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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2315

 

Kampf ums Salkrit

 

Großangriff der Charnaz Bakr – die Strukturpiloten verteidigen ihre Heimat

 

Michael Marcus Thurner

 

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Im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – entspricht dem Jahr 4931 alter Zeit – bedroht die Terminale Kolonne TRAITOR die Menschheitsgalaxis. Dieser gigantische Heerwurm der Chaosmächte hat bereits überall in der Milchstraße seine Kolonnen-Forts errichtet.

Dank ihrer Dunkelfelder sind weder Forts noch Raumschiffe der Terminalen Kolonne von den galaktischen Völkern zu orten. Die Bewohner der Milchstraße können sich praktisch nicht gegen TRAITOR zur Wehr setzen. Nur die Terraner konnten den Chaos-Stützpunkt in der Nähe des Solsystems aufspüren und vernichten.

Nur die unzugängliche Charon-Wolke in der Nähe des Milchstraßenzentrums scheint sich den Truppen der Terminalen Kolonne zu verschließen. Dort gibt es Salkrit, ein Element, das die Chaosmächte begehren.

Doch die Charnaz Bakr, Abgesandte der Chaosmächte, geben nicht auf. Sie unternehmen einen neuen Vorstoß in die Charon-Wolke und in ihr Zentrum, das Goldene System. Es kommt zum KAMPF UMS SALKRIT …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Kempo Doll’Arym – Der junge Strukturpilot erhofft ein Umdenken der Gesellschaft in der Charon-Wolke.

Atlan – Der Arkonide bringt den Krieg und den Kampfeswillen zu den Charonii.

Ain Dekka – Der Kommandant der Charnaz Bakr befiehlt den Vorstoß zum Goldenen System.

Sheerdurn – Der alte Charonii hilft stets mit Rat und Tat.

Unendliche Schwierigkeiten türmten sich auf. Er schloss die Augen; vor ihm zeichnete sich etwas ab. Es war ein fernes, nebelhaftes Bild.

 

 

1.

 

Macht unermesslichen Ausmaßes lag vor Atlan.

Belanglose kleine Steinchen waren das auf den ersten Blick. Bergkristallen nicht unähnlich, allerdings mit einem geringen Goldanteil versehen, der sie für das Auge gewissermaßen veredelte.

Fünf Kilogramm Salkrit.

War diese kristallisierte Form von Psi-Materie tatsächlich so wertvoll, wie sie vermuteten? Würde es ihnen in der Auseinandersetzung mit den Einheiten der Terminalen Kolonne einen Chancenausgleich liefern?

Wenn die Zeichen richtig gedeutet wurden – und das war nicht mehr allzu schwer –, standen die Milchstraßenvölker am Vorabend einer Auseinandersetzung mit den Kräften der Chaotarchen. Eines Krieges, der mit der Versklavung aller Zivilisationen ihrer Sterneninsel enden konnte.

Sorgfältig strich Atlan mit den Fingern über einen der Brocken. Legte ihn auf die Handfläche, begutachtete ihn gegen das grelle Licht des Labors.

Wie sollte er den Wert des Salkrits bestimmen? War er denn irgendwie zu messen wie bei Gold und Edelsteinen? Standen diese Psi-Juwele für ein … Menschenleben oder gar deren viele?

Sie wussten nicht einmal, welche Macht in den Steinen schlummerte. Die Erforschung des so leicht deflagrierenden Materials würde sich noch einige Zeit hinziehen, wenngleich Atlan hoffte, mit Doktor Gregorian den richtigen Mann am richtigen Platz sitzen zu haben.

»Was hast du uns zu erzählen?«, murmelte der Arkonide und legte den Kristall, zwischen Neugierde und Widerwillen hin- und hergerissen, in sein Behältnis zurück. Ohne auf die verwunderten Blicke der Wissenschaftler zu achten, verließ er das Labor.

Zurück zum Tagesgeschäft. Die Geschehnisse im Goldenen System waren vorerst abgehakt. Nun galt es, ein Versprechen zu erfüllen. Er hatte den Seecharan zugesagt, für deren Sicherheit in ihrem »Heimatsystem« zu sorgen.

Wie hatte er sich bloß derart weit vorwagen können?

2.

 

Gestatten: Mein Name ist Kempo, und ich bin der größte Trottel des Charon-Haufens.

