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Alle Rechte vorbehalten • Societäts-Verlag
© 2012 Frankfurter Societäts-Medien GmbH
Umschlaggestaltung: Nicole Ehrlich, Societäts-Verlag
Satz: Nicole Ehrlich, Societäts-Verlag
eBook: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
ISBN 978-3-95542-031-4
Bildnachweis:
Soweit nicht anders angegeben Frank Berger, Christian Setzepfandt
Seite 70 „Pavillon Heimat“: Christian Schmidt, Oliver Donnerecker
Seite 69 „Pik Dame“: Ulrich Mattner
Seite 162 „Kühhornshof“: Wikipedia
Seite 186 „Künstler Zimmer“: Prof. Klaus Jaeger, Filmtheaterbetriebe Frankfurt

Inhaltsverzeichnis

Unvermeidlich
Das Vorwort
1
 
Unbeeinflussbar
 
Hans Giese
2
 
Unbehaart
 
Struwwelpeters Geburtshaus
3
 
Unbehagen
 
Das Klapperfeld
4
 
Unbehandelt
 
NEFF-Hochhaus
5
 
Unbehauen
 
Burg Bonames
6
 
Unbehaust
 
Das Fettmilchplätzchen
7
 
Unbeirrt
 
Tsunami im Vogelsaal
8
 
Unbelesen
 
Bücherverbrennung
9
 
Unbeleuchtet
 
Frauenpforte
10
 
Unbeliebt
 
Das Selmihaus
11
 
Unbemerkt
 
Geld im Untergrund
12
 
Unbequem
 
Schönborn-Hof und Stoltze-Museum
13
 
Unbescheiden
 
Die Oberbürgermeistervilla
14
 
Unbeseelt
 
Weißfrauenplatz
15
 
Unbespielbar
 
Andi Möllers Heimat
16
 
Unbewachsen
 
Das Grab im Wall
17
 
Unbewohnt
 
Schloss Bockenheim
18
 
Unblutig
 
Brunnen am Schlachthof
19
 
Unbürokratisch
 
Bürohaus Berliner Straße
20
 
Unbußfertig
 
Der Frankfurter Galgen
21
 
Undatiert
 
Bonifatius am Riedberg
22
 
Undemokratisch
 
Wo Adickes wohnte
23
 
Undeutsch
 
Toilette Zeil
24
 
Undicht?
 
