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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Danksagung

Vorwort

0 Einleitung

1 Ausgeschlossen und unzulänglich

2 Enttäuscht

3 Ekel

4 Doppelbindungen

5 Sich falsch fühlen

6 Das gläserne Sarggefühl: Eingesperrt, ausgeschlossen und ausgestellt

7 Beklemmung

8 Das genervte Gefühl

9 Das feindselige und das davonlaufende Gefühl

10 Zerstörungsphobie

11 Schikane-Gefühl

12 Misstrauen

13 Lügnerisches Gefühl

14 Unschuldig schuldig

15 Geiz

16 Das Fehlende

17 Trauer und Neid

18 Frust-Wut

19 Wie bei einem Witz ist erst der zweite Teil der HGM lustig

20 Getroffen, verletzt oder beleidigt

21 Das Drachengefühl

22 Das trotzige Gefühl

23 Die Emotion des unglücklichen Abschieds

24 Suizidal-Emotion

25 Das zerrissene Gefühl im Gewissenskonflikt

26 Stockholm-Syndrom und Täter-Introjekt

27 Das Brave-Mädchen-Gefühl

28 Dein Macht- und dein Ohnmachtsgefühl

29 Enttäuschung zum Zweiten

30 Resignatives Gefühl

31 Gier, in den Abgrund ziehen und das räuberische Gefühl

32 Scham und Heimweh

33 Verliebt oder liebeskrank im rosaroten Traum

34 Das trotzige Gefühl zum Zweiten

35 Das Gute nicht verdient haben und auch nicht lustvoll darauf verzichten können

35 Begreifen und Hilfe (dieses Therapiebegleitbuches) annehmen

37 Dich fürs „Sich spüren“ entscheiden

Literatur

Bildnachweis

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2017 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903155-44-2

ISBN e-book: 978-3-903155-45-9

Lektorat: Tobias Keil

Umschlagfoto: Katarzyna Bialasiewicz | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: siehe Bildquellennachweis

www.novumverlag.com

Danksagung

In Dankbarkeit für meine Patienten und für J.

Ich habe von Euch so viel lernen dürfen.

Vorwort

„Behalte meinen Respekt für Anmut und Tugend.

Sende mein Beileid an das Gute.

Grüße meine Seele und Romantik.

Sie haben immer ihr Bestes gegeben.

Auf Wiedersehen Hingabe, du lehrtest alles, was ich weiß. (…) Ihr müsst mich jetzt gehen lassen. (…)

Ich liege auf den Knien und suche nach der Antwort:

Sind wir menschlich oder Marionette? (…)

Manchmal werde ich nervös,

wenn ich eine offene Türe sehe.

Schließ deine Augen, öffne dein Herz,

durchneide die alten Seile.“

(The Killers, „Are we human or are we dancer“)

0 Einleitung

Eine kurze Vorbemerkung: Du lernst in diesem Therapiebegleitbuch die Hypnotische Gefühlsmeditation (HGM) kennen. Ich illustriere die HGM an Hand der Essstörung, doch du kannst für alle psychosomatischen Erkrankungen von der HGM profitieren. Bist du von einer anderen psychosomatischen Erkrankung betroffen, lies einfach über die Bemerkungen bezüglich Essstörung hinweg. Du kannst die genau gleichen Emotionen in deiner HGM anwenden. Ich erziele mit der identischen HGM gute Erfolge auch außerhalb der Essstörung. Dieses Buch ist für dich sowie so nur eine Vorlage: DEINE Selbstständigkeit und DEINE Version der HGM sind das Wichtigste.

Ich habe Menschen mit einer Essstörung als vorsichtig, sanft, edel, bescheiden, selbstlos und hingebungsvoll kennen und schätzen gelernt. Leider bewertet unsere Gesellschaft diese Tugenden negativ, sodass DU auf viel Ablehnung gestoßen bist. Mit der Essstörung hat dein Unbewusstes einen verzweifelten Rettungsversuch gestartet. Die Methode der Hypnotischen Gefühlsmeditation (HGM) bietet dir eine Alternative zur Essstörung an, um dich und deine herzlichen Seiten aus dieser misslichen Lage zu befreien. Damit du doch zu einer schöneren Welt etwas beitragen kannst.

Die HGM ist genau auf die THERAPIE der Essstörung zugeschnitten. Milton Erickson hat seiner Tochter Betty Alice, als sie nur noch vor dem TV Popcorn essen wollte, gesagt: „Du bekommst genau so viel aus deinem Leben zurück, wie du darin investierst.“ Betty Alice wollte mehr von ihrem Leben als TV und Popcorn. Was ich damit meine: Du erhältst auch genau so viel aus einer Therapie, wie du hineinsteckst. Dieses Therapiebegleitbuch soll dich dazu verleiten, z. B. jeden Tag als Hausaufgabe zehn Minuten darin zu lesen und die Hypnotische Gefühlsmeditation (HGM) wenn möglich für dich anzuwenden. Emotionen und HGM biete ich dir als zukünftigen, vielleicht lebenslänglichen Ersatz für die Essstörung an. Das Therapiebegleitbuch bringt dich mit deinem Therapeuten auf Augenhöhe, d. h. auf den gleichen Wissensstand. Erst das ermöglicht echte Kooperation.

Die HGM ist auch genau auf deine SITUATION in der Erkrankung zugeschnitten. Weil du zu nichts gedrängt wirst, du dir treu bleiben kannst und die Veränderungsarbeit deinem Unbewussten überlässt. Du allein bestimmst, wie weit du dich in die HGM einlässt. In der HGM werden keine sofortigen Resultate erwartet. Irgendwann in der Zukunft stellt sich eine Erleichterung von selbst ein. Vielleicht erstaunt es dich, dass die HGM auf die negativen Emotionen fokussiert und sie zähmt. Doch es sind die negativen Emotionen, die deinem Glück im Weg stehen. Mehr oder weniger untergründig sind sie zudem reichlich vorhanden. In ihrem Kern bergen die negativen Emotionen sogar einen positiven Kern. Damit es dir in Zukunft nicht mehr wie dem Fuchs in Aesops berühmter Fabel ergeht.

Der Fuchs und die Trauben (Aesop)

Voller Gier huschte der Fuchs nach den üppigen Trauben und streckte sich so lange dabei, bis er auf dem Rücken kollerte. Nicht ein Blatt hatte sich bewegt. Der Spatz, der schweigend zugesehen hatte, konnte sich nicht länger beherrschen und zwitscherte belustigt: „Herr Fuchs, Ihr wollt zu hoch hinaus!“ Die Maus äugte aus ihrem Versteck und piepste vorwitzig: „Gib dir keine Mühe, die Trauben bekommst du nie.“ Und wie ein Pfeil schoss sie in ihr Loch zurück. Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig: „Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben.“ Mit erhobenem Haupt stolzierte er in den Wald zurück.

Eine Doppelbindung enthält Anziehung und Abstoßung gleichzeitig. Weil die Essstörung Doppelbindungen aussendet, sperrt sie dich fast unentrinnbar ein. Die Essstörung hat versprochen, dir zu helfen, das Versprechen aber nicht gehalten. In Aesops Fabel erfindet der Fuchs eine Doppelbindung, wenn er die Trauben begehrt, aber so tut, als wolle er sie gar nicht bekommen.

Du befreist dich aus der Essstörung mit Unterstützung der gezähmten Emotionen.

In der HGM verwandeln sich negative Emotionen von lästigen Störenfrieden zu angenehmen Begleitern. Du nimmst die Emotionen an die Leine. Danach beraten dich die Emotionen in wichtigen Angelegenheiten. Als Resultat entscheidest du dich einfacher, weißt, was dir wichtig ist, und fühlst dich frei. Die gezähmten negativen Emotionen zerlegen die Mauern der Doppelbindungen, weil du auf deine Emotionen hörst und nicht mehr auf die widersprüchlichen Botschaften.

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Die Enttäuschung über das Gewicht steht stellvertretend für viele andere Enttäuschungen in deinem Leben. Ein heftig enttäuschtes Gefühl hindert dich meist, deine Situation zu verbessern. Eine leise, sanfte enttäuschte Emotion hilft dir hingegen.

Im Buch erkläre ich dir auch die einzelnen Emotionen, damit du sie effektiver meditieren und zähmen kannst. Unzählige Geschichten und Filmbeispiele veranschaulichen die Emotionen und ihre Befreiung. Du bist dann frei von der Sucht, wenn du deine „innere Dichterin“ wiedergefunden hast (Peter Scheer). Auf der Suche nach deiner „inneren Dichterin“ findest du viel Erleichterung; z. B. nach der Umwandlung schwieriger Emotionen wie Scham oder Enttäuschung; aber auch im Verständnis der Geschichten über das Stockholm-Syndrom. Kurze Erzählungen, von „Der Schönen und dem Biest“ bis zum Körpergefängnis im „Schwanensee“, bieten dir unterhaltsame Anweisungen im Umgang mit deinen Emotionen. Lass mich dein verlässlicher Begleiter sein auf deiner Erkundungsreise!

„Man sieht nur mit dem Herzen klar … Zähme mich!“ (A. de Saint-Exupéry, „Der kleine Prinz“).

Durch das Wegschieben der negativen Emotionen ist dein Herz erblindet. Kein Wunder findest du in deinem Leben den Weg oder das gerade passende Nahrungsmittel nicht. Mit dem Wegschieben der negativen Emotionen kommst dir du verwirrt und verloren vor. Dein Inneres beabsichtigt jedoch so lange diese Blindheit, bis du dein „Herz“ und den Wert der Emotionen wieder schätzen gelernt hast. „Das Wichtige ist unsichtbar für die Augen“, heißt es auch noch bei Saint-Exupéry. Folge deinem Herzen! Das gelingt dir, nachdem du in der HGM die negativen Emotionen gezähmt, erzogen oder gebändigt hast.

So findest du in der HGM die Lösung für dein Essensproblem. Denn dein Problem besteht im Grunde nicht aus Kalorien oder Körpermaßen, das sind nur die oberflächlichen Symptome. Die Lösung lautet, dass du mit Hilfe der gebändigten Emotionen stark genug wirst, um Anorexie oder Bulimie wegzuschicken. Bei einer Sucht benötigst du zum Wegschieben viel Kraft. Seitdem ich die HGM anwende, sind die Fortschritte in der Therapie bei mir schneller und gründlicher geworden.

Gesund und stark werden, davon bin ich überzeugt, gelingt dir am schnellsten, wenn du Freundschaft mit deinen Emotionen schließt. Du bist dann glücklich, wenn du dich glücklich FÜHLST. Die HGM kümmert sich vor allem um die negativen Gefühle, damit diese den positiven Emotionen wie Freude oder Liebe nicht mehr im Weg stehen. Zu diesem Zweck musst DU etwas dazulernen, UND deine EMOTIONEN müssen sich verändern. Dann brauchst du deine Emotionen nicht mehr einzusperren und deine Emotionen müssen sich nicht mehr austoben. Das Mittel dazu heißt, wie gesagt, HGM.

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Dank der HGM führen dich auch die negativen Emotionen zu einer goldenen Ausstrahlung und zum Gefühl, wertvoll und schön zu sein. Denn in jeder negativen Emotion befindet sich im Inneren ein positiver Wunsch, den du dir erfüllen kannst, dank der neuen Stärke, die du in der HGM gewinnst.

