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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Epilog 1

Epilog 2

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2403

 

Mission CHEOS-TAI

 

Sie handeln im Auftrag des Chaos – ihr Ziel ist der Diebstahl des GESETZ-Gebers

 

Christian Montillon

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Mit einer gigantischen Übermacht hat die Terminale Kolonne TRAITOR die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Nur wenige Verstecke in der Milchstraße sind noch »frei«. Dazu gehören die Erde und die anderen Planeten des Solsystems, die sich hinter dem TERRANOVA-Schirm verbergen.

TRAITOR steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, aus den Welten der Milchstraße einen Chaotender zu formen und damit die Existenz der Negasphäre abzusichern, die in der Nachbargalaxis Hangay entsteht. Gewöhnliche Lebewesen können in einer Negasphäre nicht existieren, auch sind alle Naturgesetze an solch einem Ort außer Kraft gesetzt.

Perry Rhodan weiß allerdings, dass vor zwanzig Millionen Jahren schon einmal eine Negasphäre verhindert werden konnte, und reist mit dem neuen Raumschiff JULES VERNE in die Vergangenheit. In der Milchstraße, die damals als Phariske-Erigon bekannt war, muss er, um sein Schiff zu retten, als Erstes eine gefährliche Aufgabe im Auftrag der Chaosmächte erfüllen – MISSION CHEOS-TAI …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner dringt in den GESETZ-Geber vor.

Pothawk – Der Anführer der Laosoor will CHEOS-TAI entführen.

Imosazi – Die schöne Angebetete Pothawks setzt eigene Prioritäten.

Pothawk:

früher

 

Wenn er die Augen schloss, vermischten sich die Bilder zweier Frauen. An die eine zu denken half ihm die Trauer zu bewältigen; für die andere schämte er sich.

Wie konnte er nur an Imosazi denken? Wie konnte er am Todestag seiner Schwester an jemand anderen denken als an die kleine Pouxai, wie sie zitternd in der nassen Dunkelheit lag? Nicht einmal die Mediziner hatten sie retten können. In den Tiefen des Brunnens von Quemaya war mit der Kälte der Tod gekommen, selbst wenn er sie erst in der vermeintlichen Sicherheit einer Klinik mit sich nahm. Dennoch trug der Brunnen die Schuld, weil er die kleine, kranke Pouxai jahrelang angelockt und schließlich verschlungen hatte.

Der Brunnen? Oder vielmehr Pothawk, weil er nicht besser auf seine Schwester aufgepasst hatte?

Denn die Mutter war seit Langem nicht mehr dazu fähig. So war es seit Vaters Tod.

Ja. Pothawk trug die Schuld.

Limbox nicht, der war schließlich noch ein Kind.

Vizquegatomi nicht, erst recht nicht. Der älteste Bruder hatte Zunux schließlich schon so gut wie verlassen. Die Akademie der Diebe wartete auf ihn.

Pothawk beneidete ihn. Viz konnte Zunux verlassen, den uninteressantesten und langweiligsten Fleck der gesamten LAOMARK; er sah einer glorreichen Zukunft entgegen, auf der wunderbaren Akademie, in der jeder Tag Abwechslung und Faszination bot.

Er aber musste zurückbleiben, zusammen mit Limbox und der Mutter … und all den tausend Anblicken, die ihn an Pouxai und sein Versagen erinnerten.

Mindestens vier weitere Jahre, dann erst war er alt genug für die Akademie. Früher durfte er sie nicht besuchen, obwohl jeder Lehrer im Bildungszentrum ihm bescheinigte, über mehr Wissen als so mancher Absolvent zu verfügen. So waren die Vorschriften.

Vier Jahre.

Es war zum Verzweifeln.

Pothawk lag bewegungslos auf seiner Schlafstatt und lauschte angestrengt. Er hörte nichts außer seinem eigenen Atem.

Im Haus herrschte völlige Stille. Limbox und seine Mutter hatten sich ebenfalls zurückgezogen, und wahrscheinlich fanden sie genauso wenig Schlaf wie er selbst. Dennoch verließ keiner die einsamen Zimmer, als würden sie Sicherheit oder Vergessen bieten.

Lächerlich.

Andererseits war es vielleicht gut so. Sonst würden sie sich nur anschweigen, in die betrübten Gesichter der anderen schauen und doch keine Hilfe finden.

