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T. Stern

Velvet Hell

Rapture of Dance





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Titel

 

 

 

T. Stern

Handlung

 

Neo versucht mal wieder Ordnung in die Müllhalde seines Lebens zu bringen. Mit einem anstehenden Job als Tänzer in dem Club ‚Velvet Hell‘ scheint er schon ziemlich gute Karten zu haben, dass es endlich mal klappt.

Doch dann lernt er Ares kennen. Der gutaussehende Barkeeper im Velvet Hell ist ein Arschloch … aber irgendwie verdammt anziehend und hinzu kommt – ausgerechnet dieser scheint all das zu sein, wovon Neo nur träumen kann.

Beide verbergen etwas … doch als es ans Tageslicht kommt, erkennen sie, was sie im jeweilig anderen wirklich sehen: Heilung und Hoffnung.

Wenn die Abgründe einer fragilen Persönlichkeit mit einer sexuellen Störung, auf die Dominanz eines wahren Ruhepols mit hohen Besitzansprüchen treffen … kollidieren Herzen. Aber sind diese stark genug für die Herausforderung der Liebe?

Vorwort

 

‚Velvet Hell – Rapture of Dance‘ ist ein Prequel zu ‚Triple Love Match 3: Brothers‘, dem dritten Band der Triple Love Match Trilogie.

Während Neo und Ares in ‚TLM3: Brothers‘ nur Nebenstatisten sind, die dennoch eine tragende Rolle gespielt haben, ist dies hier ihre eigene Story.

Nicht nur ich wollte diese gerne etwas näher betrachten, auch die Test und Beta Gruppe bei TLM3 unterstützte diese Idee. Und hier sind sie.

Neo, der durch tragische Erlebnisse eine Störung entwickelte, die immer mehr seines Lebens beeinflusst und zerstört, dessen einziger Anker sein bester Freund Timo scheint. Und Ares, der nicht minder eine dunkle Seite sein eigen nennt, wenngleich der Grund dafür, selbst hier ein wenig … verborgen bleibt. Neo ist das offene Buch, Ares hingegen behält seine Siegel. Aber, sie harmonieren. Denn sie sind genau das, was der andere als ‚Heilmittel‘ braucht, um mit Hoffnung in die Zukunft zu sehen.

Alles im Buch geschilderte ist frei erfunden, dennoch nicht unrealistisch. Ich verherrliche keine Krankheitsbilder und auch keine Brutalität.

Was hier geschrieben steht ist eine fiktive Geschichte, in der dennoch alles in Einvernehmlichkeit geschieht.

In diesem Sinne hoffe ich, dass euch der Weg der beiden schöne Lesestunden beschert.

Danksagung

 

Kekschen, Diana, Sam, Traude, Hase & Hörnchen und Grace & Luca.

 

Zudem herzlichst katerlicher Dank an die Test & Beta Gruppe: Tanja B., Ramona S., Sabrina B., Tina F., Traude P., Angelika J., Diana B., Claudia M., Sandra W., Manuela S. und Nakia S. – fühlt euch bitte ganz doll gedrückt. Es war wieder eine wunderschöne Zeit. Eure Anregungen und eure Kritik kamen an. Eure Gedanken und Empfindungen, sowie eure Zeit und eure unermüdliche Mühe ehren mich sehr.

Ein gesondertes großes, katerliches Dankeschön an Sandra W., die mir in einigen Recherchepunkten bezüglich des Poledance als Informationsquelle zur Verfügung stand.

Ebenso gilt mein aufrichtiger Dank diesmal der wunderbaren, wagemutigen „Diana W.“, die schier todesmutig eingesprungen ist und mir mit Korrektorat und ein wenig Lektorat zur Seite stand.

 

Und natürlich dir, lieber Leser … für deine Unterstützung.

1. Neo

 

Ein müder Blick in den Spiegel offenbart ihm nichts Neues. Genervt und lustlos blickt ihm sein eigenes Gesicht entgegen und offenbart, dass er auf das, was vor ihm liegt, eigentlich keine Lust hat. Aber er braucht es. Es ist wie eine Droge, von der er schon viel zu lange abhängig ist. Darauf verzichten ist unmöglich. Die Süße dieses Gifts hat ihn damals erfasst, ihn berauscht und ihm ein Gefühl von Macht gegeben. Letztlich aber wandelte sich die Macht schneller in eine Ohnmacht, als er es wirklich realisieren konnte. Natürlich weiß er darüber Bescheid, ist aber nicht mehr fähig das Verlangen danach abzuschalten. Er kann sich diesem Drang immer nur ergeben und versuchen schnellstmöglich Abhilfe gegen die Entzugserscheinungen zu finden.