Das Frankfurter Atomkraftwerk
25
 
Undurchdringlich
 
Das Gebück von Oberrad
26
 
Undurchsichtig
 
Die Fenster der Lina von Schauroth
27
 
Uneben
 
Die Braubach
28
 
Unecht
 
Geld für Japan
29
 
Unehrenhaft
 
Palais Reichenbach-Lessonitz
30
 
Unentdeckt
 
Der zerstörte Goethe
31
 
Unerforscht
 
Pavillon „Heimat“
32
 
Unermüdlich
 
Die Berger Ruhebank
33
 
Unerwünscht
 
Jean Baptiste Schweitzer
34
 
Unfallort
 
Explosion am Gallus
35
 
Unfein
 
Pik Dame
36
 
Ungebührend
 
„Kleist Casino“
37
 
Ungeehrt
 
Die Schule des Raphael Simon Hirsch
38
 
Ungeist
 
Die Westend-Synagoge
39
 
Ungekocht
 
Der Geburtsort Frankfurter Würstchen
40
 
Ungenießbar
 
Kochkunstmuseum
41
 
Ungenutzt
 
Klo im Aufzugschacht
42
 
Ungepanzert
 
Die Schlacht von Höchst
43
 
Ungeschützt
 
Das Loch in der Mauer
44
 
Ungestraft
 
P. J. Anselm von Feuerbach
45
 
Ungestüm
 
Zollkrawalle an der Mainkur
46
 
Ungetüm
 
Künstlerhaus Fritz Boehle
47
 
Ungewöhnlich
 
Maurisches Haus
48
 
Ungezwungen
 
Juniorhaus
49
 
Ungläubige
 
Joseph am Dom
50
 
Unglaube
 
Heilig Kreuz Kirche
51
 
Unheil
 
Dynamit für Rothschild
52
 
Unkenntlich
 
Das letzte Westendhaus
53
 
Unlesbar
 
Gedenktafel
54
 
Unliebsam
 
Anderes Ufer – erstes schwules Tagescafé
55
 
Unmenschlich
 
Das Fallbeil von Preungesheim
56
 
Unmöbliert
 
Die Stalburg
57
 
Unmöglich
 
Exzess-Halle
58
 
Unmoral
 
Huren im Rosental
59
 
Unmut
 
Der Sperrbatzenkrawall
60
 
Unnötig
 
Der Fluchtlinien Plan
61
 
Unplatziert
 
Der Zeppelin-Gedenkstein
62
 
Unrasiert
 
Paul Ehrlich
63
 
Unrast
 
Die Schillerruhe
64
 
Unruhe
 
Der Bierkrawall von 1873
65
 
Unsäglich
 
Die Riederhöfe
66
 
Unschätzbar
 
Goethes unglückliche Liebe
67
 
Unsichtbar
 
Gastätte Karussell
68
 
Unsühnbar
 
Die Auschwitz-Prozesse
69
 
Untäter
 
Gestapo-Leitstelle Frankfurt
70
 
Untat
 
Die Handgranate in der Christmette
71
 
Untendrunter
 
Das Fischergewölbe
72
 
Untererde
 
Bastion
73
 
Unterführung
 
Die Dornbusch-Kreuzung
74
 
Untergegangen
 
Altstadtspolien
75
 
Untergehen
 
Der Brickegickel als Hinrichtungsstätte
76
 
Untergestellt
 
Edle Pferdeställe
77
 
Untergetaucht
 
Kühhornshof
78
 
Unterglasur
 
Treppenturm der Porzellanmanufaktur
79
 
Untergrundbewegung
 
Frankfurts Kommune 1
80
 
Unterhaltungskunst
 
Gedenktafel Neues Theater
81
 
Unterirdisch
 
Der tote Autobahntunnel
82
 
Unterkommen
 
Das Kastenspital
83
 
Unterkunft
 
Die Hauptwache als Gefängnis
84
 
Unterprivilegierte
 
Obdachlos im Ostpark
85
 
Unterputz
 
Fachwerkhaus
86
 
Unterrock
 
Bewegte Frauen
87
 
Unterschiedlich
 
Wasserstandsanzeiger
88
 
Unterschlupf
 
Bismarcks Rache
89
 
Unterschrieben
 
Das Künstlerzimmer im Europa-Palast
90
 
Unterstand
 
Pavillon im Huthpark
91
 
Untersucht
 
Ehemaliges Polizeigefängnis
92
 
Unterwasser
 
Wo der Kettenhof war
93
 
Unterweilen
 
Das Krönungslager von 1790
94
 
Unverändert
 
Betonbau von 1914
95
 
Unverbindlich
 
Wilhelm Busch als Hausfreund
96
 
Unvergänglich
 
„La dame de Francfort“
97
 
Unverhüllt
 
Der erste Frankfurter Schwule
98
 
Unvermählt
 
Der Nebelfürst
99
 
Unwetter
 
Das Magdalenenhochwasser
100
 
Unzählig
 
Das Pfennig-Denkmal
101
 
Unzierde
 
Das Nest der Eintracht
102
 
Unzüchtig
 
Frauenfigur von Fritz Klimsch
Literatur
Die Autoren

Unvermeidlich

Das Vorwort

Es geht weiter mit den Unorten. Ein zweiter Band also. Warum das? Ganz einfach: Die „101 Unorte in Frankfurt“ haben erstaunlicherweise vielen Menschen gefallen. Dabei waren diese 101 Stellen gar nicht so besonders malerisch. Doch die lieben Leserinnen und Leser baten uns darum, mit weiteren „102 Unorten“ herauszurücken. Kein Problem. Wir haben ja sonst nichts zu tun. Hier sind sie nun. Viel Spaß damit!
Noch zu viel bleibt unentdeckt, unsichtbar, unterschätzt, unbekannt, unsäglich, unglücklich und unglaublich. Auch diese zweite Kollektion der Unorte handelt von einem Frankfurt, das die Bürger, Einheimische wie Eingeplackte, so nicht kennen. Deshalb blieben wir beiden Freunde Frankfurts nicht untätig. Wir haben uns über weitere 102 Orte unserer kleinen Metropole verständigt und eine Anzahl erklärender Berichte dazu geschrieben. Jeder die Hälfte. Dazu ein schönes Foto. Das Ergebnis, unausgewogen und unverfroren, verantworten wir wieder gemeinsam. Für die Bilder gilt das Gleiche.
Die 102 Unorte verstehen sich, wie zuvor schon die 101 Unorte, als Anregung für Körper und Geist. Der geneigte Leser soll Neues über seine Heimatstadt erfahren. Und er soll die Orte suchen und sie sich selbst ansehen. Aus der Verbindung benachbart gelegener Unorte kann sich eine veritable Exkursion ergeben. Also, die Stadt ruft – zu einer Exkursion!

