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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2467

 

Mentale Revision

 

Sie leben im GESETZ-Geber – und sind metagenetisch programmiert

 

Christian Montillon

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung.

Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören.

Perry Rhodan und die Besatzung der JULES VERNE haben es nicht nur geschafft, eine gelungene Retroversion einer Negasphäre zu dokumentieren, sondern konnten überdies auch einen GESETZ-Geber rekrutieren, ein gigantisches goldenes Raumschiff der Kosmokraten, das für eine Retroversion unverzichtbar ist. Allerdings wurden durch einen Zufall die Fiktiv-Ankläger aus ferner Vergangenheit erweckt, und diese reklamieren die Herrschaft über den GESETZ-Geber für sich. Das Rätsel ihrer 29 Millionen Jahre langen Stasis-Ruhe ist die MENTALE REVISION …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Inkh Selexon – Der Anführer der Tibirian Melech wirft einen Blick hinter die Mauern der Mentalen Revision.

Perry Rhodan – Der Terraner verschafft sich Respekt unter den Heromet.

Mondra Diamond – Perry Rhodans Gefährtin bricht zu einer Befreiungsaktion auf.

Taffanaro – Der TAI-Servo erkennt, dass er einen großen Fehler gemacht hat, und ruft sein Volk zum Widerstand auf.

Qual: Die Knochen dehnen sich.

Schmerz: Das Fleisch wuchert.

Alles verschwimmt, die Wahrnehmung versagt. Das Bild der Umgebung verblasst. Jegliche Töne ändern sich, ziehen sich in die Länge, verwandeln sich in ein tiefes Brummen – dann verstummen sie völlig. Dafür fühle ich sie auf der Haut, die weich ist wie Wasser und deren Oberfläche vibriert. Erst langsam, dann schneller, schneller …

In mir regt und bewegt sich alles. Das, was ich bin, verschiebt sich. Ich hänge gekreuzigt in einem Dom der Agonie. Der Druck in meinem Kopf nimmt zu, es ist, als wollte mein Ohrenband schrumpfen und gleichzeitig in den Schädel wandern.

Etwas liegt in der Luft, ein Geschmack, der auf meine Haut niederregnet und jede Pore durchdringt. Ich sehe nichts mehr, es ist dunkel, der Schall kitzelt nur noch auf meiner Haut, die Ohren sind tot. Meine Arme strecken sich und zucken, die Finger biegen sich zurück, bis die Nägel die Handrücken berühren und sich hineinbohren.

Ich zersplittere und treibe durch ein Nichts aus Qual und Tod und Transformation. Ich schreie. Und füge mich wieder zusammen. Die Qual endet. Der Schmerz vergeht. Der Anfall ist vorüber.

Freude: Ich bin wieder ich selbst.

Erlösung: Es ist vorüber.

Angst: Es wird wiederkommen.

 

 

1.

Perry Rhodan

Einzeller auf einem Haluter

 

Wir sind Ameisen, dachte Perry Rhodan und korrigierte sich sofort. Sie waren weniger als das. Ein anderer, treffenderer Vergleich kam ihm in den Sinn, als Icho Tolot an ihm vorbeiging: Einzeller auf einem Haluter. So gut wie nichts, verloren in ewiger Weite. Und es war gar nicht allzu lange her, seit er ein Mitglied seines Einsatztrupps verloren hatte: Der Tod des kleinen, absonderlichen Metaläufers war ihnen allen nahegegangen, auch wenn es nicht jeder so gezeigt hatte wie Ekatus Atimoss und – zu aller Überraschung – Curcaryen Varantir.

Zu seinem Kommando zählten noch 17 Personen. 17 Individuen in den gewaltigen Tiefen CHEOS-TAIS, des 1126 Kilometer durchmessenden kugelförmigen GESETZ-Gebers, der schon vor zwanzig Millionen Jahren eine entscheidende Rolle gespielt hatte. 17 Lebewesen, denen nichts und niemand das Überleben garantieren konnte.