Zum Inhalt dieses Therapiebegleitbuches

Jedes Kapitel behandelt eine oder mehrere negative Emotionen und ihre Umwandlung in der HGM. Die wichtigen Themen tauchen in mehreren Kapiteln auf. Diese lauten, in abnehmender Häufigkeit: Schuld, Schmerz, Trotz, Befreiung, Zerrissenheit, Entscheiden, Hilflosigkeit, Sucht, Selbstwert. Die Reihenfolge der Kapitel ist nicht aus einer streng analytischen Logik entstanden. Dieses Buch ist eher wie eine Spielwiese, aus der du wahlweise nimmst, was dich gerade „anspringt“. Mit der Absicht, dass du am Schluss alle Geräte des Spielzimmers kennst.

Am besten erlaubst du diesem Therapiebegleitbuch, dass es zu deinem ständigen Begleiter wird. So kannst du immer wieder ein Stückchen daraus lesen, es auf dich wirken lassen, bevor du den nächsten Abschnitt angehst.

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Oft trägst du unerkannt, unbewusst Albträume mit dir herum, die dich dazu drängen, davonzulaufen. In der HGM verarbeitest du diese Träume. Als Folge bleibst du besser bei dir selbst. Dieses Buch als dein Begleiter schenkt dir auf diese Weise ein besseres Gefühl der Geborgenheit.

So kommst du am schnellsten vorwärts. Dieses Buch leitet dich an, wie du die Bändigung deiner Emotionen nachholst, die du in deiner Kindheit verpasst hast, weil du damals zu clever warst und den Emotionen ausweichen konntest. Du hast damals Schwierigkeiten vielfach mit vorauseilendem Gehorsam gar nicht entstehen lassen. Das Nachlernen ist natürlich eher eine Frage von Monaten als eine Zeitdauer von wenigen Tagen. Es dauert ähnlich lange, wie auch ein Kind mit Hilfe seines Lieblings-Bilderbüchleins und dessen Geschichten dafür braucht.

Körperbild und Essensschwierigkeit

Körperbild (a) und Essensschwierigkeit (b) sind deine wichtigsten Entwicklungszonen.

(a) Dein Körperbild leidet, weil du dein Glück zu stark vom eigenen oder fremden Urteil abhängig machst. Du musst gefallen können, damit du glücklich bist.

Damit gerätst du in die geistige Lage eines Schönheitswettbewerbs, bist dauernd in Gefahr, von einem Kampfgericht vernichtend abgeschossen zu werden. Wenn du die eigene Unzufriedenheit auch noch nach außen abschiebst, fürchtest du zusätzlich, dass die Leute permanent schlecht über dich denken. Sogar wenn das gar nicht der Fall ist. Die HGM zeigt dir, wie du vermehrt auf deine gezähmten Gefühle hörst und dich von ihnen leiten lässt. So übernimmst DU die Verantwortung für dein Glück.

(b) Schwierigkeiten beim Essen: Viele Jugendliche mit einer Essstörung haben mir anvertraut, dass Essen irgendwie mit Bestrafung zu tun hat, sei es in Form von zu viel oder zu wenig essen. Bestrafung erledigt viele Jobs: 1. Du spürst dich dabei intensiver. 2. Die Schuldgefühle nehmen ab. 3. Bestrafung kann lustvoll erlebt werden. 4. Bestrafung geht mit Märtyrertum einher, du merkst, dass du dich aufopferst. 5. Bestrafung lindert Zerrissenheit. Die Schwierigkeit des Essens wird noch von andern Faktoren verursacht: äußere Einflüsse, Stress, Sucht, Ärger, Einsamkeit. Durch die HGM der wichtigen Emotionen nehmen Schuld, Ärger und Einsamkeit auf ein erträgliches Maß ab;

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Schönheit ist im Auge des Betrachters. Lerne, dich gern zu bekommen und schön zu finden. Dann stellt sich ein gesundes Gewicht von selbst ein. Die HGM hilft dir dabei. In der Selbstliebe erkennst du deine innere Wahrheit und du strahlst Schönheit aus.

Stress tritt weniger intensiv auf; Sucht wird überflüssig; du hörst und spürst dich selbst besser und du bekommst mehr Freude an DEINEM Leben.

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Schon Charles Darwin, der berühmte Entdecker der Gesetze der Evolution, hat die Gesichtszüge bei Schuld als eine Art verschwommenen Augenausdruck beschrieben (G. Frazzetto, S. 70).

ZUR ESSSTÖRUNG

Dir muss bewusst sein, dass du mit der Sucht so nicht weiterfahren darfst. Ohne Einsicht wirkt auch meine Methode der HGM nicht. Das wäre DEINE Systemvoraussetzung für die Anwendung der HGM. Mehr braucht es nicht, denn mit der HGM bekommst du zum ersten Mal eine Therapiemethode in deine Hand, die auf jeden Fall wirkt UND die du immer anwenden kannst. Denn die HGM ist so einfach. Sie besteht aus nur drei Komponenten: Konzentration, Emotion und das dazu passende Bild. Du brauchst nur öfters die Woche, für jeweils wenige Minuten, deine Emotionen auf hypnotische Weise zu meditieren. Selbst wenn deine Krankheitseinsicht schwankend ist, und du praktizierst die HGM nur in einsichtigen Momenten: Das hilft auch, dass du langsam problembewusster wirst.

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Hinter Bauchschmerzen verstecken sich auch bei gesunden Menschen unerkannte negative Gefühle. In der Hypnotischen Gefühlsmeditation (HGM) findest du Zugang zu diesen Emotionen und zähmst sie. Danach verschwindet das Bauchweh von selbst und das Essen wird wieder zur gesunden Freude.

