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Beile Ratut

Kompendium
des Übermenschen

Ein Essay

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ruhland Verlag

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

 

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ISBN 978-3-88509-142-4 (epub)

ISBN 978-3-88509-143-1 (mobi)

Copyright © Ruhland Verlag, Bad Soden 2017

Beile Ratut, Kompendium des Übermenschen

Lektorat: Gabriele Pässler, Görwihl, www.g-paessler.de

Umschlagbild: © istockphoto LP / THEPALMER

Alle Rechte vorbehalten.

 


www.ruhland-verlag.de

 

 

 

 

Vorwort
von
Sebastian Moll

 

»Es gibt nichts Neues unter der Sonne«, sagt der Prediger in der Bibel; umso wichtiger ist es daher, die unwandelbaren Wahrheiten unserer Existenz zur Sprache zu bringen. Zu diesen Wahrheiten zählen nicht zuletzt gewisse Menschentypen, die in allen Epochen des Menschengeschlechts auftreten – zwar in unterschiedlicher Form, aber die Substanz ist immer dieselbe. Der Typus des Übermenschen, den Beile Ratut in diesem Büchlein so treffend charakterisiert, begegnet uns tatsächlich bereits in biblischer Zeit. Dort nennt er sich »Pharisäer«.

Die Pharisäer sind die Erzfeinde Jesu, das ist hinreichend bekannt. Dennoch ist es im Grunde erstaunlich – hätte sich Jesus mit diesen Experten der Frömmigkeit denn nicht bestens verstehen müssen?

Doch genau hier greift das Profil des Übermenschen: Die Pharisäer hatten sich die religiöse Deutungshoheit gesichert, jedoch interessierten sie sich nicht für die eigentlichen Inhalte ihrer Religion, geschweige denn für den Wahrheitsgehalt einzelner Aussagen.

Als Jesus mit seiner Predigt an die Öffentlichkeit tritt, lauten die ersten Fragen der Gegenseite: »Ist das nicht der Zimmermann? Wie kann er die Schrift verstehen, ohne dafür ausgebildet zu sein?« Es ging also gar nicht um konkrete Themen, sondern um die Frage, warum man sich mit so jemandem überhaupt auf einen Streit einlassen sollte. Aus Sicht der jüdischen Elite war Jesus ein Laie, dem die akademische Qualifikation fehlte, um mit ihnen auf Augenhöhe zu diskutieren. Ob er die Wahrheit sprach oder nicht, war im Grunde irrelevant, man brauchte ihm gar nicht erst zuzuhören. Es galt: Ich bin die Koryphäe – du bist der Lakai!

Natürlich prallten auch die ethischen Maximen der Pharisäer und der Standpunkt Jesu hart aufeinander. Die Ethik der Pharisäer war eine Ethik des Nicht-Tuns, um ihre Mitmenschen scherten sie sich einen Dreck. Diese Einstellung steht keineswegs im Widerspruch zum vorher Gesagten, im Gegenteil: Das Profil des Übermenschen ist in sich kohärent. Gerade weil sich die Pharisäer nicht im Entferntesten für die zentralen Inhalte ihrer Religion interessieren, handeln sie auch nicht nach ihnen.

Jesus schleudert seinen Gegnern dieses Versagen mit aller Schärfe ins Gesicht: Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben!«

Jesus weiß sehr wohl, wovon er spricht. Hatte er nicht erst kurz zuvor eine solche Auseinandersetzung mit diesen Übermenschen gehabt?

 

Und er ging von dort weiter und kam in ihre Synagoge. Und siehe, da war ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand. Und sie fragten ihn und sprachen: Ist‘s erlaubt, am Sabbat zu heilen?, damit sie ihn verklagen könnten. Aber er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, der sein einziges Schaf, wenn es am Sabbat in eine Grube fällt, nicht ergreift und es heraufhebt? Wie viel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf! Darum ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun. Da sprach er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und sie wurde wieder gesund wie die andere. Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten Rat über ihn, dass sie ihn umbrächten.1


Pilatus ließ Jesus ans Kreuz schlagen, aber dorthin befördert hatten ihn die Pharisäer. Warum? Weil er ihre Autorität infrage stellte, weil er ihre Masken zerschlug, weil er ihnen trotzte. Jesus meinte es ernst. Er wollte nicht seine eigene Überlegenheit zur Schau stellen, er suchte nicht Beifall und Anerkennung. Seine Liebe zu den Menschen war echt, so echt, dass er sich selber zum Opfer brachte. Die Pharisäer hingegen kannten nur Tier- und Sachopfer; wie Jesus sich selbst aufzuopfern, das lag ihnen fern.

Dieser kleine Ausflug in die biblische Zeit war weder als Predigt noch als Geschichtsstunde gedacht. Vielmehr zeigt er den Kampf des Einzelnen gegen die Übermenschen, einen zeitlosen Kampf, der im antiken Galiläa ebenso ausgefochten wurde wie im Deutschland des Jahres 2017.

Eine, die diesen schwierigen Kampf heute aufnimmt, ist Beile Ratut. Ihr Buch hat viel in mir ausgelöst: Ich habe gelacht, ich habe geweint. Aber alles hat seine Zeit, auch dies wusste schon der eingangs zitierte Prediger. In jedem Fall ist dieses Buch ein Aufruf zum heiligen Trotz gegen die Fraktion der Übermenschen, die unser aller Leben dermaßen negativ bestimmt.

Wie sagt Jesus: »Wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden.«

Hoffen wir’s!

 

 

 

1 Matthäus 12,9–14 (Lutherbibel, revidiert 2017,
© 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart).