbar Gefallen aneinander gefunden hatten.

Dennoch schwankte er noch, wem er den Vorzug geben sollte: Pedro von Portugal oder dem österreichischen Erzherzog. Ein Brief an seine Tochter gibt davon Zeugnis: »Pedro hat einen guten und loyalen Charakter … in den man unbegrenztes Vertrauen setzen kann … Portugal hat Zukunft, wenn es auch ein wenig außerhalb liegt … Du würdest dich unbestreitbar in einer guten Familie befinden und Du würdest die Erste sein. Ich möchte Dich aber nicht beeinflussen … Du sollst Dich auch erst nach reiflicher Überlegung entscheiden … Auf keinen Fall sollte man an eine Heirat vor dem Sommer 1857, also nach Deinem Geburtstag, denken.«[14] Allem Anschein nach zog also der König Pedro vor.

Auch Königin Victoria befürwortete entschieden den König von Portugal und lobte ihn über die Maßen. »Ihr Brief gibt mir die Hoffnung, daß Charlotte sich noch nicht endgültig entschlossen hat, da wir beide so tief überzeugt sind, daß Pedro jedem anderen jungen Prinzen unendlich überlegen ist«, schrieb sie ihrem Onkel aus Balmoral … »Und überdies ist die Position grenzenlos vorzuziehen. Die österreichische Gesellschaft ist skandallüstern, liederlich und wertlos, und die Besitzungen in Italien sehr unsicher. Pedro ist äußerst begabt, er liebt die Musik, das Zeichnen, Sprachen, Naturgeschichte und Literatur, und in allem würde Charlotte zu ihm passen, und sie wäre ein wahrer Segen für sein Land … Ich bin sicher, daß Sie hinsichtlich Charlottes Glück weit ruhiger sein könnten, als wenn Sie sie einem dieser unzähligen Erzherzöge gäben oder dem Prinzen von Sachsen.«[15]

Doch Charlotte hatte sich schon entschieden. Das sechzehnjährige Mädchen, das seit dem Tod der Mutter so sehr Liebe entbehrte, hatte sich spontan in den gutaussehenden charmanten Erzherzog verliebt, den sie mit aller Vollkommenheit versah, die sie sich für ihren künftigen Gatten wünschte und die er so gar nicht besaß.

Der König mußte sich ihrem Wunsch beugen, was ihm nicht allzu schwerfiel, da er ohnehin vorhatte, sich enger an Österreich zu binden, in dem er ein Gegengewicht zu Frankreich und dessen Gelüsten auf Belgien sah. In seinem Brief an den Erzherzog heißt es: »Ich bemerkte bald, daß auch mein Töchterlein diese Ansicht teilte, doch war es Pflicht, mit Vorsicht zu verfahren. Nun haben wir das schöne Resultat, daß ich Ihnen sagen kann, daß meine Tochter die Verbindung wählt und allen anderen, die sich ihr boten, vorzieht und daß ich dieser Wahl mit Freuden meine Zustimmung gebe.«[16]

Wie nahm Ferdinand Maximilian diese Entscheidung auf? Man hat fast den Eindruck, der Bau seines Schlosses Miramare bei Triest beschäftige ihn beinahe mehr als die Heirat. In einem Brief an seinen Bruder Karl Ludwig schreibt er zum ersten Mal über die belgische Prinzessin: »Sie ist klein, das ist mir recht, sie ist brünett und ich blond, das ist auch sehr gut, sie ist sehr gescheit, das ist wohl etwas bedenklich, allein ich werde mich schon dreinfinden.«[17] Nach großer Verliebtheit klang das nicht.

In Wien nahm man die Nachricht, daß Erzherzog Ferdinand Maximilian die Tochter des Königs der Belgier heiraten werde, mit Wohlwollen auf. Man erhoffte sich davon einen günstigen Einfluß auf die Beziehungen zu England.

Die Verlobung

Die Verlobung fand am 23. Dezember 1856 im Schloß Laeken statt, wo der Bräutigam Weihnachten und Neujahr verbrachte. Am Neujahrstag wohnte er – als künftiger Schwiegersohn – dem offiziellen Empfang bei, am 6. Januar fand ein großer Ball statt. Charlotte trug ein weißes, mit kleinen grünen Sträußen besticktes Organdykleid und kam ihm noch reizender und hübscher vor als im Sommer. Alle Anwesenden waren sich einig in dem Urteil, daß die beiden jungen Menschen, die sich da im Walzertakt wiegten, wirklich gut zusammenpaßten. Ferdinand Maximilian, der an das strenge jahrhundertealte Zeremoniell des Wiener Hofs gewöhnt war, bemerkte allerdings später mit einer gewissen Süffisance, daß die geladenen Gäste einer recht gemischten Gesellschaft angehörten. Trotz seiner liberalen Ansichten konnte der Erzherzog seine Herkunft doch nicht ganz verleugnen.

