couverture
von
Dr. Christian Lüdke
Illustriert von Saskia Gaymann
Wer hat Stella & Tom
die Angst gemopst ?
Geschichten, die Kinder stark machen
ISBN 978-3-86216-386-1
©
2018 medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg
www.medhochzwei-verlag.de
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.
Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche-
rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Satz: Sabine Brand
Illustration: Saskia Gaymann
Umschlaggestaltung: Sabine Brand
eBook: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld
Wenn Du in diesem Buch einen Druckfehler findest, dann darfst Du ihn behalten.
meine Liebe serienmäßig
KERSTIN
THE LILLILIST
modernzoely
Inhalt
Figuren 6
Stella und Tom 9
Angst vor Trennung der Eltern
Der geplatzte Traum 15
Angst vor Arbeitslosigkeit
Ich habe voll Schiss 21
Angst vor Ausgrenzung
Mops Mampfred 27
Angst vor Familienmitgliedern mit Demenz
Herr Bar 32
Angst vor Bettnässen
Die Sambabude 37
Angst vor der Dunkelheit
Mariposa 43
Angst und Eifersucht
Der geheimnisvolle Schlussel
48
Angst vor Behinderungen
Die magischen Murmeln 53
Angst vor Fehlern
l l 
Mutig in den dunklen Keller 58
Angst vor dem Umzug
Die alten Schulhefte 63
Angst vor der Schule
Schutzengel Mampfred 68
Angst vor Fremden/Entführung
Schatz in der Hand 73
Angst vor der Angst: Scham
Rosa Kiki 79
Angst in Pflegefamilien/vor Stiefeltern
Die Murmel-AG 84
Angst bei Sprechstörungen
Barenstark 90
Angst vor Terroranschlägen
Auf einmal ist die Angst klitzeklein 95
Die Mops-Murmel-Technik
Tipps und Hilfestellungen
fur Eltern und Erwachsene 100
Tipps zum Vorlesen 107
Autor / Illustratorin 111
l l 
6
Figuren
Stella & Tom sind beste Freunde. Die beiden
wohnen direkt nebeneinander und kennen
sich schon seit dem Kindergarten. Frü-
her haben sie zusammen Sandburgen ge-
baut, heute erleben sie gemeinsam große
und kleine Abenteuer. Obwohl sie viele
unterschiedliche Interessen haben, verstehen sie sich gut. Stella
ist tierlieb und sportlich. Schon seit Jahren träumt sie von einem
eigenen Pferd oder zumindest von einer Reitbeteiligung. Tom ist
temperamentvoll und spielt gerne Fußball; bei schlechtem Wetter
vertreibt er sich die Zeit mit PC-Spielen. Wenn er groß ist, möchte
Tom Fußball-Star oder Detektiv werden.
Mops Mampfred ist ein kleiner, gefräßiger Hund, der
immer dann auftaucht, wenn ein Kind Angst hat. Er
begleitet Stella und Tom bei ihren Abenteuern und hat
immer einen guten Ratschlag parat. Wenn er hungrig
oder sauer ist, kann er ganz schön ungemütlich werden.
Wenn er sich aufregt, sieht Mampfred ein wenig aus wie
ein Gorilla-Mops.
7
Otto Bär ist der Hausmeister der Schule. Er ist früher als
Seemann um die ganze Welt gefahren und hat viel ge-
sehen und erlebt. Auf einer seiner Reisen hat er
seine Frau Lola kennen gelernt. Herr Bär sorgt an
der Schule für Ordnung und kümmert sich darum,
dass es den Kindern gut geht.
Lola Bär ist die Ehefrau vom Hausmeister Bär. Sie ist ein biss-
chen verrückt und hat oft lustige Ideen. Wegen ihrer roten Haare
sieht sie ein wenig aus wie eine liebe Hexe. Das ist bei den Schü-
lern auch ihr Spitzname. Sie ist sehr kinderlieb und
betreibt den Schulkiosk Sambabude. An ihrem
Büdchen gibt es nicht nur Weingummi, son-
dern auch leckeres Obst aus dem Schulgarten.
Sie kann gut trösten und bringt die Kinder mit
ihren Geschichten zum Träumen.