Es gab keinerlei Grundlagen für die Zusagen, die ich Atlan vor einigen Tagen gegeben hatte. Im Überschwang der Gefühle hatte ich dem weißhaarigen Arkoniden einiges versprochen, was nunmehr mein Gewissen piesackte.

Ich würde meinen Einfluss auf die Ratsherren geltend machen, wir würden bald zusammenarbeiten, ich würde das Kind schon schaukeln und so weiter. Kleinigkeiten, überhaupt kein Problem. Ich war ja Kempo, das Wunderkind, geliebt von allen, verehrt und bejubelt.

Falsch!

Ich besaß eine bescheidene Hausmacht. Meine Freunde und Kollegen vom Charon-Korps. Strukturpiloten wie ich, deren Horizont ein wenig weiter reichte als bis zur eigenen Nasenspitze und die in mir denjenigen sahen, der die verkrusteten gesellschaftlichen Strukturen unserer sieben Nationen aufbrechen konnte.

Leise wiederholte ich die Worte, die man mir seit meiner Geburt eingetrichtert hatte: »Man fügt sich.« Und: »Das Leben geht weiter.«

Diese Grundsätze waren so alt, dass sie längst jeglichen Sinnes entbehrten. Tief steckten sie in unserem Unterbewusstsein. Wie eine träge, jeden freien Gedanken umschlingende Masse sorgten sie dafür, dass wir uns immens schwer taten, Neues zu finden und zu erfinden.

»Kempo?«

»Ja, Sheerdurn?«

»Wir sollten gehen.«

Ja, das sollten wir.

Im Hain der Charonii trat wieder einmal der Rat zusammen, und ich würde einen weiteren Anlauf nehmen, diese Sturschädel aus ihrer Lethargie zu reißen. Nun – meine Position war nicht die allerbeste; und ich hatte etwas vor, was mich meinem Volk wahrscheinlich endgültig entfremden würde.

 

*

 

Khal Pif’Deran gab mir mit windelweichem Griff die Hand. Sie fühlte sich kalt und schlaff wie die Haut einer satten Sandnatter an.

»Willkommen«, sagte der Ratsvorsitzende, blickte mich kühl an und wies mir einen Platz in den vorderen Reihen zu. »Du wirst für dein Anliegen ein wenig Geduld aufbringen müssen. Das Alltagsgeschäft, du weißt …«

Ja, ich wusste. Man redete darüber, was man alles nicht verändern würde. Wie man jegliche Weiterentwicklung der charonischen Gesellschaft schon im Keim erstickte.

Auch wenn das Geschwafel einschläfernd wirkte und nach gewisser Zeit einen Geschmack nach Erbrochenem in meinem Rachen erzeugte, wollte ich diesmal aufmerksam bleiben. Zu viel hing davon ab, dass ich einen Überblick bekam, wer im Rat wofür stand.

Also musste ich mit verdammt hohen Einsätzen spielen.

»… bin ich der Meinung«, sagte ein breitmaulgesichtiger Ratsherr von Grissom mit tiefer Stimme, »dass es nicht ratsam und folgerichtig auch absolut verfehlt wäre, den erwirtschafteten Überschuss handelsüblich genormter Kesch-Kerne über das intercharonische Handelsverkehrsabkommen hinaus, wenn man die Produktivitätsrate mit jener aus dem zweiten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts vergleicht, respektive um den historischen Kern, haha, der Exportbewirtschaftung folgerichtig zu erfassen, dass man die Logistik- und Transportkosten berücksichtigt, natürlich nicht den … Dingsbums …« Er brach ab, blickte über den Rand seines seltsamen Kneifers hinweg und sagte in die Runde: »Wenn es das verehrte Publikum nicht stört, möchte ich nochmals von vorne beginnen. Mir scheint, ich habe wohl den Faden verloren …«

Erst nach zwei, drei Ewigkeiten kam er zu einem Ende. Ich schloss mich dem erleichterten Geklatsche einer Hand voll Ratsherren an. Hastig richtete ich mich auf, so wie der Großteil der ungefähr vierzig hier versammelten Delegierten ihres jeweiligen Heimatplaneten. Nicht alle hatten den Weg aus ihrer Heimat zu dieser Sitzung gefunden. Somit tendierten die Chancen, heute schon mein Ziel zu erreichen, ohnehin gegen null.