Erbärmlich. Wieso hat er damit angefangen? Warum hat er nicht auf jene gehört, die ihn warnten?

Dumm und töricht wie er war … ach, er ist es immer noch. Als würde das, was er gleich tun wird, etwas ändern. Es verschafft ein wenig Ruhe, doch das Verlangen kehrt schnell wieder. Er kann nicht genug davon bekommen und braucht immer mehr.

Unersättlich. Sein Körper ist süchtig. Sein Geist am Schwinden. Er will es, obwohl er es am liebsten nicht mehr wollen würde.

Seufzend schüttelt er den Kopf, dreht das Wasser auf und schaufelt sich zwei große Portionen des kühlen Nasses ins Gesicht.

Tief atmet er durch und bringt den Wasserfluss zum Versiegen. Beide Hände auf das Waschbecken gestützt, richtet er erneut den Blick in den Spiegel.

Seine Haut glänzt, rinnen einige Wassertropfen herab, hängen nasse Strähnen wild in sein Gesicht.

Wenigstens sieht er gut aus. Damit gelingt es ihm doch deutlich einfacher, an das zu kommen, was er braucht. Seine Eitelkeit verschafft ihm einen größeren Spielraum, wenn es darum geht, das zu finden, was er benötigt, um den Drang nach dem zu stillen, was sein Leben bestimmt. Zumindest den Großteil davon.

Das Grün seiner Iriden hält ihn fixiert und er denkt nur einen Moment daran, wie er sich gleich fühlen wird, was dann doch den ersehnten Erfolg erzielt.

Er lächelt. Kein normales Lächeln. Es spricht Bände darüber, wie verdorben er denkt, wie diese Sucht sein Leben bestimmt und seinen Körper zu einem Sklaven niemals endender Gier macht.

Nein, er beschwert sich nicht. Es hätte durchaus auch schlimmer kommen können. Die Droge, die er wählte, ist noch harmlos, im Gegensatz zu anderen, die er hätte wählen können.

„Bist du fertig?“, ertönt es außerhalb des Badezimmers, verdreht er genervt die Augen und grummelt vor sich hin.

„Ich hoffe du bist so gut, wie du behauptet hast. Sonst mach ich dich fertig“, murrt er sich selbst zu, stößt sich vom Waschbecken und setzt sich in Bewegung. Ein letzter Griff an seinen Schritt sorgt für die nötige Spannung in seinem Schwanz und er öffnet die Tür und bleibt im Rahmen dieser stehen.

Lüstern betrachtet er den eigentlich ganz passabel aussehenden Kerl, den er sich für diese Nummer geangelt hat. Gut gebaut. Mitte dreißig. Ganz nett. Am wichtigsten aber: ein großer Schwanz.

Nun bleibt ihm nur zu hoffen, dass das Großmaul diesen auch gut einsetzen kann, ansonsten haben beide ein Problem.

„Wow!“, entweicht es dem Kerl, dessen Namen er schon wieder vergessen hat. Namen sind nur Schall und Rauch. Unwichtig. Für ihn.

Scharf zieht der Typ die Luft ein und zischt sie durch die Zähne wieder aus, lässt dieser seinen Blick über den Körper gleiten, der sich nun in langsamen und anmutigen Schritten auf ihn zubewegt.

„Du bist eine Sünde“, macht ihm der andere ein Kompliment. Es prallt ab. Worte bedeuten ihm nichts. Was er braucht, ist die Sprache des Körpers. Er muss es fühlen können. Das haltlose Begehren eines Mannes, wenn er gefickt wird.

„Spar dir die Worte. Du weißt was ich will. Alles andere kannst du getrost wegfallen lassen.“

Deutlich genug. Hofft er. Aber er geht lieber auf Nummer sicher.

Seine Hand gegen die Brust des anderen gelegt, verpasst er ihm einen heftigen Schubs, welcher diesen rücklings aufs Bett befördert.

„Du bist ein richtig geiles Miststück, Neo. Dich zu ficken wird sicherlich …“

„Spar dir die Luft zum Ficken!“, knurrt Neo, klettert über den Liegenden und beugt sich über diesen.

„Du redest zu viel“, lässt er ihn wissen und rutscht elegant an ihm herab, streicht mit beiden Händen über die nackte Brust. Banal. Der Körper seines One Night Stands ist ihm scheiß egal. Neo begehrt nur dessen Schwanz. Und darauf beschränkt er den Kerl auch. Alles andere interessiert ihn nicht.

