Linda Chapman

Sternenfohlen

Manege frei für Wolke

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KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen: Carolin Ina Schröter, Berlin

Umschlaggestaltung: Carmen Oberzaucher, Wien

Sternenfohlen – Manege frei für Wolke,

erzählt von Cordula Setsman

Based on the characters created by Working Partners Ltd.

© Working Partners Ltd. 2015

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© 2015, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-14665-1

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Karte

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Sterne

„Wo sind Saphira, Stella, Mondstrahl und Sturmwind denn nur?“, überlegte Wolke und sah sich um.

Eigentlich waren sie auf der Mondscheinwiese verabredet, um gemeinsam in die Bibliothek zu gehen und etwas für eine Hausarbeit nachzusehen. Aber ihre vier besten Freunde waren nirgends zu finden. Dabei hatte Wolke doch so aufregende Neuigkeiten! Ob die anderen ihre Verabredung vergessen hatten? Nein, das konnte nicht sein. Bestimmt waren sie noch auf der Flugheide, wo Stella und Mondstrahl zuvor mit dem Flugteam des Regenbogenhauses Training gehabt hatten. Sturmwind und Saphira wollten die beiden anfeuern. Atlas, der Leiter ihres Hauses und Trainer der Flugmannschaft, ließ sein Team manchmal ein wenig länger üben, wenn es nötig war.

Rasch nahm Wolke ein paar Galoppsprünge Anlauf, stieß sich kräftig mit den Hinterbeinen ab und stieg in die Lüfte auf. Sie preschte so schnell über den Himmel, dass ihre strubbelige Mähne im Wind wehte. Über der Flugheide zog sie eine Schleife, um sich zu vergewissern, dass die vier tatsächlich dort waren.

„Seht nur, da kommt Wolke!“, rief Stella, als sie ihre Freundin am Himmel erspähte.

„Die hat es aber eilig“, erwiderte Sturmwind und schüttelte den Kopf. Er war das ruhigste Einhornfohlen von ihnen und ließ es gern gemütlich angehen. Außerdem war er für sein Alter sehr groß, was ihm immer wieder Probleme beim Fliegen und Landen bescherte. Daher schaute er nun beeindruckt zu, wie Wolke rasch in den Sinkflug ging und sicher auf der Wiese landete. Manchmal beneidete er seine Freunde einfach um ihr Geschick beim Fliegen.

„Da seid ihr ja! Ich habe euch schon überall gesucht!“, japste Wolke, während sie auf ihre Freunde zugaloppierte.

„Was ist denn los?“, rief Mondstrahl.

„Alles in Ordnung?“ Saphira sah ihre Freundin besorgt an.

Wolke grinste breit. „Ihr werdet es nicht glauben, was ich gerade beim Treffen mit den Hausvorständen und dem Trihorn erfahren habe!“

„Nun mach es doch nicht so spannend!“, drängte Mondstrahl.

Wolke warf ihren Freunden einen geheimnisvollen Blick zu. „Erinnert ihr euch noch daran, was das Trihorn vor einiger Zeit angekündigt hat?“

„Was denn?“ Auch Stella wurde langsam ungeduldig und trippelte von einem Huf auf den anderen.

„Dass demnächst ein Zirkus in der Nähe unserer Schule seine Zelte aufschlagen wird. Und stellt euch nur vor: Er ist bereits da!“, jubelte Wolke. „Als wir Hausvorstände vor dem Arbeitszimmer des Direktors gewartet haben, haben wir mitbekommen, dass die Zirkusdirektorin vor uns bei ihm war. Und hoch oben vom Büro des Trihorns aus konnte ich sogar das Lager der Zirkusleute sehen!“

„Echt?“, rief Saphira begeistert.

„Ja, es gibt ein riesiges Zirkuszelt und ringsherum viele kleinere Zelte, in denen vermutlich die Artisten leben.“

Sturmwind stellte interessiert die Ohren auf. „Das ist ja fantastisch! Ich kann es kaum erwarten, mit der Schule die Vorstellung zu besuchen.“

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„Ich auch! Ich liebe den Zirkus!“, jauchzte Stella.

„Warum so lange warten? Wie wäre es, wenn wir gleich einmal hingehen?“, schlug Mondstrahl vor. „Die Bücher in der Bibliothek laufen uns ja nicht weg. Und die Hausaufgabe auch nicht, leider.“

„Au ja!“

„Kommt, hier entlang! Ich zeige euch den Weg“, forderte Wolke ihre Freunde auf und galoppierte los.

