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Inhaltsverzeichnis

Über die Autorin
Prolog
Erster Teil
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Zweiter Teil
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
Dritter Teil
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
Anmerkung der Autorin
Glossar
Danksagungen
Copyright

Danksagungen

Zunächst einmal möchte ich Ihnen, den Lesern, dafür danken, dass Sie diese Zeilen lesen, ohne zu wissen, um wen es sich bei den hier aufgeführten Personen handelt. Nur so viel… ohne sie wäre dieses Buch nie geschrieben worden.

Mein Dank und viel Liebe gehen an Mum und Dad, die mir beide im Lauf der Jahre immer wieder Mut gemacht und geholfen haben, meinen Traum in die Wirklichkeit umzusetzen. Dank auch dem Rest meiner Familie – vor allem meinem Großvater Ken Young – für all die Geschichten, die sie mir erzählt haben.

Ein dickes Dankeschön gilt all meinen Freunden (ihr wisst schon, wer gemeint ist), für ihre tatkräftige Unterstützung. Ihr habt dafür gesorgt, dass ich während der Zeit, in der dieser Roman entstand, auch noch ein Leben abseits des Computers geführt habe. Danken möchte ich vor allem Jo, meiner zweiten Familie Sue und Dave, meinen Mitstreitern Clare, Liz, Niall und Monica, meinen Freunden und Tutoren von der Sussex University für ihre umfassende Beratung sowie Sophia, die einen kleinen lateinischen Ausrutscher korrigiert hat.

Großer Dank gebührt auch meinem Agenten Rupert Heath für seine unermüdliche Hilfe und dafür, dass er mich immer wieder zum Lachen gebracht hat; meinem Redakteur Nick Sayers, seiner Assistentin Anne Clarke und dem Rest des großartigen Teams von Hodder & Stoughton für den warmherzigen Empfang und ihre Begeisterung. Ein herzliches Dankeschön geht auch an meine amerikanische Redakteurin Julie Doughty, die immer zur rechten Zeit mit den richtigen Vorschlägen zur Stelle war.

Dank an Amal al-Ayoubi von der School of Oriental and African Studies, der mein Arabisch überprüft hat, und an Mark Philpott vom Centre for Medieval & Renaissance Studies und vom Keble College, Oxford, der mein Manuskript gründlich gelesen und so eine Amateurin davor bewahrt hat, sich allzu sehr im Netz historischer Fakten zu verstricken. Für alle Fehler, die in diesem Roman auftauchen, bin ich ganz allein verantwortlich.

Zu guter Letzt alles Liebe an Lee – für alles bereits Erwähnte und alles, was ich vielleicht vergessen habe.

Autorin

Mit ihrem Debüt Die Blutschrift gelang der Britin Robyn Young in Großbritannien und den USA ein großartiger Durchbruch, der sie auf die Bestsellerlisten schnellen ließ. Geboren 1975 in Oxford, begann sie schon früh, Gedichte und Kurzgeschichten zu schreiben. Aber erst während eines Seminars in Creative Writing fand sie den Mut, ihre Ideen zu Die Blutschrift zu Papier zu bringen. Heute lebt Robyn Young in Brighton und wenn sie nicht gerade an einer historischen Trilogie schreibt, unterrichtet sie Creative Writing an verschiedenen Colleges.

Anmerkung der Autorin

Als vor fünf Jahren das Konzept für diesen Roman entstand, war mir von Anfang an klar, dass ich die Geschichte der Kreuzzüge sowohl aus der Sicht des Westens als auch der des Ostens erzählen wollte. Die wirklichen Männer, die sich hinter den Mythen verbergen, welche sich um die Templer ranken, haben mich ebenso fasziniert wie der kometenhafte Aufstieg des Mameluckenkriegers Baybars, der bis zum heutigen Tag im Mittleren Osten als Held verehrt wird.

