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Hans Fallada

Märchen vom Stadtschreiber, der aufs Land flog

Holzschnitte von Heinz Kiwitz

Hans Fallada

Märchen vom Stadtschreiber, der aufs Land flog

Holzschnitte von Heinz Kiwitz

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-962813-65-9

null-papier.de/583

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Inhaltsverzeichnis

Vor­re­de des ver­le­ge­nen Ver­fas­sers

Ers­tes Ka­pi­tel

Zwei­tes Ka­pi­tel

Drit­tes Ka­pi­tel

Vier­tes Ka­pi­tel

Fünf­tes Ka­pi­tel

Sechs­tes Ka­pi­tel

Sieb­tes Ka­pi­tel

Dan­ke

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Würzt die Was­ser, würzt die Wei­ne,
Ja, würzt selbst noch die Ge­wür­ze,
Dass der Punsch auch wür­zig sei!

Vorrede des verlegenen Verfassers

Heinz Kiwitz

Der Ver­fas­ser weiß auch nicht, was er zur Ent­schul­di­gung der när­ri­schen Mär, die er da sei­nen Le­sern vor­legt, sa­gen darf. Harm­los saß er schrei­bend über ei­nem Büch­lein, das man­cher­lei Ge­schich­ten aus sei­nem ge­lieb­ten Land­le­ben brin­gen soll­te. Die Mär vom Stadt­schrei­ber war eine von ih­nen, für nicht mehr als zehn oder fünf­zehn Druck­sei­ten ge­plant – und sie soll­te von der Win­ter­ar­beit des Land­man­nes be­rich­ten, wo­von der Le­ser noch hie und da im An­fang Spu­ren fin­det. Aber un­ver­se­hens schwoll sie dem Au­tor un­ter der Fe­der, ein Ein­fall lock­te den an­de­ren her­bei, und hat­te er sich an­fangs noch zur Wehr ge­setzt und ver­zwei­felt ge­ru­fen: »Was mag dies wer­den?!« so er­gab er sich schließ­lich in sein Schick­sal und ließ die Fe­der lau­fen, wie sie woll­te. So ist denn, ganz ohne sei­nen Wil­len, die­se Zau­ber­ge­schich­te aus dunklen Mäch­ten und Lie­be ent­stan­den, und wenn recht sicht­bar­lich der große Ernst Theo­dor Ama­de­us Hoff­mann bei ihr Pate ge­stan­den hat, so bit­tet der Au­tor herz­lich, das nicht als eine An­ma­ßung neh­men zu wol­len, son­dern als den Gruß des Schü­lers an sei­nen Meis­ter, des­sen Ge­nie auch in un­se­ren Ta­gen recht le­ben­dig glüht und fun­kelt. Ein­zi­ge Ent­schul­di­gung des Ver­fas­sers: er hat mit großer Freu­de dies Büch­lein ge­schrie­ben, und da er stets die Er­fah­rung mach­te, dass das, was ihn zu schrei­ben freu­te, auch das Pub­li­kum zu le­sen freu­te – so gibt er’s denn her­aus. Flie­ge also zu, mein grau­ro­cki­ger Spat­zen­vo­gel, pie­pe dein an­spruchs­lo­ses Lied und kom­me mir, ich rate dir gut!, nicht zum zwei­ten Mal ins Haus oder un­ter die Fe­der. Es möch­te Dir sonst noch schlim­mer er­ge­hen als dem Spat­zen, der in der Kam­mer des Schrei­bers Gun­tram Gast­freund­schaft such­te und sie so schnö­de miss­brauch­te!

Car­witz, Ok­to­ber 1935

H. F.

Erstes Kapitel


»Hört, Land­be­woh­ner! all mir zu«.

J. F. Cooper; Der Lot­se

Heinz Kiwitz

Vor vie­len Jah­ren leb­te in ei­ner großen Stadt ein jun­ger Mann, der auf der Ge­schäfts­stu­be ei­nes Rats­herrn, ge­nannt Asio, Schrei­ber­diens­te zu ver­rich­ten hat­te. Von mor­gens bis in den spä­ten Abend hin­ein saß er an sei­nem Tisch, sich ge­gen­über einen an­de­ren, aber äl­te­ren Schrei­ber, na­mens Bubo, und schrieb flei­ßig ab, was ihm sein Herr an Ver­trä­gen, Ur­kun­den, Re­gres­sen, Ak­ten auf den Platz ge­legt. Wenn er die Hand mit der Fe­der zum Tin­ten­fas­se führ­te, be­geg­ne­te sie wohl der Hand des Schreib­ge­fähr­ten drü­ben, und wenn er dann un­will­kür­lich den Blick hin­über­rich­te­te, sah er das ge­senk­te Auge des an­de­ren, das schon die nächs­te Zei­le der Vor­la­ge im vor­aus las, und umso em­si­ger kehr­te er, wie ein er­tapp­ter Faul­mann, zum ei­ge­nen Schreib­werk zu­rück. Aber wie eif­rig er sich auch müh­te, nie war der Berg der Auf­ga­ben vor ihm ganz ab­zu­tra­gen, und mein­te er den einen Abend, heu­te habe er es aber gut ge­macht und mor­gen sei Ar­beit ein gar ra­rer Ar­ti­kel, so hat­te den Rats­herrn über Nacht ge­ra­de das Zip­per­lein ge­plagt, und er hat­te in sei­ner Schlaf­lo­sig­keit so vie­les aus Schrän­ken und Map­pen her­vor­ge­kramt, dass am Mor­gen der Berg hö­her lag, denn je. Dar­über wur­de das Schrei­ber­lein fast trüb­sin­nig, und wenn er dann gar in das erns­te, graue Ge­sicht sei­nes Ge­gen­über sah, in des­sen Fal­ten sich der Ak­ten­staub vie­ler Jah­re nie­der­ge­setzt zu ha­ben schi­en – wenn er sich dann so recht leb­haft vor­stell­te, dass er in zehn oder zwan­zig Jah­ren auch so ernst­haft da­sit­zen wür­de, mit wei­ter nichts im Kopf, als den Wett­lauf zwi­schen Pa­pier­berg und Fe­der – so hät­te er am liebs­ten den Hut vom Na­gel ge­ris­sen und wäre hin­aus­ge­lau­fen in die wei­te Welt. Jede Stra­ße wäre ihm recht ge­we­sen, wenn sie nur fort­führ­te von der pa­pie­re­nen Ge­schäfts­stu­be. Sol­ches zu tun aber ver­bot sich, denn er hat­te nie­man­den, der für sei­ne Nah­rung und Klei­dung sorg­te, als sich sel­ber. Kein Va­ter und kei­ne Mut­ter, kein Ver­wand­tes sah nach ihm; al­lein muss­te er sich sein Es­sen ko­chen, al­lein sein Klei­der­werk fli­cken; und wenn er in die wei­te Welt hin­aus­rann­te, so wuss­te er doch, dass er nichts ge­lernt hat­te, wie ein biss­chen Schrei­be­rei, und die wür­de auf kei­ner Amts­stu­be an­ders aus­se­hen als auf die­ser. Als er nun an ei­nem recht trü­ben, dunklen No­vem­ber­vor­mit­tag über dem Schrei­ben schon dann und wann nach dem Fens­ter schiel­te, vor dem die Vö­gel hei­schend lärm­ten – denn es war fast sein ein­zi­ges Ver­gnü­gen, die­se sei­ne Freun­de um die Mit­tags­stun­de zu füt­tern –, hob plötz­lich sein ält­li­ches Ge­gen­über, der Schrei­ber Bubo, den Kopf, sah ihn freund­lich an und sprach: »Nun, Bru­der, öff­ne schon das Fens­ter und streue Dei­nen Lieb­lin­gen ihr Brot. Auf ein paar Mi­nu­ten wird es wohl nicht an­kom­men, so flei­ßig, wie wir heu­te wa­ren, und der Herr Asio kommt vor zwei Stun­den nicht wie­der vom Bür­ger­meis­ter­amt.«