1. Unbeeinflussbar

Hans Giese

Westend, Hansaallee 7
Als Hans Giese 1950 ein Schild an der Haustür der Hansaallee 7 für sein Institut für Sexualforschung anbrachte, war die Aufregung groß. Denn für die prüden Zeitgenossen der Nachkriegszeit konnte dies nur bedeuten, dass sich dahinter mindestens ein Bordell befand. Gieses Institut hatte damit allerdings nicht viel zu tun. Sein Institut war die erste Forschungseinrichtung, die sich nach dem Krieg in Deutschland mit der Sexualität wissenschaftlich auseinandersetzte.
Hans Giese wurde 1920 im Frankfurter Westend geboren. Gieses Vater war Rechts-, Kirchen- und Staatswissenschaftler und Professor an der Frankfurter Universität. Trotz seiner bekannten Homosexualität wurde er 1942 in die NSDAP aufgenommen. Er lernte den homosexuellen Schauspieler Gustaf Gründgens kennen und pflegte engere Verbindungen zu einigen Größen des Dritten Reichs.
Nach dem Krieg, am 1. November 1950, machte er eine erste Eingabe bei der Bonner Regierung zur teilweisen Abschaffung des § 175, der Sexualität zwischen Männern unter Strafe stellte.
Es ist Giese zu verdanken, dass die Sexualwissenschaft in Deutschland als eigenständige Fachrichtung innerhalb der Medizin anerkannt wurde. 1956 war Hans Giese wissenschaftlicher Berater am Film „Anders als Du und Ich (§175)“ mit dem Regisseur Veit Harlan. Die Wiesbadener Freiwillige Filmselbstkontrolle hatte das Filmende neu drehen lassen, weil man eine zu positiv werbende Darstellung der Homosexualität befürchtete. Vor den Kinos wurde 1957 gegen den Film protestiert. Am 22. Juli 1970 verstarb Giese unter ungeklärten Umständen in Saint-Paul de Vence.
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2. Unbehaart

Struwwelpeters Geburtshaus

Innenstadt, Mainkai 2
Kurz vor Weihnachten 1844. Der Arzt Heinrich Hoffmann war Lehrer für Anatomie am Senckenbergischen Institut in der Bleichstaße, dem heutigen Bürgerhospital. Einmal pro Woche arbeitete er einen Tag gratis in der Armenklinik. Am Affenstein auf dem heutigen Universitätsgelände wurde auf seine Veranlassung eine moderne Anstalt für Geistes- und Epilepsiekranke erbaut, deren Direktor er wurde.
Hoffmann wohnte in der Stadt am Mainkai 2 hinter der Fahrtorwerft, direkt unterhalb der Alten Brücke. Zu Weihnachten suchte er in den Buchhandlungen ein passendes Bilderbuch für Carlchen, seinen dreijährigen Sohn, fand aber keines. So kaufte er nur ein leeres Schreibheft. Im kalten Dezember saß er dann in seiner Wohnung und zeichnete das Kinderbuch selbst. Das Carlchen hatte seine Freude an dem Buch.
Vor allem aber waren die Erwachsenen, die das Buch durchlasen, begeistert. Sie rieten zum Druck. Hoffmann blieb skeptisch, schließlich war er Arzt und kein Kinderschriftsteller. Doch schon 1845 erschien es unter dem Pseudonym „Reimerich Kinderlieb“. Der Titel lautete zunächst „Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3–6 Jahren“, ab der vierten Auflage hieß es dann „Der Struwwelpeter“.
Das Buch wurde ein Weltbestseller. Bei Erscheinen betrug die Startauflage 3.000 Stück zu 48 Kreuzer; sie war nach wenigen Monaten ausverkauft. Bei den 5.000 Exemplaren der zweiten Auflage betrug der Preis schon 57 Kreuzer. Denn mehr als einen Gulden, darauf bestand der Autor, durfte das Buch nicht kosten.
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3. Unbehagen