Ich habe mich bemüht, mich so dicht an historische Ereignisse und Charaktere zu halten, wie es mir möglich war, ohne Erzähltempo und Plot zu beeinträchtigen. Das Ergebnis ist ein Roman, der teilweise auf Fakten beruht, teilweise vollständig meiner Fantasie entsprungen ist und manchmal eine Mischung aus beidem darstellt. Was in Ayn Jalut, Safed und Antiochia geschah, hat sich vermutlich fast genau so zugetragen, wie ich es beschrieben habe. Die Anima Templi habe ich frei erfunden; Everards Gralsbuch basiert locker auf einer Gralsromanze des 13. Jahrhunderts, dem Perlesvaus, einem anonymen, von Seiten der Kirche sehr umstrittenen Werk, das möglicherweise von einem Tempelritter verfasst worden ist. Beweise dafür existieren allerdings nicht. Auch der Überfall auf die Templer bei Honfleur ist pure Fiktion, aber König Henry III. wurde tatsächlich gezwungen, dem Orden, bei dem er Schulden hatte, die er nicht zurückzahlen konnte, die Kronjuwelen als Pfand zu überlassen.

Um den Roman so detailgetreu wie möglich zu gestalten, habe ich über hundert verschiedene Quellen zu Rate gezogen – einige rein sachliche, einige äußerst fantasievolle und viele sehr widersprüchliche, aber alle haben ein lebendiges Bild von dieser geschichtlichen Periode gezeichnet. Die, auf die ich mich am stärksten gestützt habe, verdienen es, an dieser Stelle erwähnt zu werden, als da sind Stephen Runcimans Trilogie A History of the Crusades (Cambridge University Press); Piers Paul Read: The Templars (Weidenfeld & Nicolson); Helen Nicholson: The Knights Templar: A New History (Sutton Publishing); Terence Wise: The Wars of the Crusades (Osprey Publishing Ltd.); Malcolm Billings: The Cross and the Crescent: A History of the Crusades (BBC Publications); Malcolm Barber: The Trial of the Templars (Cambridge University Press) und David Nicolle: History of Medieval Life: A Guide to Life from 1000 to 1500 A. D. (Chancellor Press).

Aus dem Werk von Malcolm Barber habe ich zwei Zitate von Bernard de Clairvaux entnommen sowie eine Übersetzung eines Augenzeugenberichts über ein Initiationsritual der Templer, die in meine eigene Beschreibung solcher Riten eingeflossen ist.

 

Robyn Young, August 2005

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1

Ayn Jalut (Teiche des Goliath), Königreich Jerusalem

3. September A. D. 1260

 

Die gleißende Sonnenscheibe näherte sich dem Zenit und verwandelte den satten Ockerton des Wüstensandes in das fahle Weiß ausgebleichter Knochen. Über den Kuppen der Hügel, die die Ebene von Ayn Jalut säumten, zogen Bussarde ihre Kreise; ihre heiseren Schreie hallten durch die glutheiße Luft. Am westlichen Rand der Ebene warteten zweitausend berittene Krieger geduldig auf das Zeichen zum Angriff. Obwohl ihre Überwürfe und Turbane ihnen wenig Schutz vor der erbarmungslos auf sie niederbrennenden Sonne boten, ließ keiner der Männer einen Laut der Klage vernehmen.

Baybars Bundukdari, der Befehlshaber des Bahri-Regiments, griff nach dem Wasserschlauch, der neben zwei Krummsäbeln, deren Klingen mit Kratzern und Kerben übersät waren, an seinem Gürtel hing. Nachdem er einen tiefen Schluck genommen hatte, rollte er die Schultern, um die verkrampften Muskeln zu lockern. Der Rand seines weißen Turbans war schweißdurchtränkt, und das Kettenhemd, das er unter seinem blauen Umhang trug, fühlte sich ungewöhnlich schwer an. Der Morgen verstrich, die Hitze nahm zu, und das Wasser hatte zwar Baybars’ ausgedörrte Kehle besänftigt, nicht aber den quälenden Durst zu stillen vermocht, der tief in seinem Inneren brannte.

»Amir Baybars«, murmelte ein jüngerer Offizier, der neben Baybars’ schwarzem Hengst an der Spitze der Truppe auf seinem Pferd saß. »Die Zeit verrinnt. Die Kundschafter müssten schon längst wieder hier sein.«

»Sie werden bald zurückkommen, Ismail. Hab Geduld.« Während Baybars den Wasserschlauch wieder an seinem Gürtel befestigte, ließ er den Blick über die Reihen des Bahri-Regiments schweifen, die hinter ihm Stellung bezogen hatten. Auf den Gesichtern aller Männer lag derselbe Ausdruck grimmiger Entschlossenheit, den er schon oft bei Kriegern kurz vor einer Schlacht gesehen hatte. Bald würde sich dies ändern. Baybars hatte schon die kühnsten Kämpfer erbleichen sehen, wenn sie sich einer feindlichen Armee gegenübersahen, die ihrer eigenen in jeder Hinsicht ebenbürtig war. Aber wenn die Zeit gekommen war, würden sie bis zum letzten Atemzug kämpfen, denn sie waren Soldaten der Mameluckenarmee, der Sklavenkrieger Ägyptens.

»Amir?«

»Was gibt es, Ismail?«

»Wir haben seit dem Morgengrauen nichts mehr von den Kundschaftern gehört. Was, wenn sie gefangen genommen wurden?«

Als Baybars die Stirn runzelte, wünschte Ismail, er hätte den Mund gehalten.

Wie die meisten seiner Männer, so war auch Baybars hochgewachsen, schlank und sehnig; er hatte dunkelbraunes Haar und eine zimtfarbene Haut. Was ihn von der Masse der anderen abhob, war sein Blick, der aufgrund einer Fehlbildung in Form eines weißen Sterns in der Mitte seiner linken Pupille ungewöhnlich stechend wirkte, was ihm den Spitznamen eingetragen hatte, unter dem er bekannt war – die Armbrust. Der junge Offizier Ismail, den diese scharfen blauen Augen jetzt durchbohrten, kam sich vor wie eine Fliege, die in einem Spinnennetz zappelt.

»Ich habe doch eben gesagt, du sollst dich in Geduld fassen.«

»Ja, Amir.«

Baybars’ Blick wurde weicher, als Ismail betreten den Kopf senkte. Jahre zuvor hatte er selbst an vorderster Front seiner ersten Schlacht entgegengefiebert. Damals hatten die Mamelucken auf einer staubigen Ebene in der Nähe eines Dorfes namens Herbiya gegen die Franken gekämpft. Baybars hatte die Kavallerie befehligt, und innerhalb weniger Stunden hatten sie ihre Feinde vernichtend geschlagen, und das Blut der Christen war im Sand versickert. Mit Allahs Hilfe würde er heute einen ähnlich großen Sieg erringen.

In der Ferne stieg eine kleine Staubwolke von der Ebene auf und nahm langsam die von der flirrenden Hitze verzerrten Umrisse von sieben Reitern an. Baybars stieß seinem Pferd die Fersen in die Flanken und löste sich aus den Reihen seiner Krieger. Seine Offiziere folgten ihm.

Der Kundschaftertrupp kam rasch näher, der Anführer lenkte sein Pferd auf Baybars zu, zügelte es scharf und brachte es direkt vor seinem Kommandanten zum Stehen. Das Fell des Tieres glänzte vor Schweiß, Schaumflocken standen vor seinen Nüstern.

»Amir Baybars!« Der Reiter keuchte und rang mühsam nach Atem. »Die Mongolen kommen!«

»Wie groß ist ihre Armee?«

»Sie umfasst zehntausend Mann, Amir.«

»Und wer befehligt sie?«

»Falls wir denn richtig unterrichtet sind, wird sie von General Kitboga angeführt.«

»Haben sie euch gesehen?«

»Dafür haben wir gesorgt. Die Vorhut ist dicht hinter uns, der Hauptteil der Truppen auch gleich dahinter.« Der Kundschafter trieb sein Pferd näher an das von Baybars heran und dämpfte seine Stimme, sodass die anderen Offiziere Mühe hatten, seine Worte zu verstehen. »Sie sind uns zahlenmäßig überlegen, Amir, sie führen viele Kriegsgeräte mit sich, und wir haben in Erfahrung gebracht, dass diese Truppen nur ein Drittel der gesamten mongolischen Armee ausmachen.«

»Wenn du einem Ungeheuer den Kopf abschlägst, wird sein Leib sein Leben aushauchen«, erwiderte Baybars.

Der schrille Klang eines mongolischen Horns zerriss die Luft. Andere fielen ein; ein misstönender Chor, dessen Gesang von den Hügeln zu den Mamelucken hinüberwehte. Die Pferde, die die Anspannung ihrer Reiter spürten, begannen zu schnauben und unruhig mit den Hufen zu scharren. Baybars nickte dem Anführer der Kundschafter zu, dann wandte er sich an seine Offiziere. »Auf mein Zeichen leitet ihr den Rückzug ein.« Er sah Ismail an. »Du wirst an meiner Seite reiten.«

»Zu Befehl, Amir.« Die Augen des jungen Mannes leuchteten vor Stolz auf.

