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Siegrid Graunke Gruel

Abenteuer 'Neue Jugendherberge'


Ein Roman für alle jugendlichen Eroberer in der neuen Aufbruchzeit


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Abenteuer 'Neue Jugendherberge'

 von Siegrid Graunke Gruel

 

 

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ein Roman für Mädchen und Jungen - , die sich in der veralteten Neuzeit nicht so richtig wiederfinden können... und für junge

Eroberer in einer neuen Aufbruchzeit

 

 

   

 mit Illustrationen von Siegrid Graunke Gruel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt:

 

1 NEUORIENTIERUNG

 

Ankunft

 

Ein nettes Monster und eine Frage an Mond

 

Begegnung mit Simon

 

Eine besoffene Frau

 

Der kleine Saal

 

Frühstück mit Henning

 

Liebe mit Simon

 

Gäste

 

Geheimnisvoller Simon in Klimakathastrofe

 

Der Windfisch

 

Die Xfreundin

 

Neuzulauf

 

Alles anders...

 

Eifersucht

 

Ein Ritter und eine Lady

 

Der Berglöwe

 

Neue Erkenntnisse

 

Das Konzept für den Frühling

 

Garten anlegen

 

Ausschwärmen

 

Falscher Auftritt

 

Das Geschenk

 

 

2 AUSSCHWÄRMEN UND VERSCHANZEN

 

Geschwindigkeitsrausch mit Rast

 

Eine lange Fahrt durch die Nacht

 

Wo kommen wir hin...?

 

Bei Tom

 

Das Terranigma

 

Bleib bis morgen

 

Begegnung mit einem Lautenspieler

 

Home

 

 

 

 

NEUORIENTIERUNG

Ankunft

 

 Stina konnte einfach nicht mehr.

Immerzu muss sie nur daran denken, an diesen heftigen Streit mit Elmar, ihrem Freund. "Streit ist das Letzte, was ich gerade noch brauchen kann!", hatte er dann noch abschließend zu ihr gesagt und war dann einfach gegangen. Und kurz danach stand auch noch ihre Mutter an ihrer Zimmertür und setzte noch drauf: "Jetzt vergraulst du auch noch deinen Freund. Er hat sich nicht mal verabschiedet. Dabei ist er so ein so guter Junge. Wir sind enttäuscht von dir, der Papa und ich. Was machst du nur immer für Sachen, wirklich Stina..."

Ja, ja, bla bla; - natürlich bekam sie wieder mal die Schuld!

Und wenn sie nicht aufgestanden wäre, ihrer Mutter die Tür vor der Nase zugemacht hätte, mit den Worten: "Geh einfach!", wäre sie wohl immer noch in ihrem Zimmer gefangen, weil sie nicht den Mut aufgebracht hätte, ihren kleinen Rucksack zu nehmen und in derselben Nacht einfach aus der Wohnung zu flüchten.

 

Ja, da steht sie jetzt in einem schummrig beleuchteten Vorraum und weiß nicht, - was tun?

"Hallo", sagt eine Stimme von irgendwo herkommend und ein dicklicher junger Mann bewegt sich aus dem Dunkel heraus hinter den Empfangstresen.

"Wer bist du?", fragt er und knipst eine Lampe dahinter an.

"Stina", sagt Stina. "Ich möchte hier übernachten."

"Ach so", sagt der Junge, "ein - Neuzugang also -"

"Ja", sagt Stina etwas unsicher, denn er blättert jetzt in einem dicken Heft herum.

"Um diese Zeit kommt selten noch jemand", sagt er dann. "Du hast Glück, dass ich Nachtschicht mach. Wielange willst du denn bleiben?"

"Ein paar Nächte... oder auch etwas länger, - weiß noch nicht", hört Stina sich nun sagen und hört dabei den Sturm durch die Fenster lautstark in den Bäumen rütteln.

"Ja, - das ist mal ein Sturm heut Nacht, was", sagt der dicke Junge, der etwa über zwanzig oder sogar noch älter ist, aber bestimmt nicht ihr Jahrgang, schätzt Stina ihn ein.

"Kostet, warte mal - ähm... 10 Euro für eine Nacht, duschen mit inbegriffen", sagt er jetzt wichtig.

"Ja, nehm ich", sagt Stina. Sie heißt eigentlich Sandra, aber sie wird immer noch von allen Stina genannt, weil sie sich selbst als Kleinkind so nannte und ihre Eltern sie noch so nennen. "Muss ich gleich bezahlen?"

"Am besten - ja", sagt der Junge und guckt dabei zu Boden und dann wieder zur Decke.

 

 

Ein nettes Monster und eine Frage an den Mond

 

Niemals im Leben fühlte sich Stina so einsam, nachdem der dicke Junge wieder gegangen war.