Das Klapperfeld

Innenstadt, Klapperfeldstraße
Das Klapperfeld war zu allen Zeiten eine der schaurigsten Ecken Frankfurts. Es war zunächst ein frei gebliebenes Wiesengelände am Rande der Stadterweiterung von 1333. Am Klapperfeld lag das große, 1495 errichtete Pestilenzhaus für die unheilbar Kranken. Wenn die Aussätzigen sich auf dem Feld bewegten, dann mussten sie klappern. Dies machten sie mit Geräten, die an Kastagnetten erinnern. Sie warnten damit die Gesunden vor ihrem Näherkommen. Aus Angst vor Ansteckungsgefahr durften sie nur mit Körben an langen Stangen betteln, in die die Gaben der Gesunden gelegt wurden.
In den neu erbauten Häusern am Klapperfeld wohnten später englische Flüchtlinge evangelischen Glaubens, die der Verfolgung durch Königin Maria („Bloody Mary“) zu entgehen versuchten. Nach ihrer Rückkehr schenkten die Engländer der Stadt zum Dank ein kostbares silbernes Trinkgefäß. Auch der Garten des Stadtschultheißen Textor grenzte an das unbehagliche Areal.
Auf dem Klapperfeld ging im Jahre 1789 ein weißes Gespenst um. Es versetzte die halbe Stadt in Aufregung. Eine Abbildung des seltenen Passanten verkaufte der Buchhändler Weber für vier Kreuzer.
Auf dem Stadtplan von 1873 sehen wir die aktuelle Bebauung des Klapperfeldes. An der Ecke zur Hammelsgasse steht das städtische Arresthaus. Daraus entwickelte sich eine ganze strafjuristische Infrastruktur mit mehreren Gerichtsgebäuden und Gefängnis (102 Unorte, Nr. 91). Daneben gab es noch die städtischen Pferdestallungen und das Entbindungshaus. Der Rest des Feldes konnte noch als Bleichgarten genutzt werden.
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4. Unbehandelt

NEFF-Hochhaus

Innenstadt, Fahrgasse 26
Die Frankfurter sind Himmelstürmer gewohnt. Da fällt das NEFF-Hochhaus an der Fahrgasse 26 mit seinen zehn Stockwerken heute kaum auf. Dennoch ist es als eines der ersten Wohnhochhäuser nach dem Krieg ein bemerkenswertes Gebäude. Es wurde von Johannes Krahn entworfen und 1955 gebaut. Von Krahn stammt auch das Bienenkorbhochhaus an der Konstablerwache. Mit seinen rund 30 Metern war das NEFF-Hochhaus das höchste Haus der „neuen Altstadt“. Städtebaulich steht das Gebäude an einem interessanten Ort. Es steht zur Ost-West-Achse, der heutigen Berliner Straße und zur Fahrgasse, der nach dem Krieg ausgeweiteten wichtigen historischen Stadteinfahrt. Das Appartementhaus ist das Pendant zu einem Gebäude an der Alten Brücke zu Beginn der Fahrgasse.
Das Haus steht auf zierlichen Säulen, die einen Arkadenumgang bilden. Arkaden wie diese finden sich bei vielen Gebäuden der Aufbaujahre. Dahinter steht die Überlegung, den die Schaufenster betrachtenden Passanten einen Wetterschutz zu bieten. Leider sind diese Arkaden heute in keinem guten Zustand. Über dem Parterre befinden sich im ersten Obergeschoss große Fenster für Geschäfte, was dem Haus eine weitere Leichtigkeit verleiht. Ab dem zweiten Stockwerk wird gewohnt. Jeweils zwei Fenster befinden sich in einem Raster.
Ein besonders verspieltes Element der Fassade sind allerdings die zarten, geschwungenen Ziergitter unter jedem Fenster. Dies ist eine Reminiszenz an die Frankfurter Altstadtbauten. Typisch auch für die Fünfziger Jahre ist das überkragende Dach. Ein bemerkenswertes Hochhaus, das in unbehandeltem Lindgrün den Aufbruch Frankfurts zur Moderne zeigt.
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5. Unbehauen

