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Über dieses Buch

In Morábitos Geschichten ist es nur ein winziger Schritt vom Alltäglichen zum Grotesken. Aus häuslichen Müttern werden nackte animalische Wesen, die den Männchen auf Bäumen auflauern, Stubenfliegen tragen Namen, Erdbeben werden zu lauernden Tieren in ihrem Bau. Immer verweigern sich die Objekte des Erzählens ihren Alltagsfunktionen und erlangen ein anarchisches Eigenleben. So wird der Schwamm zu einem verschlungenen Labyrinth, zum Inbegriff des Chaos; die Schere verteilt Botschaften der Kälte. Auch Hammer, Lappen, Sprungfeder und Seil bestechen durch ihren ganz persönlichen Charakter, durch die ihnen nahezu seelisch innewohnende Eigenheit.

Morábito, der in Mexiko-Stadt wohnt, sucht nicht den Überblick, die große Perspektive; seine Texte visieren das Abgelegene, das fast mikroskopische Detail.

»Ein Meister des Beiläufigen« (Tagesspiegel)

Der Autor

Fabio Morábito wurde 1955 in Alexandria als Sohn italienischer Eltern geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Mailand, bis seine Eltern sich 1970 in Mexiko niederließen, wo Morábito heute als Übersetzer, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller lebt. Das Italienische ist seine Muttersprache, seine Werke jedoch verfasst er auf Spanisch: Erzählungen, Essays und Gedichte, die mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurden. In vordergründig einfacher Erzählweise erzeugt er in seinen Texten prägnante Bilder und Situationen, in denen Menschen und Dinge ihrem gewohnten Raum entzogen werden und in neuem Licht erscheinen.

Fabio Morábito war 1998/99 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Er gilt als einer der einflussreichsten spanischsprachigen Autoren der Gegenwart, seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Die Übersetzer

Thomas Brovot, geb. 1958, lebt als Übersetzer (u. a. Juan Goytisolo, Federico García Lorca) in Berlin. Für seine Neuübersetzung von Mario Vargas Llosas »Tante Julia und der Schreibkünstler« erhielt er den Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis.

Susanne Lange, geb. 1964, lebt als Übersetzerin (u. a. Fernando del Paso, Federico García Lorca, Juan Rulfo, Luis Cernuda und Miguel de Cervantes) bei Barcelona. Sie wurde u. a. mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet und bekleidete die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der FU Berlin.

Fabio Morábito
Die langsame Wut

Prosa

Aus dem mexikanischen Spanisch
von Thomas Brovot und Susanne Lange

Edition diá

Inhalt

Die langsame Wut (La lenta furia)

Die Mütter

Der Tapir

Die Vetricciolis

Das Luder

Der Tourist

Auf der Jagd

Der Fliehende

Mein Vater

Beruf Erdbeben

Werkzeugkasten (Caja de herramientas)

Die Feile und das Sandpapier

Der Schwamm

Das Öl

Das Rohr

Das Messer

Das Seil

Die Tasche

Die Schraube

Die Schere

Die Sprungfeder

Der Lappen

Der Hammer

Bibliographie

Impressum

Frontispiz

Die langsame Wut

Für Ethel Correa Duró

Nichts ist wichtiger als anderes.
Silvina Ocampo

Die Mütter

In den ersten Junitagen fing es an, mal etwas früher, mal etwas später. Angenehm war es jedenfalls nicht, wenn man bei einem Freund zum Spielen war und plötzlich, kaum dass er aufs Klo oder für ein Glas Wasser in die Küche ging, seine Mutter aus dem Zimmer nebenan kam, völlig nackt und bereit. Man musste es ohne jede Hilfe mit ihr aufnehmen, denn fast immer schloss sie sich mit einem im Zimmer ein und schob den Riegel vor. Uns war beigebracht worden, die Mütter auf den Kopf, die Brust, in den Unterleib zu schlagen, aber es gab kräftige Mütter und solche, die geschmeidig waren wie Rehe, oder auch dicke, die einen zu zerquetschen versuchten, bis man kapitulierte und sich ihren Launen ergab.