Zur Diagnose einer Essstörung

Von einer Essstörung spricht man dann, wenn sich jemand über mehrere Monate übermäßig mit Essen und Körpermaßen beschäftigt und besorgt ist. Meist gehört ein Perfektionismus dazu, die Angst vor dem körperlichen Zunehmen und die Besorgnis, was die anderen von einem denken. Bei Anorexie muss zudem eine Gewichtsabnahme von mindestens 15 % über kürzere Zeit vorliegen, bei Frauen zudem die Amenorrhö (falls die Pille nicht genommen wird), plus ein gestörtes Essverhalten und ein gestörtes Körperbild. Bei Bulimie hingegen leiden die Betroffenen an Fressanfällen UND irgendwelchen Maßnahmen, um das Essen wieder loszuwerden, sei es z. B. durch Erbrechen oder übermäßigen Sport.

Der geregelte Essensplan ist ein Muss

Falls du wirklich gesund werden willst, nehme ich es als selbstverständlich an, dass du dich an einen gesunden Essensplan hältst mit drei Hauptmalzeiten und zwei Nebenmalzeiten, evtl. bei Anorexie noch eine Spätmalzeit. Mit genügender Kalorienzahl. Darüber müssen wir hier nicht diskutieren. An der nötigen Disziplin hapert es jedoch oft. Ich habe auch Verständnis für diese Schwierigkeit, wenn die Sucht noch zu stark wütet. Doch mit regelmäßiger HGM verringert sich auch die Sucht.

Das äußere Umfeld

Zudem empfehle ich, dass du während des Genesungsprozesses einer leichten Beschäftigung nachgehst, und dich um wenige, aber gute soziale Kontakte bemühst. Und dass du dich gegen emotionale, familiäre Verstrickungen abschirmst. Die Methode der Hypnotischen Gefühlsmeditation (HGM), die ich dir in diesem Buch vorstelle, unterstützt dich indirekt auch, deinen Umgang mit dem Umfeld zu ordnen. So verlaufen Fortschritte (a) in deinen Emotionen und (b) in deinem Bezug zum Umfeld Hand in Hand.

Essstörung und negative Emotionen

Aus der Beklemmung aussteigen: Raum nehmen bedeutet sich besser entscheiden können.

Bertha: „Mein Körper ist MEIN Körper. Meine Mutter muss das zuerst akzeptieren lernen, dass ich mich von ihr ablöse. Zum Glück hat sie gemerkt, dass sie nicht einfach alles fordern kann und ich mache es sofort.

Ich glaube, sie muss auch noch lernen, Raum und Zeit aushalten zu können, die sie mir geben muss, weil ich beides zur Entscheidung brauche.

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Etwas Beklemmendes kann durchaus sehr abenteuerlich sein. Wenn du die beklemmende Emotion hypnotisch meditierst, führt sie dich zu einer angenehmen Erfahrung. Dank der Zähmung in der HGM verliert die Beklemmung ihren vernichtenden Aspekt.

Stressabbau erleichtert das Essen.

Bertha: „Regelmäßig essen ist für mich nicht einfach. Ich muss dabei viel Frust, Ungeduld und Spannung aushalten und ertragen.

Wut in Humor verwandeln

Ich, als Therapeut, sage zu Anna, als sie sich in einer tiefen Hypnose befindet: „Vielleicht nimmst du dir gerade jetzt vor, dass deine Wut dich nicht mehr so leicht packen kann. Du sagst deiner Wut, sie dürfe da sein, aber du hängst nicht mehr an der Leine der Wut: Du brüllst nicht mehr, sondern du lächelst einfach über denjenigen, der dich wütend gemacht hat. Stell es dir jetzt genau so vor und dann wirst du es in Zukunft so machen. Die Wut wird zum Signal, über dein Gegenüber zu lachen.“

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Wut mit einer Prise Humor

1 Ausgeschlossen und unzulänglich

„Im Humor bekommt der Ernst ein Lächeln.“

(Manfred Hinrich)

„Mobbing ist eine feige Abart des Mordens.“

(Esther Klepgen)

Ich habe die Hypnotische Gefühlsmeditation (HGM) entworfen, damit du schrecklich unangenehme Emotionen besser ertragen und sie sogar zu hilfreichen Freundinnen umwandeln kannst. Dein Leben ist ja anstrengend genug, du sollst nicht noch gegen deine Emotionen ankämpfen müssen. Ich vergleiche Emotionen gerne mit Pferden: Einmal gezähmt und gezügelt verwandeln sie dein Leben in ein Abenteuer. Dabei sollen die Emotionen weder herumtoben, noch sollst du sie in den Keller sperren. Wie das wohl geht, fragst du dich? Lies dazu die folgende Geschichte:

Negative Emotionen sollen dir nicht mehr im Weg stehen.

Eine Seminarteilnehmerin hörte in meditativem Zustand den Geschichten des berühmten Milton Erickson zu. Dann ging sie heim und veränderte ihr Leben. Die schrecklichen Gefühle von früher, vom Konzentrationslager, quälten sie nicht mehr. Vom Berufsleben ließ sich die Frau nicht mehr stressen, und sie verbrachte mehr Zeit mit ihren Kindern.

Sicher kam sich diese Frau danach weniger unzulänglich vor. Mit Hilfe der HGM lebst auch DU wieder DEIN Leben. So einfach die HGM ist, so mühelos baust du die HGM in deinen Alltag ein, und sie kostet dir nicht viel Zeit. Dazu möchte ich dir von Andrea erzählen.