Höf­lich, aber ein we­nig ver­wirrt, be­dank­te sich der Schrei­ber für die un­ge­wohn­te Gunst, die ihm der an­de­re in den man­cher­lei Jah­ren, da sie ein­an­der ge­gen­über sa­ßen, noch nie ge­währt hat­te. Und wäh­rend er das Fens­ter öff­ne­te und noch im­mer ganz be­nom­men den Mei­sen und Spat­zen, Am­seln und Fin­ken und was sich an Vo­gel­ge­tier im­mer an die­sen Fut­ter­platz ge­wöhnt hat­te, die Brot­bro­cken hin­streu­te, hör­te er den an­de­ren recht mit­lei­dig sa­gen: »Oft dau­erst Du mich sehr, Bru­der, wenn ich Dich so von mor­gens bis in die Nacht über Dei­ner Ar­beit sehe. Ich bin ein al­ter Mensch, und mir macht es nichts mehr, aber um Dich jun­ges Blut ist es jam­mer­scha­de!«

Da hat­te der an­de­re et­was ge­sagt, was der Stadt­schrei­ber oft im Stil­len bei sich ge­dacht, und eif­rig stimm­te er nun dem Ge­fähr­ten zu. Was sie doch für ein gar elen­des, aus­sichts­lo­ses Le­ben führ­ten, schlim­mer noch als die Skla­ven bei den Hei­den, denn de­ren Le­ben sei ih­ren Her­ren doch noch eine Sum­me Gel­des wert, wäh­rend ih­rer ei­ner, kaum dass er nur ein we­nig krank ge­wor­den, in Not und Elend ver­sto­ßen und auf der Stel­le durch einen an­de­ren er­setzt wer­de.

Der an­de­re hör­te dem kla­gen­den Ge­schwätz gar bei­fäl­lig zu, nick­te mit dem Kopf und frag­te dann teil­neh­mend, ob der Bru­der denn nie­man­den Ver­wand­tes habe, der ihm mit ei­nem freund­li­chen Zu­spruch und ei­nem klei­nen Lust­geld für den Sonn­tag bei­sprin­gen könn­te?

»Nein«, sag­te der jun­ge Schrei­ber. »Von den Spat­t’s, von de­nen ich mich her­schrei­be, bin ich der ein­zi­ge, der noch lebt. – Und so muss ich denn se­hen«, setz­te er et­was küm­mer­lich lä­chelnd hin­zu, »dass ich es so wei­ter trei­be, wie es nun ein­mal läuft.«

So wis­se er denn in die­sem Punk­te we­nigs­tens mehr als der Bru­der Spatt, sag­te der alte Schrei­ber lis­tig. Vor ein paar Wo­chen habe er die Ak­ten in ei­nem Grenz­streit zu be­ar­bei­ten ge­habt, und der eine von den bei­den Bau­ern, und ein schwer­rei­cher sei es ge­we­sen, habe Spatt ge­hei­ßen.

Dem Jun­gen ver­schlug es zu­erst die Rede. Dann mein­te er schüch­tern, es sei ja mög­lich, dass sein Name noch da und dor­ten im Lan­de vor­kom­me, aber wenn das wirk­lich Ver­wandt­schaft sei, sei es so ent­fern­te, dass sie den frem­den Hun­ger­lei­der leicht ent­beh­ren wer­de.

»Im Ge­gen­teil!« rief der an­de­re, und sei­ne großen, gelb­li­chen Au­gen sa­hen den Schrei­ber­ling recht zau­be­risch-ein­dring­lich an. »Im Ge­gen­teil!« Ob sich denn der Bru­der Spatt nicht mehr ent­sin­ne, dass er vor vie­len Jah­ren als ein klei­ner Jun­ge einen gan­zen Som­mer bei die­sem On­kel Spatt, der sein Va­ters­bru­der sei, zu­ge­bracht habe –? Von dort habe er doch auch erst sei­ne Vor­lie­be für al­les Vo­gel­ge­tier mit­ge­bracht! – Und er zeig­te auf das Fens­ter­brett, wo die Vö­gel sich um die letz­ten Bro­cken strit­ten.

Dem jun­gen Mann wur­de ganz wun­der­lich über dem Ge­re­de des an­de­ren. ›Wie kannst Du von mir wis­sen, was ich selbst nicht weiß‹, woll­te er ihm zu­ru­fen. Aber vor dem im­mer hel­ler leuch­ten­den gel­ben Blick wur­de es ihm an­ders. Dun­kel reg­te es sich in ihm, ganz ver­ges­se­nes Erin­nern stieg auf: ein statt­li­ches wei­ßes Haus, mit Wein be­rankt, er­höht über der Dorf­stra­ße ge­le­gen, brei­te Stein­stu­fen führ­ten em­por, die für das Kind zu hoch wa­ren – der war­me, heim­li­che Ge­ruch ei­nes dun­keln­den Stal­les – Heu­hau­fen, grö­ßer als ein Bett, auf de­nen man in je­der Rich­tung schla­fen konn­te … War es Traum, war es wirk­lich Erin­nern –?

La­chend hat­te un­ter­des der an­de­re wei­ter­ge­spro­chen. Im Som­mer sei frei­lich solch Be­such nicht zu emp­feh­len, die Bau­ern wüss­ten auch, was ein jun­ger Mann zur Ern­te­zeit wert sei, und spann­ten ihn mehr als ihm lieb ein. Da käme der Bru­der Spatt wohl gar vom Re­gen in die Trau­fe! Aber jetzt, im be­gin­nen­den Win­ter­wet­ter, sei ge­ra­de die rech­te Zeit. Da lie­ge der Bau­er auf der fau­len Haut und esse nur von mor­gens bis abends präch­tig, was ihm die Ern­te­zeit in alle Kam­mern zu­ge­tra­gen … Der Bru­der möge nur nicht säu­men, son­dern sich ei­lig zu dem Oheim auf den Weg ma­chen, da­mit er noch et­was an­de­res vor­fin­de, als ein ab­ge­nag­tes Schin­ken­bein und eine lee­re Ap­fel­ton­ne –!

Un­wil­lig un­ter­brach der jun­ge Mann den Re­de­strom. Was der Herr Bubo sich den­ke –?! Selbst wenn al­les wahr sei, was er er­zäh­le – und jetzt däm­me­re ihm selbst so et­was wie von ei­nem frü­he­ren ver­wandt­schaft­li­chen Be­such –, wie er denn so mir­nichts – dir­nichts aus Ar­beit und Brot ent­lau­fen kön­ne, wer denn hier sei­ne Ar­beit tun sol­le?!

