ZUM BUCH

 

Inmitten eines streng durchstrukturierten und häufig stressigen Alltags brauchen Menschen Verschnaufpausen, die es ermöglichen, zumindest für kurze Zeit die Blickrichtung zu ändern. Deshalb bieten immer mehr Gemeinden Auszeiten an, gottesdienstliche Kurzformen, die unter den verschiedensten Bezeichnungen zu finden sind: als Früh- oder Spätschicht, Mittagsgebet, Gebet „Fünf nach Fünf“.

Matthias Effhauser, erfahrener Gemeindeseelsorger und Rundfunkprediger, stellt solche kleinen geistlichen Unterbrechungen im Tagesablauf vor: kurze Andachten, die zumindest für einige Augenblicke die Gelegenheit anbieten, sich auszuklinken, um anderen Gedanken nachhängen zu können. Eine geistliche Atempause, die den Zuhörer auf die Seite nimmt, kurzweilig, aber nachdenklich: Auf ein Wort. – So heißt auch die Sendung des Bayerischen Rundfunks, wo der Autor regelmäßig zu hören ist.

 

 

ZUM AUTOR

 

Matthias Effhauser, geb. 1965, ist Pfarrer in Straubing und Rundfunkbeauftragter der Diözese Regensburg.

MATTHIAS EFFHAUSER

 

 

Geistliche Verschnaufpausen

 

Kurze Andachten für jeden Tag

 

 

 

 

 

 

 

 

VERLAG FRIEDRICH PUSTET
REGENSBURG

IMPRESSUM

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

eISBN 978–3-7917-6058-2 (epub)

© 2015 Verlag Friedrich Pustet, Regensburg

Umschlagbild: Fotolia, © Khorzhevska

Layout und Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg

Satz: MedienBüro Monika Fuchs, Hildesheim

eBook-Produktion: Friedrich Pustet, Regensburg

 

Diese Publikationen ist auch als Printprodukt erhältlich:

ISBN 978–3-7917-2660-1

 

Weitere Publikationen aus unserem Verlagsprogramm finden Sie unter:

www.verlag-pustet.de oder www.liturgie-konkret.de

 

Einführung

Viele Menschen leben heute mit und in einem gut strukturierten Tagesablauf. Vor allem in unserer Arbeitswelt ist das oft notwendig und gibt außerdem Sicherheit.

Genauso sicher ist aber auch, dass wir zwischendurch Verschnaufpausen brauchen, die es uns ermöglichen, auszubrechen aus dem, was vorgegeben ist, um zumindest für kurze Zeit die Blickrichtung zu ändern.

Vielerorts hat die Pastoral dem Rechnung getragen. Sie bietet Auszeiten an, sei es mitten am Tag, am Beginn oder am Ende. Gottesdienstliche Kurzformen, die zu verschiedenen Uhrzeiten stattfinden können und auch unter verschiedensten Bezeichnungen zu finden sind: als Früh- oder Spätschicht, Mittagsgebet, Gebet „Fünf vor Fünf“ und anderen.

Das vorliegende Buch möchte solche kleinen geistlichen Unterbrechungen im Tagesablauf vorstellen. Kurze Andachten, die zumindest für einige Augenblicke die Gelegenheit anbieten, sich auszuklinken, um anderen Gedanken nachhängen zu können. Eine geistliche Atempause, die den Zuhörer auf die Seite nimmt, kurzweilig, aber nachdenklich, auf ein Wort.

Die Andachten dieses Buches sind von ihrem Schema her der „Statio während des Tages“ im Gotteslob angeglichen (GL 626).

Die Eröffnung beginnt mit einem Lied oder mit meditativer Musik. Eine kurze Begrüßung der Teilnehmer kann angebracht sein. Es folgt der Tagesgedanke. Die Gedanken des Autors stammen aus der Sendereihe „Auf ein Wort“, die täglich abends im Bayerischen Rundfunk gesendet wird. Dazu wurde jeweils eine passende Schriftstelle ausgewählt. Nach einigen Momenten der Stille schließt sich ein Gebet an. Das Vaterunser und der Segen beenden die Einheit, die mit einem Lied oder mit Musik ausklingen kann.

Die hier vorgestellten „Geistlichen Verschnaufpausen“ wollen also dazu anregen, sich hin und wieder solche Auszeiten zu gönnen, in der Gegenwart Gottes auszuruhen, um geistlich neu durchatmen zu können.