"Freie Auswahl, bitte sehr", hat er gesagt, als er sie in den großen Schlafraum mit tausend Betten geführt hat. "Such dir eins aus."

Und "ja, - danke", hat sie geantwortet. "Das - mach ich." Doch dabei klang ihre Stimme, als hätte sie einen Eiszapfen verschlucken müssen.

"Wir haben in den Wintermonaten wenig Zulauf", ergänzte er noch. "Ich wünsche eine angenehme Nachtruhe, bin übrigens Henning."

Und dann war er auch schon aus der Tür und sie allein, umgeben von den vielen leeren Betten. Ja, Henning ist wirklich ein nettes 'Monster'

Sie wählt sich ein Bett aus, direkt am Fenster an der Ostseite, wo der Sturm die Bäume heftig auf und nieder bewegt, - denn hier hat sie das sichere Gefühl, drinnen gut geschützt zu sein, - wie auf einem Boot, das an einer Anlegestelle liegt - und nicht losfahren kann.

 

 

Lange Zeit kann sie nicht einschlafen, denn der Mond schaut immer wieder hinter wilden Wolken hervor, genauso wie ihr Herz wachsam von der Liebe träumt, die sie noch nicht wirklich kennengelernt hat, - aber die bestimmt versteckt hinter den Sternen irgendwo noch da sein muss, - fern von ihrem Freund Elmar, den sie nicht mehr liebhaben kann, denn er ist ja nie auf ihrer Seite!

Vielleicht liebt er ja ihre Eltern mehr, nur weil er keine mehr hat...

Dabei sind doch seine Oma und sein Opa richtig gute Menschen..., und irgendwie viel lieber als ihre dummen Eltern.

Sie sind immer so gut zun ihr und zu ihm doch auch. Wieso merkt er das denn nicht?

Sie haben einen kleinen Bauernhof, nicht weit entfernt von der Großstadt und noch ein paar Hühner und Gänse behalten können, bevor sie dem Staat der DDR vor dem Mauerfall ihre Kühe und ihr Ackerland übergeben mussten...

Elmars Eltern waren beide umgebracht worden, - in einer der 'Hofburgen' des gemeinen Staates.

Ist er wahrscheinlich deshalb so schwierig zu verstehen... und hängt sich irgendwie so an ihre Eltern?

Mond, schöner sanfter wachsamer Mond, - ist es so?

Doch der Mond verschwindet immer wieder hinter den Wolken, die jetzt schnell vorbeiziehen, bis alle vorbeigezogen sind. Und nun ist er da und schaut sie an, als würde er sagen: "Frag mich nur, denn ich bin doch jetzt hier für dich, voll von Weisheit und gelbwarm."

Und da sieht der Mond plötzlich so aus, wie als wäre er eher so wie eine weibliche Person..., nicht so wie ein Gott, der beobachtend ihr Leben regieren will. Er sieht so warmherzig aus.

Aber weil man mit einem Mond dennoch nicht so reden kann, als wäre er jemand mit den man reden kann, schreibt Stina in ihr kleines Notetagebuch:

 

'Hallo warmer Mond, wo die Mondgöttin wohnt!

Ich bin Stina, die dir in deinem hellen Nachtlicht etwas schreibt, hier in der Jugendherberge. Vielleicht siehst du mich ja auch?

Ich weiß, dass ich dir alles sagen und dich alles fragen darf, weil bestimmt bei dir ebenso das Herz einer lieben Oma mitwohnt, so eins, wie das von Elmars Oma.

War es falsch, ihn zu verlassen und abzuhauen?

Und gibt es eine Welt hinter den Sternen, in der keine Tiere leiden müssen, - zum Genuß gieriger Menschen?!

Gibt es so eine Welt, Mondgöttin vor den Sternen?

 

 

 

 

 

 

Begegnung mit Simon

"Wer bist du denn?!", fragt sie ein junger Mann, dem sie plötzlich begegnet, als sie früh vor dem hereinbrechenden Morgen über den langen Flur geht, um den Weg zu den Toiletten zu finden.

Er hat längere Haare als die meisten, die sie von der Schule her so kennt und seine Stimme klingt beeindruckend - wie eine Art - Gottheit durch die Stille.

"Stina, heiß ich", sagt sie und muss direkt vor ihm stehen bleiben, weil er aus einem Seitenflur kommt und ihren Weg kreuzt.

"Angenehm, und ich bin Simon!", sagt er mit einer warmen Stimme und ein freundliches Lächeln umgibt dabei sein eindrucksvolles Gesicht.

Weil sie nicht sogleich weiß, was sie jetzt sagen soll, kommt er ihr mit einer weiteren Frage zuvor.

