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Erster Band der Höllenwelt-Trilogie

 

Rhaens Ruf

 

von Rüdiger Schäfer

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Für »Dr.« Gabi

 

Ich bin stolz auf dich!

Kleines Who is Who

 

Abel Staut – der Imarter ist Erster Offizier der QUESTRON

Advos, Mentar und Syndikus – drei eigenartige Parthan-Träger

Aramus Akharim – Enerich Tolsoms Widersacher wittert seine Chance

Atlan – der Lordadmiral der USO riskiert einen Drahtseilakt

Captain Rulan Karkeron – der Chef der Abteilung A912 unternimmt Alleingänge

Daniel Pherson, Osmooth Alerin, Taha Kanli und Varen Thorik – die USO-Spezialisten der Abteilung A912 begleiten den Lordadmiral

Decaree Farou – Atlans Partnerin und Stellvertreterin wird einiges an Verständnis abverlangt

Dokkat – der junge Ekhonide steuert einen USO-Kreuzer

Elion Tolsom – Rhaen Tolsoms Bruder hat die falschen Freunde

Enerich Tolsom – der Hohekanzler von Reddeye gerät in Bedrängnis

Errehart von Hartwich – Der oberster Berater des Tolsom-Clans erfüllt eine delikate Aufgabe

Goletta Marl – die Anführerin einer Freiheitsbewegung macht Gefangene

Koronam I. – der Imperiarch von Maramond versteht es zu leben

Lisa Brandstrom – der Kapitän der INANNA hat schreckliche Fracht an Bord

Maria Vajai – die Bordmedizinerin der QUESTRON steht vor einem Rätsel

Mautar Doerk – der Frachterkapitän arbeitet als Menschenschmuggler

Mesut Tornip – der USO-Diplomat verzweifelt schier am Lordadmiral

Mortar – der Schausteller ist entsetzt über Atlan

Oida – der sterbende Parthan-Träger verkündet eine fürchterliche Wahrheit

Orrum Till – der Sicherheitschef des Tolsom-Clans kann nicht für Sicherheit sorgen

Pertar Almoth – der Korporal der Abteilung A912 leidet unter der Vergangenheit

Rhaen Tolsom – Atlans ehemalige Freundin hat eine große Bitte

Kapitel 1
Pertar Almoth

 

Die Schreie zitterten durch die eisige Luft, wurden von den kahlen Stahlwänden zurückgeworfen und hallten als vielfaches Echo durch den vor ihm liegenden Gang. Pertar Almoth wischte sich mit der behandschuhten Linken über das schweißbedeckte Gesicht. Sein Herz raste. Er versuchte sich an seine Ausbildung zu erinnern, an die diversen Tricks, die man ihm beigebracht hatte, um im Einsatz die Ruhe zu bewahren, doch sein Schädel war leer, so leer, dass sich der Widerhall der grausamen Schreie darin fortsetzte und ihn mit jeder neuen Resonanz näher an den Rand des Wahnsinns trieb.

Wie lange irrte er wohl schon durch dieses Labyrinth? Wo waren die anderen, und was war seit der Katastrophe geschehen? Er wusste es nicht mehr. Die vergangenen Tage vermengten sich in seinem Kopf zu einer monotonen Aneinanderreihung von immer wieder gleichen, undeutlichen Szenen. Helle und dunkle Schatten, flüchtige Bilder, die keinen Sinn ergaben, hektische Bewegung – und dann diese Schreie, grässliche Laute, die nichts Menschliches mehr an sich hatten und wie die geschmacklose Geräuschkulisse eines drittklassigen Horror-Trivids klangen.

Pertar packte seinen Kombistrahler fester und schlich geduckt weiter. Er musste hier raus oder wenigstens die Kameraden finden, zumindest die, die noch lebten. Als die Lage eskaliert war, hatten sie Verstärkung angefordert, doch die war nie eingetroffen, und als sie schließlich hatten begreifen müssen, dass sie auf sich allein gestellt waren, war es bereits zu spät gewesen. Der Hauptmeiler war unter der Wucht des gegnerischen Feuers explodiert und hatte die halbe Station zerfetzt. Captain Karkeron hatte die sofortige Evakuierung befohlen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Geiseln zum Glück bereits in einem der unterirdischen Bunker befunden und waren somit unverletzt geblieben.