»Bravissimo«, murmelte Sheerdurn, fiel mit dem Kopf auf meine Schulter zurück und schlief weiter. Ärgerlich – und ein wenig neidisch auf seinen gesunden Schlaf – rempelte ich meinen ehemaligen Mentor und jetzigen Kameraden an, so dass er erschrocken hochfuhr.

»Reiß dich gefälligst zusammen, Alter!«, schnauzte ich ihn an. »Wir sind hier, um zu beobachten und zu lernen.«

»Geht klar«, murmelte er. »Ab jetzt konzentriere ich mich.«

Augenblicklich schlief er wieder ein.

Seufzend konzentrierte ich mich auf den nächsten Vortragenden, dann auf den übernächsten. Stunden vergingen, während über Einschränkungen des interplanetaren Flugverkehrs, Normierungsvorschriften, die Eröffnung einer neuen Buchhaltungsklasse, Einführung der Mehrwertsteuer, Zinsberichtigungen, Investitionsfonds und Restaurationsarbeiten an denkmalgeschützten Gebäuden diskutiert wurde.

Donilfürsten redeten über die Ankurbelung der Ordensproduktion. Eine Micacherin propagierte die freie Liebe. Ein Grissomer legte sich für Kapitalwertpapiere ins Zeug. Eine erenesaesische Schauspielerin machte sich in Stabreimen für die Bewahrung alten Kulturgutes stark … Was für nichtssagende Dinge im Vergleich zu all dem, was ich in letzter Zeit beobachtet, gelernt, erfahren hatte!

»… begrüßen wir Kempo Doll’Arym«, hieß es schließlich. »Auf eigenen Wunsch wird er uns über sein Vordringen in das Goldene System berichten.«

Steif erhob ich mich, flüsterte Sheerdurn ins Ohr, wenigstens jetzt aufmerksam aufzupassen, machte meinen höflichen Diener in die Runde und marschierte steifen Schrittes nach vorne, ins Zentrum des kleinen Kreises. Ich stellte mich auf das hölzerne Podest und rief mir die wenigen Dinge ins Bewusstsein, die ich zu sagen gedachte.

»Das Goldene System ist bewohnt«, platzte ich mit der wichtigsten Neuigkeit sofort heraus. »Und ich habe Dinge in Erfahrung gebracht, die unser Weltbild gehörig ins Schwanken bringen werden.«

Kühles Schweigen war die von mir erwartete Antwort. Ausdruckslose Gesichter blickten mir entgegen. Emotionen zu zeigen schien in diesem erlauchten Kreis verpönt zu sein.

»Seecharan nennen sich unsere krakenförmigen Nachbarn, die im Goldenen System ihrer Arbeit nachgehen. Sie suchen nach seltsamem Gestein und bringen es zutage …« Ich erzählte und schilderte in möglichst nüchternen Worten, erlaubte mir selbst nicht all zu viele Gemütsbewegungen. Vielleicht hinterließ ich auf diese Weise einen besseren Eindruck als bei meinen bisherigen Ansprachen vor dem Rat.

»Atlan und seinen Terranern ist es gelungen, mit den Seecharan ein Abkommen zu treffen«, schloss ich. »Sie erhalten diesen wertvollen Stoff namens Salkrit und garantieren im Gegenzug den Kraken Sicherheit im Bereich des Goldenen Systems.«

Endlich kamen sie, die befürchteten Emotionen.

»Wie konnte es dieser Fremde wagen?«, Micha Demp’Kryll, ein Ijordi und einer der bedeutendsten Großgrundbesitzer seines Heimatplaneten, sprang auf. »Wo auch immer dieses blasse und hässliche außercharonische Wesen herkommt – es besitzt kein Recht, irgendwelche Versprechungen abzugeben, die unser Hoheitsgebiet betreffen.«

»Ganz meine Meinung«, nahm ich ihm augenblicklich den Wind aus den Segeln. »Atlan hatte keinerlei Recht dazu. Wie aber stehen wir zu unseren neu entdeckten Nachbarn?«

»Wir werden einen Ausschuss gründen und in aller Ruhe darüber diskutieren …«

»Dafür bleibt keine Zeit«, schnitt ich Micha das Wort ab. »Die Umstände sprechen nicht gerade für ruhige Zeiten. Die Terraner sind es keinesfalls gewohnt, lange Wartefristen in Kauf zu nehmen. Um es anders zu formulieren: Wenn es darauf ankommt, werden sie uns vor vollendete Tatsachen stellen und nicht unbedingt Rücksicht auf unsere Befindlichkeit nehmen.«