Andrea als Beispiel, was du auch bald schaffen wirst

Andrea ist 19 Jahre. Sie laboriert seit mehreren Jahren an einer schweren Anorexie. Jetzt klagt sie gerade wieder verzweifelt über ihr ewiges Pech. „Achte mal auf dein Schuldgefühl – und die Lust, die auch in deiner Angst steckt“, rate ich ihr. Zur Schuld assoziiert Andrea das Bild eines Kreuzes, zur Angstlust eine Achterbahn. In voller Konzentration meditiert Andrea einige Minuten lang (a) das Schuldgefühl und gleichzeitig (b) das Bild, nämlich das Kreuz; später fügt sie die Angstlust mit dem Bild der Achterbahn hinzu. Am Schluss der Therapie stellt Andrea erstaunt fest, dass sie sich wieder klar in ihrem Körper fühlt und die Anorexie distanzieren kann. Die Anorexie kann ihr nicht mehr zuflüstern, sie sei fett und hässlich. Solch dramatische Veränderungen kommen dank der HGM häufig vor; allerdings braucht es meist viele Wiederholungen, wie bei allen Meditationen. Das mag jetzt ein ziemlich komplexes Beispiel einer HGM sein. Schritt für Schritt wirst du in diesem Buch die Anwendung dieser Technik lernen. Doch alles der Reihe nach, damit dir die HGM von Grund auf vertraut wird.

Zur Einführung: Was ist Hypnose?

In jedem Menschen lebt dieses hilfreiche innere Prinzip, genannt Hypnose. Leider wird Hypnose oft falsch verstanden. Denn hast du gewusst, dass die Wirkung der Hypnose vor allem auf einer positiven, intensiven Beziehung beruht? Das heißt, du baust in der HGM locker eine starke Verbindung zu dir selbst auf. Damit wird das hypnotische Prinzip erfolgreich, und es bringt eine positive, überraschende und unbewusste Veränderung in dir hervor.

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Hypnose ist die intensive Fokussierung auf das Wesentliche. Diese Beachtung des Wichtigen unterstützt Umwandlung und Entwicklung deiner emotionalen Kompetenzen.

Wie funktioniert die HGM?

Während einer HGM konzentrierest du dich so intensiv wie möglich auf eine zuvor ausgewählte Emotion UND auf ein dazu passendes Bild. Mehr braucht es nicht zur HGM. Die HGM besteht also aus nur drei Dingen: Konzentration, Emotion und Bild. Das ist einfach zu behalten. Du bleibst in dieser Konzentration und lässt, wie bei einer Meditation üblich, die Zeit verstreichen. Mit etwas Übung wirst du dieses einfache Rezept auch leicht umsetzen können. Die intensive Konzentration gibt dir Halt, deswegen kannst du störende Gedanken und Bewertungen leichter vorbeiziehen lassen. Du bist von Natur aus intelligent, zielstrebig und einfühlsam. Deshalb wirst du die HGM schnell lernen.

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In der HGM konzentrierst du dich gleichzeitig auf ZWEI Fokusse.

Die Umwandlungskraft der Hypnotischen Gefühlsmeditation (HGM)

Du staunst, dass solch eine einfache Meditation so viel bewirkt! A. In der Meditation nimmst du dir Zeit für dich. Wissenschaftlich konnte man nachweisen, dass Meditation deine Selbststeuerung verbessert. B. Dazu gesellt sich in der HGM der hypnotische Turbo, welcher von der intensiven Konzentration gezündet wird. Die phänomenale hypnotische Umwandlungskraft ist in den meisten Kulturen geschätzt und auch wissenschaftlich untersucht. C. Dazu kommt in der HGM auch noch die Entstehung der emotionalen Steuerungskompetenzen, welche eine Essstörung im Endeffekt überflüssig machen. Mit Hilfe dieser drei Wirkkräfte verursacht die HGM in nur wenigen Minuten bemerkenswerte Fortschritte in deinem Unbewussten – und nur mittels der drei von dir benutzten Komponenten Konzentration, Gefühl und Bild. Lese mehr über die Grundlagen und Entwicklungsgeschichte der HGM in meinem Zwillingsbuch „Negative Emotionen umbauen“.

Nebenbei zu deinem besseren Verständnis: In diesem Buch gebrauche ich die Worte „Gefühl“ und „Emotion“ synonym, d. h., sie meinen das gleiche. Eine Emotion ist mehr als nur Körperempfindung: Sie ist nicht nur Wahrnehmung, sondern auch Erinnerung und Vorstellung.

Während der HGM bist du meditativ selbst im Fokus, schenkst dir Zeit, um dich zu spüren und zu verwandeln. Du brauchst zur HGM aber nicht immer ruhig dazusitzen. Du kannst die HGM auch nebenbei anwenden, z. B., wenn du zum Bus läufst und nichts anderes zu tun hast. Und die HGM hilft dir ebenfalls im emotionalen Notfall, indem du dich einfach an das passende Bild der gerade aktiven Emotion erinnerst. So kannst du dich auch in einer brenzligen Situation schnell beruhigen.

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Negative Emotionen haben wie Atome eine negative Hülle und einen positiven Kern.

Nicht nur die Oberfläche eines Atoms ist negativ geladen, sondern auch die Oberfläche der negativen Emotion. Die negative Oberfläche der Emotion will nur deine Aufmerksamkeit erlangen, aber nicht, dass du diesen negativen Unsinn glaubst. Du sollst dem Negativen nicht auf den Leim gehen! Die negativen Emotionen sind wie Muscheln, die unter ihrer düsteren Oberfläche eine kostbare Perle verbergen. Im einsamen Gefühl steckt z. B. der Wunsch nach Zugehörigkeit oder Kompetenz. In ihrem Kern erzählen dir diese Emotionen, was für dich wichtig ist. Damit kommst du bei dir selbst an. Du darfst dich von ihrer negativen Botschaft einfach nicht tyrannisieren lassen.