Einen Moment lang war außer dem Jaulen der Hörner in der Ferne und dem leisen Seufzen des Windes, der über die Ebene strich, kein Laut zu hören. Eine Staubwolke verdunkelte den Himmel im Osten, als die ersten Reihen der mongolischen Armee hoch oben auf den Hügeln auftauchten. Die Reiter verharrten kurz auf dem Gipfel, ehe sie sich wie eine dunkle Welle über die Ebene ergossen. Das Sonnenlicht fing sich in ihren Schwertern und ließ die stählernen Klingen hell aufblitzen.

Hinter der Vorhut rückte der Hauptteil der Armee auf den Feind vor, angeführt von mit Speeren und Bogen bewaffneten Reitertruppen, denen Kitboga selbst folgte. Der Mongolenführer wurde von Veteranenkriegern in ledernen Rüstungen und eisernen Helmen flankiert, die jeder zwei zusätzliche Pferde am Zügel führten. Hinter dieser Kolonne rollten Belagerungstürme und Karren voller Beutegut, das aus von den Mongolen überfallenen und ausgeplünderten Dörfern und Städten stammte. Diese Karren wurden von Frauen gelenkt, über deren Rücken große Jagdbogen hingen. Dschingis Khan, der Gründer des Mongolenreiches, war vor dreiunddreißig Jahren gestorben, doch sein Kampfgeist lebte in den Kriegern weiter, die jetzt im Begriff standen, die Mamelucken anzugreifen.

Baybars war seit Monaten auf diese entscheidende Schlacht vorbereitet, doch der glühende Wunsch nach Rache beherrschte ihn allerdings schon viel länger. Vor zwanzig Jahren waren die Mongolen in seine Heimat eingefallen, hatten das Land seines Stammes verwüstet und die Viehherden gestohlen. Zwanzig Jahre waren vergangen, seit seinem Volk keine andere Wahl geblieben war, als vor dem Angriff der Feinde zu fliehen und bei einem benachbarten Stammeshäuptling Schutz zu suchen, der sie dann verraten und an syrische Sklavenhändler verkauft hatte.Aber erst als vor einigen Monaten ein mongolischer Abgesandter in Kairo eingetroffen war, hatte sich Baybars eine Möglichkeit eröffnet, Vergeltung an den Menschen zu üben, die ihn unter das Joch der Sklaverei gezwungen hatten.

Der Abgesandte hatte den Mameluckensultan Kutus im Namen seines Herrn aufgefordert, sich dem mongolischen Herrscher zu unterwerfen, und diese Unverschämtheit hatte – zusammen mit dem letzten verheerenden Angriff der Mongolen auf die muslimisch regierte Stadt Bagdad – den Sultan endlich dazu bewogen, dem Feind die Stirn zu bieten. Die Mamelucken neigten vor keinem anderen als Allah das Haupt. Und während Kutus und seine militärischen Ratgeber, Baybars eingeschlossen, einen Schlachtplan entworfen hatten, war der mongolische Abgesandte vor den Mauern von Kairo bis zum Hals im Sand eingegraben worden, wo er Zeit hatte, über seine Fehler nachzudenken, bis die Bussarde ihr Werk vollendeten. Nun würde Baybars seinen ehemaligen Peinigern eine ähnliche Lektion erteilen.

Er wartete, bis die vordersten Linien der schweren Kavallerie die Ebene zur Hälfte hinter sich gelassen hatten, dann riss er sein Pferd herum, zog einen seiner Säbel aus der Scheide und schwang ihn hoch über seinem Kopf. Die Klinge blitzte im Sonnenlicht.

»Krieger von Ägypten!«, brüllte er. »Für uns ist der Tag der Rache gekommen! Mit Allahs Hilfe werden wir siegen, und der Berg der Leichen unserer Feinde wird höher als diese Hügel sein!«

»Für den Sieg!«, erscholl die Antwort der Soldaten des Bahri-Regiments. »Im Namen Allahs!«

Im nächsten Moment wandten sie sich wie ein Mann von der näher rückenden Armee ab und trieben ihre Pferde auf die Hügel zu. Die Mongolen, die dachten, der Feind würde außer sich vor Angst und Entsetzen die Flucht ergreifen, nahmen unter wüstem Gejohle die Verfolgung auf.