"Sag bloß, du wohnst jetzt auch hier?" Und seine Augen leuchten dabei aufregend charismatisch...!

"Das würde ich nicht unbedingt so nennen...",sagt sie zögernd und auch etwas verwirrt über seine vertraute Art mit ihr zu reden,so als würden sie sich kennen, doch als er dann an ihr vorbeisieht, so als würde er etwas suchen, fügt sie noch hinzu: "Aber ich glaube schon - ja, erstmal wenigstens..."

"Cool", sagt er jetzt laut und macht sich daran eine große Turnmatte, die an der Wand lehnt, hin und her zu bewegen.

"Wo sind denn hier die Mädchentoiletten", hört sie sich ihn nun fragen, - denn sie möchte aus ihrer aufkommenden Verlegenheit heraus.

"Ach die sind - am Ende vom Gang", sagt er, während er die Matte umgreift und sich abemüht, sie von der Wand wegzuschaffen.

"Irgendwo - da links - oder - rechts."

"Warte, ich helfe dir", sagt sie schnell, aber da ignoriert er es einfach und schleppt die Matte schon allein voran über den Gang in die entgegengesetzte Richtung.

"Danke, geht schon!", hört sie ihn noch rufen, denn er ist plötzlich schon zehn Meter mit der Matte weiter.

"Kennst dich wohl - nicht so besonders gut aus...", sagt sie leise und etwas enttäuscht hinterher.

"Danke - au auch!", hört sie ihn jetzt zurückrufen, bevor er mit der Matte im Gang um die Ecke verschwunden ist.

'Übernimm dich nicht!" ruft sie zurück, als sie den Gang zu den Toiletten weiter entlang geht, denn sie findet ihn soo gutaussehend und auch tapfer, - wie nur echte Ritter es sein können.

Oh ja! - Diesen Simon möchte sie unbedingt wiedersehen...

 

Gerade als sie nach einem kalten Toilettenbesuch, wo ein kleines Fenster weit offen stand in einer stürmischen Januarnacht, wieder den langen Gang zurückgeht, ist das Licht jetzt überall aus.

Es reicht aber zum Sehen gerade noch aus, um ihre Zimmertür zum Schlafsaal wieder zu finden. Sie drückt die Türklinke hinunter, geht schnell hinein und lässt die Tür hinter sich wieder ins Schloß fallen.

Als sie gerade in ihr Bett, neben dem Fenster, hinein will, geht die Tür aber plötzlich wieder einen kleinem Spalt auf. "Schlaf gut, Stina", hört sie dabei eine Stimme sagen, die sie schon kennengelernt hat.

Es ist Simons Stimme!

"D danke, - du auch", hört sie sich sofort antworten. Und dann schließt sich die Tür wieder mit einem ganz leisem Klick.

Und jetzt wird ihr Herz ganz warm und alles ist nur gut und um sie herum, - auch wenn der Wind draußen immer noch so heftig weht.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bitte nicht anmelden

Am nächsten Morgen, nachdem sie bis in den Mittag hinein durchgeschlafen hat, zieht sich Stina schnell an und geht schnurstracks durch die Tür des großen Schlafsaals, den Gang durch bis hin zum Eingangsbereich, wo der kleine Empfangstresen ist.

Ja, sie will jetzt erstmal bezahlen und um einen kleineren Schlafraum bitten, wo doch bestimmt noch ein paar andere Mädchen nächtigen.

Oder ist hier alles gemischt- untergebracht? Na, das wär ihr auch egal, Hauptsache nicht allein in einem großen Schlafsaal.

Wieder ist niemand da, doch nach einer Weile des ruhelosen Wartens, sieht sie endlich mal das kleine Schild, auf dem 'Bitte klingeln' steht.

Sie drückt die Klingel gleich unverschämt dreimal. Leider ohne sichtlichen Erfolg, aber nach etwa zehn Minuten erblickt sie Simon, wie er vom hinteren Ende des langen Ganges ein Gefährt auf Rädern vor sich her lenkt und es dann kurz vor dem Empfang stehen lässt.

"Hi, Stina", sagt er und begibt sich jetzt mit langsamen Schritten hinter den Tresen.

Doch dann guckt er sich wieder nach dem Gefährt um, geht wieder zurück und stellt es mit einem Ruck in eine bessere Position.

"Entschuldige", sagt er jetzt, als er wieder hinter dem Tresen ist und sie etwas prüfend ansieht."Hast du gut geschlafen?"

"Ja, habe ich", sagt sie. "Kommt hier vielleicht heute noch mal jemand? Ich warte hier schon seit einer halben Stunde auf den - äm Empfangschef."