Seine Finger legen sich um den Schaft, rutscht er noch etwas tiefer und betrachtet den prallen Schwanz in seiner Hand. Ohne zu zögern, leckt er über die empfindliche Spitze, teilt augenblicklich die Lippen und saugt sie in seinen Mundraum.

Stöhnend bekundet sein Partner sein Gefallen, spürt Neo dessen Hand, die sich auf seinen Kopf legt und diesen tiefer drückt.

Minuten. Sie ziehen sich wie eine kleine gefühlte Ewigkeit. Aber es ist gut so. Während er den Schwanz vor sich bläst, sorgt die Vorfreude für die nötige Lockerung in seiner Kehrseite. Er ist schon bereit. Schon jetzt könnte er den nächsten Schritt machen.

„Neo“, hört er und lässt ab, schaut auf.

Die Hand auf seinem Kopf, die Finger krallen zu und reißen ihn hart nach oben.

Es scheint, als wäre der Macker endlich bereit weiterzugehen.

Hart wird Neo auf den Rücken geworfen, rückt ihm der Typ auf und sieht ihn in einer Mischung aus verrückt und geil an.

Schon beugt er sich herab und fängt an mit seiner Zunge eine feuchte Spur über Neos Brust zu ziehen. Neo spürt, wie diese flüchtige Hitze sofort einer angenehmen Kälte weicht.

Keuchend reagiert er, als ein sanfter Biss seinen Nippel bedenkt, ehe die Zungenspitze entschuldigend darüber leckt. Es fühlt sich gut an.

Sein Schwanz pulsiert und sein ganzer Körper kribbelt. Gott, er braucht es so dringend. Er will es einfach.

Schamlos spreizt er die Beine, zieht die Knie hoch und legt frei, was beachtet werden will.

Der nun aufrecht zwischen seinen Beinen weilende betrachtet dieses Bild einen Moment, keucht dann und greift auf den Beistelltisch nach den nötigen Utensilien.

Ein Kondom und Gleitmittel. Letzteres findet zuerst Anwendung. Eine ordentliche Portion wird auf Neos Enge gegeben und sofort kreist ein Finger zwischen seinen Backen.

Wimmernd liegt er da, schließt seine Augen. Er will fühlen. Alles. Nichts sehen, nichts hören. Nur fühlen.

Seine Ungeduld scheint seinen Partner zu erreichen. Laut stöhnt Neo, als dessen Finger ihn mit einem heftigen Stoß einnimmt und sofort anfängt ihn hart zu bearbeiten.

„Du willst es ja so. Nicht wahr?“, hört er es und Neo biegt den Rücken durch, versucht sich dem Finger entgegenzustrecken. Ja. So will er es. Exakt so.

Es flutscht gut. Die Portion Gleitmasse ist genau richtig. Ein zweiter Finger stößt in ihn und schafft es, seinen Körper zum Zittern zu bringen.

„Oh, Scheiße! Fick mich endlich!“, zischt er scharf und ringt nach Luft.

Nicht zu schnell. Zu langsam. Neo will nur das eine. Deswegen ist dieser verdammte Kerl doch hier. Er braucht kein ellenlanges Vorspiel. Er will einfach nur Sex.

„Wie du willst!“, ertönt es rau.

Die Finger entziehen sich und Neo entspannt einen Moment, lässt seine Enge zucken, spürt die Feuchtigkeit in sich. Es könnte doch noch eine gute Nummer werden. Wenn der Kerl jetzt so gut ist, wie er vorgegeben hat.

„Dreh dich um! Ich will dich von hinten!“

Innerlich verdreht Neo die Augen. Von hinten. Einfallslos. Immer dasselbe. Warum beschränken die meisten Kerle es immer auf dieselben Stellungen? Und wieso erwischt er immer die, die von hinten wollen? Na ja. Er beschwert sich besser nicht. Es ist ja eh nur Mittel zum Zweck.

Auf den Knien, den Oberkörper weit nach unten gebeugt, reckt er sich dem Kerl entgegen und kommt kurz in den Genuss einer kleinen Massage. Die Hände grapschen seine Backen und bearbeiten diese, necken das zwischen ihnen feuchte Loch ein wenig.

„So ein gieriges Loch hab ich noch nie gesehen.“

Wenn der Typ doch endlich mal die Fresse halten würde, wäre die Nummer wirklich gut. Bis jetzt zumindest.

Ein heftiger Klaps auf seinen Arsch lässt Neo erschrocken Keuchen. Gut, damit hat er nicht gerechnet. Aber … dagegen hat er auch nichts.