Die im Westen gelegene Hügelkette, die sich am Rand der Ebene entlangzog, war breit und niedrig und wurde von einer weiten Felsschlucht durchschnitten. Baybars und seine Männer sprengten durch diese Lücke, gefolgt von der Vorhut der Mongolen, die sich durch die von den Hufen der Mameluckenpferde aufgewirbelten Staubschwaden kämpften. Hinter ihnen drängte sich der Haupttrupp der feindlichen Armee durch die Schlucht. Der Boden erzitterte unter dem Hufgetrommel, Sand und Geröll lösten sich von den Hängen der Hügel und prasselten auf die Männer nieder. Auf ein Zeichen von Baybars hin zügelten die Krieger des Bahri-Regiments ihre Pferde, drehten sich zum Feind und versperrten ihm den Weg. Plötzlich hallten der Klang zahlreicher Hörner und das Donnern mächtiger Kesselpauken von den Felswänden wider.

Auf dem Hügelkamm oberhalb der Schlucht hob sich eine Gestalt dunkel vom Sonnenlicht ab: Kutus. Er war nicht allein. Auf den Hügeln und der Talsohle waren Tausende von Mameluckensoldaten aufmarschiert. Die Regimenter der Kavallerie, unter denen sich auch zahlreiche Bogenschützen befanden, trugen verschiedene Farben – Violett, Purpurrot, Orange und Schwarz. Sie erweckten den Eindruck, als sei der Hügel in einen bunten Flickenumhang gehüllt, auf dem die in der Sonne schimmernden Helme und Speerspitzen wie Silberstickerei wirkten. Mit Schwertern, Keulen und Bogen bewaffnete Infanteristen bezogen Schlachtaufstellung, und eine kleine, aber todbringende Gruppe aus Beduinen und kurdischen Söldnern, die sieben Fuß lange Speere in den Händen hielten, flankierte die Flügel dieser Armee.

Die Mongolen waren in Baybars’ Falle gefangen. Nun brauchte er die Schlinge nur noch zuzuziehen.

Auf die Hörnerfanfaren folgte der Kriegsruf der Mamelucken, ein vielstimmiges Gebrüll aus Tausenden von Kehlen, das einen Moment lang sogar das Trommelgedröhn übertönte. Dann ging die Mameluckenkavallerie zum Angriff über. Einige Pferde glitten auf den Hängen aus, stürzten zu Boden und warfen ihre Reiter ab, deren Schreie im Donnern der Hufe untergingen. Zwei Mameluckenregimenter jagten über die Ebene von Ayn Jalut, um den Rest der mongolischen Truppen in die Schlucht zu treiben. Baybars wirbelte seinen Säbel über dem Kopf und stieß erneut einen Schlachtruf aus, in den seine Männer einstimmten.

»Allahu akbar! Allahu akbar!«

Die beiden Armeen trafen in einem Gewirr aus Staub, Schreien und Waffengeklirr aufeinander. Innerhalb der ersten Sekunden fielen auf beiden Seiten Hunderte von Männern, der Boden war mit Leichen übersät, über die die Kämpfer, die noch auf den Beinen waren, ständig zu stolpern drohten. Pferde bäumten sich auf, Blutfontänen schossen in die Luft, die von den qualvollen Schreien der Sterbenden erfüllt war. Die Mongolen waren für ihre Reitkünste berühmt, konnten ihr Geschick aber in der schmalen Schlucht nicht optimal zum Einsatz bringen. Während die Mamelucken sie erbarmungslos zurücktrieben, verhinderte ein berittener Beduinentrupp, dass die mongolische Vorhut ihre Flanken umging. Ein Pfeilhagel ergoss sich von den Hängen der Hügel über die Mongolen. Immer wieder loderten orangefarbene Flammenbälle im Kampfgetümmel auf, wenn eines der mit Naphta gefüllten Tongefäße, die die Mamelucken auf ihre Feinde schleuderten, an der Rüstung eines Gegners zerschellte. Die von diesen Wurfgeschossen getroffenen Mongolen gingen schrill kreischend in Flammen auf, ihre Pferde stürmten blindlings mit ihnen davon und lösten Chaos in den Reihen der Soldaten aus.