Da! Hatte sich am Ende des Ganges nicht etwas bewegt? Pertar Almoth kniff die Augen zusammen, doch sein Blick klärte sich nicht. Nach Captain Karkerons Angaben hatte die Explosion nicht nur Radioaktivität freigesetzt, sondern auch große Mengen an fünfdimensionaler Strahlung. Niemand wusste, was das genau bedeutete, aber die hyperdimensionalen Effekte schienen direkte Auswirkungen auf die allgemeinen physikalischen Verhältnisse zu haben.

Der zwei Meter große, stets etwas schlaksig wirkende Terraner erreichte die Gangbiegung und sah sich nach allen Seiten sichernd um. Nichts. Nur blankes, graublaues Metall.

Pertar bog nach links ab und hielt sich parallel zur Wand, die sich zu seiner Rechten befand. Eine einfache und praktisch narrensichere Methode, die bei den meisten Irrgärten funktionierte. Wenn man mit der rechten Hand eine beliebige Wand berührte und dann immer stur an dieser entlanglief und all ihren Abzweigungen folgte, musste man irgendwann zwangsläufig auf den Ausgang stoßen.

In diesem Moment setzten die Schreie wieder ein, und sie klangen um einiges näher als beim letzten Mal. Pertar zuckte zusammen, biss sich vor Schreck auf die Zunge. Der metallische Geschmack des eigenen Blutes ließ in würgen. Angewidert spuckte er aus und trank einen Schluck Wasser aus dem Reservoir seines Kampfanzugs.

Reiß dich zusammen, verdammt, rief er sich selbst zur Ordnung. Du wirst das hier überleben. Schon um Ikami und der Mädchen willen.

Der Gedanke an seine Familie, die im Solsystem, genauer auf dem Saturnmond Titan auf ihn wartete, ließ ihn die Verzweiflung und die Angst für den Augenblick zurückdrängen. Furcht war kontrollierbar, war nichts weiter als ein biologischer Schutzmechanismus, den man mit einem starken Willen außer Kraft setzen konnte. Pertar verfiel in einen kräftesparenden Trab und legte so innerhalb weniger Minuten mindestens einen Kilometer zurück.

Die Station hatte von außen so klein ausgesehen. War er womöglich bereits in die subplanetaren Bereiche der Anlage vorgestoßen? Dann konnte er noch Tage ziellos umherirren.

Pertar Almoth überprüfte zum hundertsten Mal seine technische Ausrüstung. Der Kampfanzug, der wie ein schwerer, nasser Sack an ihm hing und jeden Schritt zur Qual machte, war nach wie vor energetisch tot. Dennoch behielt er ihn an. Vielleicht klangen die störenden Einflüsse der Explosion ja mit der Zeit ab. Mit Hilfe des Antigravs, des Funkgeräts und der Ortungseinrichtungen wäre das Verlassen der Station ein Kinderspiel gewesen.

Auch die Implantate funktionierten nicht mehr. Alle Mitglieder des Spezialkommandos trugen sogenannte bioaktive Funktionsmodule aus siganesischer Fertigung im Körper. Zum Standard gehörte unter anderem ein münzgroßes Kommunikationselement, das direkt oberhalb der Halswirbelsäule eingesetzt und durch Mikrofasern aus Pseudogewebe mit dem Schläfenlappen des Großhirns verbunden war. Immer wieder hatte der Terraner versucht, Kontakt mit Rulan Karkeron oder einem anderen Kameraden aufzunehmen, doch bislang vergeblich.

Ein schabendes Geräusch ließ Pertar zusammenzucken. Es klang, als würde direkt neben ihm jemand mit einem spitzen Gegenstand über das Metall der Gangwand kratzen. Hektisch riss der Terraner die Waffe nach oben und drehte sich nach allen Seiten, doch alles, was er sah, war nackter, kalter Stahlplast.