Pouxai hat nicht überlebt, hatte der Arzt zu ihnen gesagt. Mit seinen nächsten Worten hatte er bewiesen, dass er ein Narr war: Vielleicht ist es so am besten für sie. Ihre Krankheit wäre von Jahr zu Jahr schlimmer geworden, das Molark’sche Syndrom hätte ihren Verstand mehr und mehr zersetzt, bis sie am Ende in ihrem Verhalten vielleicht nicht nur kindlich, sondern sogar babyhaft gewesen wäre. Ich weiß, dass es nur ein schwacher Trost ist, aber …

Mehr hatte er nicht sagen können. Vizquegatomi hatte sich drohend auf die Hinterbeine aufgerichtet. Der Mediziner hatte verstanden und sich zurückgezogen. Das war sein Glück gewesen, denn Viz hätte sonst seine Frustration und seine Trauer an ihm abreagiert.

Danach hatte Viz seinen Brüdern und der schweigenden, in einer Ecke kauernden Mutter kurz mit einer Kopfhand zugewinkt und das Haus verlassen.

Pothawk fragte sich, ob sie ihn vor seinem Aufbruch zur Akademie noch einmal sehen würden. Danach würde er einige Monate lang die Akademie nicht verlassen können.

Ohne Viz würde das Leben leiser und ärmer sein. Pothawk war entsetzt darüber, dass ihn dessen Weggehen mehr schmerzte als der Tod seiner Schwester. Aber nützte es etwas, sich selbst etwas vorzuspielen? Musste man nicht seine Gefühle so nehmen, wie sie kamen? Sie entzogen sich generell der Kontrolle, ob man sie nun mochte oder nicht.

Gefühle … Dieses Stichwort führte seine Gedanken zurück zu jener Frau, die seine Gedanken beherrschte.

Imosazi.

Die herrliche, wunderbare, unerreichbare Imosazi.

Sie wohnte praktisch in der Nachbarschaft, aber sie war ein Jahr älter als Pothawk. Ein Jahr machte eine Menge aus, wenn nicht sogar alles. Zumindest hatte Pothawk das immer geglaubt. Aber Imosazi hatte ihn angesprochen, Hoffnungen geweckt und ihn dann eine Ewigkeit lang in Ungewissheit zappeln lassen.

Später vielleicht, hatte sie gesagt und ihn auf eine Art angesehen, die seinen Verstand seither durcheinanderwirbelte, wie er nur von einem Mädchen durcheinandergewirbelt werden konnte. Eigentlich war es ungewöhnlich früh für die Zeit der ersten Liebe, aber er war sich längst darüber im Klaren, dass er Imosazi sehr wohl verfallen war.

Wie sonst wäre die Pein zu erklären, die in ihm wühlte, wenn er daran dachte, dass sie Vizquegatomi nach der Rettungsaktion in den Untiefen des Brunnens von Quemaya über den Rücken gestrichen hatte? Viz und nicht ihm!

Außerdem hatte der Bruder gesagt, er sei mit Imosazi schon einmal in den schwarzen Tiefen des Brunnens gewesen. Er hatte kein einziges Wort der Erklärung verloren, und Pothawk hatte nicht nachgefragt. Wie könnte er angesichts dessen, was geschehen war?

Es war eine harte Zeit. Pothawk wusste, dass es sehr lange dauern würde, bis sich daran etwas änderte.

Bis dahin musste er durchhalten. Er durfte nicht aufgeben, denn nur die, die nicht verzagten, empfingen am Ende die Ehren eines Überwinders.

Eines Tages würde er ein Sieger sein.

Ein Sieger, gequält von Angst und Schuld.

1.

4. Mai 1346 NGZ

und 20.059.813 v.Chr.

 

Perry Rhodan fragte sich, welche Schuld er auf sich lud, indem er mitspielte. Er war gezwungen, Commander Pothawk zu helfen, den GESETZ-Geber CHEOS-TAI zu stehlen. Die Hightech-Diebe beabsichtigten nicht mehr und nicht weniger, als das gewaltige Kosmokratenraumschiff von 1126 Kilometern Durchmesser als Ganzes zu entführen.

»Worauf wartest du?«, fragte Pothawk, der Rhodan vom Körperbau und der Größe her an einen terranischen Panther erinnerte.

»Ich habe nachgedacht.« Der Terraner verheimlichte seine Befürchtungen nicht. Er hatte nicht den Eindruck, dass der Meisterdieb ihm feindlich gesinnt war.