„Noch mal“, raunt er und wackelt frech mit dem Hintern, erhält er sofort einen weiteren Hieb. Aber dabei bleibt es nicht. Ein dritter und vierter Schlag erfolgt.

Scharf zieht Neo die Luft ein, vor allem als er die Bestätigung seines Gefühls hört.

„Dein feuchtes Loch läuft aus.“

„Dann fick es endlich, bevor es wieder trocken wird“, grummelt er gegen und nimmt Bewegung hinter sich wahr.

Keine Sekunde später spürt er die Spitze des in einem Kondom steckenden Schwanzes an sich.

Kurz entspannt er und versucht sich zu lockern, drängt der Schwanz gegen ihn und dehnt sich die Öffnung, wie er sie braucht.

Ein Ziehen und ein leichtes Brennen entlockt ihm ein heiseres Stöhnen.

Gnadenlos durchbricht sein Partner ihn, füllt ihn mit einem harten Stoß komplett aus. Hände packen seine Hüfte und er wird festgehalten, während der Schwanz anfängt ihn gnadenlos zu ficken.

Er hat es doch so gefordert. Dennoch, für die ersten Sekunden ist es wie immer. Bis der feine Schleier der Tränen in seinen Augen schwindet, schmerzt es, doch danach … brennende Lust, ungehaltene Gier, zügellose Leidenschaft.

Das Stöhnen des ihn Fickenden blendet Neo aus, er konzentriert sich auf das reine Fühlen seines Körpers.

Sein Arsch brennt, dennoch ist es einfach geil, so gnadenlos durchgenommen zu werden.

Es ist seine Welt. Er liebt sie. Liebt es, in diesem Rausch gefangen zu sein. Sein Körper ist nur Mittel zum Zweck, steckt so etwas mit Leichtigkeit weg.

„Oh ja!“, keucht er und wirft sich den Stößen entgegen. Immer dasselbe. Es tut kurz weh, doch danach ist da einfach dieses unbeschreibliche Gefühl, welches seinen ganzen Körper einnimmt und ihn in fremde Sphären katapultiert. Genau das braucht er.

Denn dabei kann er vergessen, ausblenden, in eine andere Welt flüchten, in der er vor sich selbst erfolgreich weglaufen kann.

Kein Stellungswechsel. Banal. Aber der Schwanz in seinem Arsch fühlt sich gut an. Wenigstens gut Ficken kann der Kerl.

Mit Tönen, die dem tiefen Grollen eines brunftigen Elches gleichen, verliert sich sein Gespiele in seinen Stößen und treibt sich noch ein paar Mal hart in Neos Körper, ehe er einfach zurückweicht und sich entzieht.

Neo lässt sein Becken sinken und verharrt einen Moment. Sein Körper braucht ein wenig Zeit, um zur Ruhe zu kommen.

„Soll ich dir beim Abschuss helfen?“, fragt der Kerl ihn und Neo richtet sich auf, sieht ihn unbeeindruckt an.

„Nein. Nicht nötig. Das wars. Zieh dich an und dann verschwinde. Wir sind fertig.“

Der Typ zieht sich den Gummi vom Schwanz, hält seinen Blick starr auf Neo gerichtet, der aus dem Bett steigt, als wäre nichts gewesen.

„Warum willst du ficken, wenn du nicht kommen willst?“, grummelt er ihn an.

Neo steht da, wirft einen Blick an sich herab. Sein Schwanz ist schlaff. Die Nummer war gut … aber … nicht gut genug.

„Ich habe eben andere Prioritäten beim Vögeln. Beeil dich und hau ab. Ich muss mich fertig machen.“

Er lehnt sich lässig gegen die Wand und sieht dabei zu, wie der Kerl sich anzieht. Deutlich erkennt man, dass dem das jetzt gar nicht in den Kram passt. Aber Neo hat kein Interesse an mehr. Das hat er nie.

Es geht ihm nur um den Sex. Und wäre dieser wirklich gut gewesen, wäre er auch gekommen. Aber das sagt er ihm jetzt nicht, denn er hat keine Zeit für eine unnötige Diskussion oder gar eine zweite Runde, in der der Kerl sich beweisen könnte.

Wortlos geht der Typ und verkündet seinen Missmut über die Situation, indem er die Tür laut hinter sich zuknallt.

Neo atmet tief durch, tritt zum Bett, beseitigt die Spuren der Nummer und nach einem prüfenden Blick auf die Uhr, steuert er gen Badezimmer.

Er hat noch zwei Stunden. Genug Zeit, sich in aller Ruhe frisch zu machen und sich zu stylen.