Baybars holte mit seinem Säbel zu einem gewaltigen Hieb aus, der seinem Gegner den Kopf vom Rumpf trennte. Ein anderer Mongole, dessen Gesicht mit dem Blut seiner gefallenen Kameraden bespritzt war, nahm augenblicklich den Platz des Getöteten ein. Baybars’ Klinge pfiff durch die Luft, sein Pferd begann, nervös unter ihm zu tänzeln, da es von allen Seiten von immer mehr Kriegern bedrängt wurde, die sich unter wüstem Geschrei in den Kampf stürzten. Ismail kämpfte an Baybars’ Seite, seine Kleider waren blutdurchtränkt, und seine Augen glühten triumphierend, als er sein Schwert durch das Visier eines mongolischen Helms stieß. Die Klinge grub sich in den Schädel des Mannes und blieb dort stecken. Ismail riss sie mit einem Ruck heraus, dann wandte er sich dem nächsten Gegner zu.

Baybars’ Säbel schien in seinen Händen zu tanzen. Mit machtvollen Hieben streckte er einen feindlichen Krieger nach dem anderen nieder.

Der mongolische General Kitboga setzte sich erbittert zur Wehr, schwang wild sein Schwert, trennte Gliedmaßen ab und spaltete Köpfe, und obgleich er von Feinden umzingelt war, schien niemand ihm gefährlich werden zu können. Baybars’ Gedanken kreisten um die Belohnung, die denjenigen erwartete, der den gegnerischen Kriegsherrn tötete oder gefangen nahm, aber es gelang ihm nicht, sich zu Kitboga durchzuschlagen, ein Wall aus Leibern und aufblitzenden Schwertern versperrte ihm den Weg. Er duckte sich, als ein junger Mann mit einer Keule auf ihn eindrang, vergaß den General und konzentrierte sich darauf, selbst am Leben zu bleiben.

Nachdem die vorderen Kriegerreihen entweder gefallen oder zurückgetrieben worden waren, oblag es nun den mongolischen Frauen und Kindern, den Männern beizustehen. Obgleich die Mamelucken wussten, dass die Frauen und Töchter der Mongolen zusammen mit den Männern in die Schlacht zu ziehen pflegten, zögerten einige der Soldaten, sie anzugreifen, dabei kämpften die Frauen mit ihren langen, wirren Haarmähnen und den vor Hass verzerrten Gesichtern ebenso tapfer und vielleicht noch ergrimmter als die Krieger. Ein Mameluckenkommandant, der um die Kampfmoral seiner Truppen fürchtete, erhob seine Stimme und stieß einen durchdringenden Schlachtruf aus, in den seine Männer augenblicklich einfielen. Der Name Allahs erfüllte die Luft, wurde von den Hügeln zurückgeworfen, hallte in den Ohren der Mamelucken wider und verlieh ihren Armen neue Kraft. Für die Sklavenkrieger verwandelte sich die Mongolenarmee in ein gesichts-, alters- und geschlechtsloses Untier, das es zu vernichten galt. Mit wieder erwachtem Mut stießen sie ihm ihre Schwerter in den Leib.

Doch allmählich erlahmten ihre Schwertarme; die aus dem Sattel geworfenen und in tödliche Zweikämpfe verstrickten Männer stützten sich gegenseitig, während sie die Hiebe der Gegner parierten. Die Mongolen hatten – in der Hoffnung, eine Bresche in die Reihen der Mamelucken zu schlagen – einen letzten Sturmangriff gegen die Infanterie geführt, aber die Fußsoldaten hatten sich gegen sie behauptet, und nur ein paar vereinzelten Reitern war es gelungen, die Linie der Speerkämpfer zu durchbrechen, woraufhin sie von der Mameluckenkavallerie gestellt und zu Allah geschickt worden waren. Auch Kitboga war gefallen; die siegreichen Mamelucken hatten ihm den Kopf abgeschlagen und stellten ihn nun stolz vor den Resten seiner Truppen zur Schau. Die Mongolen, einst der Schrecken aller Völker, standen im Begriff, die Schlacht zu verlieren, und wichtiger noch – sie wussten es.