Verlier jetzt nicht die Nerven, ermahnte er sich. Du hast für so etwas jahrelang trainiert. Also beruhige dich, und tue das, was man dir beigebracht hat …

Die nächste Gangbiegung, der nächste Korridor, ein quadratischer Raum mit vier weiteren Durchgängen. Pertar blieb seiner Linie treu und nahm die erste Abzweigung nach rechts, die nach etwa zweihundert Schritten in einer Sackgasse endete.

»Kein Problem«, flüsterte er und erschrak fast vor dem Klang der eigenen Stimme. Sein Nacken schmerzte, und die Muskeln an Oberarmen und Beinen waren völlig verkrampft.

»Kein Problem«, wiederholte er. »Dir kann nichts passieren, solange du nicht durchdrehst. Geh einfach den Weg zurück und versuche es mit einem anderen Gang.«

Die Dunkelheit kam so unerwartet, dass Pertar Almoth aufschrie. Die Angst packte ihn mit solcher Macht, dass seine Beine versagten und er zu Boden stürzte. Irgendetwas schlug hart gegen sein Kinn, vermutlich die Halskrause des Kampfanzugs, und für einige Sekunden drohte er völlig die Orientierung zu verlieren. Wenn wenigstens die verfluchte Mikropositronik der Montur intakt gewesen wäre. Sie hätte ihm ein paar Injektionen gegen die Schmerzen, die Erschöpfung und die Panik verabreichen können. Stattdessen funktionierte nicht einmal die manuelle Notversorgung. Da die Medikamente als mikronisierte Kristalle in spezielle Gelkissen eingelagert waren, um sie vor allen möglichen schädlichen Einflüssen zu schützen, benötigte man für ihre Applikation zumindest ein Minimum an Strom.

Pertar Almoth kämpfte sich stöhnend auf die Füße. Die Finsternis war vollkommen. Er glaubte die Schwärze um sich herum geradezu körperlich zu spüren. Sie nahm Gestalt an, umfloss ihn wie ein feuchter, klebriger Nebel, griff mit klammen, biegsamen Tentakeln nach ihm und drang in ihn ein. Mit beiden Händen tastete er sich den Gang entlang. Direkt vor ihm musste der Raum mit den vier Durchgängen liegen.

Obwohl er nichts sehen konnte, war sich Pertar diesmal sicher: Vor ihm hatte sich etwas bewegt! Etwas Großes, Massiges. Ein sanfter Lufthauch strich über sein erhitztes Gesicht. Gleichzeitig hörte er ein kehliges Knurren. Und dann …

Das rote Augenpaar erschien wie aus dem Nichts. Der Terraner blieb auf der Stelle stehen. Intuitiv brachte er die Waffe in Anschlag und drückte ab. Ein blassroter, nadeldünner Strahl aus gebündelten elektromagnetischen Wellen tauchte die unmittelbare Umgebung in ein düsteres Zwielicht. Für einen Lidschlag war eine monströse Kreatur zu erkennen, die mit ihrem grotesk verformten Körper, den klauenartigen, fast bis zum Boden reichenden Armen und dem riesigen Schädel die gesamte Breite des Korridors ausfüllte. Ein wässriges, pupillenloses Auge starrte Pertar Almoth stumpf entgegen; das andere war von dicken, rotgeäderten Fleischwülsten überwuchert und kaum zu erkennen. Das Maul, das die untere Hälfte des mit Geschwüren und nässenden Wucherungen bedeckten Gesichts beherrschte, war weit aufgerissen. Mit ihm produzierte das Ungeheuer jene furchtbaren Schreie, die Pertar Almoth in den vergangenen Stunden gehört und die ihm einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken getrieben hatten.

Der Energiestrahl schlug in die Brust des Geschöpfs und warf es mehrere Meter zurück. Erneut wurde es dunkel, doch der Terraner hatte jetzt endgültig die Kontrolle über sich verloren. Immer und immer wieder betätigte er den Abzug seines Kombistrahlers, jagte Salve um Salve in die Finsternis. Die Temperatur innerhalb des engen Ganges stieg sprunghaft an, doch Pertar konnte einfach nicht aufhören. Er schoss und schrie, schoss und schrie, schoss …

… und erwachte.