Lis­tig lä­chelnd hat­te ihm der an­de­re zu­ge­hört. Was die Ar­beit be­tref­fe, so wer­de sich schon Rat fin­den las­sen. Wer denn dort auf dem Fens­ter­brett als letz­ter Gast sit­ze –?

Är­ger­lich über die­se Nar­rens­pos­sen ant­wor­te­te der jun­ge Mann nur kurz: »Ein Spatz!«

Hä hä! Das tref­fe sich ja vor­züg­lich, und der Bru­der sei auch ei­ner von den Spat­t’s, hä hä! – Der Bru­der möge nur nicht är­ger­lich wer­den, setz­te er be­gü­ti­gend hin­zu, dies sei nur ein Witz ge­we­sen, aber ein Witz nicht ohne Sinn. Er möge doch nur ein­mal den Gast auf dem Fens­ter­brett mit dem grau­brau­nen zer­fle­der­ten Fe­der­kleid an­schau­en, und dann sich selbst in dem grau­brau­nen ver­schab­ten Röck­lein. Si­cher sei der eine durch den an­de­ren zu er­set­zen, ohne dass der Herr Rat, des­sen Au­gen oh­ne­dies nicht die bes­ten sei­en, et­was mer­ken wer­de.

Zor­nig woll­te der jun­ge Mann auf­be­geh­ren, aber es ging ihm ganz wun­der­lich: plötz­lich er­schi­en ihm die graue Ge­schäfts­stu­be wirk­lich recht wie ein Vo­gel­kä­fig, die höl­zer­nen Ak­ten­schrän­ke wie Git­ter­stä­be, das große Tin­ten­fass wur­de zum Fut­ter­napf, und der alte Schrei­ber mit den gel­ben Au­gen sah ganz wie ein rie­si­ger Schu­hu aus.

Nun krächz­te er auch noch selt­sam, durchs Fens­ter her­ein kam der ärm­li­che Spatz gehüpft, gra­d’ auf den Stuhl des jun­gen Schrei­bers. Er dehn­te sich, er wuchs – und nun sah er sich in ei­ge­ner Per­son da­sit­zen. Schon tauch­te er, nein, der an­de­re, nein, es war doch er selbst, die Fe­der ein und schrieb em­sig fort, wo er (wer?!) auf­ge­hört.

Das war zu viel für Spatt, mit ei­nem wü­ten­den Schrei woll­te er sich auf sein Eben­bild stür­zen, aber »Ge­mach, nur ge­mach!« sprach be­ru­hi­gend der Äl­te­re und hielt ihn an sei­nem Röck­lein fest. »Ist denn Dein Kon­ter­fei nicht vor­treff­lich ge­lun­gen, lie­ber Bru­der? Ich selbst wür­de ja glau­ben, Du sä­ßest da, wie soll sich da un­ser trü­b­äu­gi­ger Herr Rat nicht täu­schen las­sen? Nein, al­les ge­lingt vor­treff­lich, Bru­der, Du kannst un­be­sorgt Dei­ne Fe­ri­en­rei­se an­tre­ten. Und, dass ich es Dir schon ver­ra­te, nicht nur ein vor­züg­li­ches Es­sen wirst Du bei Dei­nem On­kel fin­den, son­dern auch eine Base, wie rei­zen­der noch kei­ne ei­nem Stadt­schrei­ber auf­ge­wach­sen ist.«

Dem Schrei­ber­lein war es wie im Traum. Er klap­per­te mit den Au­gen­de­ckeln, zupf­te sich an der Nase, riss sich an den Haa­ren, zwick­te sich die Wa­den, aber es blieb, wie es war: da saß er und schrieb, und ge­nau, wie er es ge­wohnt war, hob das an­de­re Ich jetzt die Fe­der hoch, ließ sie einen Au­gen­blick über dem Tin­ten­fass ras­ten, und nun hin­ab­schie­ßen in die schwar­ze Flut wie eine Möwe, die auf ein Fisch­lein stößt. »Aber ich kann doch nicht«, mur­mel­te er ganz ver­wirrt, »das al­les ist doch Zau­ber­werk!«

»Es ist al­les in schöns­ter Ord­nung«, be­ru­hig­te den ver­wirr­ten Jüng­ling der alte Schrei­ber, der je län­ger je schu­hu­mä­ßi­ger aus­sah, »und von ver­bo­te­nem Zau­ber­werk kann schon gar nicht die Rede sein. Es ist wei­ter nichts, lie­ber Bru­der«, sag­te er über­re­dend, »als das, was wir Ju­ris­ten eine Stell­ver­tre­tung nen­nen, oder auch die Er­satz­lie­fe­rung ei­ner gleich­wer­ti­gen Ware, durch die nie­mand Scha­den er­lei­det. Der da wird ge­nau so flei­ßig und gründ­lich ar­bei­ten wie Du. Also frisch auf den Weg! Frei­lich möch­te ich«, setz­te er mit ei­nem lä­cheln­den Blick hin­zu, »Dir nicht gra­de mit die­sen dün­nen Schuh­chen zu ei­nem Fuß­marsch über die grund­lo­sen Land­stra­ßen ra­ten. Aber das ha­ben wir ja auch sehr viel ein­fa­cher.« Er ging an den schrei­ben­den Spatz her­an, sag­te: »Ge­stat­te!« und riss ihm mit ei­nem kräf­ti­gen Ruck ein lan­ges Haupt­haar aus. »Da!« sag­te er. »Wenn Du die­ses Haupt­haar zwi­schen Dau­men und Zei­ge­fin­ger der lin­ken Hand nimmst und ein we­nig reibst, ver­wan­delst Du Dich in einen – nun sa­gen wir es ge­ra­de her­aus: Spatz!, und fliegst auf die an­ge­nehms­te Wei­se zu Dei­nes On­kels Hof. Du brauchst Dich nur im­mer süd­lich zu hal­ten, Bru­der, bis Du auf ei­nem schlan­ken, schie­fer­blau­en Kirch­turm einen gol­de­nen Go­ckel siehst, dort ist das Dorf. Und wo die Lin­de mit den drei ab­ge­stor­be­nen Äs­ten vor ei­nem ho­hen, wei­ßen Hau­se steht, dort ist der Hof Dei­nes On­kels. – Aber hüte Dich, Bru­der«, setz­te er ernst hin­zu, »das Haar aus Dei­ner Kral­le fal­len zu las­sen, so­lan­ge Du noch in der Luft schwe­best: Du stürz­test in mensch­li­cher Ge­stalt mit rei­ßen­der Schnel­le zur Erde nie­der! Und hüte Dich auch vor den Raub­vö­geln, ger­ne sto­ßen sie auf so ein Spätz­chen, wie Du ei­nes bist!« Ganz ver­zau­bert starr­te das Schrei­ber­lein auf das lan­ge, dun­kel­blon­de Haupt­haar in der Hand des an­de­ren. Trotz der letz­ten un­heil­dro­hen­den Wor­te be­saß ihn eine son­der­li­che Lust, ein­mal doch we­nigs­tens zu ver­su­chen, wie weit sich die­ser Spuk trei­ben las­se. Sei­ne Hand nä­her­te sich dem Haar …