„Mit meiner Einsamkeit zusammen bin ich nie einsam“, heißt es in einem Lied von Georges Moustaki.

Bertha

Die 18-jährige Bertha leidet an Bulimie, nachdem sie früher auch kurz anorektisch gewesen war. Schon als Kind hatte sie sich häufig unzulänglich gefühlt; diese Emotion trat auf, wann immer sie von andern Kindern gemobbt und ausgelacht wurde. In der Therapie hat sie schon erkannt, dass die Bulimieanfälle mit Gefühlen des Alleinseins und der Unzulänglichkeit einhergehen. Die HGM greift Bertha unter die Arme, damit sie sich dieser Gefühle auch in den heftigen Momenten bewusst wird. Damit war sie nach einiger Zeit der Bulimie weniger ausgeliefert.

Die HGM macht dich kompetenter.

Wenn dich Versagen oder Verlassenheit unterschwellig quält, findest du vielleicht kurzen Trost in der Bulimie. Nachher wird alles nur viel schlimmer. Mit der HGM verwandeln sich die quälenden Emotionen jedoch in nützliche Ratgeber; dadurch fühlst du dich dir selbst zugehöriger und kompetenter.

Warum konnte ich mir bis jetzt nicht helfen?

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Ein Mensch ist ein soziales Wesen. Er möchte sich kompetent fühlen und dazugehören.

Bertha wundert sich – sie ärgert sich auch: Ihren Kolleginnen hilft sie mit Tipps zum Essen. Sich selbst kann sie nicht unterstützen. Warum? Ganz einfach: Ihre Kolleginnen nahmen Berthas Rat an, aber Bertha schafft es nicht, die eigene Stimme zu vernehmen. Der richtige Rat hilft nur, wenn er von einer Vertrauensperson stammt. Du weißt, dir fehlt das Selbstvertrauen. Oft begleitet diese Erfahrung eine Essstörung: Ich helfe den andern, aber ich höre nicht auf mich. Mit der HGM verbessert sich die Beziehung zu dir selbst. Ein Patient stand auf einem Bein und beklagte sich über Schmerzen und Verspannungen in seinem Bein. Vielen hilfreichen Seelen tat das leid und sie sparten nicht mit guten Tipps: Massagen, Salben, Muskeltraining und vieles mehr. Nichts half, bis ein Passant mit gesundem Menschenverstand nebenbei bemerkte: „Versuch doch einfach, auch das andere Bein zu belasten.“ Als der Patient wieder auf beiden Beinen stand, verschwanden seine Beschwerden (Peseschkian, Orientalische Geschichte). So sollen dir deine Emotionen zum zweiten Standbein werden.

Tabelle I.

Anleitung zur Hypnotischen Gefühlsmeditation (HGM)

  1. A. Wähle eine Emotion und suche dazu ein passendes, symbolisches Bild.
  2. B. Konzentriere dich in deinem Geist, so gut du kannst, auf Emotion UND Bild; gleichzeitig, wenn es geht, oder abwechselnd. Es ist am besten, wenn die Konzentration wie mechanisch funktioniert, ohne Einfühlung, ohne Analysen. Die Augen können offen oder geschlossen bleiben.
  3. C. Wenn du abschweifst, ist das okay. Komm einfach wieder zurück auf den doppelten Fokus von Gefühl und Bild.
  4. D. Bleibe so lange in dieser Konzentration, wie es dir stimmig erscheint. Du brauchst dir keine Lösungen auszudenken, du brauchst die Emotion nicht zu verstehen.
  5. E. Mit der Zeit fühlst du eine kleine Erleichterung, weil Emotion und Bild dir entfernter und fremder, aber auch klarer vorkommen. Die intensive Konzentration erleichtert es dir, die Verantwortung für alles andere loszulassen. Das entlastet dich zusätzlich.
  6. F. Um den Effekt dieser Selbsthypnose brauchst du dich nicht zu kümmern: Er wird sich unbemerkt, nach Tagen oder Wochen, wie von selbst einstellen.
  7. G. Je häufiger und je intensiver du meditierst, desto stärker die Wirkung. Weil die HGM anspruchsvoll ist, meditierst du am besten in kleinen Stückchen von wenigen Minuten. Ganz einfach geht es auch, wenn du unterwegs zum Bus bist ohne eine Aufgabe. Die HGM soll zu einer wichtigen Nebensächlichkeit in deinem Alltag werden.

Jetzt weißt du, wie die HGM funktioniert. Probiere sie doch gleich aus, entweder für Versagen, wenn dir etwas nicht gelungen ist, oder für Einsamkeit, wenn du dich zurückgewiesen fühlst. Nimm als ein Bild fürs Versagen z. B. ein missratenes „Kunstwerk“, und für Einsamkeit gibt es viele passende Bilder. Ein Bild unterstützt dein Unbewusstes im Umwandlungsprozess. So wie damals, als du noch nicht zur Schule gingst. Da halfen dir Geschichten, Bilder und Märchen, um deine emotionalen Reaktionen und deine Erfahrungen zu verstehen.

2 Enttäuscht

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Leise Enttäuschung

„Das Leben kennt unzählige Wege, dir das Herz zu brechen, so viel ist sicher, und ich kanns nicht einmal ansatzweise erklären, auch was mich und alle andern so wahnsinnig macht.“

(Pat in „Silver Linings“)

Du kennst das Gefühl der Enttäuschung, obwohl du sie nicht so gerne magst. Zahlreiche Menschen möchten Enttäuschungen am liebsten ganz aus der Welt schaffen. Zu diesem Zweck sind sie (a) pessimistisch, nach dem Motto: ohne Erwartung auch keine Enttäuschung. – Oder sie verhalten sich (b) passiv, um möglichen Fehlern aus dem Weg zu gehen.