Sie befanden sich in der dritten einer ganzen Reihe riesiger Maschinenhallen, die den Orterergebnissen zufolge nacheinander aufgereiht waren wie Perlen auf einer Schnur – flach gedrückte gigantische Perlen von jeweils einigen hundert Metern Länge.

Er befahl, am gegenüberliegenden Rand dieser Halle eine Pause einzulegen.

Dem riesenhaften Haluter, der Rhodan um fast das Doppelte überragte und dessen Schritte bei fast zwei Tonnen Gewicht donnernd auf dem metallenen Boden dröhnten, folgte eine Gestalt, die wiederum nur knapp halb so groß war wie er.

»Du siehst nachdenklich aus, Chef«, sagte Gucky, der Mausbiber. Er blieb stehen und tippte sich mit der Handkante spielerisch gegen die Stirn, als würde er einen strengen militärischen Gruß entbieten, wie er auf Terra üblich gewesen war, als sie sich kennenlernten. Dabei ließ er den Nagezahn blitzen.

Rhodan kam ein seltsamer Gedanke – wie lange war es inzwischen her, dass sich Gucky an Bord seines Raumschiffes geschlichen hatte? Bald würden es 3000 Jahre werden …

Als Nächstes passierten ihn die beiden zentaurenhaften Algorrian Curcaryen Varantir und Le Anyante; Curcaryen war wie meist schlecht gelaunt und ließ dies aktuell am Dual Ekatus Atimoss aus. Le Anyante rieb ihre Flanke an ihrem Partner; meist besänftigte ihn das, doch dieses Mal zeigte es offensichtlich keine Wirkung.

Gucky verdrehte die Augen. »Ich warte nur darauf, dass der alte Klepper eines Tages vor Ärger einfach umfällt und an einem Herzanfall stirbt. Hoffentlich passiert es nicht, solange wir noch auf ihn angewiesen sind.«

Der alte Klepper, dachte Rhodan. »Wenn er das gehört hätte, müsste Ekatus Atimoss nicht länger als Zielscheibe für seine Launen herhalten.«

»Soll er nur kommen«, meinte der Mausbiber. »Er ähnelt nun mal einem terranischen Pferd, und wenn er seine Mundwinkel hängen lässt, erinnert er mich jedes Mal an einen alten Gaul kurz vor der Notschlachtung.«

Nun konnte sich Rhodan ein Lachen nicht mehr verkneifen. Die trüben Gedanken, die ihn bis vor einer Minute noch beschäftigt hatten, waren wie weggeblasen. Sie würden es schon schaffen. Wie immer. Oder besser: wie meistens. Momentan kam er sich nicht gerade wie ein strahlender Sieger vor.

Im Zentrum der Halle, so weit entfernt, dass er es nur erahnen konnte, standen lang gestreckte Aggregateblöcke, die nur wenige Meter hoch aufragten – sie konnten jedenfalls nicht der Grund dafür sein, dass sich die Decke Messungen zufolge genau 54 Meter hoch über ihnen befand. Genau wie in den beiden Hallen, die sie zuvor durchquert hatten.

Vor über zehn Stunden waren sie erneut ins Innere des gewaltigen Kugelraumers der Kosmokraten eingedrungen. Nach ihrer Rückkehr in die Gegenwart hatte ihnen ein Bote der Wesenheit AMU den Weg zu CHEOS-TAI gewiesen; der GESETZ-Geber hatte den gewaltigen Zeitraum von zwanzig Millionen Jahren darauf gewartet, dass sich wieder ein Bevollmächtigter der Ordnungsmächte seiner bediente. Rhodan hatte die Befehlsgewalt übernehmen können.

Es war ihnen gelungen, in Richtung Milchstraße zu starten, wo man dringend auf ihre Erkenntnisse aus der »Operation Tempus« wartete, dem Kontextsprung in die Vergangenheit. Sie hatten einiges über die Retroversion der Negasphäre Tare-Scharm in Erfahrung gebracht – Wissen, das der Nukleus der Monochrom-Mutanten für seinen eigenen Kampf gegen die Negasphäre nutzen konnte, die sich aktuell in der Galaxis Hangay entwickelte.