»Es wird hier al­les un­ter­des bes­tens be­sorgt wer­den«, krächz­te in­des­sen der gel­be Schu­hu wei­ter. »Und, dass ich es nicht ver­ges­se, Bru­der, zu je­dem Ul­ti­mo schi­cke ich Dir pünkt­lich Dei­nen Stell­ver­tre­ter mit dem Ge­halt hin­aus, da­mit Du auch Dei­ner schö­nen Base ein­mal ein Kett­lein kau­fen kannst, oder gar ein Ring­lein … Da –!«

Vi­el­leicht hat­te es die Er­wäh­nung der Base ge­macht: des Schrei­bers Hand hat­te sach­te das Haar ge­fasst, wie von ei­ner ge­heim­nis­vol­len Ge­walt ge­trie­ben war es zwi­schen Dau­men und Zei­ge­fin­ger der lin­ken Hand ge­glit­ten, sach­te hat­ten die Fin­ger­kup­pen ge­rie­ben – und Gun­tram Spatt fühl­te sich schwin­den, klein und leicht wer­den, und nun saß er als jäm­mer­li­cher Spatz auf dem Bo­den der Schreib­stu­be. Wie ein un­ge­heu­rer Baum­stamm stand vor ihm das grauschwar­ze Düf­fel­ho­sen­bein des Ält­li­chen.

»Ha­ben wir uns also doch ent­schlos­sen, Bru­der«, dröhn­te eine un­ge­heu­re Stim­me aus den Lüf­ten zu ihm, als läu­te der di­cke Pe­ter er­zen vom höchs­ten Kirch­turm der Stadt. »Nun, ich wün­sche ver­gnüg­li­che Rei­se und an­ge­neh­me Aben­teu­er!« Da­mit fühl­te sich Spatt nicht eben sanft hoch­ge­ho­ben, auf das Fens­ter­brett ge­setzt, er woll­te noch et­was sa­gen, ein­wen­den, pro­tes­tie­ren, aber nur ein schwa­ches Piep kam aus sei­nem Schna­bel. Das Fens­ter klirr­te hin­ter ihm zu, und da saß er in schwin­del­ma­chen­der Höhe über der Gas­se, die er am Mor­gen noch ah­nungs­los ent­lang ge­gan­gen war.

Das war wohl ein selt­sa­mes Ge­fühl! Über die Dä­cher und Schorn­stei­ne, über die Stra­ßen, Gas­sen und Märk­te der Hei­mat­stadt hin­weg­zu­se­hen, bis weit in den grau­en Him­mel hin­ein, mit zwei zar­ten Bein­chen un­ter sich und zwei schwa­chen Flü­geln im Rücken – und doch fä­hig, sich hö­her zu schwin­gen, wei­ter­zu­kom­men, frei­er zu sein als je in sei­nen Men­schen­ta­gen! Tief un­ter ihm wim­mel­ten die Mit­menschen mit schlep­pen­den, un­be­hol­fe­nen Fü­ßen ihre müh­se­li­gen Wege; hin­ter der ho­hen, stei­len, glä­ser­nen Wand in sei­nem Rücken schuf­te­ten sie schon wie­der an der nie en­den­den Fron des All­tags – un­ser klei­ner Spatz aber lüf­te­te sei­ne Flü­gel und stürz­te sich mu­tig in das Äther­meer hin­aus.

Oh, er hat­te ge­dacht, er wür­de erst das Flie­gen ler­nen müs­sen, und nun tru­gen ihn sei­ne klei­nen Flü­gel frei und si­cher ge­nau auf den Schorn­stein­kranz, den er sich zum Zie­le ge­wählt! Da saß er, in der ge­fie­der­ten Brust schlug das klei­ne Herz vol­ler Mut und Glück. Tief un­ter ihm wa­ren die großen Kro­nen der al­ten Lin­den, schon ganz ent­blät­tert, die so oft un­er­reich­bar hoch ihm zu Häup­ten ge­rauscht. In ei­ner Dach­stu­be, nur ein we­nig tiefer als er, saß ein Schnei­der mit ge­kreuz­ten Bei­nen auf sei­nem Tisch und sti­chel­te eif­rig auf ein Stück Tuch los. »Ach, Du ar­mer, an­ge­bun­de­ner Mensch!« dach­te der jüngs­te Spatz der großen Stadt. »Nähst Dir die Au­gen trüb oder gar blind, nur um Dir die vier en­gen Wän­de und den kah­len Tisch zu be­wah­ren! Im­mer in Angst um Nah­rung und Wär­me! Wie frei bin da ich –!« Hin­ter den letz­ten Häu­sern der Stadt blink­te der große Fluss, Brücken, über­wim­melt von Fuß­gän­gern und Fuhr­wer­ken, führ­ten über ihn; Herr Spatt brauch­te kei­ne Brücke, er spann­te sei­ne Flü­gel aus, und schon war er drü­ben im Ufer­wal­de.

»Nun wird es aber Zeit, dass ich mich nach dem On­kel um­se­he«, dach­te er bei sich. »Es knurrt und rum­pelt in mei­nem Ma­gen; mein Mit­tag­brot habe ich über all den Ge­scheh­nis­sen un­ge­ges­sen auf der Amts­stu­be ge­las­sen, und an die Spat­zen­kost mag ich, so gut mir die­ses Da­sein sonst ge­fällt, gar nicht den­ken. Vor­her will ich aber doch noch et­was ver­su­chen.«

Er flog hin­ter ein Ei­chen­ge­strüpp, das noch ge­nug Blät­ter auf sich trug, um ihn vor den Bli­cken et­wai­ger Neu­gie­ri­ger zu ver­ber­gen, öff­ne­te die Kral­le und ließ das Haar fal­len. So­fort fühl­te er, wie sich sein Leib streck­te, die schräg­ste­hen­den Bein­chen wur­den ge­ra­de und stark, die fla­chen Flü­gel wur­den zu run­den Ar­men, der spit­ze, har­te Schna­bel zu wei­chen, brei­ten Lip­pen – und ein we­nig tau­me­lig stand der Schrei­ber Gun­tram Spatt wie­der auf der lie­ben Mut­ter­er­de. Ei­lig nahm er das Haar in die rech­te Hand und lief, noch sehr un­be­hol­fen, zum Was­ser hin­un­ter, um sein Spie­gel­bild auch ge­nau zu prü­fen, ob nichts vom Spat­zen­da­sein ihm noch an­haf­te. Be­frie­digt schau­te er in die kla­re Flut: ›In­so­weit hat der alte Bubo wirk­lich die Wahr­heit ge­spro­chen. Wenn nun beim On­kel das Es­sen auch so gut und die Base auch so schön ist, wie zu­ge­sagt, so wer­de ich einen recht ver­gnüg­li­chen Win­ter be­kom­men.‹

Schon hat­te er das Haar von der rech­ten in die lin­ke Hand ge­wech­selt, sei­ne Rück­ver­wand­lung zu be­werk­stel­li­gen, da sah er auf dem Ufer­weg den al­ten Herrn Ha­ber­greis wür­dig ein­her­wan­deln. Der alte Ha­ber­greis war aber ein be­rüch­tig­ter Geiz­hals und Wu­che­rer, der schon man­chen ehr­li­chen Mann an den Bet­tel­stab ge­bracht hat­te. So­fort kam dem jun­gen Schrei­ber in sei­ner jet­zi­gen über­mü­ti­gen Lau­ne ein herr­li­cher Ein­fall, wie dem bö­sen Kni­cker ein heil­sa­mer Schreck ein­zu­ja­gen sei. Mit ver­stellt kläg­li­cher Ge­bär­de nä­her­te er sich ihm und, de­mü­tig den Hut in der Hand, bat er um eine klei­ne Gabe, da er vor Hun­ger fast ohn­mäch­tig sei. Und wie zur Be­stä­ti­gung sei­ner Wor­te fing sein Ma­gen im glei­chen Au­gen­blick ge­wal­tig zu pol­tern und zu kol­lern an.