Charlotte war glücklich und voll rosiger Erwartungen für die gemeinsame Zukunft. Die frühreife Strenge, die nicht zu ihrem Alter gepaßt hatte, war von ihr abgefallen, und sie war nur mehr ein junges, schwärmerisches Mädchen. Den Erzherzog hielt sie für ein vollkommenes Wesen, ihre künftige Familie für ideal. Vor allem rühmte sie die Ritterlichkeit und Frömmigkeit, das noble, zartfühlende Wesen und die Großzügigkeit von Ferdinand Maximilian. »Für so viele Wohltaten werde ich Gott nie genug danken können«, schrieb sie an Gräfin d’Hulst. »Ohne Zweifel wird er viel von mir fordern, nachdem er mir so viel gegeben hat. Ich würde vor diesem Übermaß an Gnaden fast erschrecken, wenn ich nicht dächte, daß die Vorsehung sich nicht so meiner angenommen hätte, … wenn sie mir nicht helfen wollte, alles das zu erfüllen, was sie von mir fordert.«[18]

In Portugal war man verärgert, die Beziehungen erkalteten. Pedro heiratete später eine Prinzessin aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen, starb aber schon im Jahre 1861 an Sumpffieber. Auch Georg von Sachsen war enttäuscht und warnte König Leopold vor dem berechnenden Charakter des österreichischen Erzherzogs.

Ganz unrecht hatte er nicht. Schon im Herbst 1856 und um so mehr während seines Aufenthalts in Brüssel hatte Ferdinand Maximilian mit seinem künftigen Schwiegervater um die Mitgift der Braut gefeilscht. Der sonst so idealistisch gesinnte Erzherzog erwies sich dabei als gewiefter Geschäftsmann. Die Verhandlungen dauerten bis weit in das Frühjahr hinein, denn auch König Leopold war ein zäher Taktierer und bekannt für seinen Geiz.

Er wollte Charlotte lediglich das Erbteil überlassen, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, und die vereinbarte Schenkung des belgischen Parlaments. Das erschien dem Bräutigam zu wenig. Um mit seiner Frau ein standesgemäßes Leben führen zu können, erwartete er auch einen persönlichen Beitrag des Königs. Am 14. Januar 1857 schrieb er zu diesem Thema an seinen kaiserlichen Bruder, »wie notwendig es sei, daß fürstliche Menagen eine angenehme Stellung haben, und daß es einen schlechten Eindruck machen würde, daß der König sich nicht dazu herbeilasse, zugunsten seiner geliebten Tochter in den Säckel zu greifen«.[19]

Der Erzherzog war auch bestrebt zu erfahren, welches Erbe Charlotte später antreten würde. Im belgischen Königshaus verstärkte sich daher der Eindruck, daß der Bräutigam mehr an der Mitgift als an seiner Braut interessiert sei.

Vielleicht erklärt sich Maximilians Hartnäckigkeit ein wenig aus der Tatsache, daß er selbst außer seiner Apanage von 150000 Gulden jährlich über kein nennenswertes Vermögen verfügte. Das galt übrigens auch für den Kaiser, dessen Besitz sich erst beträchtlich vergrößerte, als er 1875 das reiche Erbe seines Onkels, des zu seinen Gunsten zurückgetretenen Kaisers Ferdinand I., antrat.

Zudem hatte Ferdinand Maximilian Schulden. Ziemlich große sogar, denn der Bau von Schloß Miramare überstieg bei weitem seine finanziellen Möglichkeiten. Er konnte nur durch einen Zugriff auf den Habsburger Familienfonds finanziert werden, wobei es sich jedoch nur um eine Anleihe, nicht um ein Geschenk handelte. Sein Leben lang, auch später als Kaiser von Mexiko, lebte Ferdinand Maximilian weit über seine Verhältnisse, belastete den Staatshaushalt mit vielen unnötigen Ausgaben und trug damit zum Untergang seines Kaiserreiches bei.

Seine Hartnäckigkeit in der Mitgiftangelegenheit führte zum Erfolg. König Leopold bewilligte zusätzlich ein jährliches »Nadelgeld« von 20000 Gulden. Kaiser Franz Joseph gewährte als Gegengabe zu Charlottes Mitgift 100000 Gulden, dazu ein Hochzeitsgeschenk von 30000 Gulden. König Leopold, der offensichtlich am Finanzgebaren seines Schwiegersohnes zweifelte, bestand auf Gütertrennung, so daß ausschließlich Charlotte über ihr persönliches Vermögen verfügen konnte, das sich auf 2874460 Francs belief und aus Wertpapieren aller Art in London und Brüssel bestand. (Im Vergleich dazu belief sich der Jahresverdienst einer belgischen Arbeiterfamilie auf 457 Francs.[20])

Über den Erfolg bei König Leopold schrieb der Erzherzog dem Kaiser: »Ich tue mir ein wenig darauf zugute, dem alten Knauser schließlich doch von dem, was seinem Herzen am teuersten ist, abgerungen zu haben.«[21]

Dazu kam eine Fülle wertvoller Juwelen. Allein ein Brillantcollier hatte einen Wert von 200000 Francs. Auch die Aussteuer (trousseau)