Für den Laosoor zählte nur die Mission, die er um jeden Preis erfüllen wollte. Perry Rhodan diente ihm lediglich dazu, einen Beitrag zum Diebstahl zu leisten. Da der Terraner freiwillig nie mitgearbeitet hätte, war er in den Dienst der Laosoor gepresst worden – mit dem Wohl und Wehe der JULES VERNE hatten diese ein hervorragendes Druckmittel in der Hand. Selbst wenn Pothawk dieses Vorgehen persönlich nicht gutzuheißen schien.

»Die Rampe in den GESETZ-Geber steht offen«, stellte Vizquegatomi überflüssigerweise fest. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«

Dem konnte Perry Rhodan nicht widersprechen. Zu zögern half niemandem. Außerdem musste er zugeben, dass er gespannt darauf war, was ihn im Inneren des GESETZ-Gebers erwartete.

Wer hat DAS GESETZ initiiert und was bewirkt es? So lautete die dritte Ultimate Frage.

Lag die Antwort nunmehr in seiner Reichweite? Konnte es so einfach sein, sie zu erlangen? Rhodan glaubte nicht daran. Sonst wäre seine Katharsis am Berg der Schöpfung vor weit über tausend – in weit mehr als zwanzig Millionen – Jahren umsonst gewesen. Damals, im Brausen der Rückkehr von TRIICLE-9 an seinen Standort, hatte der Kosmokrat Taurec von Perry Rhodan erwartet, die Antwort aufzunehmen. Die Weigerung des Terraners, der sich sicher gewesen war, dass der schiere Umfang des Wissens sein Gehirn zu Brei zerquetscht hätte, war nicht gut aufgenommen worden. So wenig wie die Weigerung, weiterhin als Ritter der Tiefe den Erfüllungsgehilfen der Kosmokraten zu spielen.

Und wohin hatte ihn das gebracht? Die Ritteraura war ihm geblieben, und da sie eine Aura der Hohen Mächte der Ordnung war, öffnete sie den Meisterdieben einen Zugang in den GESETZ-Geber mit dem Eigennamen CHEOS-TAI.

Auf den ersten Blick war es eine unmögliche Aufgabe, CHEOS-TAI zu stehlen, den gigantischen goldfarbenen Kugelraumer, der so frappierend an ein Sporenschiff erinnerte. Doch die Meisterdiebe hatten gute Vorarbeit geleistet, nicht zuletzt aufgrund der Informationen ihres Auftraggebers, von dem Rhodan annahm, er gehöre zu den Agenten der Chaotarchen.

Vor wenigen Minuten hatten die Kontrollen am Haupteingangsschacht des GESETZ-Gebers Rhodan gescannt, seine Ritteraura erkannt und ihn als Beauftragten der Kosmokraten identifiziert. Für die Automatik besaß er den Status eines hochrangigen Dieners der Ordnungsmächte, dem Zugang zu gewähren war.

Infolgedessen betrat in diesen Sekunden die Speerspitze des Unternehmens CHEOS-TAI den GESETZ-Geber: Perry Rhodan selbst sowie Commander Pothawk und dessen Brüder Limbox und Vizquegatomi, die Hightech-Diebin Imosazi, deren Vergangenheit auf bislang ungeklärte Weise mit den Brüdern verknüpft war, und fünf weitere Laosoor, die Perry Rhodan bisher nicht namentlich vorgestellt worden waren.

Zehn Diebe machten sich auf, ein gigantisches Raumschiff von 1126 Kilometern Durchmesser zu stehlen, das durch einen hyperphysikalischen Anker an diesen Ort gebunden war. Dieser fünfdimensionale Anker stellte sich im Normaluniversum als Anomalie dar, als staubfreie, ortungstechnisch nicht erfassbare Zone inmitten des Thanuk-Emissionsnebels.

Rhodan leistete – wenn auch gegen seinen Willen – seinen Beitrag zur Entführung des GESETZ-Gebers. Er spielte dieses Machtinstrument der Kosmokraten damit aller Wahrscheinlichkeit nach der Terminalen Kolonne TRAITOR in die Hände.

In diesem Zusammenhang ließ den Terraner ein bitterer Gedanke nicht mehr los.

Aus seiner Kenntnis des Jahres 1346 NGZ wusste er, dass die Superintelligenz ARCHETIM an den Folgen der Retroversion einer Negasphäre sterben würde. Aber woran genau, wusste niemand. Was, wenn ARCHETIM nur deshalb starb, weil ihm CHEOS-TAI nicht zur Verfügung stand? In diesem Fall würde Perry Rhodan durch seine Mithilfe bei der Entführung des GESETZ-Gebers erst die Superintelligenz zum Tode verurteilen.

Ein erschreckender Gedanke.