„Seht euch das an!“ Sturmwind schaute sich mit großen Augen um, als die fünf Einhornfohlen am Rande der großen Wiese angekommen waren, auf der der Zirkus sein Lager hatte. Auch die anderen wussten gar nicht, wo sie zuerst hingucken sollten. Überall gab es so viel Spannendes zu entdecken. Wolke hatte wirklich nicht zu viel versprochen.

„Los, wir sehen uns ein wenig um“, meinte Mondstrahl.

„Ich weiß nicht … Ob wir das so einfach dürfen?“, überlegte Saphira. Das bunte Treiben aus der Ferne zu beobachten, fand sie in Ordnung. Aber sich ungefragt unter die Zirkusleute zu mischen und sich umzusehen, das erschien Saphira doch unhöflich. Schließlich würde sie es ja auch nicht wollen, wenn jemand Fremdes einfach so ihren Stall betrat.

„Warum nicht?“, erwiderte Stella. „Wir schauen ja bloß …“

Wolke nickte ihrer besten Freundin aufmunternd zu und folgte Mondstrahl, Sturmwind und Stella, die bereits zwischen den vielen kleineren Zelten und Ställen verschwunden waren. Zögerlich trabte Saphira ihr hinterher.

„Ist das nicht toll?“, rief Wolke.

Saphira nickte nur und sah sich fasziniert um. Ihre Bedenken hatte sie schnell vergessen, nachdem sie in die bunte Zirkuswelt eingetaucht waren. Die kunstvoll aufgebauten Zelte waren allesamt aus farbenfroh gemusterten Stoffen gemacht. Und zwischen ihnen konnten sie unzähligen Einhörnern, Elfen und Trollen dabei zusehen, wie sie ihre Zirkusnummern einübten.

„Da drüben sind die anderen“, meinte Wolke. „Komm, lass uns zu ihnen gehen.“

Stella, Mondstrahl und Sturmwind beobachteten gerade, wie eine Gruppe von jungen Elfen in Akrobatenkostümen eine waghalsige Nummer probte. Sie bildeten eine Art lebende Pyramide. Die drei größten und stärksten Elfen stellten dabei die Basis, und zwei jüngere kletterten geschickt auf ihre Schultern. Ganz oben bildete ein zierliches Elfenmädchen die Spitze. Wolke und ihre Freunde hielten gespannt den Atem an, als sie die erhobenen Hände der Elfe unter sich ergriff und einen Handstand machte. Es sollte jedoch noch besser kommen: Kaum hatte sich die kleine Elfe vollkommen sicher in die Höhe gestreckt, begann die gesamte Elfen-Pyramide emporzusteigen. Einige Augenblicke schwebte sie etwa einen Meter hoch in der Luft, dann ließen sich die Elfen wieder zu Boden sinken. Zu guter Letzt ließ sich das kleine Elfenmädchen oben an der Spitze langsam und elegant wieder mit den Füßen auf die Schultern der Elfen unter sich hinab und sprang mit einem Salto zu Boden. Die anderen Elfen machten es ebenso und verbeugten sich vor den Einhornfohlen, die begeistert mit den Hufen trappelten.

Auf einmal drang Musik an Wolkes Ohren. Neugierig drehte sie sich in die Richtung um, aus der die Melodie ertönte.

„Seht nur!“, rief sie ihren Freunden zu und trabte davon. In einiger Entfernung studierten einige Einhörner einen sehr eleganten Tanz ein.

„Wie schön!“, raunte Stella ihr zu.

Die Einhörner, die den Tanz vollführten, waren noch recht jung, aber auf jeden Fall älter als Wolke und ihre Freunde. Die Gruppe bestand aus drei zierlichen Einhornmädchen mit wunderschönen langen Mähnen und Schweifen sowie drei stattlichen Einhornjungs. Sie alle trabten leichtfüßig umher und stiegen immer wieder elegant in die Lüfte auf, um dort ihren Tanz fortzuführen. Ihre Bewegungen waren perfekt aufeinander abgestimmt. Es war einfach wunderbar anzuschauen.

„Ich wünschte, ich könnte auch so schön Pirouetten drehen“, seufzte Saphira.

„Ich auch …“, hauchte Mondstrahl mit gespielter Entzückung und tänzelte ein wenig herum.

Sturmwind, Wolke und Stella mussten lachen.

Saphira knuffte ihren Freund mit dem Maul in die Rippen. „Du bist doof!“

„Guckt mal, da!“, rief Sturmwind plötzlich.

„Hihi, die sehen ja lustig aus!“, jauchzte Wolke.

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