Wer einer Mutter in die Hände fiel, der wusste, dass er den ganzen Juni über in ihren Fängen blieb. Sobald die Dämmerung hereinbrach, musste man auf die Mütter achtgeben, die noch in den Bäumen lauerten. Gewöhnlich hingen sie nackt irgendwo im Geäst, die Brüste ganz prall, und die Kinder hatten ihren Spaß daran, mit der Schleuder spitze Gegenstände auf sie abzufeuern. Kaum machte eine Anstalten herunterzuklettern, zogen sich die Leute auf die andere Straßenseite zurück und beobachteten aus sicherer Entfernung den Abstieg der Mutter, deren Körper vom Rutschen über die Rinde jedes Mal mit Schrammen und Schürfwunden übersät war.

Dort in den Straßenbäumen verbrachten die Mütter die meiste Zeit des Tages, stöhnten vor Lust und rüttelten an den Ästen.

Am Abend kamen fast alle herunter und kauerten sich für die Nacht in irgendeinen Hauseingang. Die Kinder nutzten die Gelegenheit, um ihnen die Wunden zu versorgen, Essen zu bringen und eine Wolldecke umzulegen. Später wachten viele auf und fingen an, ziellos umherzuwandern, oder mit dem einzigen Ziel, das sie am Leben hielt: genommen zu werden, geschlagen und gekratzt. Sie wurden grimmiger und gerissener, schlichen lautlos umher und ersannen richtige Hinterhalte.

Oft kam es vor, dass frühmorgens von irgendeinem verlassenen Grundstück oder Rohbau das Gekeuche von Müttern herüberdrang, die gerade ihre Beute bezwangen. Dann konnte man sich in aller Ruhe heranwagen, denn eine Mutter, die bereits Beute gemacht hatte, stellte keine Gefahr dar. Eingezwängt zwischen den großen Schenkeln, wand sich das Opfer (ein Büroangestellter, ein Arbeiter) wie ein Wurm im Schnabel eines Vogels. Den ganzen Juni über tat die Mutter mit ihm, was sie wollte.

Die Mütter, die noch keinen Fang gemacht hatten, hingen feucht und tropfend in den Bäumen und lauerten. Ihre Bäuche waren wässrig und aufgeweicht, und wenn eine vom Baum fiel, machte es leise plaff!, und ohne den kleinsten Kratzer kletterte sie gleich wieder hinauf. Manchmal ließen die Mütter sich absichtlich fallen, um ihr Fieber zu kühlen, und dort am Boden, ganz warm und weich auf dem Asphalt des Bürgersteigs, sahen sie aus wie Abfälle, die das brandende Meer angeschwemmt hatte. Diese völlige Hilflosigkeit entflammte die Männer und ließ sie bei ihrem Anblick erschauern. Wer sich mit einer Mutter in einem solchen Zustand vereinigen wollte, der sank wirklich auf den Grund des Vulgären und Schäbigen hinab, und auf den ersten Blick erkannten die Mütter, wenn ihnen jemand schon in früheren Jahren in die Hände gefallen war. Mit dem wussten sie umzugehen! Sie befahlen ihm, herüberzukriechen, und der Mann gehorchte vor aller Augen, ohne sich beherrschen zu können, ein Bild des Jammers. Ein kurzer Tritt mit der Ferse in den Nacken oder Hals war alles, was so ein armer Teufel zum Dank dafür erhielt.

Die Mütter kletterten auch auf Mauern, Balkone oder Baugerüste, und die städtischen Angestellten brachten ihnen Essen und Wasser in großen Gefäßen, die sie auf dem Boden stehenließen. Dann stiegen die hungrigen Mütter herab und balgten sich schubsend und kratzend um die besten Plätze. In den Fenstern der umliegenden Häuser griffen die Kinder sofort zu ihren Schleudern und bombardierten sie mit Steinchen und Glassplittern. Sie beschossen sie gnadenlos, während die Verwundeten vor Wut heulten.