»Sie besitzen keinerlei Möglichkeit, sich innerhalb des Strukturgestöbers frei zu bewegen. Es hängt einzig und allein von unserem Willen ab, ob und wie sie in den Charon-Haufen vordringen.«

»Nun – sie sitzen bereits mit einem ihrer Schiffe hier. Ich möchte gar nicht über das Waffen- und Vernichtungspotenzial dieser riesigen Einheit sprechen. Wenn sie wollten, könnten sie uns zwingen, ihnen Frondienste zu leisten.«

Mit einem lauten »Hmpf« unterbrach mich ein düster dreinblickender Jileeno, dessen buschige Augenbrauen seltsam respekteinflößend wirkten. Er verschränkte die Arme, reckte das Kinn nach vorne und schwieg von nun an. Doch schon diese Äußerung kam einer Sensation nahe. Jileenos hatten im Hainrat noch niemals ein Wort gesagt.

Ich unterdrückte einen Seufzer. Die Bewohner seines Heimatplaneten galten als die beharrlichsten aller Charonii. Privateigentum blieb ihnen verwehrt, die Ratsherren wurden hochoffiziell Volksnarren genannt und per Losentscheid bestimmt. Gezwungenermaßen hatte ich nach dem unglückseligen Tod meiner Mutter mehrere Monate auf Jileen verbracht und die dortigen Strukturen zu hassen gelernt.

»Die Terraner kommen als unsere Freunde und hegen keinerlei schlechte Absichten«, stellte ich klar. »Aber wir müssen einsehen, dass die Zeiten der Isolation endgültig vorbei sind. Das so lange tabuisierte Geheimnis ums Goldene System ist keines mehr. Riesige Raumschiffe versuchen sich mit Gewalt Zugang durch das Strukturgestöber zu verschaffen. Reichen euch denn nicht meine Schilderungen und das Bildmaterial von der Vernichtung der SMIHEL?«

Ich holte tief Luft, verdrängte die aufkeimenden Emotionen. »Wenn man den Worten Atlans einigermaßen vertraut – was ich im Übrigen tue –, stehen uns schwere Zeiten bevor, die wir nur mit Unterstützung echter und zuverlässiger Freunde überstehen können.«

»Du hattest schon immer den Drang, alles zu dramatisieren!«, rief mir ein Grissomer entgegen. »Das Leben geht schließlich weiter …«

»Jaja, ich weiß: Man fügt sich«, unterbrach ich ihn ärgerlich. »Diese schlauen Sprüche haben sich bislang bewährt. Alles bleibt gleich, weil es gleich bleiben muss, nicht wahr? Aber die Situation hat sich dramatisch verändert. Wann geht das in eure Sturschädel hinein?«

Ich hatte es so satt! Die Ratsherren konnten doch nicht derart verblendet, kleinkariert und kurzsichtig sein, dass sie die Zeichen der Zeit nicht erkannten.

»Schluss jetzt! Wir fordern dich auf, nun zu gehen«, sagte der Ratsvorsitzende Khal Pif’Deran. Mit energischer Handbewegung unterband er meinen Versuch, weiterzusprechen. »Du wirst hoffentlich nicht erwarten, dass wir über dein Ansuchen auch nur zu diskutieren beginnen, solange du nicht die Formen des Anstands zu wahren weißt.«

»Ich gratuliere recht herzlich«, sagte ich. Mit Sheerdurn wandte ich mich zum Gehen. »Ihr alle werdet mit ausgewählter Höflichkeit in den Tod gehen. Ihr werdet diejenigen mit euch ziehen, die alles ändern könnten. Und noch viel schlimmer: auch jene, die ihr ahnungslos lasst.«

»Wo befindet sich dieser Adnan – oder wie er heißt – mit seinem Raumschiff überhaupt?«, rief mir Khal hinterher.

»Im Ijor-System«, antwortete ich.