Pertar Almoth fuhr hoch. Sein Kopf stieß mit Wucht gegen das schmale Regal, das über seiner Pritsche an der Kabinenwand befestigt war. Der Schmerz fuhr wie ein glühendes Messer durch seinen Schädel, doch er half ihm auch, die schrecklichen Bilder des Alptraums schneller zu verdrängen. Stöhnend schwang er sich aus dem schmalen Bett und schleppte sich in die winzige Nasszelle. Er hielt sich gar nicht erst damit auf, seine Unterwäsche abzulegen. Sie war ohnehin vom Schweiß durchtränkt und klebte klamm und unangenehm auf seiner Haut. Das eiskalte Wasser traf ihn wie eine Serie von Faustschlägen und spülte die Müdigkeit und die Beklemmung aus seinem Körper.

Langsam und schwer atmend ließ sich der hochgewachsene Terraner an der Wand der Nasszelle hinabgleiten, umschlang die Beine mit beiden Armen und legte den Kopf auf die Knie. Die Ereignisse auf Denar lagen schon beinahe ein Jahr zurück, und doch zwang ihn ein unerbittliches Schicksal, sie fast jede Nacht aufs Neue zu erleben. Sie hatten sich tief in seinen Verstand gegraben und weder die Psycho-Docs auf Quinto-Center, noch die Medikamente hatten es geschafft, sie von dort zu vertreiben. Vielleicht würden sie ihn für den Rest seines Lebens heimsuchen.

Irgendwann stand Pertar auf, trocknete sich ab und kleidete sich an. Captain Karkeron hatte für neun Uhr Bordzeit ein Treffen anberaumt. Es ging um einen neuen Einsatz, den ersten Ernstfall seit Denar. Angeblich hatte Lordadmiral Atlan persönlich sie angefordert.

Der Terraner musterte sich im neben dem Kabinenschott angebrachten Spiegel und fuhr sich flüchtig durch die kurzen braunen Haare. Sein Spiegelbild kam ihm seltsam fremd vor, doch das verwunderte ihn nicht. Seit Denar war nichts mehr so wie früher.

Kapitel 2
Atlan

 

»Der ehemalige Imperator von Arkon, Regierender Lordadmiral der United Stars Organisation und hochgeschätzter Ehrengast des edelmütigen Gebieters der vierzehn Sonnen von Maramond: Atlan Mascaren da Gonozal!«

Die erstaunlich kräftige Stimme des kleinwüchsigen Arkoniden, der stocksteif und mit todernster Miene am Eingang des Thronsaals stand, hatte sich im Verlauf der kurzen Ansprache immer weiter gesteigert und drohte sich mit den letzten Worten beinahe zu überschlagen. In der danach für ein, zwei Atemzüge einsetzenden Stille hätte man einen Siganesen flüstern hören können; dann brauste eine Folge schriller Fanfarenstöße wie eine Springflut über die Köpfe der gut achthundert versammelten Gäste im Saal hinweg und ließ nicht wenige von ihnen erschrocken zusammenzucken.

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen, überprüfte zum letzten Mal den perfekten Sitz meiner Galauniform und trat durch das Portal, das aus mattgolden leuchtenden Kristallen bestand und die Ehrenloge mit dem gigantischen Thronsaal verband. Um meine Mundwinkel spielte jenes würdige, jedoch nicht überheblich wirkende Lächeln, das ich nach den gefühlten hunderttausend Staatsempfängen der vergangenen Jahre nach Belieben ein- und ausschalten konnte.