Rosa Kiki ist eigentlich Lehrerin für Kunst und Musik. Sie betreut
aber auch die Schulgarten AG; dort züchtet sie Obst, Gemüse und
Blumen. Sie liebt Schmetterlinge, Rosen
und Orchideen und vor allem die Farbe
Rosa. Ganz oft sagt sie: „Rosa ist die
Farbe der Seele“. Die Schüler nennen sie
daher Rosa Kiki.
9
u
n
d
i
c
h
b
i
n
f
r
e
i
,
m
e
i
n
e
A
n
g
s
t
E
i
n
s
,
z
w
e
i
,
d
r
e
i
i
c
h
b
i
n
s
t
a
r
k
s
o
w
i
e
n
o
c
h
n
i
e
,
M
u
r
m
e
l
D
r
o
p
s
u
n
d
L
o
l
l
i
p
o
p
s
,
i
c
h
b
i
n
f
r
o
h
s
o
w
i
e
e
i
n
M
o
p
s
.
M
a
g
i
e
,
M
a
g
i
e
u
n
d
F
a
n
t
a
s
i
e
,
i
s
t
j
e
t
z
t
v
o
r
b
e
i
.
Stella & Tom
I
ch bin gerade über etwas sehr glücklich,
denkt Stella. Freunde sind sehr wichtig.
Das weiß ich genau. Ich habe nämlich einen
besten Freund und der heißt Tom.
Tom und Stella sind Nachbarn und schon zusammen in den
Kindergarten gegangen. Sie verbringen viel Zeit miteinander: Sie
gehen gemeinsam zur Schule und manchmal machen sie auch
gemeinsam Hausaufgaben. In Stellas Garten gibt es ein kleines
Törchen, da können beide schnell mal zum anderen rüber, um sich
zu treffen.
Nur wenn es regnet, dann spielt Tom alleine am Computer.
Das darf er auch an anderen Tagen machen, aber immer nur für
eine halbe Stunde, länger nicht. Wenn Stella mal allein zu Hause
ist, dann liest sie lieber. Am liebsten Bücher über Pferde oder
Hunde.
Ehrlich gesagt, hätte Stella auch gerne ein eigenes Handy. Aber
Papa und Mama sagen, das bekommt sie erst, wenn sie zehn Jahre
alt ist. Sie ist aber erst neun! In ihrer Klasse haben schon fast alle
Kinder ein eigenes Handy. Manchmal ist es echt doof, keins zu
haben. Tom findet das gar nicht schlimm. Er hat zwar schon ein
eigenes Handy, aber er sagt, dass es viel schöner ist, sich mit Stella
zu treffen. Das ist typisch Tom. Tom ist zwar kein Mädchen, aber
irgendwie ist er ganz cool, findet Stella.
Stella und Tom haben keine Geheimnisse voreinander. Aber es
gibt eine Sache, über die Tom nicht so gerne spricht. Vielleicht
schämt er sich. Die Jungs in seiner Fußballmannschaft ärgern ihn
10
manchmal, weil sein bester Freund ein Mädchen ist. Aber Tom ist
das ziemlich egal.
Dieses Jahr fahren Tom und Stella sogar zusammen in die Ferien.
Stella geht auf den Reiterhof und Tom ins Fußballcamp. Er träumt
davon, wie Lionel Messi zu spielen. Wenn Stella Tom ärgern will,
neckt sie ihn: „Wenn Reiten einfach wäre, hieße es Fußball.
An diesem Montagnachmittag liegt Stella auf ihrem Bett und
träumt vor sich hin. Aber was war das denn jetzt?, wundert sich
Stella. Hat sie gerade Papas Stimme unten im Flur gehört? Das ist
ja komisch. Sonst kommt Papa immer später nach Hause. Als sie
ihre Tür öffnet, hört sie, wie ihre Mama weint und sie hört die
Worte „Kündigung“ und „Entlassung“. Dann reden Mama und
Papa so laut, dass Stella sich total erschreckt und ihre Zimmer-
tür ganz schnell wieder zumacht und sich in ihr Bett verkriecht.
Mama und Papa streiten sich! Stella muss lange weinen, bevor sie
einschläft.
11
Später in der Nacht wacht Stella wieder auf. Irgendetwas drückt
auf ihren Bauch. Es ist schwer und fühlt sich an, als würde es sich
bewegen. Es macht auch Geräusche. Komische Geräusche. Ist das
etwa ein Schnarchen? Mit geschlossenen Augen greift Stella auf
ihren Bauch und spürt ein wunderbar weiches Fell. Es ist so ku-
schelig, dass sie am liebsten ihr ganzes Gesicht darin vergraben
würde.