CHEOS-TAI hatte sich bereits in ihrer Befehlsgewalt befunden, doch sie waren von Unbekannten, die sich goldglänzender, entfernt reptilienartiger Kampfroboter bedient hatten, wieder vertrieben worden. Den Galaktikern war nichts anderes übrig geblieben, als in die JULES VERNE zu flüchten, die in einem Hangar des Kugelgiganten lag und von Traktorstrahlen daraufhin in den freien Weltraum gezogen worden war.

CHEOS-TAI war anschließend im Sternenmeer verschwunden. Erst nach einigen Wirren war es Rhodan und seinem Einsatzteam gelungen, wieder in den GESETZ-Geber einzudringen. Seitdem hielten sie sich verborgen, warteten ab und versuchten nicht aufzufallen.

»Einzeller auf einem Haluter«, murmelte der Terraner.

Gucky räusperte sich gekünstelt. »Sollte das ein Scherz sein? Wenn ja, lass dir gesagt sein, dass du besser noch ein wenig üben solltest. Ich bin gerne bereit, dir Nachhilfe zu erteilen.«

Rhodan ging nicht darauf ein. »Ich frage mich, warum nicht längst Alarm ausgelöst wurde.«

»Wir sind nicht entdeckt worden«, meinte Gucky. »Warum sollen wir nicht auch einmal Glück haben?«

»Und was ist mit diesem biberartigen Wesen? Es muss uns gesehen haben, als wir eingedrungen sind. Warum hat es seine Entdeckung nicht gemeldet?«

Gucky seufzte theatralisch. »Spekulationen helfen nichts, Perry – womöglich suchen uns ganze Hundertschaften, haben aber längst unsere Spur verloren. Um ganz CHEOS-TAI zu durchkämmen, brauchte es ein Milliardenheer an Helfern.«

»Oder eine gute Rechnerunterstützung«, sagte Rhodan. »Was offensichtlich auch unter den neuen Machthabern des Schiffs nicht der Fall ist. Das archaische Programm, gespickt mit unseren Veränderungen, scheint ihnen Schwierigkeiten zu bereiten. Sonst würden automatische Systeme unsere Gegenwart orten und melden.«

»Lass es mich mal so formulieren … Zwanzig Millionen Jahre sind eine lange Zeit. Da können schon mal ein paar Maschinen einrosten, selbst wenn sie aus Kosmokratentechnologie bestehen.« Gucky klopfte dreimal mit dem Schwanz auf den Boden. »Dieser Kasten hat sogar einige Jährchen mehr auf dem Buckel als unser Oldie Atlan und du zusammen. Und ihr seid wahrlich nicht mehr gerade die Allerjüngsten!«

Rhodan musterte die anderen Mitglieder des Einsatzteams. Icho Tolot stand wie ein Fels in der Brandung und tippte auf einem Armbandanalysator – seit sie CHEOS-TAI betreten hatten, nahm er unermüdlich Messungen vor; der Chefwissenschaftler Malcolm S. Daellian schwebte in seinem Medotank; die zehn Laosoor-Nahdistanz-Teleporter hatten sich als Gruppe abseits niedergelassen; die beiden Algorrian standen noch immer bei Ekatus Atimoss.

Gucky hatte offensichtlich Rhodans Blick verfolgt. »Ich frage mich, wann Atimoss hinter den Parapolschleier verschwindet, um nicht mehr ständig das Gemeckere des Kleppers anhören zu müssen.«

Rhodan lächelte schmallippig. »Du bist heute gar nicht gut auf ihn zu sprechen, was? Wenn ich dich nicht genau kennen würde, Gucky, würde ich dir glatt den Mund verbieten.«

Gucky reckte die Brust vor und zog gleichzeitig den Bauch ein. »Fragt sich nur, ob sich der Überall-zugleich-Töter davon einschüchtern lassen würde.«

»Genug geplaudert«, sagte der Terraner. »Es wird Zeit, dass wir unser weiteres Vorgehen besprechen.«

 

*

 

Es gab keine sichtbare Lichtquelle, und doch war alles schattenlos hell, als würden der Boden, die Seitenwand oder die Decke selbst, die sich weit über ihnen spannte, das Licht emittieren. Die Wand in ihrem Rücken glänzte golden wie die Außenhülle des GESETZ-Gebers.