Vor einer Woche hat er jemanden kennengelernt. Nein, nicht einen solchen, wie den, den er gerade nach getaner Leistung entsorgt hat. Einen Mann namens Lukas. Eigentlich war Neo nur auf Beutezug und setzte seinen Körper mal wieder gekonnt ein, um auf die Schnelle einen Erfolg zu erzielen. Wenn er sich im Takt von Musik räkeln kann, gelingt ihm das am schnellsten. Genau damit hat er wohl die Aufmerksamkeit von Lukas auf sich gezogen. Er will ihn als Tänzer für seinen Club. Zwar hat Neo erklärt, dass er kein professioneller Tänzer sei, doch das schreckte Lukas nicht ab. Er habe fähige Tänzer, die ihn locker anlernen könnten. Insofern Neo harte Arbeit und Training nicht scheuen würde.

Warum er sich darauf einlässt?

Geld braucht jeder. Und außerdem reizt es ihn. Das Ambiente, in welchem er dann tätig wäre, spricht ihn schon vom Hören her an.

Ein Club. Für Schwule. Wo, wenn nicht da, gibt es massig Beute für ihn?

So schlägt er gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Zumindest einen Versuch will er dem Vorhaben geben. Sollte es doch nicht so sein, wie er letztlich ja nur vermuten kann, kann er ja immer noch was anderes machen. Was auch immer das dann sein wird.

Nach einer flinken Dusche und der vorsorglich aufgefrischten Körperrasur steuert er ins angrenzende Schlafzimmer. Sein Ziel ist sein Kleiderschrank, den er öffnet und das Angebot an Kleidung überfliegt.

Etwas, was seinen Körper betont, seine Reize zur Schau stellt. Er muss sich gut verkaufen.

Mit gerade mal neunzehn ist er eigentlich zu jung für so einen Posten. Diese Bedenken hat Lukas auch genannt. Er meinte, dass Jungs in dem Alter meist zu unbeständig wären und unterschätzen würden, wie viel harte Arbeit doch hinter so etwas stecken würde.

Neo hat, wenn er ehrlich ist, keine Vorstellung, wie das alles genau ablaufen soll. Aber Potenzial scheint er ja zu haben, sonst wäre Lukas ja nicht auf ihn aufmerksam geworden und hätte ihn erst recht nicht angesprochen.

Gezielt greift er eine enge, ausgewaschene graue Jeans, wirft sie aufs Bett und schnappt nach einem engen schwarzen Tanktop, welches er dazu legt.

Noch Socken und ein Jockstrap – et voilà, das Outfit steht.

Die Schranktür geschlossen verharrt er und überfliegt sich selbst im Spiegel.

Sein Körper ist trainiert, geformt durch Sport und … spezial Sport. Die Proportionen stimmen. Er hat ein ziemlich hübsches Gesicht. Bedingt durch seine Eitelkeit ist er immer gepflegt und hygienisch in einwandfreiem Zustand. Zurzeit ist er kahl rasiert. Schlecht bestückt ist er auch nicht. Langsam dreht er sich zur Seite und betrachtet seinen Hintern. Nicht schlecht. Die Erfolge bei den Männern sprechen dafür, dass doch recht viele es genauso sehen. Sonst würden sie sich nicht so schnell auf ihn einlassen.

Es wäre ein leichtes für ihn einen Partner zu finden. Aber sein Interesse daran ist … nicht vorhanden. Etwas steht dem im Weg. Er kann sich nicht an einen einzigen binden. Jeder Versuch ging bisher schief. Sie waren meist schon nach wenigen Wochen gänzlich überfordert mit ihm. Tja, zuerst mit endloser Potenz prahlen und dann den Schwanz einziehen. Traurig.

Mit einem Kopfschütteln verwirft er alle Gedanken und fängt an sich anzuziehen. Der Jockstrap sitzt perfekt. Mit einem zufriedenen Schnurren rückt er sein Gemächt zurecht und zupft an den Bändern, lässt sie leicht an seine prallen Arschbacken schnalzen.

„Ich liebe diese Teile“, seufzt er zu sich selbst und verpackt den Rest seines Körpers ebenso in der ausgewählten Kleidung. Fertig damit, tritt er noch mal vor den Spiegel, streicht seine Haare einigermaßen in Form und verlässt dann das Zimmer, um nach einem erneuten Blick auf die Uhr zu beschließen, dass er sich einfach auf den Weg machen würde. Hier zu Hause passiert sowieso nichts weiter. Und langweilen kann er sich schließlich auch im Club. Denn zu der vereinbarten Uhrzeit hat der nämlich noch geschlossen. Lukas meinte, das wäre besser so.