Allen, die an der Betreuung und Verwirklichung dieses Buches mitgearbeitet haben, sei ganz herzlich dafür gedankt!

 

Matthias Effhauser

Aufbau der Andachten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Der Herr segne und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Der Herr wende uns sein Angesicht zu und schenke uns seinen Frieden.

Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf uns herab und bleibe bei uns allezeit. Amen.

Weitere Segensgebete finden sich im Kapitel Segensworte.

Musik / Lied

Jahreskreis

Nie aufgeben

Sicher kennen Sie auch solche Tage: Es geht einfach nichts voran, obwohl ich mich bemühe und hart arbeite. An Einsatzwillen mangelt es nicht. Trotzdem habe ich das Gefühl: Leerlauf. Ich trete auf der Stelle. Nichts will mir gelingen.

In meinem Beruf erlebe ich das und in der Familie. Da fühle ich mich dann oft einfach überfordert. Vielleicht muss ich sogar noch erleben, dass anderen etwas nur so zufliegt, worauf ich soviel Energie verwendet habe. Dann rede ich mir gerne ein, dass sich wirklich alles gegen mich verschworen hat. Ich möchte am liebsten alles hinwerfen, aufgeben und mich aus dem Staub machen. Wenn das nur immer so einfach wäre! Ist es nicht!

Benjamin Franklin wurde einmal gefragt, warum er eine Sache trotz großer Hindernisse nicht aufgebe. Vielleicht kann uns das, was er erzählt hat, manchmal weiterhelfen.

„Haben Sie schon einmal einen Steinmetz bei der Arbeit beobachtet?“, fragte er. „Er schlägt vielleicht hundertmal auf die gleiche Stelle, ohne dass auch nur der kleinste Riss sichtbar würde. Aber dann, beim hundertersten Schlag, springt der Stein plötzlich entzwei. Es ist jedoch nicht dieser Schlag, der den Erfolg bringt, sondern die hundert, die ihm vorhergingen.“

Mt 9,35–38

Jesus hat Mitleid mit den erschöpften Menschen.

Herr Jesus Christus,

du hattest einen wachen Blick und ein gutes Gespür, wenn Menschen deine Hilfe brauchten, weil sie an ihre Grenzen gekommen waren und mutlos wurden. Oft fühlen wir uns auch müde und erschöpft und wollen aufgeben, wenn manches in unserem Leben nicht gelingt. Steh du uns dann als guter Hirte zur Seite und lege den Geist der Stärke in unsere Herzen, damit wir in den Herausforderungen des Lebens bestehen können.

Darum bitten wir dich, unseren Bruder und unseren Herrn in Ewigkeit.

Beten für das Herz

Herzkranken geht es deutlich besser, wenn irgendwo auf der Welt jemand für sie betet, so berichtete kürzlich eine große deutsche Frauenzeitschrift. Ein amerikanischer Herzspezialist war der Frage nachgegangen, ob Beten wirklich Wunder bewirken kann. Kranke, für die jemand betete, fühlten sich besser als diejenigen, die ohne fremde Fürbitten auskommen mussten. Ob es sich hierbei um ein Wunder handelte, ließ der Arzt offen. Kaum zu glauben, dass es dazu erst wissenschaftlicher Versuche bedarf, um festzustellen, was Christen seit 2000 Jahren praktizieren: Sie beten für andere und erhoffen aus diesem Gebet Heilung und Heil.

In der Bibel können wir lesen: „Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; die sollen Gebete über ihn sprechen ...“

Deswegen halten Christen Fürbitte und machen sich die Nöte und Sorgen anderer zu Herzensanliegen.

Es tut mir gut, wenn ich weiß: Andere beten für mich, auch wenn ich dazu nicht in der Lage bin. Es tut mir gut, wenn ich weiß: Meine Sorgen, Nöte und Ängste sind bei anderen aufgehoben, sie denken an mich, ich liege ihnen am Herzen.