Baybars’ Pferd war von einem Pfeil in den Hals getroffen worden und hatte ihn abgeworfen. Er kämpfte nun zu Fuß weiter, seine Stiefel starrten bereits vor Blut. Das Blut war überall, es hing in der Luft, klebte kupfrig in seinem Mund, tropfte aus seinem Bart und verschmierte die Griffe und Klingen seiner Säbel. Er holte aus und drang auf einen neuen Gegner ein. Der Mongole brach mit einem Schrei, der ein abruptes Ende fand, im Sand zusammen, und als keiner seiner Kameraden seinen Platz einnahm, hielt Baybars einen Moment inne.

Staubwolken verdunkelten die Sonne und verliehen der Luft eine trübgelbe Farbe. Ein Windstoß trieb die Wolken auseinander, und da sah Baybars hoch oben an den Belagerungstürmen und an den Karren der Mongolen weiße Fahnen wehen; das Zeichen, dass der Feind bereit war, sich zu ergeben. Er blickte sich um. Überall stapelten sich die Leichen, ein Übelkeit erregender Gestank nach Blut und aufgeschlitzten Eingeweiden hatte sich wie eine Decke über das Schlachtfeld gelegt. Hoch oben am Himmel schwebten bereits die ersten Geier und verliehen ihrer Hoffnung auf ein üppiges Mahl laut krächzend Ausdruck. Zwischen den ledernen Brustpanzern der gefallenen Mongolen leuchteten die bunten Umhänge der Mamelucken auf. Baybars schritt langsam von einem Leichnam zum nächsten.Am Rande des Schlachtfeldes entdeckte er Ismail; der junge Offizier lag rücklings im Schmutz, seine gebrochenen Augen starrten blicklos gen Himmel. Ein mongolisches Schwert ragte aus seiner Brust.

Baybars beugte sich über ihn, schloss seine Lider und murmelte ein leises Gebet, dann richtete er sich auf, als einer seiner anderen Offiziere seinen Namen rief. Der Krieger blutete aus einer tiefen Schnittwunde an der Schläfe, seine Augen flackerten wild. »Amir«, stieß er heiser hervor. »Wie lauten deine Befehle?«

Baybars sog das Bild der Verwüstung, das sich ihm ringsum bot, in tiefen Zügen in sich ein. Innerhalb weniger Stunden hatten sie der mongolischen Armee eine verheerende Niederlage beigebracht und über siebentausend feindliche Krieger getötet. Einige Mamelucken waren auf die Knie gesunken und schluchzten vor Erleichterung, aber die meisten brachen in triumphierenden Jubel aus, während sie auf die Überlebenden des Massakers zustürmten, die sich um die umgestürzten Karren geschart hatten. Baybars wusste, dass er seine Männer zurückhalten musste, sonst würden sie beginnen, die Toten auszuplündern und die noch Lebenden zu töten. Die überlebenden Mongolen, vor allem die Frauen und Kinder, würden auf den Sklavenmärkten einen guten Preis erzielen. Er wandte sich an den Offizier und deutete zu den Karren hinüber. »Sorge dafür, dass kein Gefangener getötet wird. Wir brauchen Sklaven, die wir verkaufen können, keine Toten, die wir verbrennen müssen.«

Der Offizier eilte davon, um den Befehl auszuführen. Baybars schob seinen Säbel in die Scheide zurück und hielt nach einem reiterlosen Pferd Ausschau. Endlich fand er ein verirrtes Tier mit blutbeflecktem Zaumzeug, schwang sich in den Sattel und ritt zu seinen Truppen hinüber. Ringsum erteilten die anderen Mameluckenkommandanten ihren Regimentern knappe Anweisungen. Baybars musterte die erschöpften, aber dennoch grimmig entschlossenen Gesichter seiner Bahri-Soldaten und spürte einen Anflug überschäumender Freude in sich aufsteigen. »Brüder!«, rief er laut, obwohl die Worte in seiner ausgetrockneten Kehle brannten. »Allah hat uns heute einen glorreichen Sieg geschenkt! Gepriesen sei sein Name!« Er hielt inne, als tosender Jubel aufbrandete, dann gebot er seinen Männern mit erhobener Hand Schweigen. »Aber die Siegesfeier muss warten, denn es gibt noch viel zu tun. Versammelt euch jetzt bei euren Offizieren.«