Nun, Lukas ist der Chef. Er muss es ja wissen.

Er zieht seine Stiefel an, schließt die seitlichen Reißverschlüsse, greift seine Jacke, schlüpft hinein, schnappt Smartphone, Geldbeutel und natürlich den Wohnungsschlüssel, verstaut es in den Jackentaschen und verlässt dann seine Wohnung.

Kurz darauf lässt er das Mehrfamilienhaus hinter sich, in dem er seit knapp einem halben Jahr lebt.

Dem Gehweg folgend tritt er also eine kleine Reise ins Ungewisse an. Seine Gedanken sind dabei gemischter Natur.

 

Dreißig Minuten früher als nötig erreicht er den Club und mustert die Fassade. Die Lage ist schon mal optimal. Perfekt erreichbar, weil nahe dem Stadtkern. Umgeben von weiteren Lokalitäten und Läden, deren Öffnungszeiten sicher nicht so weitreichend sind, wie die des Clubs.

Der Eingangsbereich ist gepflegt. Das Gebäude ebenso.

Über der großen Doppeltür prangt das Schild, mit der noch nicht leuchtenden Namensreklame.

„Velvet Hell“, liest Neo und grinst. Der Name sagt ihm zu.

Aus seiner Erfassung der Lage reißen ihn Stimmen.

Zwei Männer, die sich unterhalten und direkt auf ihn zusteuern, erwecken seine Aufmerksamkeit.

Beide verdammt gutaussehend. Einer etwas zierlicher, der andere ziemlich muskulös und groß.

„Naja, wenn Lukas schon nach jemand Neuem Ausschau hält, ist klar, dass Emilio nicht mehr tanzen wird. Es war uns doch allen schon länger klar“, sagt der Kleinere der beiden.

„Ja. Das war es. Aber ich zweifle, dass es Emilios Wille ist …“ Der Größere stockt, als er Neo registriert.

„Hallo. Kann man helfen?“, fragt dieser ihn.

Neo überlegt kurz, dann offenbart er den Grund seines Hierseins: „Ich habe einen Termin bei Lukas. Aber erst in einer halben Stunde. Bin zu früh.“

Der Kleinere gluckst amüsiert: „Lukas mag es, wenn man zu früh kommt.“

Sein Nebenmann wirft ihm einen skeptischen Blick zu: „Manu, das klingt so falsch.“

Abrupt stoppt dieser sein Albern sein und überlegt, scheint dann zu kapieren: „Oh. Nein, also nicht so. Glaub ich. Weiß ich nicht. Kann sein. Äh. Ich mache es nicht besser, richtig? Ich schweige.“

„Nun, mit wem haben wir denn die Ehre?“, wendet sich sein Gesprächspartner wieder an Neo, nachdem er Manu mit einem Kopfschütteln bedacht hatte.

„Neo“, antwortet dieser und streckt einfach die Hand aus, so rein aus Freundlichkeit. Es kann ja nicht falsch sein, sich mit potenziellen Kollegen schon mal gut zu stellen.

„Angenehm. Mich nennt man hier Sen. Das ist Manuel. Ganz wichtig, sag nicht einfach Manuel. Er will, dass man es ‚Män-ju-el‘ ausspricht. Frag mich bitte nicht warum. Ansonsten nenn ihn einfach Manu.“

Der besagte Mänjuel hat davon schon nichts mehr mitbekommen, ist er schon an der Tür und wartet wohl darauf, dass man diese öffnet.

„Wenn du dich hier mit Lukas treffen sollst, ist er sicher schon da. Komm doch einfach schon mal mit rein. Ist besser als hier zu stehen.“

Neo nickt Sen zu und folgt ihm. Die Tür wird just in dem Moment geöffnet und Manu schiebt sich mit einem lauten „Hallo“ ins Innere. Sen folgt ihm, ebenso mit einem „Hallo“.

Und dann erkennt Neo, wer die Tür geöffnet hat. Niemand Geringeres als Lukas.

„Neo. Schön, dass du da bist. Komm rein“, fordert der ihn auch schon auf und Neo atmet tief durch und setzt sich in Bewegung, folgt der einladenden Geste ins Ungewisse.

Wachsam mustern seine Augen jedes kleine sich ihm offenbarende Detail. Der Eingangsbereich ist großzügig. Durch eine weitere Tür treten sie in den Club ein.

Die Bar erstreckt sich zur Linken. Irgendwo dahinter befinden sich die Sanitärräume. Ersichtlich durch das Schild, welches darauf hindeutet.