Kurz bevor ich die erste Stufe der nach unten führenden Prunktreppe erreichte, blieb ich stehen und ließ den Blick für lange Sekunden über die bunte Menge schweifen. Mehr als achthundert Augenpaare starrten mich an, die meisten davon offen und neugierig, einige zweifelnd, ein paar wenige ablehnend oder gar unverhohlen feindselig. Unterschwelliges Raunen füllte die Luft. Immer mehr der männlichen und ausschließlich humanoiden Gäste neigten ihren in kostbare Gewänder gehüllten Begleiterinnen die Köpfe zu und gaben ihre Meinung über den hochgeschätzten Ehrengast des edelmütigen Gebieters der vierzehn Sonnen von Maramond zum Besten. Als ich weiterging und die ersten der aus schimmerndem Eligor-Marmor gehauenen Treppenstufen hinabschritt, setzte zaghafter Applaus ein. Eine wachsende Zahl der Anwesenden schloss sich an, und kurz darauf war die weitläufige Halle von tosendem Beifall erfüllt.

Mit langen, archaisch anmutenden Speeren bewaffnet, bildete eine Hundertschaft von Naats in schwarzen Kampfmonturen ein Ehrenspalier. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis ich den Saal durchschritten und die podestartige Erhöhung an seiner Stirnwand erreicht hatte. Auf ihr ruhten drei mächtige, gleichfalls aus Marmor bestehende und mit einem Meer aus Kissen gepolsterte Thronsessel.

Koronam I., Imperiarch der autarken arkonidischen Kolonie Maramond und Herrscher über vierzehn Sonnensysteme mit insgesamt acht besiedelten Planeten, erhob sich vom mittleren der drei Marmorsitze und kam mir die letzten Schritte entgegen. Er trug ein weites, togaähnliches Gewand, das seine enorme Leibesfülle nur unzureichend verbarg. Den langen, roten Umhang mit den eingewebten Symbolen aus der arkonidischen Frühgeschichte zog er wie eine Schleppe hinter sich her. Als der mir kaum bis zu den Schultern reichende Mann sein rund einen Meter langes, aus Kristall gefertigtes Zepter hob, das er in der linken Hand hielt, erstarb der noch immer stürmische Beifall wie abgeschnitten. Ich behielt mein Lächeln bei, trat bis auf zwei Meter an den Imperiarchen heran und kreuzte die Arme so vor der Brust, dass die offenen Handflächen auf meinen Schultern lagen.

»Im Namen der United Stars Organisation und der friedlichen Völker der Milchstraße überbringe ich dem edelmütigen Gebieter der vierzehn Sonnen von Maramond Grüße und die besten Wünsche für eine lange und fruchtbare Regentschaft.«

Koronam I. nickte huldvoll. Auf seiner Stirn standen dicke Schweißperlen. Wie ich von Mesut Tornip, meinem diplomatischen Berater auf dieser Reise, wusste, hielt der Imperiarch von Maramond jede Form körperlicher Anstrengung für ein Zeichen von Atavismus. Gerüchten zufolge rührte er selbst bei intimsten Tätigkeiten wie beispielsweise der Verrichtung der Notdurft nur selten einen Finger. Der Umstand, dass mein Gegenüber nicht nur aufgestanden, sondern mir sogar entgegengegangen war, zeugte somit von höchstem Respekt und war ein überaus seltenes Ereignis.

Die beiden deutlich kleineren Thronsessel links und rechts neben Koronams Platz waren von zwei blutjungen und ausnehmend hübschen Frauen besetzt. Eine davon erhob sich nun behände, eilte zu ihrem Imperiarchen und tupfte ihm den Schweiß mit einem weichen, weißen Tuch von der Stirn. Bei dem mit einem Hauch von Nichts aus hellblauer Mehinda-Seide bekleideten Mädchen handelte es sich um eine der aktuellen Lieblingsfrauen des Herrschers. Mesut Tornip zufolge lebten im Regentenpalast, der sich im Zentrum der planetaren Hauptstadt Korogor als protziger Prachtbau erhob, zu jedem Zeitpunkt mindestens zweihundert Frauen, die den Imperiarchen bei Laune zu halten hatten.