Burg Bonames

Bonames, Am Burghof
Der Ort Bonames geht auf eine Raststation („bona mansio“) zurück. Dort befand sich um 1030 ein Hofgut im Besitz der Abtei Fulda. Später wurden Ritter „von Bonames“ genannt, da sie dieses Gut verwalteten und wohl auch die Burg bewohnten. Um den Gutshof und die Niederungsburg herum entwickelte sich das Dorf. Die Ritter ließen eine städtische Wache in der Burg zu und verkauften 1367 die gesamte Liegenschaft an die Stadt Frankfurt.
Bonames war nun, wie auch Hausen, Dortelweil, Niedererlenbach und halb Niederursel, ein Dorf der Reichsstadt Frankfurt. Es wurde mit einer eigenen Befestigung ausgestattet. Deren Anlage erfolgte seit 1413 mit einer fünfeckigen Mauerumwehrung und unter Einbeziehung der Burganlage.
Die mehrstöckige steinerne Hauptburg war rings von einem Wassergraben umgeben. Diesen überspannte eine Holzbrücke, die zur Vorburg führte. In der Vorburg befanden sich Ställe, Scheunen und weitere kleine Gebäude. Das andere Tor der Vorburg führte hinaus in das Dorf. Archäologische Grabungen der Jahre 1997 und 2003 wiesen nach, dass die Kernburg aus zwei Rundtürmen von 5,40 m und 3,50 m Durchmesser bestand.
Der Schmalkaldische Krieg brachte die Zerstörung der Burg Bonames. Teile der Ruine dienten danach noch zu Wohnzwecken, brannten 1787 erneut ab und wurden später auf Abbruch versteigert. Im Gegensatz zur Dorfummauerung ist von der Burg Bonames nichts mehr zu sehen bis auf Markierungen im Pflaster des Burghofs. Eine Tiefgarage und die Wohnbebauung haben alle Reste beseitigt.
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6. Unbehaust

Das Fettmilchplätzchen

Innenstadt, Töngesgasse/Ecke Hasengasse
Unter Führung des Lebkuchenbäckers Vinzenz Fettmilch kam es seit den Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Matthias zu Unruhen unter der Bevölkerung, vor allem bei den Zünften, gegen den Rat der Stadt. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen plünderten die Gesellen am 22. August 1614 die Judengasse. Die Juden waren das Feindbild der kleinen Leute und machten ihrer Meinung nach mit dem Rat gemeinsame Sache. Die Aufrührer erbeuteten Geld und Gegenstände im Wert von 170.000 Gulden. 1.380 Juden verließen die Stadt. Der Kaiser intervenierte und verhängte über die Rädelsführer die Reichsacht.
Die Juden kehrten zurück. Zum Zeichen des Schutzes wurde an den Toren der Judengasse das kaiserliche Wappen angebracht. Vinzenz Fettmilch wurde gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung vollzog sich in Anwesenheit Tausender von Schaulustigen auf dem Rossmarkt in Form von Enthauptung. Der Kopf Fettmilchs rollte zu Boden. Vier weitere Männer wurden enthauptet. Ihre Köpfe spießte man, der Nachwelt zur Warnung, oben am Brückenturm auf.
Auch das Haus des Vinzenz Fettmilch in der Töngesgasse bekam die Höchststrafe. Es wurde abgerissen, und eine Schandsäule erklärte die leer bleibende Stelle des Hauses: „Daß dieser Platz bleibt oed und wüst, daran Vinzenz Fettmilch selbst schuldig ist.“ Diese Leerstelle hieß bald das „Fettmilchplätzchen“.
Fettmilchs Grundstück wurde erst um 1870 wieder bebaut. Heute befindet sich an dieser Stelle eine Spielothek und das Geschäft „Wolle Rödel“.
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7. Unbeirrt

Tsunami im Vogelsaal

Bockenheim, Senckenberganlage 25