Ende Juni verflog die Hitze der Mütter allmählich, sie wurden wieder trocken, und eine nach der anderen ließ sich nach Hause schleppen. Die ganze Stadt sammelte sich in einem Zustand der Andacht. Kinder und Ehemänner wuschen die Mütter ohne Hast, säuberten ihre Wunden und wachten über ihren Schlaf, der manchmal vier oder fünf Tage dauerte. Alles schlich auf Zehenspitzen, um sie nicht zu wecken, die Zimmer blieben im Halbdunkel, damit sie sich ungestört erholten, und selbst die Haustiere legten ein ungewöhnlich sittsames Benehmen an den Tag. In den Büros und Fabriken wurde die Arbeit auf ein Minimum beschränkt, damit die Mütter sorgsam gepflegt werden konnten, und kaum jemand ging aus dem Haus, es sei denn, um Lebensmittel oder Medikamente zu kaufen.

Wenn die Mütter mit verheilten Wunden aufwachten, hatte sich der beißende Geruch ihrer Raserei aus der Stadt verzogen. Jetzt sah man sie wieder geschäftig auf den Balkonen, die einen im Morgenrock, die anderen schon zum Einkaufen angezogen. Und wie früher schüttelten sie die Bettdecken aus und gossen die Pflanzen oder riefen ihren Kindern, die sich auf den Schulweg machten, einen guten Rat hinterher. Die Schornsteine der Fabriken rauchten wieder, was die Maschinen hergaben, die Straßenbahnen quietschten in den Kurven, und die Leute stritten und schlugen sich bei der geringsten Reiberei. Selbst die Straßenhunde gingen munterer ihren Geschäften nach. Der gewohnte Lärm erfüllte den Morgen, und niemand schien sich an das Durcheinander und die Ängste der vergangenen Tage zu erinnern. Niemand machte die kleinste Bemerkung. Nur an den Bäumen, auf denen die Mütter feucht und wütend gehockt hatten, hingen nun die großen, reifen Früchte des Sommers.

Der Tapir

Meine Mutter behauptete, Justo sei schon halb verblödet wegen der Kopfnüsse, die ihm sein Vater jedes Mal versetzte, wenn er den Kunden des Gemüseladens das Wechselgeld falsch herausgab. Das kam recht oft vor, aber für blöd hielt ich ihn nicht, denn diesen Sommer durfte er den Laden allein führen. Sein Vater betrieb während dieser Zeit einen Kaninchenhandel.

In den Ferien waren die Einnahmen des Gemüseladens natürlich nur spärlich, und so hatte sein Vater sich dazu durchgerungen, das Geschäft Justo anzuvertrauen. Als ich ihm sagte, dass sich der Gemüseladen meiner Ansicht nach bei so wenig Kundschaft nicht rentieren würde, gestand mir Justo, dass die Stadt seinem Vater einen Zuschuss gab, damit er den Sommer über nicht zumachte, und dass sie ihm die Ware außerdem noch zum halben Preis lieferte. Ich merkte, dass er sich wegen dieser Abmachung schämte. Obwohl Justo den lieben langen Tag über die Hitze und das Obst fluchte, war er ein Vollblutgemüsehändler, und diese Art Wohltätigkeit kränkte ihn.

»Mein Vater meint, wir tun denen einen Gefallen, wenn wir die Bude offenlassen!«, schimpfte er, während er eine Steige Tomaten ausräumte oder mit der Fliegenpatsche einer Fliege nachsetzte.

Er hielt den Laden peinlich sauber, was bei so wenig Kundschaft nicht weiter schwierig war. Ich durfte mir zwar so viele Früchte nehmen, wie ich wollte, aber er überwachte jede meiner Bewegungen, damit ich ja nichts schmutzig machte. Auf den Ladentisch gestützt, die Fliegenpatsche in der Hand, spürte er noch das winzigste Tröpfchen auf, das mir aus dem Mund gefallen war, und ließ mich dann aufstehen, den Lappen holen und die Stelle aufwischen.