Rechts spielt sich wohl das ab, weswegen die meisten herkommen.

„Ich sehe, du hast schon erkannt, wo du vielleicht mal stehen wirst“, hört er Lukas und sieht zu ihm. Der gutaussehende Mann lächelt ihn an.

„Das ist die Tanzfläche. Direkt dahinter siehst du die Hauptbühne. Sie ist immer besetzt. Außer an Sonderveranstaltungen. Einmal im Monat ist die ‚Dark Night‘. Bei dieser Veranstaltung kommen spezielle Käfige zum Einsatz. Momentan hängen sie aber unter der Decke und stauben ein.“

Neo richtet den Blick gen Decke und erkennt sofort, was Lukas meint. Die Käfige.

„Fetisch, nehme ich an“, gibt er sein Grübeln kund und erntet dafür ein bestätigendes Grinsen.

„Wir bedienen hier immer eine Art Fetisch. Aber ja, dann die Besonderen. Dafür haben wir aber unsere Spezialtänzer. Eben jene, die auch drauf stehen. Es ist also nichts, was unter Zwang erfordert, dass du daran teilnimmst. Alles auf freiwilliger Basis. Ebenso wie die Nebenbühnen.“

Neo zieht beide Augenbrauen hoch: „Nebenbühnen?“

Lukas setzt sich in Bewegung und natürlich folgt ihm Neo neugierig. Es ist irgendwie anders, als er erwartet hat. Sein Herz schlägt schneller, je länger er hier ist. Eine gewisse Neugier kann er nicht leugnen. Ganz abgesehen davon, dass selbst jetzt, wo niemand hier ist, eine gewisse erotische Spannung in der Luft liegt.

Sie stoppen vor einigen Türen. Lukas öffnet eine und tritt in den Raum ein. Neo ihm natürlich hinterher.

Eine Stange, wie auf der Bühne, ist das Epizentrum. Links an der Wand steht ein Sessel.

„Das sind die Spezialräumlichkeiten. So nennen wir sie. Hier können Kunden Privattänze buchen, wenn sie ein wenig mehr von einem Tänzer möchten, als das öffentliche Programm.“

Neo sieht sich um, sagt aber erst mal noch nichts, was auch besser ist, denn Lukas redet weiter.

„Um das gleich klarzustellen, Neo. Wir sind kein Bordell. Hier gibt es keinen Sex zu kaufen. Unsere Tänzer sind Tänzer. Animatoren. Auch gerne gesagt: Wichsvorlagen. Mehr nicht. Anschauen ja. Anfassen nein. Ausnahme ist ein Lap Dance. Definitiv aber: Keine sexuelle Handlung! Das ist hier die Regel. Das gilt für alle Tänzer. Wir bedienen hier die sexuellen Fantasien und wollen unsere Kunden erregen. Wo diese ihre Lust dann auslassen oder ausleben, ist nicht unser Problem. Zwei Straßen weiter gibt es einen Puff. Da können sie ihren Druck dann loswerden. Sex zwischen Angestellten und Kunden hat bisher nur Probleme mit sich gebracht. Ich heiße es nicht gut und das weiß jeder, der hier arbeitet.“

Na, da hat sich sein Vorhaben, hier auf seine Kosten zu kommen, irgendwie in Luft aufgelöst. Trotzdem will er den Kopf jetzt noch nicht in den Sand stecken.

„Diese Räumlichkeiten sind Videoüberwacht. Ebenso die Bühne. Sollte es hier zu einem Übergriff kommen, was durchaus passieren kann, greift unser Sicherheitspersonal ein. Es hat sich einfach gezeigt, dass es ohne diese Sicherheitsmaßnahme nicht geht. Es gibt hier einen Knopf, den der Tänzer jederzeit betätigen kann. Daraufhin leuchtet außen eine rote Lampe auf, die signalisiert, dass er Hilfe braucht. Aber auch so ist hier alles unter wachsamen Blicken. Unsere Bar hat insgesamt sieben Monitore und die Barkeeper sind darauf geschult, die Tänzer immer im Auge zu haben.“

Neo richtet den Blick zur Bar. Dort wuseln schon drei Männer und schleppen neben Kisten auch Kartons. Anscheinend füllen sie die Vorräte auf.

„Was uns zum eigentlichen Kernstück bringt. Die Bar.“ Lukas schiebt Neo wieder aus dem Raum und schließt die Tür, steuert dann zur Bar hinüber. Neo folgt ihm artig.

„Das ist das Herz des Velvet Hell“, setzt Lukas an und legt eine Hand auf die Theke, streichelt andächtig über die Fläche, während er voller Stolz auf dieses Herzstück blickt.