Rhodan, der Mörder einer Superintelligenz, die auf der Seite der Ordnungsmächte stand und erfolgreich gegen eine Negasphäre vorgehen und damit die Vernichtung mehrerer Galaxien verhindern würde.

Selbst ihm, der für seine schnellen Entschlüsse und sein konsequentes Handeln bekannt war, gingen diese Fragen nicht aus dem Kopf. Er war kein Grübler, der alles wieder und wieder durchdachte, aber diesmal reichten die Konsequenzen seines Handelns extrem weit. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben war es so; es schien sein Schicksal zu sein, bei Wendepunkten in der kosmischen Geschichte an vorderster Front zu kämpfen.

Trotzdem blieb ihm keine Wahl. Nicht nur sein Expeditionsraumer stand auf dem Spiel, an der JULES VERNE hing die gesamte Operation Tempus. Wenn das Schiff unterging, war die Mission in der Vergangenheit gescheitert und die Milchstraße des Jahres 1346 NGZ ohne Chance der Negasphäre in Hangay ausgeliefert. Und das wiederum war undenkbar.

Was also blieb Rhodan übrig? Er musste versuchen, so lange wie möglich das Spiel offenzuhalten. Er lauerte auf eine Möglichkeit, die Pläne der Meisterdiebe zu durchkreuzen.

 

*

 

»Na los!« Vizquegatomi, der Rhodan unablässig bewachte und wie ein Schatten nicht von seiner Seite wich, stieß ihn an.

Rhodan warf einen letzten Blick auf die golden glänzende, scheinbar unendliche Oberfläche des GESETZ-Gebers.

Etwa hundert Meter entfernt waberte das Dimensions-Flimmern und verwirrte den Blick. Diese rätselhafte Erscheinung hatte bereits einen Laosoor das Leben gekostet und die Arbeit der anderen erschwert.

Entschlossen ging er auf der Rampe durch den Bereich der Außenhülle ins Innere des Kosmokratenschiffs. Sie führte in einem leicht begehbaren Winkel abwärts. Seine Schritte klackten laut auf dem Metall der Rampe. Im Vergleich dazu schlichen die Laosoor geradezu.

Der Terraner trug seinen SERUN, das Standardmodell 330-10 Warrior III, einen Kombinations-Schutz- und -Kampfanzug. Die Laosoor hatten ihm den SERUN in weiser Voraussicht von Anfang an nicht entwendet, sondern lediglich die Offensivbewaffnung entfernt. Ohne Schutzanzug hätte er Mission CHEOS-TAI unmöglich antreten können – soeben hatte er sich im freien Weltraum aufgehalten, nun drangen sie in ein Schiff mit unbekannter Atmosphärenzusammensetzung ein.

Ein Blick auf das Display seines Multifunktionsarmbands zeigte, dass in CHEOS-TAI künstliche Schwerkraft von 0,9 Gravos herrschte, also ein angenehmer Wert, der annähernd Terra-Norm entsprach.

Am Ende der Rampe blieb Pothawk neben Rhodan stehen. »Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Ohne deine Aura hätte unser Vorstoß etliche Leben gekostet und vieles vernichtet, was erhaltenswert ist.«

Rhodan lachte leise. »Ich habe es nicht freiwillig getan. Nach wie vor zweifle ich die Ziele deiner Mission an. Wenn du mir also tatsächlich danken willst, gib die JULES VERNE frei und lass mich gehen.«

»Das kann ich nicht, selbst wenn ich es bedauere. Ich muss die Mission erfüllen.«

»Auch wenn du dadurch CHEOS-TAI der Terminalen Kolonne in die Hände spielst?«

»Darüber haben wir bereits gesprochen. Du vermutest, dass unser Auftraggeber ein Angehöriger der Pressor-Garde ist.«

»Ich bin mir in dieser Angelegenheit so gut wie sicher. Wenn es um etwas so Wichtiges wie den GESETZ-Geber geht, handelt es sich zweifellos um einen hochrangigen Diener der Chaosmächte. Kein einfacher Krieger oder Kommandant würde mit dieser Aufgabe betraut werden.«

»Auch darüber haben wir gesprochen. Es ist unwichtig. Die Könige der LAOMARK haben entschieden, den Auftrag anzunehmen. Also entführen wir CHEOS-TAI.«

Rhodan schwieg. Er spürte, dass Pothawk nur deshalb so verbissen seine Ansichten wiederholte, um sich selbst davon zu überzeugen. Der Commander der Diebe war ein kluger Mann und rechnete sich zweifellos aus, welche Folgen dieser Auftrag für die LAOMARK nach sich ziehen konnte. Wenn die Mond-Sphäre zwischen die Fronten des Kampfes geriet, konnte das mit ihrer Zerstörung enden.