Der Jubel hielt unvermindert an, doch die Truppen begannen, sich neu zu formieren. Baybars winkte zwei seiner Offiziere zu sich. »Ich möchte, dass die Leichen unserer Männer noch vor Sonnenuntergang begraben werden. Verbrennt die gefallenen Mongolen und sucht die Umgebung nach Flüchtigen ab. Schafft die Verwundeten in unser Lager. Ich werde später dort zu euch stoßen.« Sein Blick schweifte suchend über das Schlachtfeld. »Wo ist der Sultan?«

»Er ist vor einer Stunde zum Lager zurückgekehrt, Amir«, erwiderte einer der Offiziere. »Er wurde im Kampf verwundet.«

»Schwer?«

»Nein, Amir, ich glaube, er hat nur ein paar Kratzer davongetragen. Seine Ärzte sind bei ihm.«

Baybars entließ die beiden Männer und lenkte sein Pferd zu den Gefangenen, die gerade zusammengetrieben und gefesselt wurden. Die Mamelucken durchsuchten die Karren und warfen alles, was für sie irgendwie von Wert war, auf einen stetig wachsenden Haufen auf dem blutroten Sand. Ein gellender Schrei ertönte, als zwei Soldaten drei Kinder aus ihrem Versteck unter einem Leiterwagen hervorzerrten. Eine Frau, vermutlich die Mutter, sprang auf und rannte auf sie zu. Obwohl ihre Hände auf dem Rücken gefesselt waren, stürzte sie sich wie eine Wildkatze auf die Soldaten, spuckte sie an und trat mit ihren bloßen Füßen nach ihnen. Einer der Männer versetzte ihr einen Fausthieb gegen die Schläfe und schleifte sie und zwei der Kinder dann an den Haaren zu den anderen Gefangenen hinüber. Baybars hatte die Szene stumm beobachtet. Jetzt ruhte sein Blick auf einem kleinen Jungen, der starr vor Angst und Entsetzen vor ihm kniete. In den weit aufgerissenen Augen des Kindes erkannte er sich selbst vor zwanzig Jahren wieder.

Baybars, als Türke an der Schwarzmeerküste geboren, hatte vor der Invasion keine Ahnung von solchen Dingen wie Krieg und Sklaverei gehabt. Doch dann war er von seiner Familie getrennt und auf einem syrischen Sklavenmarkt verkauft worden und hatte vier verschiedenen Herren gehorchen müssen, ehe er von einem Offizier der ägyptischen Armee erworben und nach Kairo gebracht worden war, um dort als Sklavenkrieger zu dienen. Zusammen mit zahlreichen anderen für die Truppen des Sultans bestimmten Jungen wurde er einem Mameluckenlager am Nil zugeteilt, wo er Kleider und Waffen erhielt und eine strenge militärische Ausbildung absolvierte. Jetzt, im Alter von siebenunddreißig Jahren, befehligte er das angesehene Bahri-Regiment. Doch auch wenn er nun Truhen voller Gold und eigene Sklaven besaß, verging kein Tag, an dem er nicht an jenes erste bittere Jahr in der Knechtschaft zurückdachte.

Baybars wandte sich an einen der Männer, die die Gefangenen bewachten. »Achte darauf, dass die gesamte Beute unangetastet ins Lager geschafft wird. Jeder, der den Sultan bestiehlt, wird es bereuen. Zerschlagt die beschädigten Karren und benutzt das Holz, um Scheiterhaufen zu errichten. Alle anderen nehmt ihr mit.«

»Wie du befiehlst, Amir.«

Baybars nickte, trieb sein Pferd an und galoppierte zum Mameluckenlager hinüber, wo ohne Zweifel Sultan Kutus ihn erwartete. Seine Glieder fühlten sich bleischwer an, doch sein Herz war leicht wie eine Feder. Zum ersten Mal seit Beginn der mongolischen Invasion in Syrien hatte sich das Blatt für die Mamelucken gewendet. Schon bald würden sie die Feinde ganz aus ihrem Land vertrieben haben, und sowie dieses Ziel erreicht war, würde Kutus seine Aufmerksamkeit einer anderen heiklen Angelegenheit zuwenden. Baybars lächelte, was nur sehr selten vorkam und seinem Gesicht einen seltsam fremdartigen Ausdruck verlieh.