„Wir haben hier die besten Drinks im Angebot. Aber am beliebtesten sind unsere hauseigenen Cocktails. Die Rezepte wurden von unseren Barkeepern entwickelt. Der ‚Velvet‘ und der ‚Hell‘ sind unser Aushängeschild.“

Lukas dreht sich wieder in Neos Richtung und lächelt ihm spitzfindig entgegen: „Was willst du kosten, Neo?“

Einen Moment lässt Neo den Blick hinter die Bar schweifen. Die Regale sind verspiegelt und beleuchtet, was die darin stehenden Flaschen richtig gut zur Geltung bringt, selbst jetzt, wo überall noch Licht ist. Im Dunkeln sieht es hier bestimmt richtig geil aus.

„Hell“, bringt er hervor und richtet sein Augenmerk wieder zu Lukas, der die Augenbrauen hochgezogen hat und lächelt.

„Gute Wahl. Die Unschuld hätte ich dir auch nicht wirklich abgekauft.“

Er lässt es so stehen. Unschuld. Was ist das schon? Ein Wort. Mehr nicht.

„Ares? Kannst du uns bitte zwei Hell machen?“, ruft Lukas und Neo kann nicht verhindern neugierig nachzuschauen, wer besagter Ares ist. Immerhin tummeln sich hier drei Männer.

„Klar.“

Dieses eine Wort genügt und Neo zuckt zusammen. Was für eine Stimme. Sie geht unter die Haut und bringt sein Blut zum Kochen.

Ein großgewachsener Kerl tritt vor sie, lässt flinke Griffe walten und holt alles herbei, was er benötigt.

„Das ist Ares. Der beste Barkeeper der ganzen Stadt. Und er arbeitet hier, im Velvet Hell. Auf ihn bin ich fast genauso stolz, wie auf Emilio.“

Neo mustert den Kerl, der gerade die Cocktails zubereitet. Er sieht echt gut aus. Kein Wunder, dass er der beste Barkeeper der Stadt ist. Man würde alles geben, um von ihm einen gewichst … nein, gemixt zu bekommen. Also, einen Cocktail!

Was ihn letztlich aus seiner Schmachterei reißt, ist der Name Emilio. Er hat ihn schon mal gehört. Vorhin erst. Manu und Sen hatten über ihn gesprochen.

„Lukas … wer ist Emilio?“, fragt er einfach frei heraus, doch sein Blick haftet noch immer auf dem großen Kerl vor ihnen. Der blickt just in dem Moment auf und Neo fühlt sich von grauen Augen aufgespießt und zeitgleich zerfetzt. Dieser eiskalte Blick vermittelt ihm, dass er eine Frage gestellt hat, die er nicht hätte stellen sollen.

Zu gerne würde Neo jetzt ja zu Lukas schauen, aber leider hält ihn der Anblick dieses Typs gefangen. Das halblange blonde Haar ist zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Nur einige wilde Strähnen fallen ihm wirr über die Stirn. Er trägt eine Brille, deren schwarzer Rahmen irgendwie dafür sorgt, dass man gebannt in diese unvorstellbar schönen Augen starrt.

An diesem Ares wirkt selbst der Dreitagebart verdammt sexy. Sein Schwanz pocht. Okay. Ruckartig löst er den Blick von ihm und sieht zu Lukas, der ein wenig betreten dreinschaut. Hat Neo etwa doch eine falsche Frage gestellt?

„Entschuldige, wenn ich eine falsche Frage gestellt habe.“

Lukas schüttelt kurz den Kopf, sieht dann zu Neo und beruhigt ihn: „Nein. Alles gut. Du kannst ihn ja nicht kennen. Emilio … du würdest seinen Posten übernehmen.“

„Hat er aufgehört?“, bricht es aus Neo, und innerlich tritt er sich in die Eier. Erst denken, dann reden!

„Er muss“, seufzt Lukas und atmet tief durch. „Emilio ist mein Partner. Er war hier Tänzer. Der Beste. Vor vier Monaten hatte er einen Unfall. Er zog seine Show durch, wie immer … und als er die Polestange erklomm, verlor er oben den Halt und stürzte. Bei diesem Sturz hat er sich die Schulter schwer verletzt. Er schafft es aufgrund dieser Verletzung nicht mehr zu tanzen. Für uns ein herber Verlust.“

„Das … tut mir leid“, wispert Neo und schon schiebt sich ein Cocktail in sein Sichtfeld. Er schaut auf und … Ares sieht ihn an. Eiskalt. Als wolle er ihn Schockfrosten.