Wer darunter mehr versteht als nur eine Therapie, für den kann es unglaubliche Nebenwirkungen haben. Jesus selbst spricht davon: „Alles worum ihr betet und bittet – glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.“

Mk 11,22–25

Vom Glauben und Beten

Herr Jesus Christus,

du selbst hast dich immer wieder zurückgezogen und gebetet. Du ermunterst uns, dass wir mit unseren Bitten und Gebeten zu dir kommen. Wir wollen dabei die nicht vergessen, denen wir das Gebet versprochen haben und deren Anliegen uns am Herzen liegen. Stärke du in uns immer wieder neu das Vertrauen in die Kraft des Gebetes und lass uns nicht müde werden, dir all das anzuvertrauen, was uns im Innersten bewegt. – Darum bitten wir dich, unseren Bruder und unseren Herrn in Ewigkeit.

Augenblicke, die verwandeln

Es gibt Momente, die mein Leben in eine bestimmte Bahn gelenkt oder gar verändert haben. Oft genügte schon ein einziger, kleiner Augenblick. Ich weiß von Situationen, in denen ich wichtige Entscheidungen treffen musste. Ich habe dabei auf meine innere Stimme gehört und mich von ihr leiten lassen. Ich habe aber auch die Augenblicke nicht vergessen, in denen ich gespürt habe: Jetzt hast du eine Chance verpasst. Die kommt nicht wieder. Ich erinnere mich an Begegnungen mit Menschen, die mir vom ersten Augenblick an sympathisch waren. Manchmal wurden daraus Freundschaften fürs Leben. Es gab aber auch solche, bei denen wollte der Funke einfach nicht überspringen. Warum das manchmal so ist, kann ich nur schwer sagen.

Wenn doch manche Augenblicke eine Ewigkeit gedauert hätten! Ich hätte sie gerne festgehalten oder noch einmal erlebt.

In der Bibel steht der Satz, dass Jesus mit einem einzigen Augenblick bei Menschen vieles verändert hat. Sekundenbruchteile, die ein Leben in neue Bahnen lenkten. Manche ließen alles zurück und folgten ihm nach.

Damit kurze Augenblicke zu entscheidenden Momenten werden, hängt das von vielem ab. Auch davon, ob ich einen Blick dafür habe.

Lk 19,1–10

Jesus kehrt bei Zachäus ein.

Herr Jesus Christus,

du hast Menschen in deine Nähe gerufen und durch die Begegnung mit dir ihr Leben verwandelt. Schenke auch uns immer wieder Augenblicke, in denen wir deine Gegenwart spüren dürfen, die unserem Leben eine neue Richtung geben kann. Auch wir wollen aufmerksam sein für alle, die auf uns hoffen. Dass wir für sie Zeichen der Hoffnung setzen können, damit ihr Leben durch uns ein Stück heller wird.

Darum bitten wir dich, unseren Bruder und unseren Herrn in Ewigkeit.

An sich herankommen lassen

„Lass das nicht zu sehr an dich herankommen“, antwortete ich dem jungen Mädchen. Sie hatte mir von ihrer besten Freundin erzählt, die sich wegen psychischer Probleme in einer Klinik aufhalten musste. Sie sorgte sich um sie und wollte helfen. Aber sie war auch ratlos und unsicher. Wir diskutierten darüber sehr angeregt miteinander und waren dabei gegensätzlicher Meinung. Schließlich entgegnete ich ihr: „Du darfst das Problem nicht so sehr an dich herankommen lassen.“ Ich wollte ihr damit sagen: Pass auf dich auf und nimm dir nicht alles so zu Herzen. Lass dich nicht vereinnahmen. Jeder hat eben seine Grenzen. Gesteh dir das ein. Wie enttäuscht sie über meine Worte war, habe ich ihrem Gesicht angemerkt. Das Gespräch brach bald ab.

Ich habe mich später an Jesus und an den barmherzigen Samariter erinnert und schämte mich. Hilfe geschieht dort, wo einer keine Berührungsängste hat, nicht lange überlegt, sich auch die Finger schmutzig macht, weil er spürt, da ist jemand, der meine Hilfe braucht. Genau das hat die junge Frau aus Sorge um ihre Freundin getan. Sie wollte helfen, so gut sie es eben konnte. Aus meiner Sicht vielleicht zu ungeschützt und eben jugendlich spontan. Die junge Frau hat mir aber gezeigt: Wenn ich wirklich helfen will, muss ich den Menschen mit seiner Not an mich herankommen lassen.