»Und nun?« Rhodan machte eine umfassende Handbewegung.

Auch in dieser Innenhalle glänzten manche Wandteile golden. Andere schimmerten schmutzig weiß oder in mattem Grau. Angenehmes Licht herrschte, ohne dass eine direkte Beleuchtungsquelle zu entdecken war.

Der Raum war quadratisch und mochte etwa dreißig auf dreißig Meter messen. Die Rampe führte in seine Mitte. Er verfügte über keinerlei Einrichtung oder technische Elemente. Das war für eine Haupteingangshalle sehr ungewöhnlich, bewies aber einmal mehr, dass der GESETZ-Geber noch nicht bereit zum Einsatz war. Die Diebe waren gewissermaßen in einen Rohbau eingedrungen.

Pothawk zog wortlos eine flache Scheibe aus einer Tasche des roten Schultergurts. Sie sah auf den ersten Blick aus, als bestehe sie aus billigem blauem Plastik. Sie maß etwa zehn auf zehn Zentimeter.

Der Commander fuhr über einen Sensor, der in sattem Gelbton schillerte. Sofort baute sich eine Holografie auf.

Einen Lidschlag lang war ein golden glänzendes, kugelförmiges Objekt zu sehen, dann veränderte sich die Wiedergabe und zeigte einen Querschnitt durch die Kugel.

»Ein Plan des GESETZ-Gebers«, entfuhr es Rhodan.

Die Holografie zoomte auf eine Stelle nahe der stilisierten Außenwand, bis nur noch wenige Decks zu sehen waren. An einer Stelle blinkte es rot.

»Unser Standort«, erklärte Pothawk zufrieden. »Wie du dir denken kannst, stammt dieser Wegeplan von unserem Auftraggeber. Nun folgt mir. Der Plan wird uns den Weg in die Zentrale weisen.«

»Darf ich den Plan studieren?«

»Du erhoffst dir Informationen über CHEOS-TAI? Etwa über seine eigentliche Aufgabe oder gar die Wirkungsweise? Vergiss es. Der Plan enthält nur die nötigsten Hinweise, die ein Vordringen in die Zentrale ermöglichen.«

»Wo liegt sie?«

»Im Zentrum des Kugelraumers.«

»Also nach dem reinen Radius zu rechnen, 563 Kilometer entfernt. Nicht gerade eine geringe Distanz. Wir sollten für diese weite Strecke Transmitter benutzen. Es existieren doch welche?«

Pothawk schnaubte. »Wir werden auf Transmissionen verzichten, solange wir uns in CHEOS-TAI aufhalten. Das Gebiet ist nicht sicher. Wir müssen mit hyperphysikalischen Besonderheiten rechnen. Wie ich dir sagte – der GESETZ-Geber ist noch nicht fertiggestellt, sondern lagert hier gewissermaßen zwischen. Nur deswegen konnten wir überhaupt eindringen.«

»Was bedeutet das für uns?«

Pothawk machte eine Geste mit den Ohrenhänden, die wie ein Flehen zu den Göttern wirkte. »Wenn ich das wüsste.«

 

*

 

Sie waren seit einigen Stunden unterwegs, folgten stur dem holografischen Wegeplan.

Über viele Kilometer erstreckten sich Korridore, Hallen und Aggregatkomplexe unbekannter Funktion. Nirgends fanden sie eine Spur von Leben, nicht einmal schlafende Besatzungsmitglieder des GESETZ-Gebers, die von den Supra-Emittern außer Gefecht gesetzt worden sein sollten.

Den Sinn und die Wirkungsweise der technischen Aggregate zu erkennen war für Rhodan unmöglich. Dazu brauchte er Zeit und die Hilfe eines genialen Wissenschaftlers vom Schlage eines Humphrey Parrot oder Malcolm Daellian, und selbst diese wären angesichts der unbekannten Hochtechnologie wohl zum Scheitern verurteilt.

Der grimmige Aufpasser Vizquegatomi wich nicht von Rhodans Seite; ebenso wenig, wie sich Pothawk und Imosazi mehr als einige Meter voneinander entfernten. Die beiden wurden ganz offensichtlich voneinander angezogen.

Schließlich erreichten sie einen Schacht, der laut Plan 120 Kilometer weit ins Innere von CHEOS-TAI führte.