»Wir verfolgen vier Ziele«, stellte Rhodan klar. Selbst Curcaryen Varantir lauschte sichtlich andächtig. »Zum einen müssen wir die ominösen neuen Herren von CHEOS-TAI identifizieren und gegebenenfalls vertreiben. Irgendwelche Einwände?«

»Wir wollen schließlich wissen, wer uns vor die Tür gesetzt hat«, pflichtete der Algorrian bei und schnaubte wütend.

Rhodan dachte an Gucky und verkniff sich ein Lächeln. »Außerdem gilt es, Mondra Diamond und ihr Einsatzteam wiederzufinden. Als wir mit der JULES VERNE in den freien Raum gezogen wurden, sind sie hier zurückgeblieben. Wir können nur hoffen, dass sie noch leben und inzwischen vielleicht sogar mehr herausgefunden haben.«

Hoffen, dass sie noch leben. Wie einfach sich diese Worte sprachen. Sie gaben keinen Einblick in sein Inneres, sprachen nicht davon, wie oft er sich Vorwürfe gemacht hatte, nicht besser für Mondras Sicherheit gesorgt zu haben; nicht von der Sorge, die in jeder Sekunde an ihm fraß. Wieder einmal wurde ihm bewusst, wie viel ihm Mondra bedeutete. Die Möglichkeit, dass sie gestorben sein könnte, entsetzte ihn zutiefst. Dasselbe galt für jedes Mitglied ihres Einsatzteams … aber eben nicht in demselben Maß.

Weil niemand einen Kommentar abgab, fuhr er fort: »Drittens müssen wir die Bedrohung des Vakacool-Systems durch CHEOS-TAI beenden. Das heißt auch, dass wir herausfinden müssen, was der GESETZ-Geber ausgerechnet hier zu suchen hat.«

Der GESETZ-Geber stand in der Nähe des Milliardenplaneten Vaka, wo er die dortige Raumflotte mit einem Feuerschlag vernichtet hatte, allerdings seitdem auf weitere Gewalt verzichtete. Dennoch bildete die bloße Gegenwart des Raumgiganten eine ständige Gefahr; ohne jeden Zweifel könnten die unbekannten Machthaber CHEOS-TAIS das gesamte System zerstören. Was sie jedoch beabsichtigten, blieb bislang unbekannt.

»Die Bedrohung zu beenden wird nur gelingen«, sagte Gucky, »wenn wir – viertens – diesen zu groß geratenen Kahn wieder unter unsere Kontrolle bringen.«

»Alles in allem klingt das nach viel Arbeit«, dröhnte Icho Tolot. »Wir sollten deshalb die Initiative ergreifen. Gehen wir in die Offensive, Rhodanos?«

Der Terraner nickte. »Das übergeordnete Ziel ist momentan, die Zentrale zu erreichen und sie in Besitz zu nehmen. Erst danach werden wir uns um alles andere kümmern können. Manches erledigt sich dann wohl von selbst.«

Die Augen des riesenhaften Haluters leuchteten rot. »Bis zur Zentrale liegen mehr als 500 Kilometer Weg durch die Tiefen CHEOS-TAIS vor uns. 500 Kilometer durch endlose leere Korridore … wenn sie noch leer sind. Und niemand mehr da, der uns Türen öffnen kann.«

»Ich rechne genau wie du mit einem erneuten Angriff der goldenen Kampfroboter, sobald wir entdeckt sind. Oder wiederentdeckt werden. Warum jenes biberartige Wesen keinen Alarm schlägt, ist mir unbegreiflich. Womöglich handelt es sich bei ihm um einen der neuen Herren des GESETZ-Gebers. Vielleicht basteln sie längst an einer Falle und lassen sich damit nur Zeit, weil wir hier, in den Außenbereichen des Schiffs, keine Gefahr darstellen. Wir können nur hoffen, dass es nicht so ist. Da Spekulieren nichts nützt«, – er grinste kurz in Guckys Richtung – »werden wir in genau einer Stunde aufbrechen. Bis dahin sollte sich jeder erholen und stärken. Teleportieren ist innerhalb CHEOS-TAIS häufig nicht möglich, da viele Wände und Decks weder für Gucky noch für die Laosoor durchlässig sind. Somit bleibt uns nur der konventionelle Weg.«