Der alte Ha­ber­greis sah ihn mit sei­nen klei­nen, ge­röte­ten Au­gen böse von der Sei­te an und murr­te im Vor­über­ge­hen: es sei eine Schan­de, dass jetzt schon Bur­schen mit ge­sun­den Kno­chen ei­nem ge­brech­li­chen Grei­se das letz­te Brot­knüst­lein ab­frag­ten.

Da­mit glaub­te er den läs­ti­gen Bitt­stel­ler los zu sein, aber der jun­ge Spatt lief hur­tig ne­ben­her und, von ver­stell­ter De­mut zu gar­nicht ver­stell­ter Frech­heit über­ge­hend, be­haup­te­te er kühn­lich, der Auf­ent­halt der ha­ber­grei­si­schen Schät­ze sei ihm wohl be­kannt, und was jetzt bei Ta­ges­licht nicht gut­wil­lig ge­spen­det wer­de, gehe wohl nächs­tens näch­tens ge­gen den Wil­len des Be­sit­zers auf heim­li­chen Aus­flug.

Dem Kni­cker wur­de es ge­wal­tig angst um sei­ne Schät­ze, aber der Geiz über­wog die Vor­sicht, und die Ta­schen mit bei­den Hän­den fest­hal­tend, lief er, angst­voll um Hil­fe schrei­end, den Ufer­weg ent­lang, der ihn in die Nähe von Men­schen brin­gen soll­te. Doch eben­so rasch eil­te Spatt ne­ben ihm her, selt­sam­lich hüp­fend und mit den Ar­men vo­gel­haft wie mit Flü­geln schla­gend, ließ er nicht ab von dem Al­ten, und da­bei stieß er mit krei­schen­der Stim­me die Wor­te aus: »Rückst Du nicht Dein Geld her­aus, pick ich Dir die Au­gen aus!«

End­lich aber, als schon Men­schen in der Fer­ne auf­tauch­ten, rieb er das zau­be­ri­sche Haar zwi­schen den Fin­gern und um­flat­ter­te nun mit so dring­li­chem Piep-Piep den Kopf des ent­setz­ten Geiz­hal­ses, dass der al­len Mut ver­lor, sich ins Gras sin­ken ließ und stöhn­te: »Ich will ja al­les tun, was Du be­fiehlst, großer He­xen­meis­ter. Ich will mein Geld un­ter die Ar­men ver­tei­len und nie wie­der mehr als zehn Pro­zent Zins neh­men – nur, ich fle­he Dich an, lass ab von mir!« Da brei­te­te Herr Spatt wirk­lich sei­ne Flü­gel aus, hob sich hoch über die Baum­kro­nen, und hin­ab­se­hend auf den Greis, der noch gar­nicht an sei­ne Er­lö­sung zu glau­ben ver­moch­te, dach­te er: ›Hilft es nichts, so scha­det es nichts. Und ein we­nig sanf­ter wirst Du doch sein in nächs­ter Zeit.‹

Sein Flug trug ihn da­hin über ein un­er­mess­li­ches, sanft wo­gen­des Meer von Baum­kro­nen, flei­ßig reg­ten sich sei­ne Flü­gel, em­sig späh­ten sei­ne Au­gen, ob wohl schon am Ho­ri­zont der gol­de­ne Go­ckel auf­blin­ke. Aber im­mer neue Baum­wo­gen folg­ten den über­flo­ge­nen, in stil­le Wald­wie­sen sah er hin­ab, auf de­nen äsend die Rehe stan­den; bis auf den Grund kla­rer Seen schau­te er, über den sich, lang­sam glei­tend, große, dunkle Fi­sche be­weg­ten. Er sah auch ein Lie­bes­paar, das, sich um­fasst hal­tend, still einen Wald­steig hin­ab­schritt; ein Hol­zweib­lein sah er ver­stoh­len in einen Schei­ter­stoß grei­fen und den ver­bo­te­nen Bu­chen­knüp­pel un­ter dür­rem Rei­sig auf sei­nem Wäg­lein ver­ste­cken, wäh­rend der Herr Ge­hen­der Förs­ter zwei Schnei­sen wei­ter flu­chend nach eben die­sem Weib­lein such­te … Er sah Schul­kin­der, die ge­mein­sam sin­gend nach Haus zo­gen; eine Zie­ge, die sich ver­lau­fen hat­te und kläg­lich Meck-Meck schrie, in­des doch ihre Her­rin su­chend im­mer wei­ter von ihr fort­lief. Er sah einen Lang­holzwa­gen, dem im dich­tes­ten Dickicht ein Rad ge­bro­chen war, und der Fuhr­mann stand rat­los, ab­wech­selnd flu­chend und grei­nend, da­ne­ben; ein Fuchs lief, die fet­tes­te Ente des Herrn Pfar­rer im Fang, sei­nem Bau zu, und ein klei­nes Mäd­chen hat­te sei­ne müh­se­li­ge Ern­te letz­ter Brom­bee­ren beim Stol­pern aus sei­nem Körb­lein ver­streut und stand wei­nend da­ne­ben … Er sah aber auch einen Jun­gen, der sei­nen Eich­ka­ter im Kä­fig in den Wald ge­tra­gen hat­te, und der ihm nun sei­ne Frei­heit zu­rück­gab. Oh wie fröh­lich husch­te das be­frei­te Tier einen Fich­ten­stamm hin­auf, sah noch ein­mal mit sei­nen flin­ken, schwar­zen Au­gen auf den Herrn zu­rück, sprang noch ein­mal auf sei­ne Schul­ter und drück­te die Nase zärt­lich ge­gen die Wan­ge des großen klei­nen Men­schen und tauch­te dann un­ter in dem tau­send­we­gi­gen Ge­äst des Wal­des …

»Oh, wie weit und fröhlich dünkte ihn die große Welt …«

Oh wie weit und fröh­lich dünk­te dem flie­gen­den Herrn Spatt die große Welt, und wie vol­ler Le­ben der wei­te herbst­li­che Wald, der ihm frü­her oft so trau­rig und öde er­schie­nen. Flei­ßig hob und senk­te er sei­ne klei­nen Flü­gel, un­abläs­sig such­ten sei­ne Au­gen die Land­schaft un­ter ihm ab, und wenn sei­ne Stim­me auch nur ein ein­fa­ches Piep ab­gab statt der tau­send­fäl­ti­gen Mo­du­la­tio­nen der mensch­li­chen Zun­ge, fröh­li­cher konn­te es auch kein Men­schen­mund sa­gen, als die­ser Vo­gel­schna­bel es tat.