Jetzt, wo ihm sein Vater nicht mehr im Nacken saß, konnte er dessen leicht manierierte Art im Umgang mit den Kunden imitieren. Fachmännisch griff er jede Frucht mit den Fingerspitzen, als würde er sie einem kostbaren Schrein entnehmen, in dem sie lange Zeit geschlafen hatte. Dann hielt er sie gegen das Licht und drehte sie unmerklich, bevor er sie in der Papiertüte versenkte, eine Geste, die eine Spur von Bedauern andeutete, sich von etwas so Vollkommenem, so Wertvollem trennen zu müssen. Diese Manier fiel bei ihm ganz besonders ins Auge, weil sie im Gegensatz zu seinen dreckigen Fingernägeln und seiner im Ganzen ungepflegten Erscheinung stand. Was mich anging, so verbrachte ich die Stunden auf einem Stühlchen und las alte Comic-Hefte, die mir Justo lieh, und wenn ein Kunde hereinkam, verkroch ich mich in eine Ecke und wurde meist gar nicht bemerkt.

Um elf herum überließ Justo den Gemüseladen jedoch für zwanzig Minuten meiner Aufsicht (sein Vater war dann schon übelgelaunt vorbeigekommen, um nach dem Rechten zu sehen, und es bestand nicht mehr die Gefahr, dass er noch einmal hereinschneite) und flitzte zur Eisdiele der Señora Consuelo drei Straßen weiter, um dort ein paar Melonen und einige Kilo Erdbeeren abzuliefern. Um die Zeit ging Señora Consuelo, die im dritten Stock über der Eisdiele wohnte, hinauf, um nach ihrem kranken Mann zu sehen, und ihre Tochter Coral kam herunter, um sie hinter der Theke zu vertreten.

Gegen elf fing auch der Tapir an, auf dem Motorroller, den ihm sein Vater geschenkt hatte, Runden um den Block zu drehen.

Als er das erste Mal am Gemüseladen vorbeikam und ich Justo fragte, was er von dem Motorroller halte, wollte er wissen, wer denn dieser Tapir sei. Er kannte niemanden beim Vornamen oder Spitznamen, nur beim Nachnamen, genau wie sein Vater. Ich war nicht Enrique, sondern der jüngste Sohn von Señor Somonte. In erster Linie war ich nicht sein Freund, sondern Sohn eines Kunden.

»Da kommt er«, sagte ich zu ihm.

Der Tapir tuckerte wieder in mäßigem Tempo an uns vorbei, und Justo, der gerade ein paar Melonen auftürmte, hob den Kopf und sagte gleichgültig:

»Das ist der Sohn von Señor Saldívar.«

Er fügte noch hinzu, dass das ein Volltrottel sein musste, weil er hier mit seiner Blechchaise um den Block schlich. Er an seiner Stelle wäre zur Lagune abgedüst oder noch weiter weg.

Der einzige Luxus, den ich mir Tag für Tag gestattete, war das Hot fudge, das ich morgens in der Eisdiele der Señora Consuelo verspeiste, und ich stellte fest, dass der Tapir auch auf dieser Höhe der Straße sein Unwesen trieb. Man hörte den Motor schnurren, und ein paar Sekunden später knatterte er vornübergebeugt an einem vorbei, als würde er einen heißen Ofen lenken. Señora Consuelo hatte ihn gründlich dick:

»Ewig muss der hier herumkurven, der treibt mich noch in den Wahnsinn.«

»Alle nennen ihn den Tapir.«

»Den was?«

»Den Tapir, wegen der Rüsselnase.«

Sie brachte mir das Hot fudge und wetterte:

»Dieser Motorroller verfolgt mich schon bis in den Schlaf.«

In dem Augenblick kam ein blonder Bursche herein, und Coral, die Tochter von Señora Consuelo, trat hinter der Theke hervor und ging zu seinem Tisch, um ihn zu bedienen. Señora Consuelo schaute dem Tapir nach, bis er um die Ecke verschwand.

Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, dass Justo mit seiner dreckigen Schürze und seinen ungehobelten Manieren, die unvermeidliche Fliegenpatsche in der Hand, auf Coral oder sonst irgendein Mädchen Eindruck machen könnte. Als Coral dann jeden Nachmittag im Gemüseladen vorbeischaute und Justos Besuch vom Vormittag erwiderte, maß ich dem Ganzen zunächst keine große Bedeutung bei. Ich machte die Langeweile, die drückende Hitze dafür verantwortlich und sagte mir, dass sie am Ende des Sommers, wenn erst die Leute aus den Ferien zurück waren und alles wieder seinen normalen Lauf nahm, keinen Gedanken mehr an den Sohn des Gemüsehändlers verschwenden würde.

Ich konnte Coral nicht leiden. Justo nahm sie ins Hinterzimmer mit, und ich musste Alarm schlagen, wenn ein Kunde hereinkam. Ich hörte die beiden murmeln, hörte das Schmatzen, wenn Mund auf Mund traf, und ich stellte mir vor, wie Justo sie mit den Fingerspitzen liebkoste wie die Früchte vor den Augen der Kunden.

Als Señora Consuelo wegen meiner häufigen Besuche in der Eisdiele klargeworden war, dass ich nicht in die Ferien fahren würde, fragte sie mich nach dem Grund:

»Mein Vater hat wieder Probleme mit der Fabrik.«

Sie putzte gerade den Boden mit einem Scheuerlappen und richtete sich auf, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen:

»Das tut mir leid für dich.«

Was ich Fabrik nannte, war eine winzige Werkstatt mit vier Arbeiterinnen in einem Keller am anderen Ende der Stadt, wo mein Vater Siebdruckarbeiten auf Bestellung erledigte. Da er sich nicht mit einem ruhigen Angestelltendasein abfinden könne, sagte mein Onkel immer, wolle mein Vater unbedingt Kapitän eines Äppelkahns sein, der schon von Anfang an leckgeschlagen sei.

»Jammerschade, dass jemand in deinem Alter in den Ferien hier festsitzt«, befand Señora Consuelo, während sie sich bückte, um den Lappen in einen vollen Wassereimer zu tauchen. Ihr Ausschnitt verrutschte bei der Bewegung, und ich bekam ihren ausladenden Vorbau zu sehen, der im Büstenhalter wogte. Sie merkte es und sah mich lange und eindringlich an. Als sie schließlich zu mir kam, um das leere Hot fudge-Glas auf meinem Tisch abzuräumen, warf sie mir wieder diesen starren Blick zu. In dem Moment kam der blonde Bursche von neulich herein, und Coral, die an der Kasse saß, richtete sich das Haar, und Señora Consuelo ging zu ihm und nahm die Bestellung entgegen. Kurz darauf hörten wir ein entferntes Brummen.

»Da kommt er«, sagte ich.

Die Gestalt des Tapirs mit seinem spitzen Gesicht und der dicken Brille, in windschlüpfriger Haltung an den Lenker geklammert, zeichnete sich am Ende der Straße ab. Der Blonde drehte sich auf seinem Stuhl um, folgte ihm mit dem Blick, bis er um die Ecke bog, und als der Tapir wieder am anderen Ende der Straße auftauchte, wandte er sich zu mir und gab mit professioneller Miene den Hubraum des Motorrollers bekannt. Ich sah ihn weder an, noch nickte ich bestätigend. Ich hatte beschlossen, den Kerl nicht zu mögen, er sah zu geschniegelt aus. Ich stand auf und ging zur Theke, um zu zahlen. Als Coral das Geld entgegennahm, flüsterte sie, so dass ihre Mutter es nicht hörte:

»Sag Justo, er soll nicht auf mich warten, ich habe noch zu tun.«

Das war eines der wenigen Male, bei denen sie das Wort an mich richtete.

Im Gemüseladen sortierte Justo gerade Feigen ein, die ihm die Stadtverwaltung geliefert hatte, und als ich ihm die Botschaft überbrachte, versteinerte seine Miene, und er wandte das Gesicht ab. Ich schlug ein Comic-Heft auf, setzte mich auf meinen Stuhl und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.