Lk 10,25–37

Der barmherzige Samariter

Herr Jesus Christus,

du bist an niemandem vorbeigegangen, der in der Hoffnung auf deine Hilfe zu dir gekommen ist. Gib auch uns offene Augen, damit wir die Nöte anderer wahrnehmen. Wir wollen uns berühren lassen von dem Schicksal anderer und ihre Sorgen an uns herankommen lassen. Wo wir uns im Augenblick überfordert fühlen, lass uns trotzdem nicht vorübergehen, damit wir unseren Samariterdienst leisten können, wo der Nächste uns braucht.

Darum bitten wir dich, unseren Bruder und unseren Herrn in Ewigkeit.

Es gibt nicht immer Rückenwind

„Auf dem Weg durchs Leben kann man den Wind nicht immer im Rücken haben“, sagt ein irisches Sprichwort. Ich stelle immer wieder fest, dass das auch für mich zutrifft. Vieles gelingt mir, doch plötzlich kommt ein Bruch. Es geht nichts mehr voran bei mir. Es fehlt mir der Antrieb. Wenn ich nicht gerade Gegenwind spüre, dann doch Flaute. Ich beneide dann andere um ihre Erfolge und denke: „Haben’s die gut!“ Wenn ich es dann selbst nicht schaffe, mir wieder Mut zu machen, bin ich dankbar für die Aufmunterungen anderer: „Lass den Kopf nicht hängen. Es kommen wieder bessere Tage!“

„Auf dem Weg durchs Leben kann man den Wind nicht immer im Rücken haben.“ Ich weiß, dass es im Leben nicht immer nur vorwärtsgehen kann. Das wäre auch zu schön. Es würde mir außerdem Angst machen. Ich würde mich fragen: „Kann das immer so weitergehen?“ Ich muss auch mit den Zeiten zurechtkommen können, in denen sich scheinbar nichts bei mir bewegt. Und doch sind es gerade diese Zeiten, in denen ich viel über mich selbst lerne. Ich mache Erfahrungen, die mich persönlich reifen und wachsen lassen. Manche Freundschaft steht dann auf dem Prüfstand und muss sich bewähren.

In Zeiten ohne Rückenwind bin ich dankbar für jeden, der mir den Rücken stärkt.

Mk 6,45–52

Jesus sieht, wie sich die Jünger abmühen.

Guter Gott,

oft erleben wir, dass uns der Wind ins Gesicht bläst und wir in unserem Leben nicht vorankommen. Stelle uns Menschen an die Seite, die uns den Rücken stärken, wenn wir die Belastungen des Alltags besonders spüren. Gib uns Kraft und Stärke, dass wir in diesen Situationen nicht mutlos werden, sondern dagegenhalten. Und lass in uns immer wieder neu das Vertrauen wachsen, dass wir mit dir in unserem Lebensboot nichts zu fürchten haben.

So bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und unseren Herrn in Ewigkeit. Amen.

Brückenbauer

Mulmig war mir schon etwas, als ich die schmale Hängebrücke sah. Sie führte über einen tosenden Wildbach. Wenn ich ohne große Umwege weiterkommen wollte, gab es nur diese Möglichkeit. Umdrehen kam für mich nicht in Frage. Schritt für Schritt bewegte ich mich an den Halteseilen über die schwankenden Bretter. Es ging besser als erwartet, trotzdem war ich froh, als ich endlich drüben angekommen war. Es hatte mich doch ziemliche Überwindung gekostet.

Um an das andere Ufer zu kommen, brauche ich Brücken. Oft gibt es gar keinen anderen Weg. In Beziehungen zu Menschen ist das ähnlich. Wenn ich jemanden erreichen will, brauche ich einen Zugang zu ihm. Eine Brücke zum anderen zu schlagen oder ihm eine zu bauen, ist eine Kunst, die gelernt sein will.

„Brückenbauer“ nennen wir gerne solche Menschen, die es schaffen, Annäherung zu ermöglichen und auf Menschen zuzugehen. Es gelingt ihnen, Nähe herzustellen. Zugänge entstehen, wo zunächst nur Abgründe waren.

Auf andere zuzugehen, birgt oft Risiken. Es kostet manchmal auch Überwindung. Wenn ich allerdings zu jemandem Zugang bekommen will, muss ich mich darauf einlassen. Ich merke, wie schwierig es ist, solche Brücken zu bauen. Um den anderen zu erreichen, gibt es aber oft genug nur diesen Weg.

Joh 1,43–51

Philippus führt Natanaël zu Jesus.

Herr Jesus Christus,