Aber plötz­lich war es, als rüh­re den klei­nen Spat­zen eine Ah­nung dro­hen­der Ge­fahr an. Sein Herz zog sich zu­sam­men, sein Flug wur­de zö­gern­der, ja, so­gar das Ta­ges­licht schi­en grau­er ge­wor­den zu sein. Noch auf­merk­sa­mer späh­te er in jede Rich­tung, hielt sich dicht über den ber­gen­den Baum­kro­nen. Und das war gut – denn plötz­lich schweb­te es dun­kel und laut­los von der einen Sei­te her­an und nahe fun­kelnd er­blick­te er die großen Au­gen ei­ner Eule … Der Spatz mach­te ein paar ra­sche Flü­gel­schlä­ge zur Sei­te, aber auch von die­ser Sei­te schweb­te es dun­kel und dräu­end her­an mit gel­ben, bö­sen Au­gen … Rasch ließ er sich ins ber­gen­de Ge­äst fal­len, lan­de­te auf ei­nem Zweig, flat­ter­te ihn ent­lang, bis er ge­bor­gen im Ast­win­kel, dicht an den Stamm ge­drückt, da­saß. Er hät­te sich ja nun leicht am Stamm hin­un­ter­las­sen kön­nen, auf der Erde an­ge­langt, sich in sei­ne mensch­li­che Ge­stalt zu­rück­ver­wan­deln und un­be­läs­tigt von Eule und Uhu den Wei­ter­marsch an­tre­ten kön­nen, aber schon brach die Däm­me­rung her­ein, und es be­stand kei­ne Aus­sicht, in der Nacht auf düs­te­ren Wald­pfa­den den Weg zum On­kel zu fin­den. Zu­dem plag­te ihn eine selt­sa­me Neu­gier­de zu er­fah­ren, was es mit die­sen bei­den Raub­vö­geln, die ihm selt­sam be­kannt er­schie­nen wa­ren, wohl für eine Be­wandt­nis habe.

Schon woll­te ihm die War­te­zeit fast lang er­schei­nen, da ver­dun­kel­te ein großer Fit­tich den blas­sen Him­mel über ihm, und laut­los her­an­strei­chend setz­te sich die große Eule auf den Ast ihm zu Häup­ten. Ei­nen Au­gen­blick spä­ter wur­de es noch ein­mal düs­ter, und nun war auch der fins­te­re Schu­hu an­ge­langt. ›Ein Jam­mer, dass ich nicht Eu­lisch ver­ste­he‹, dach­te Herr Spatt bei sich. ›Was für eine selt­sa­me Un­ter­hal­tung wür­de ich dann wohl jetzt zu hö­ren be­kom­men!‹

Aber wie er­staun­te er, als er den Uhu in bes­tem Deutsch mit ei­ner sehr be­kann­ten Stim­me sa­gen hör­te: »Ich sage Euch doch, Herr Rat, er wird längst sei­ne Men­schen­ge­stalt an­ge­nom­men ha­ben und zu Fuß den Weg zu sei­nem On­kel ma­chen.«

»Nur Sei­ne Unacht­sam­keit ist an al­lem schuld, Schu­hu!« schalt dar­auf die Eule. »Hät­te Er bes­ser in der Amts­stu­be auf­ge­passt, hät­te der Bur­sche nie mit dem Spat­zen re­den und das zau­be­ri­sche Haar in sei­nen Be­sitz brin­gen kön­nen.« »Aber ich sage Euch doch, ho­her Herr Rat«, hör­te Herr Spatt den al­ten Schu­hu recht lüg­ne­risch kräch­zen, »ich habe mit Eu­erm Kli­en­ten nicht län­ger als drei Mi­nu­ten ge­spro­chen, und doch war, als ich zu­rück­kam, das Un­glück schon ge­sche­hen.«

»Und nicht ein­mal ge­merkt hat Er et­was da­von, Bubo«, er­bos­te sich die Eule. »Da muss­ten erst kost­ba­re Stun­den ver­ge­hen, bis ich kam und al­les ent­deck­te.«

»Bei Tage tau­gen mei­ne Au­gen we­nig«, ent­schul­dig­te sich de­mü­tig der Schu­hu. »Ge­stat­tet, Herr, dass wir jetzt schnell zum Spat­t’­schen Hofe flie­gen. Da wird sich rasch eine Ge­le­gen­heit fin­den, ihm das Haar zu ent­rei­ßen und un­se­rer Tan­te einen war­nen­den Be­scheid zu ge­ben!«

»Und zu­sam­men kom­men die bei­den Kin­der doch«, groll­te der Herr Rat. »Nie hät­te das ge­sche­hen dür­fen! – Aber heu­te Nacht kön­nen wir doch nicht dort­hin, ich muss jetzt so­fort zu mei­nem Freun­de Ha­ber­greis, den der leicht­fer­ti­ge Bur­sche ganz von Sinn und Ver­stand ge­flat­tert hat. Mor­gen will ich dann se­hen, was auf dem Spat­t’­schen Hofe noch zu ret­ten ist. – Er aber, Schu­hu, blei­be hier noch eine Wei­le auf der Baum­spit­ze sit­zen und pass Er mir gut auf, ob Er den Flücht­ling nicht doch noch er­späht! Dann aber flie­ge Er ei­lig auf die Ge­schäfts­stu­be, Er weiß, wir müs­sen dem hof­fär­ti­gen Hin­ter­mey­er heu­te Nacht noch ein ar­tig Tränk­lein aus un­se­ren Ak­ten brau­en!«

Dazu lach­te die Eule so hä­misch, teuf­lisch, dass dem klei­nen Spatz ein ei­si­ger Schre­cken durchs Ge­bein fuhr; in ei­nem ganz an­de­ren Licht er­schi­en ihm plötz­lich die Schrei­be­rei, die er harm­los und ohne viel nach­zu­den­ken aus­ge­übt. Und dass sein ehe­ma­li­ger Bro­therr (der es nie wie­der sein soll­te, so schwor er sich) ge­ra­de ein Freund des hab­gie­ri­gen Ha­ber­greis und ein Feind des wohl­tä­ti­gen Hin­ter­mey­er war, woll­te ihm auch we­nig ge­fal­len. Zu­dem klan­gen ihm die dunklen An­mer­kun­gen über sein Ge­schick, das so selt­sam mit dem der un­be­kann­ten schö­nen Base ver­knüpft schi­en, gar nach­denk­lich in den Ohren, und er hät­te gar zu ger­ne ge­wusst, wer denn die Tan­te sei, die auf dem Hof des On­kels mit den eu­li­schen Bö­se­wich­ten im Bünd­nis lebe. Doch mach­te ihm das al­les das Herz nicht sehr schwer, er ver­ließ sich auf sein Glück, von dem er heu­te schon meh­re­re Pro­ben er­lebt zu ha­ben mein­te, und auf sei­nen gu­ten Ver­stand.