Ganz, ganz langsam öffnet Stella ihre Augen. Und macht sie
sofort wieder zu. Das kann doch gar nicht sein, was sie da gera-
de gesehen hat! Schnell kneift sie sich in den Arm. Aua! Das tat
richtig weh
und sie kann unmöglich noch träumen. Sie zählt ganz
langsam von zehn
rückwärts. Erst dann traut sie sich, ihre Augen
nochmal zu öffnen.
„Das wird aber auch langsam Zeit, du Schlafmütze! Ich sitze
schon die ganze Zeit neben dir im Bett und habe einen Riesenhunger.
Stehst du bald auf? Ich brauche etwas zu mampfen!“, fängt auf
einmal jemand an zu sprechen.
Erst verschwommen und dann ganz deutlich sieht Stella eine
Gestalt auf ihrem Bauch. Sie ist ganz dick, hat große Augen, ein
zerknautschtes Gesicht, eine rosa Zunge und Schlappohren. Jetzt
rammt sie ihr eine feuchte Nase ins Gesicht. „Iiihh, hör sofort auf
damit, das ist total ekelig!
Stella muss lachen. Bäh, jetzt weiß sie genau, dass sie nicht
träumt.
„Mein Name ist Mampfred“, sagt das Wesen.
Stella erkennt langsam Formen und fragt erstaunt: „Bist du
etwa ein Hund?
„Nein! Damit das klar ist: ich bin kein Hund! Ich bin ein Mops!
Stella kann es nicht mehr aushalten und macht die Nachttisch-
lampe an. Sie sieht tatsächlich einen kleinen, dicken Mops!
12
„Und was ist der Unterschied zwischen Hund und Mops?
„Das wirst du noch früh genug herausfinden, und jetzt gib mir
endlich was zu fressen!“, winselt Mampfred.
Stella kriegt kein Wort mehr heraus und starrt Mampfred ein-
fach nur an. In ihr rumort es: Wenn ich mir etwas wünsche, dann
ist es ein Pferd. Aber doch keinen Mops, der so hässlich ist, nur
Geräusche macht und ständig fressen will, denkt sie angewidert.
Als ob der Mops Gedanken lesen kann, sagt er plötzlich: „Hey,
du solltest etwas mehr Respekt vor mir haben und dich freuen,
dass ich da bin. Von jetzt an bin ich dein bester Freund – ich lass
dich nie mehr alleine.
13
Bevor Stella das verdauen kann, geht die Tür auf und Stellas
Mutter kommt herein. Verschlafen fragt sie: „Stella, mit wem
sprichst du? Warum ist denn das Licht an?
Stella weiß nicht, was sie sagen soll. „Ähm … ich, also …, ich
meine …, na du siehst es ja selbst“, stottert Stella. Ihre Mutter
schaut sie nur verwundert an: „Was soll ich denn sehen? Du hast
wahrscheinlich geträumt und im Schlaf gesprochen. Schlaf weiter“,
sagt sie liebevoll und streicht ihr über die Haare, bevor sie das
Zimmer verlässt.
„Das ist ja der Hammer. Mama hat dich nicht gesehen“, flüstert
Stella fassungslos.
„Nein, deine Mama kann mich nicht sehen und dein Papa auch
nicht. Für die meisten Erwachsenen bin ich unsichtbar. Nur du
kannst mich jetzt sehen.
„Und woher kommst du?“, fragt Stella.
„Verrate ich dir später. Jetzt erzähl mir erst, warum du vorhin so
geweint hast.
„Ich glaube, mein Papa hat seine Arbeit verloren“, erzählt Stella
zögerlich. „Er ist schon früh nach Hause gekommen und hat sich
unten mit Mama gestritten. Bestimmt ist Mama böse auf Papa,
weil er keine Arbeit mehr hat. Und noch bestimmter hat sie Papa
nicht mehr lieb. Oh, nein!“ Stella klingt verzweifelt. „Was ist,
wenn Mama mich jetzt auch nicht mehr lieb hat? Und Papa auch
nicht mehr? Dann bin ich ja ganz alleine. Naja, nicht ganz alleine,
Tom ist ja auch noch da. Aber was ist, wenn Tom auch nicht mehr
zu mir hält?