Doch Simon guckt sie jetzt nur mit einem grinsenden, etwas weltfremden Blick an und dann in das dicke aufgeschlagene Heft, das vor ihm liegt. "Darauf brauchst du nicht zu warten", sagt er schließlich. "So jemanden gibt es hier nicht. Was gibt es denn Dringendes?"

"Ich möchte mich richtig anmelden, das gibt es", sagt sie etwas irritiert. "Und für ein paar Nächte bezahlen, was denn sonst", gibt sie ihm zu verstehen, denn es gefällt ihr nicht besonders, wie er mit ihr redet.

"Ja, das ist schön", entgegnet Simon aber etwas gleichmütig und sieht dabei aufmerksam beobachtend zu seinem Gefährt hinüber, als könnte es sich mit einem Mal von selbst bewegen und vielleicht nicht sicher genug stehen.

"In dieser 'Neuen Jugendherberge' sind wir alle nur Gäste, Stina", sagt er jetzt. "Hier muss niemand für irgendwas bezahlen" und mehr zu sich selbst, "die Zeiten sind God sei Dank vorbei."

Dann guckt er sie wieder direkt an. "Du kannst bleiben solange du möchtest und gehen, wenn du glaubst, du müsstest es.

Es hält dich hier niemand auf, oder - vielleicht doch?", sagt er und schenkt ihr jetzt einen verliebten charismatischen Blick.

Jetzt vesteht Stina gar nichts mehr und guckt nur etwas dumm aus der Wäsche.

"Tief ein - und ausatmen", sagt Somon und wendet sich wieder dem Wagen zu, der bepackt mit Turnmatten fest an der Wand steht.

"Du verarscht mich", sagt Stina. "Komm ich eben später wieder her, wenn dieser Henning da ist."

Sie dreht sich um, geht los, willl zurück in ihr Zimmer, doch da stellt sich ihr Simon mit ausgebreiteten Armen entgegen, denn von der anderen Seite stolpert eine Frau direkt auf den Wagen zu und fällt der Länge nach gegen die Matten, sodass sich der Wagen in Bewegung setzt.

Simon kann ihn gerade noch stoppen, bevor er gegen den Tresen knallt.

Die Frau kreischt jetzt fluchende Laute aus und schreit wütend herum: "Ach, schon wieder Sport Simon?! Hast du kein anderes Programm, als Turnmatten?!"

"Hallo, Verena", kommt es von Simon zurück. "Siehst du, du brauchst noch Übung beim - Gehen."

Und dann lacht er und schiebt den Wagen hinaus durch eine Schwingtür in einen anderen Gang.

 

 

Eine besoffene Frau

"Au, au mein Kopf", jammert die Frau, die jetzt am Boden hockt. Stina geht schnell zu ihr, um ihr aufzuhelfen.

"Sind Sie verletzt?", fragt sie, aber die Frau sagt bloß, "ne, - alles klar, geht schon wieder, danke."

Sie steht jetzt zum Glück wieder auf ihren Füßen, schwankt aber ein bißchen dabei.

"Ist wirklich alles okay?", fragt Stina.

"Ja ha a", sagt die Frau. "Der Simon spinnt doch wieder. Ich kenne i - hin, er will mich als sein Dressurpferd - aber - das kann er sich abschminken."

Jetzt fällt Stina auf, dass die Frau betrunken ist.

"Bestimmt ist es nicht so", sagt sie deshalb gütig. "Ich bin übrigens Stina. Wie wärs, wenn ich dich auf dein Zimmer, ähm in den Schlafsaal bringe?"

"Alles ausge - bucht...",sagt die Frau jetzt, und es klingt irgendwie verzweifelt.

"Komm, ich bring dich trotzdem hin, ja?", sagt Stina und nimmt die Frau an die Hand. Sie hakt sich dann bei ihr unter und geht mit ihr langsam den Flur entlang bis zu ihrer Zimmertür.

"So, wir sind da, such dir ein Bett aus. Ich schlafe da am Fenster", sagt sie.

"Ich hab doch schon ein Bett", sagt die Frau jetzt.

"Ach so, - und wo?"

"Im annern Raum", sagt die Frau und setzt sich erschöpft auf ein Bett.

Ach, es gibt hier also doch noch mehr Zimmer, denkt sich Stina, wusste ichs doch und sagt dann, "zeigst du mir wo's ist?"

"Kla ar", sagt die Frau, fällt aber im selben Moment auf das Kissen und pennt sofort ein. Und jetzt fällt Stina auf, dass ihr Atem stark nach Alkohol richt.

Mein God, wo bin ich hier gelandet?, denkt sich Stina und seufzt. Vielleicht war es ein Fehler, einfach abzuhauen von zu Haus...

Doch irgendetwas in ihrem Herzen sagt, dass es trotzdem richtig war.