Die Eule war laut­los da­von­ge­schwebt, im Ge­äst oben hat­te es ein we­nig ge­ra­schelt, wohl da­von, dass der lüg­ne­ri­sche Schrei­ber Bubo sei­nen Lug­ins­land be­zog, und Herr Spatt wünsch­te nur, dass dem der er­folg­lo­se Aus­guck recht bald leid wer­de, denn be­quem saß er nicht auf sei­nem einen Bein, da er mit dem an­de­ren das Haar hal­ten muss­te. Auch brach die Däm­me­rung im­mer ra­scher her­ein.

»Lie­ber Bru­der!« krächz­te es plötz­lich von der Tan­nen­spit­ze her – und Herr Spatt hät­te in un­säg­li­chem Schre­cken fast das Haar fal­len las­sen. »Ersch­rick nicht, ich habe längst den Zip­fel Dei­ner grau­brau­nen Ja­cke un­ter dem Ast her­vor­lu­gen se­hen, auf dem wir über Dir sa­ßen. Mei­ne Au­gen sind sehr viel bes­ser, als der Herr Rat wahr ha­ben will, und je­den­falls se­hen sie schär­fer als die sei­nen. – Ja, ich weiß, lie­ber Bru­der, Du möch­test mich man­cher­lei fra­gen, aber die Kraft des Haa­res in Dei­ner Kral­le ist be­grenzt und Du bringst es nicht über ein jäm­mer­li­ches Piep hin­aus. Flie­ge nur un­ge­scheut los, und in we­ni­gen Au­gen­bli­cken hast Du den Hof des On­kels er­reicht. Dort wirst Du schon al­les zur ge­ge­be­nen Zeit er­fah­ren, was Dir zu wis­sen not tut, nur mer­ke Dir ei­nes: Küs­se­mund ist un­ge­sund!« Und da­mit er­hob sich der große Schu­hu, hei­ser auf­kräch­zend, in die Luft und flog von dan­nen, als wis­se er recht gut, dass der Bru­der Spatt ihm nur halb, nein, gar­nicht trau­te, und nie los­flie­gen wür­de, so lan­ge er noch in der Nähe sei.

Eine klei­ne Wei­le saß der Spatz noch ge­duckt im Baum, dann aber hob er sich in die Lüf­te, und mit dem letz­ten Ta­ges­schim­mer flog er ei­lig nach Süd. Die un­ter­ge­hen­de Son­ne durch­brach noch ein­mal das dicht­ge­ball­te Re­gen­ge­wölk, in der Fer­ne blitz­te es, fun­kel­te es – und nun war der große Wald zu Ende, Wie­sen und Fel­der la­gen sanft hin­ge­streckt un­ter dem Flie­gen­den, als ruh­ten sie aus von der Be­schwer­nis des Som­mers; der Turm­hahn fun­kel­te hel­ler … Mit ei­nem Gruß flog der Spatz an ihm vor­bei und über­flog erst ein­mal, Ein­blick zu ge­win­nen, das Dorf.

Statt­lich lag es da, ein be­hä­bi­ger Hof ne­ben dem an­de­ren, mit den räu­mi­gen, weiß­ge­tünch­ten, rot­be­zie­gel­ten Wohn­häu­sern, die er­erb­ten und be­wahr­ten Wohl­stand be­wie­sen; mit den lang­ge­streck­ten Vieh­stäl­len, aus de­nen hung­rig jetzt die Stim­me der nütz­li­chen In­sas­sen klang; mit den sau­ber ge­schich­te­ten und ge­tram­pel­ten Dung­hau­fen, der nächst­jäh­ri­gen Acker­nah­rung; und mit den ho­hen Scheu­nen, die doch noch zu klein für den Ern­te­se­gen ge­we­sen wa­ren, denn man­che Mie­te stand noch auf dem Acker. Je­der Hof führ­te sein Wahr­zei­chen: hier war es eine Rei­he von Kas­ta­ni­en die Dorf­stra­ße ent­lang, dort hat­te ein längst be­gra­be­ner Bau­er Walnüs­se an­ge­pflanzt, und ihre un­ge­heu­ren Kro­nen rühm­ten noch heu­te den To­ten. Auf dem First ei­ner Scheu­ne lag ein großes Stor­chen­nest; ein an­de­rer aber, dem wohl ein Bru­der zur See fuhr, hat­te die Bar­ten ei­nes Wal­fi­sches als einen Lau­ben­gang von der Stra­ße zum Haus ge­setzt.

Und hier rag­te auch, an­ge­zeig­tes Wahr­zei­chen Spat­t’­schen Ge­schlech­tes, die statt­li­che Lin­de in den Abend­him­mel, im­mer noch statt­lich, trotz der drei ab­ge­stor­be­nen Äste. Di­cke Ei­sen­bän­der um ih­rem Stamm leg­ten Zeug­nis da­von ab, dass der jet­zi­ge Be­sit­zer nicht wil­lens war, die alte Ge­fähr­tin sei­nes Hau­ses ohne Kampf dem Zer­fall zu über­las­sen. Er­höht über al­len an­de­ren Häu­sern des Dor­fes lag der Hof, in en­ger Nach­bar­schaft zu Kir­che, Pfarr­haus und Schu­le, an ei­nem klei­nen Platz, zu dem sich hier die Stra­ße wei­te­te. Geräu­mi­ger noch schi­en dem Spat­zen das Haus, län­ger die Stäl­le, hö­her die Scheu­nen – und mit ei­nem Ge­fühl un­ge­kann­ten Stol­zes sah er auf den Hof hin­ab; mit ei­ner noch nicht er­fah­re­nen, freu­di­gen Er­war­tung dach­te er des kom­men­den, fried­li­chen, ge­ruh­sa­men Win­ters.

Sorg­lich späh­te er nach ei­nem güns­ti­gen Fleck aus, auf dem un­be­ob­ach­tet die Ver­wand­lung aus ei­nem Fe­der­wisch in eine Weiß­haut zu be­werk­stel­li­gen sei, und er ent­schied sich für eine Lau­be, die, halb hin­ter Bü­schen ver­bor­gen, dun­kel und ver­las­sen im Gar­ten an des On­kels Hau­se stand. Froh nun doch, den wei­ten Flug voll­bracht zu ha­ben, ließ er sich zur Erde hin­ab, hüpf­te in die Lau­be, und woll­te ge­ra­de das Haar aus der Zehe fal­len las­sen, als das Geräusch na­hen­der Schrit­te und Stim­men ihn warn­te, noch ein we­ni­ges mit der Ver­wand­lung zu war­ten. Has­tig hüpf­te er un­ter die Holz­bank, und kaum saß er im dun­kels­ten Win­kel, als die Lau­be auch schon be­tre­ten und die Bank über ihm be­setzt wur­de. Nun war es ganz dun­kel um ihn, denn ge­gen den ein­zi­gen Fleck, der ihm noch ein we­nig Hel­lig­keit ge­spen­det, den Lau­ben­ein­gang, stan­den jetzt zwei Paar Bei­ne. Hat­te der Herr Spatt am Nach­mit­tage bei sei­nem Flu­ge über den Wald sich vie­le Male die Vor­tei­le frei­en Spat­zen­blickes vor dem über­all ver­stell­ten Men­schen­blick ge­rühmt, so muss­te er nun am Abend noch er­fah­ren, dass sehr we­nig dazu ge­hör­te, einen Spat­zen­blick zu ver­stel­len, näm­lich nur ein paar Ho­sen und ein Frau­en­rock. Frei­lich war’s ihm auch wie­der ein pri­ckelnd Ge­fühl, dass er nun die ihm als so schön ge­rühm­te Base nicht hän­de­schüt­telnd und von An­ge­sicht zu An­ge­sicht ken­nen­ler­nen soll­te, son­dern als ganz un­ge­fähr­de­ter Beo­b­ach­ter bei ei­ner viel­leicht ver­bo­te­nen Heim­lich­keit.