Sollte es an der Rose lieber keine Dornen geben?

Enttäuschungen sind wie Dornen an der Rose, der Blume der Liebe. Nichts Menschliches ist perfekt. Wenn in der Liebe etwas schiefläuft, dann sind wir besonders enttäuscht. Enttäuschung sitzt auch besonders tief, sofern sie ganz am Anfang des Lebens vorkommt, z. B. wegen einer Trennung von der Mutter aus Krankheitsgründen. Daraus entstehen große Abneigungen gegen das Leben selbst. Wie singt doch Madeleine im Film „Philadelphia“:

„Der Ort, an dem meine Wiege stand, steht in Flammen … Ich bringe Kummer über die, die mich lieben.“

Madeleine enttäuscht die anderen Menschen; damit kann sie eigene Enttäuschungen auf andere hinüberschieben und so diese unangenehme Emotion loswerden. Man nennt das eine Gefühls-Projektion. Wenigstens ist sich Madeleine dessen bewusst.

In Andreas Familie durfte es früher keine Enttäuschungen geben. Vater, Mutter, Tochter und Sohn lebten das perfekte Leben ohne Schwierigkeiten. Am liebsten lachten sie über die Probleme der anderen wohlwollend. Natürlich gab es in der Familie wie überall kleine Bosheiten und emotionale Ausbrüche; diese wurden schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Andrea kommandierte und ihr Vater zog im Hintergrund die Fäden.

Plötzlich entlädt sich eine große Enttäuschung wie bei einem Vulkan

Der Ausbruch der Anorexie bescherte der Familie eine riesige Enttäuschung. Die Anorexie wurde zuerst ignoriert. Als der Vater Andrea in die Klinik verfrachtete, setzte sich die größte Enttäuschung bei Andrea fest. Rückblickend glaubt sie, Mama habe ihr als Kind die Botschaft vermittelt: „Die ganze Welt liegt dir zu Füßen, ohne dass du etwas leisten musst. Du bist Mamas Wunderkind.“ So traf diese Enttäuschung Andrea völlig unvorbereitet, ein Schock, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat. Lernschwierigkeiten sorgen nun für weitere Enttäuschungen.

Enttäuschung kann wirksam projiziert und auf andere hinübergeschoben werden, damit man/frau sie nicht mehr selbst spürt. Ein Rezept dazu lautet: „Ich versage, damit du versagst.“ statt: „Ich gebe, damit du gibst“, was normal wäre innerhalb der Familie. Andrea enttäuscht ihren Vater, der Vater enttäuscht Andrea. Anorexie schiebt die Enttäuschung auf den Körper, DEM es dann schlecht geht. Andreas Vater fühlt sich scheußlich: Ihm ist Anorexie ein Gräuel und Schulerfolg wäre ihm wichtig.

Andrea berichtet: „Ich fühle mich unverstanden: Wenn ich es richtig mache, läuft doch alles schief. Dann bin ich mir böse, weil ich nicht genüge.“ Die unterdrückte Emotion „Enttäuschung“ erzwingt diese Misserfolge, weil sie damit Dampf ablassen kann: Enttäuschung bestimmt Andreas Leben aus dem Untergrund, ohne dass Andrea versteht warum. Sogar Andreas Verehrer bemüht sich voller Naivität um Andrea, welche ihn jedoch kurz abfertigt, weil er ihr nicht gefällt. Andrea sollte die Emotion mit der HGM ans Tageslicht holen. Dann würde Enttäuschung ihr Leben nicht mehr dominieren.

„Besser geht’s nicht“: Aus dem Gefängnis der Enttäuschung ausbrechen

Wahre Liebe kann dieses Enttäuschungs-Spiel überwinden. Dazu darf die Partnerin oder der Partner die projizierte Enttäuschung nicht auf sich sitzen lassen. Wie im ulkigen Film „Besser geht’s nicht“, in dem die Kellnerin Carol den Kotzbrocken Melvin oft wie Luft behandelt, um die Enttäuschung zurück zum Absender zu schieben. Carol flirtet dann einfach mit dem mitgereisten, schwulen Nachbar. Schlussendlich kommt Melvin zur Besinnung, im Film urkomisch gespielt von Oscar-Preisträger Jack Nicholson. Trotz all seiner Häme harrt Carol bei Melvin aus, gibt ihm eine Chance, sobald Melvin sich ändert. Carols Verhalten möchte ich folgendermaßen resümieren: Sie bleibt a) sich selbst treu, b) spielt nicht mit, aber c) versagt auch nicht. Ähnlich wie Mahatma Gandhi den gewaltfreien Widerstand handhabt, dessen Motto lautet: „nicht zurückschlagen, aber auch nicht zurückweisen“. Dieses Prinzip bewährt sich ausgezeichnet im Umgang mit der Anorexie. Nach langer Umwandlungsarbeit kann sich Anorexie in gesunde Durchsetzung verwandeln.

Gezähmte Enttäuschung mag zwar immer noch schmerzlich sein, doch Trauer und Humor helfen mit, das Leid zu mindern.

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Die 21-jährige Anna leidet seit 6 Jahren an schwerer Anorexie, als sie zu mir in Therapie kommt. In Annas Familie sehen wir einen anderen Umgang mit der Emotion „Enttäuschung“: „Da die Erfüllung meiner Wünsche völlig unwahrscheinlich ist, hoffe ich doch auf den großen Lottogewinn.“ Je unwahrscheinlicher ein Erfolg ist, umso gigantischer die Freude, falls er trotzdem eintrifft (siehe Kapitel 33). Hoffen kann man ja immer. Ebenfalls mit dabei ist die perfekte Selbstsabotage, denn die allzu leichte Erfüllung der Wünsche würde den süchtigen Kick ja nicht erzeugen. So leidet Annas Familie still vor sich hin, in einer Art immerwährendem Liebeskummer. Oder nenn es Spielsucht. Denn Liebeskummer und Sucht benutzen die gleichen Hirnbahnen zu ihrer Entstehung und Verarbeitung in den neuronalen Schaltkreisen.