»Dann teile ihm mit, dass er erneut auf Houtog landen soll. Wenn wir unsere Beratungen Anfang oder Mitte nächsten Monats oder aber auch ein paar Wochen später abgeschlossen haben, werden wir ihm eine Delegation an Bord schicken und die Sachlage in mehreren Unterausschüssen zu klären versuchen.«

Ich drehte mich erneut um. »Ich glaube, dass ihr euch wesentlich schneller mit Atlan anfreunden werden müsst. Ich habe ihm über ein Funkleitsignal empfohlen, nahe bei Kynderon zu landen. Ich bin schon sehr neugierig, wie ihr ihn daran hindern wollt.«

Der entsetzte Aufschrei, der wie aus einer Kehle drang, verschaffte mir eine gewisse Befriedigung.

3.

 

Atlan ließ die VERACRUZ gemäß der Koordinaten landen, die ihm Kempo übermittelt hatte, und kümmerte sich nicht weiter um die Aufregung, die sie verursachten. Der Charonii hatte ihn darauf vorbereitet, dass seine Landsleute mit dem Anblick des Schiffs der NEPTUN-Klasse schwer überfordert sein würden. Er wollte mit diesem Manöver messbare Reaktionen herbeiführen.

Atlan war mit Kempos Vorgehen nicht unbedingt einverstanden. Nahe der Metropole zu landen und den bedrohlichen Schatten in der untergehenden Sonne über den Streifen Flachland zwischen dem sogenannten Eturm-Gebirge und dem Ufer des Binnenmeeres über Zighunderttausende Gebäude fallen zu lassen – das lief beinahe unter Nötigung. Viele Ijordi würden wahrscheinlich aufgescheucht und voll der Panik durch die Straßen laufen. So etwas wie dieses Schiff hatten sie bislang noch nie zu Gesicht bekommen.

Der Arkonide hatte sich Kempos zornig vorgetragene Argumente angehört und den Plan so weit wie möglich entschärft. Nach den Ideen des jungen Strukturpiloten wäre die VERACRUZ knapp über der Stadt zum Stillstand gekommen und hätte den Charonii das orangefarbene Tageslicht geraubt.

Atlan kannte den Anblick eines reglos in der Luft hängenden Raumschiffs nur zu gut. Es erzeugte selbst in demjenigen, der Tag für Tag damit konfrontiert wurde, ein mulmiges Gefühl. Man glaubte, dass dieser Koloss aus Stahl und mühsam in Zaum gehaltener Energie auf einen herabstürzen würde.

So war das LFT-Schiff etwa acht Kilometer vom Stadtrand entfernt niedergegangen. Nahe genug, um den Eindruck eines monumentalen Riesen zu erwecken, und fern genug, um die verängstigten Ijordi nicht das Allerschlimmste befürchten zu lassen.

»Warum dieser Auftritt?«, hatte Atlan Kempo gefragt. »Wir verderben es uns nur mit dem Rat. Wir sollten uns darauf konzentrieren, mich in diesen Hain zu schaffen, damit ich meine Position vor euren Obersten darlegen kann.«

Der Charonii hatte ihn amüsiert angeschaut. »Ich weiß zwar, dass du dieses Unsterblichkeitsgerät in deiner Schulter sitzen hast. Aber selbst dieses Gerät würde seinen Geist aufgeben, bevor du für ein paar Augenblicke Sprechzeit die formal abgestempelte Genehmigung erhältst.«

»So schlimm ist es?«

»Du müsstest den Beweis antreten, dass du nicht aus der Weltenwolke stammst, Zeugen dafür aufbringen, einen Staatsbürgerschaftsnachweis und deine Geburtsurkunde beibringen. Hast du noch deine Geburtsurkunde? Duplikate werden nämlich nicht anerkannt …«

»Schon gut, ich habe verstanden.« Hastig hatte der Arkonide abgewinkt. »Wir machen es so, wie du vorschlägt.«

Und da saßen sie nun. Wie ein dicker fetter Eiterpickel ragte die VERACRUZ aus der Ebene nahe Kynderon hoch. Rings um sie grasten Herden irgendwelcher Fleischtiere, die das Schiff mit stumpfem Blick anstarrten. Die Antigravs liefen selbstverständlich und sorgten dafür, dass sich die 380 Millionen Tonnen Eigengewicht des Schiffes nicht ins Gestein oder noch tiefer drückten.

Das heiß ersehnte Signal ertönte.

Atlan schaltete die Verbindung zu. »Alles glatt gegangen?«, fragte er Kempo ohne weitere Begrüßung.

»Es sieht so aus, als würde man mir endlich einmal Aufmerksamkeit schenken«, sagte der Junge nicht ohne Befriedigung in der Stimme.