cover

 

 

 

Karte Avantia
Titelseite

 

 

 

 

 

Mit besonderem Dank an Cherith Baldry
 
Für James Nobel,
einen Jungen, der gerne Tom wäre

Willkommen im Königreich Avantia!

Ich bin Zauberer Aduro und lebe am Hofe König Hugos.

Die Zeiten sind schwer, in denen Du zu uns kommst. Warum … ich will es Dir erklären:

In den alten Schriften steht geschrieben, dass unser friedliches Königreich eines Tages bedroht und angegriffen wird.

Jetzt ist diese Zeit gekommen.

Der böse Magier Malvel zwang durch einen Zauber sechs mächtige, uralte Biester unter seine Herrschaft. Feuerdrache, Seeungeheuer, Bergriese, Pferdemann, Schneemonster und Flammenvogel verwüsten nun in wilder Raserei das Land, das sie einstmals beschützten.

Avantia ist in großer Gefahr!

Die alten Schriften sagen aber auch voraus, dass uns ein ungewöhnlicher Held zu Hilfe eilen wird. Es heißt, dass ein Junge die Aufgabe übernehmen wird, die Biester von Malvels Fluch zu befreien und das Königreich zu retten.

Wer dieser Junge sein wird, wissen wir nicht, aber seine Zeit ist gekommen …

Wir beten darum, dass dieser junge Held ein tapferes Herz haben wird und den Mut besitzt, sich der gefährlichen Mission zu stellen.

Nun warte mit uns und hoffe.

 

Avantia grüßt Dich,

Aduro

Drachenkopf

Auf dem Meer

Das Fischerboot schaukelte gemächlich auf den Wellen. Calum band ein Seil los und ließ das Segel herunter. Sein Vater warf das Netz aus, dabei seufzte er leise.

„Ich weiß gar nicht, warum wir es überhaupt noch versuchen“, murrte er. „Seit über einem Monat haben wir nichts mehr gefangen.“

„Du hast ja gehört, was die Leute reden“, erwiderte Calum. „Das Seeungeheuer hat die Fische verscheucht.“

Sein Vater schnaubte verächtlich.

„Ammenmärchen! Wenn die Legenden stimmen würden, würde uns das Seeungeheuer behilflich sein.“

Während Calum sich umsah, fröstelte er. Nichts, bis auf eine kleine Felseninsel in Ufernähe, unterbrach die spiegelglatte Meeresoberfläche. Als die beiden das Netz einholten, war es leer.

„Alles sinnlos!“, schimpfte Calums Vater.

Wieder warf er das Netz aus. Calum beobachtete, wie es im Wasser versank. Auf einmal entdeckte er etwas Merkwürdiges zwischen dem Boot und der Küste. Es sah aus, als ob das Meer dort kochte. Es wühlte sich immer heftiger auf und schäumende Wellen krachten gegen die Felsen.

„Sieh mal!“, rief er und zeigte auf die brodelnde See.

Calums Vater drehte sich um und hielt sich rasch am Bootsrand fest, denn sie schaukelten gefährlich hin und her.

Plötzlich erhob sich ein monströser Kopf aus dem Wasser.

Er thronte auf einem langen, schlanken Hals aus dicken regenbogenfarbenen Schuppen, die mit Muscheln bewachsen waren. Um den Hals des Biests lag ein goldenes Halsband, das im Sonnenschein glitzerte. Vom Halsband führte eine Kette in die Tiefe hinab.

„Was ist das bloß?“, fragte Calums Vater entsetzt.

Calum sprang vor und wollte nach den Rudern greifen. Aber es war zu spät. Das Biest bog seinen Hals und sein breiter, bedrohlicher Kopf ragte genau über dem Boot auf.

Calum blickte in riesige, wütende Augen, die ihn kalt und doch feurig anstarrten. Er hielt den Atem an und sein Herz blieb vor Angst beinahe stehen, denn das Ungeheuer öffnete sein Maul. Seine langen, gebogenen Fangzähne schnappten nach dem Bootsmast und Holzsplitter prasselten wie Regen auf Vater und Sohn nieder.

Das Boot schwankte und Meerwasser schwappte über Calum. Er kauerte sich hin, legte seine Arme über den Kopf und presste seine Augen fest zu. Überall um sich herum hörte er das Gebrüll des Seeungeheuers.

Drachenkopf

Nach Westen

Tom brachte Storm am Fuße des Felshangs zum Stehen. Er und Elenna glitten zu Boden, damit sich das Pferd ausruhen konnte. Silver, Elennas Wolf, ließ sich hechelnd neben ihnen fallen, die Zunge hing ihm schlaff aus dem Maul.

Die Berge, in denen sie Ferno, den Herrn des Feuers, aufgespürt und besiegt hatten, lagen schon weit hinter ihnen. Nun gingen sie Richtung Westen, dort wartete die nächste Aufgabe ihrer Mission auf sie.

Toms Herz klopfte aufgeregt, als er daran dachte, wie er Ferno vom bösen Zauber des Magiers Malvel erlöst hatte. Der Drache hatte die Felder in Avantia niedergebrannt und den Gewundenen Fluss mit Felsen aufgestaut. Dadurch war das ganze Land trocken und unfruchtbar geworden. Als Tom das magische Halsband aufschloss, das den Drachen gefangen hielt, wurde Ferno vom bösen Zauber befreit. Er konnte wieder das tun, was seine Aufgabe war: Avantia beschützen. Als Erstes räumte er das Geröll beiseite, mit dem er den Fluss gestaut hatte. Ein reißender, schäumender Strom rauschte nun wieder durch das Flussbett und versorgte das Land mit Wasser.

„Ich werde nie vergessen, wie Ferno mit seinem Schwanz die Felsbrocken zertrümmert hat“, sagte Elenna, als ob sie wüsste, was Tom gerade dachte. „Oder wie du auf seinen Flügel gesprungen bist. Das war wirklich mutig!“

„Das hätte aber gar nichts gebracht, wenn du nicht den Schlüssel mit deinem Pfeil zu mir hochgeschossen hättest“, erwiderte Tom, dem Elennas Lob peinlich war. „Dann hätte ich das Halsband nie aufschließen können.“

„Das war jedenfalls das Mutigste, was ich jemals gesehen habe“, beteuerte Elenna beharrlich.

„Wir beide haben Ferno befreit“, sagte Tom bestimmt. „Und nun hat Avantia endlich wieder Wasser.“

„Ja, und keine verbrannten Felder mehr“, fügte Elenna hinzu.

Silver sprang auf und bellte ungeduldig.

Elenna sah Tom entschlossen an.

„Wir müssen uns beeilen“, sagte sie.