Anna läuft immer wieder ins offene Messer der Enttäuschungsschmerzen. Diese wecken in ihr viel Groll und so nimmt sie in der HGM sogar für Groll das Bild der Rosendornen, welche eigentlich für Liebesschmerzen reserviert sind. Dann ist der Weg zur „Enttäuschung wegen der Enttäuschung“ nicht mehr weit. Enttäuschung folgt auf Groll, und Groll folgt aus Enttäuschung. Zusätzlich verstärken sich Misstrauen und Enttäuschung gegenseitig: Ein Fehlschlag macht misstrauisch und Misstrauen verhindert Erfolge.

Immer wieder erstaunt mich Andreas und Annas kreativer Umgang mit Bildern, die sich zur HGM eignen. Für Enttäuschung taucht bei Anna ein zerbrochenes Herz auf mit heruntertropfendem Blut. Sie meditiert etwa 10 Minuten, in denen sie sich einzig auf die Enttäuschung UND auf das Bild konzentriert.

In dieser HGM erholt sich Anna super. Sie erklärt, das Konzept „Enttäuschung“ versorge sie mit einer Erklärung für ihre zuvor miese Stimmung. Ihr frustrierender Freund bekommt von mir eine positive spirituelle Rolle zugesprochen: Er assistiere Anna in ihrer Bewusstseinserweiterung, indem er ihr Gründe für Enttäuschung und Misstrauen liefere. Lieber unter einem fassbaren als unter einem undefinierbaren Schicksal leiden! Weil die vom Freund geweckte Enttäuschungsemotion einen Erfolg noch unwahrscheinlicher macht, kann Anna sogar auf einen noch intensiveren Kick hoffen. Da ein solcher Erfolg nur in den Träumen existiert und eintritt, könne Anna sich zudem in Bescheidenheit üben! Das Dopamin-Suchtkarussell dreht sich immer schneller.

Durch die Konzentration auf Gefühl und Bild beginnt dein Unbewusstes die Emotion „Enttäuschung“ zu verstehen. Es kann damit die Emotion leichter umwandeln. Damit treten Erfolge wieder mit größerer Wahrscheinlichkeit auf. Ein kurzer Seitenblick auf Andrea: In ihrer HGM wählt sie für Enttäuschung das Bild eines traurigen Gesichts, dessen Trägerin nicht auf, sondern neben dem Podest gelandet ist.

„Silver Linings“: Enttäuschung heilen

Im Film „Silver Linings“ verkörpert Pat die Enttäuschung, Misstrauen und Orientierungslosigkeit. Er träumt von seiner vergangenen Liebe, Nikki, die ihn abserviert hat. Da treffen sich Pat und Tiffany. Doch Pat hängt an Nikki fest. Obwohl Pat das Knistern zwischen ihm und Tiffany vom ersten Moment an auch spürt, gebärdet er sich wie ein unsensibler Roboter und spielt den verheirateten Tugendbold. Aus Enttäuschung tötet er seine Gefühle ab. Wirkt dabei ganz witzig und komisch. Dies ist ein allerletzter Lebensfunke, der zeigt, dass Pat sein Schicksal doch nicht so bitterernst nimmt. Pat will Tiffany seine Enttäuschung hinüberschieben, indem er sie zur Briefübergabe an Nikki benutzt. Tiffany wehrt sich dadurch, dass sie den Antwortbrief selbst schreibt. Die beiden schenken sich gegenseitig nichts, doch immer in einem sympathischen Unterton und so kann der Schmerz der Enttäuschung abklingen. Sie heilen gegenseitig Gleiches mit Gleichem, mit den richtigen, vergnüglichen Zutaten.

„Ich versage, damit du versagst“ – oder doch lieber, „ich gebe, damit du gibst“?

Andrea fühlt sich in Anwesenheit ihres unattraktiven Bewerbers mies; ist er anderswo, mag sie ihn. Es läuft immer so verflixt bei untergründiger Enttäuschung: Dann kreiert diese Emotion lauter weitere Enttäuschungen, weil sie sich aus dem Untergrund ausleben will. Damit das nicht passiert, meditiere deine Enttäuschung, spüre sie und werde ihrer bewusst. Dann tust du dir und anderen weniger weh.

Oft gibt es die unglückliche Familientradition, dass Enttäuschung nicht gezeigt werden darf. Damit sich niemand schuldig fühlen muss. Von jetzt an sei mutig und hebe diesen Zwang auf. Spüre deine Emotionen. Anfangs dünkt es dich ungewohnt und unangenehm. Wie bei Emotionen üblich versteckt sich auch Enttäuschung gerne in einem eigenartigen Dunst. Dieser Dunst will die Emotion dem Bewusstsein entziehen. Sei du deine eigene Chefin, lass dich nicht benebeln. In der HGM verlässt du deine übliche Komfort-Zone. Tue es gerne und gewöhne dich daran! Du weißt schon, das ist notwendig, um dein neues Glück zu erobern.

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Gegenseitiges Versagen. Den Partner nicht erreichen wird deine Enttäuschung wecken. Auch dein Inneres kann an Stelle des äußeren Partners stehen. Nach der Zähmung der Emotionen in der HGM kannst du wieder mit dir oder deinem Partner offen reden.