»Also ich weiß nicht, wie es dir geht«, sagte der Mausbiber, »aber ich hatte eigentlich vor, das Flugaggregat meines SERUNS zu nutzen und nicht etwa zu Fuß zu gehen.«

Dem konnte Rhodan nichts entgegensetzen.

2.

Taffanaro

Sinneswandel

 

Alles schmerzte.

Taffanaro trieb in einer Wolke aus Pein, die nicht nur seinen Körper fraß, sondern auch seinen Geist. Schwarz glühende Splitter bohrten sich in das Bewusstsein des Heromet. Sie saugten jedes Licht und jedes Leben in sich auf, absorbierten es und verwandelten es in Schmerz, der sein Fleisch durchdrang und es in Brand steckte.

Von irgendwoher jedoch kam auch Kälte, die das Feuer im Zaum hielt.

Es grenzte an ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte. Angesichts der Qual fragte er sich, ob es nicht besser wäre zu sterben. Weshalb klammerte sich sein Körper nur mit aller Macht daran weiterzuexistieren? Warum nicht einfach davonschweben, zulassen, dass die schwarzen Splitter ihn zerschnitten, wie es vielleicht schon vor neunundzwanzig Millionen Jahren hätte geschehen sollen, als sie den langen Schlaf antraten, der erst vor Kurzem geendet hatte?

Sogleich regte sich Widerstand in ihm gegen diesen Fatalismus. Es musste einen tieferen Grund dafür geben, dass er die Prügelattacke des Tibirian Melech überlebt hatte. Inkh Selexon – und auch wohl alle anderen seines Volkes – wirkte nicht nur gegen die Interessen der Kosmokraten, sondern hatte darüber hinaus den Verstand verloren! Deshalb war es nicht länger richtig, dass die Tibirian Melech die Befehlsgewalt über CHEOS-TAI innehatten.

Und nur er, Taffanaro, einziger überlebender TAI-Servo der Heromet, war offensichtlich dazu in der Lage, dies zu erkennen. Nur deshalb hatte er überlebt. Er war auserwählt, die Wahrheit zu verkünden und zu verbreiten.

Er erschrak. So dachten Heromet nicht! Sie fügten sich, ordneten sich denen unter, die in der Befehlskette über ihnen standen. Das gehörte zum Wesen seines Volkes und zum Lauf der Dinge im GESETZ-Geber, den die Kosmokraten vor ewigen Zeiten bestimmt hatten.

Aber er war wohl noch nie ein typischer Heromet gewesen. Außerdem … wenn die Tibirian Melech nicht mehr bei Sinnen waren, hatten sie das Recht auf Befehlsgewalt verloren. Das war eine ganz einfache Rechnung, die Taffanaro vielleicht sogar seinen Artgenossen verständlich machen konnte.

Der Heromet öffnete die Augen, zum ersten Mal, seit er wieder erwacht war. Er sah spiegelnde Metallflächen und den Medowürfel, aus dem ihm Heilstrahlen entgegenschauerten.

Unwillkürlich blickte er an sich hinab und entdeckte tatsächlich genau das, was er erwartet hatte: Aus der Liege, die sich seinen Konturen angepasst hatte und ihn mit angenehmer Kühle umgab, ragte ein kleiner, durchsichtiger Schlauch, der in seinen Brustkorb mündete. Die Spitze verschwand in Taffanaros grauem Fell, das durch die Prügelattacke noch grauer geworden war, wie er sofort erkannte. Seiner Einschätzung nach waren die Haarwurzeln für mindestens acht Stunden nur unzureichend mit Nährstoffen versorgt worden. Acht Stunden, die er am Rand des Todes verbracht hatte.