14
„Nur, weil dein Papa jetzt keine Arbeit mehr hat, heißt das nicht,
dass deine Mama ihn nicht mehr lieb hat“, beruhigt sie der di-
cke Mops. „Dein Papa liebt deine Mama, und vor allen Dingen
liebt er dich. Die Familie ist viel wichtiger als die Arbeit. Dass
deine Eltern jetzt etwas streiten, ist nicht schlimm. Wir haben uns ja
gerade beinahe auch schon gestritten, weil du mir nichts zu fressen
geben wolltest.
„Was soll ich denn bloß machen, Mampfred?“, fragt Stella, die
kurz davor ist, zu weinen.
„Am besten, du sprichst morgen mit deinen Eltern und erzählst
ihnen, dass du dir Sorgen machst. Ich gehe jetzt erstmal in die
Küche und sehe nach, ob ich dort etwas zu fressen finde.
„Wie kann man nur so verfressen sein?“, grinst Stella, die schon
etwas aufgemuntert ist.
„Na los, Stella, nimm dir morgen ein Herz. Ich kann dir jetzt
schon sagen, was sie machen werden: Sie werden dich so fest
knuddeln, dass du denkst, sie könnten dich zerquetschen. So
lieb haben sie dich! Sie haben dich genauso lieb wie ich mein
Fressen.
Wer hat dich
schon einmal überrascht?
15
I
ch bin gerade über etwas sehr glücklich, denkt Stella. Möpse
sind schwerer als Schmetterlinge. Das weiß ich genau. Denn
ein Mops saß gestern auf meinem Bauch. Und was für ein Mops!
Einer, der die ganze Zeit nur ans Fressen denkt. Stella liegt in
ihrem Bett und lächelt vor sich hin, während sie an den Mops
denkt. Wohlig schließt sie die Augen.
Aber jetzt muss sie schnell einschlafen, mahnt sie sich selbst,
denn es ist die letzte Woche bevor die Ferien beginnen und Stella
freut sich über jeden Tag, der vergeht. Sie freut sich auch schon
wie verrückt, weil sie am Samstag mit ihrer Familie in den Urlaub
fährt. Nicht in irgendeinen Urlaub – Ferien auf dem Reiterhof!
Und das Beste ist, dass Tom mitfahren darf.
Papa hat Stella vor ein paar Wochen erzählt, dass sie an den Tim-
mendorfer Strand fahren. „Das ist an der Ostsee“, hat Papa erklärt.
„Und da gibt es auch einen Fußballverein, der in den Ferien ein
Fußballcamp anbietet – perfekt für Tom! Während du reiten gehst,
spielt Tom Fußball. Abends könnt ihr dann noch etwas zusammen
unternehmen oder mit Mama und mir spielen“, hat Papa hinzuge-
fügt. Stella denkt schon seit Wochen immer vor dem
Schlafengehen an den Urlaub und stellt sich vor,
dass sie so schnell wie der Wind reiten wird.
Ihr Papa kommt jeden Abend in ihr Zim-
mer, um Gute Nacht zu sagen. Manch-
mal liest er ihr auch eine Geschichte vor.
Oder er erfindet einfach Geschichten, die
ihm gerade einfallen.
u
n
d
i
c
h
b
i
n
f
r
e
i
,
E
i
n
s
,
z
w
e
i
,
d
r
e
i
i
c
h
b
i
n
s
t
a
r
k
s
o
w
i
e
n
o
c
h
n
i
e
,
M
u
r
m
e
l
D
r
o
p
s
u
n
d
L
o
l
l
i
p
o
p
s
,
i
c
h
b
i
n
f
r
o
h
s
o
w
i
e
e
i
n
M
o
p
s
.
M
a
g
i
e
,
M
a
g
i
e
u
n
d
F
a
n
t
a
s
i
e
,
Der geplatzte Traum
m
e
i
n
e
A
n
g
s
t
i
s
t
j
e
t
z
t
v
o
r
b
e
i
.
16
Heute ist Papa aber ganz ernst. „Ich muss dir etwas erzählen, Stella.
Es wird sich etwas ändern, meine Kleine.
„Was denn?“, fragt Stella abwesend, da sie noch von den Ferien
träumt.
„Stella, wir müssen dir etwas sagen, was leider sehr unerwartet
für uns alle ist.
„Ich bekomme ein eigenes Pferd?“, fragt Stella aufgeregt.
-