»Wir soll­ten uns hier nicht so set­zen«, spra­chen mit gro­ber Stim­me die Ho­sen. »Ich muss noch die Pfer­de trän­ken und mis­ten, Heu her­un­ter sto­ßen, Holz in die Kü­che, Was­ser ins Schaff tra­gen …«

›O weh!‹ dach­te der Spatz, ›das klingt nicht nach Win­ter­ru­he.‹

Doch da lach­te oben auch schon der Rock sil­ber­hell: »Oh, Du pein­li­cher Brumm­bär, jetzt wird’s Win­ter, und was heu­te nicht ge­schieht, wird mor­gen ge­tan. – Aber warum ich Dich ge­ru­fen habe«, setz­te sie lei­ser und ge­heim­nis­vol­ler hin­zu, »heu­te Abend oder doch noch in der Nacht kommt Ver­wandt­schaft auf den Hof, man hat mir Bot­schaft ge­sandt …«

»Wie kannst Du Bot­schaft ha­ben?!« spra­chen ver­dros­sen die Ho­sen. »Ist doch seit drei Ta­gen kein Frem­des auf den Hof ge­kom­men.«

»Ach Du Dum­mer!« lach­te der Rock. »Weißt Du denn noch im­mer nicht, dass es eine Post gibt, und dass man Brie­fe schrei­ben kann?!«

»Wohl, wohl«, klang’s un­zu­frie­den. »Das weiß ich nun auch, dass so ein glat­tes, dum­mes Stück Pa­pier spre­chen kann. – Aber auch der Brief­trä­ger hat sich nicht se­hen las­sen seit ei­ner Wo­che. Nein, nein, ich fürch­te, Du hast Dich wie­der, trotz Dei­nes Ver­spre­chens, mit dem bö­sen Drei­bein ein­ge­las­sen …«

»Wie Du nur so re­den magst«, sprach das Mäd­chen un­wil­lig und doch mit lis­ti­ger Zärt­lich­keit. »Ver­spro­chen bleibt ver­spro­chen, und das alte Zulp­maul mit sei­nen Eu­len, Ra­ben und Els­tern ist mir ein rech­ter Ekel. Nein, höre mir lie­ber gut zu, es hat al­les sei­ne Rich­tig­keit, was ich Dir er­zäh­le, und Dich geht es am Ende am meis­ten an.«

›Ob das die Tan­te ist vom Herrn Stadt­rat?‹ über­leg­te der Spatz un­ter der Bank. ›A­ber si­cher ist, dass die Toch­ter da über mir hockt. Doch warum sie sich mit solch gro­bem Klotz ab­gibt, das ver­ste­he ich nicht.‹ Und der war­nen­de Spruch flog ihm durch den Kopf: ›Küs­se­mund ist un­ge­sund!‹

»So er­zäh­le schon«, spra­chen ver­dros­sen die Ho­sen zum Rock. »Mir ist ganz, als hör­te ich des Bau­ern Stim­me vom Hof.« »Also, dass Ver­wandt­schaft heu­te noch kommt, habe ich Dir schon ge­sagt«, sprach eif­rig das Mäd­chen. »Aber was es für Ver­wandt­schaft ist, das weißt Du noch nicht. Ein ver­schol­le­ner Nef­fe und Vet­ter ist es, ein jun­ges Bür­sch­lein, wie Milch und Blut, aus der Stadt, mit wei­ßen Patsch­chen wie ein klein Kind, und ei­nem brau­nen Schnurr­bärt­chen so zart wie Gän­se­flaum.«

»Und was geht mich das an?« sprach brum­mig die gro­be Stim­me. »Mei­ne Ar­beit wer­den mir die wei­ßen Patsch­chen nicht ab­neh­men.«

»Oh, über den lang­sa­men Kopf von Euch Män­nern in Lie­bes­din­gen!« rief das Mäd­chen un­wil­lig aus. »Nein, Dei­ne Ar­beit im Stall wird Dir das Stadt­herr­chen schon nicht ma­chen, aber neu­gie­rig wird es sein, wie Dei­nem Mäd­chen sein brau­nes Schnurr­bärt­chen mun­det.«

»Da soll doch der Teu­fel sich sel­ber küs­sen!« rie­fen zor­nig die Ho­sen. »Sehe ich ihn nur ein­mal die Au­gen süß ver­dre­hen, so gebe ich ihm eins hin­ter die Löf­fel, dass er den Dok­tor ho­len las­sen muss!«

»Nicht doch! Nicht doch!« rief das Mäd­chen. »Wie Du doch im­mer gleich so grob da­her­fährst. Gut und in al­ler Freund­schaft wird der ver­lo­re­ne Vet­ter vom Hof auf­ge­nom­men wer­den, und wenn Du Dich ihm feind­lich stellst, so wird nicht er es sein, den man aus der Türe tut.«

»Son­dern wer?« frag­ten dumm die Ho­sen.

»Nein, wir müs­sen fein lis­tig sein und ihm mit ver­stell­ter Freund­lich­keit ent­ge­gen­tre­ten – auch Du! Auch Du!«

»Böh!« mach­ten die Ho­sen.

»Ja, Du kannst es schon, wenn Du nur willst. Aber ist er dann ganz si­cher und fühlt sich wie das Kücken un­ter der Hen­ne, so kann ja«, flüs­ter­te sie ganz lei­se, aber die Spat­zen hö­ren fein, »so kann ja ein­mal im Dun­keln eine Bo­den­lu­ke of­fen­ste­hen, oder Lang­holz kann vom Wa­gen zu­rück­rol­len, oder eine Wand in der Sand­gru­be gibt nach …«

»Hast Du doch mit der al­ten Trat­schen ge­rat­scht!« spra­chen die Ho­sen böse und spran­gen mit ei­nem Ruck auf. »Das ist Stank aus ih­rem Gift­topf, wie er auch den Bau­ern krank macht – das rie­che ich!«

»Aber höre doch –!« rief flie­gend das Mäd­chen.

»Nein, nun gehe ich zu den Pfer­den. – Angst brauchst Du nicht zu ha­ben, ver­ra­ten tue ich Dich nicht, und hel­fen tue ich ihm auch nicht, und wenn er denkt, er kann hier schar­mut­zie­ren, so be­kommt er es mit mir zu tun – aber Gift aus dem Su­del­top­fe, nein!«

Und da­mit ging er end­gül­tig fort und ließ das Mäd­chen zwi­schen Wei­nen und Zorn zu­rück. »Oh der Töl­pel, der Dumm­­­­­­­­­­