Maramond war eine noch relativ junge Kolonie, die den zunehmenden Verfall des Großen Imperiums genutzt hatte, um ihre Unabhängigkeit durchzusetzen. Auf zwei der sechs Planeten des Systems hatten arkonidische Forscher vor über sechshundert Jahren ein seltenes natürliches Mineral entdeckt, das – entsprechend industriell veredelt und bei regelmäßiger oraler Einnahme – den Alterungsprozess der Haut deutlich verlangsamte. Unter dem Namen Maraderm hatte sich das Präparat, das in Form erbsengroßer Gel-Kapseln verkauft wurde, bis heute auf dem Markt gehalten und erfreute sich großer Beliebtheit.

Innerhalb kürzester Zeit war die Kolonie reich geworden, und so verwunderte es niemanden, als nach und nach Stimmen laut wurden, die den seit der Auflösung der Galaktischen Allianz im Jahr 2329 unaufhaltsam fortschreitenden Niedergang des Großen Imperiums beklagten und offen eine Abspaltung von Arkon forderten. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich eine streng hierarchische Monarchie herausgebildet, die sich den alten arkonidischen Traditionen verhaftet fühlte und in der der Imperiarch eine ähnlich überragende Stellung bekleidete wie die ehemaligen Imperatoren auf Arkon.

Mein Besuch auf Maramond war Teil einer mehrmonatigen und minutiös vorbereiteten Goodwill-Tour, die mich als Lordadmiral der USO auf insgesamt 41 verschiedene Kolonialwelten führen sollte. Ein Heer von Spezialisten auf Quinto-Center hatte diese Ziele nach einer Reihe von strengen Kriterien und unter größter Geheimhaltung ausgewählt. Dabei ging es um Dinge wie die strategische Bedeutung des jeweiligen Systems im Falle militärischer Auseinandersetzungen, die Aufnahme von Verhandlungen über Beistands- und Wirtschaftsabkommen, den Austausch wissenschaftlicher Daten oder ganz einfach nur darum, die jeweiligen Regierungsvertreter wohlwollend zu stimmen und sie in ihrer eigenen Wichtigkeit zu bestätigen. Maramond war bereits die 26. Station einer Reise, deren Ende ich mit jedem weiteren Tag inständiger herbeisehnte.

»Es erfüllt mich mit Stolz und Freude, dass der mächtige Lordadmiral der USO das kleine und unbedeutende Sternenreich von Maramond seiner persönlichen Aufmerksamkeit für würdig erachtet.«

Ich seufzte innerlich. Auch wenn der Austausch ritueller Floskeln von jeher als integraler Bestandteil aller diplomatischen Aufwartungen galt, war er mir dennoch stets als Zeitverschwendung erschienen. Insbesondere die Angehörigen meines Volkes hatten sich in Sachen höfischer Etikette schon immer besonders hervorgetan. Die einstigen Prunkempfänge im Kristallpalast auf Arkon I, die ich während meiner fast siebzigjährigen Amtszeit als Gonozal VIII. mehr als einmal abzuhalten gezwungen gewesen war, hatten sich diesbezüglich unauslöschlich in meine Erinnerung gebrannt.

»Verzeiht, wenn ich Euch widerspreche, ehrbarer Koronam«, erwiderte ich artig, »aber die Bedeutung eines Sternenreichs bemisst sich nicht nach der Anzahl seiner bewohnten Welten oder der Größe seiner Verteidigungsflotte, sondern nach der Weisheit seiner Führer.«

»Wie wahr, wie wahr«, stimmte der Imperiarch zu. »Doch wie Ihr sicher wisst, überdeckt der süße Duft offener Schmeichelei viel zu häufig nur den Gestank von Arglist und Bosheit.«

Mein Lächeln wurde eine Spur breiter. Koronam I. war alles andere als ein typischer Vertreter seiner Art. Nach dem Ende des Vereinten Imperiums hatte sich das alte arkonidische Großreich in ein chaotisches Gemenge aus Mikronationen verwandelt. Viele davon bestanden aus kaum mehr als ein paar altersschwachen Raumschiffen und einer provisorischen Ansiedlung auf einer unwichtigen Randwelt. Die dort lebenden Kolonisten waren stolz, doch Stolz machte nicht satt. Nicht nur die USO verzeichnete in den letzten Jahren einen signifikanten Anstieg der Hilfslieferungen an Außenkolonien und lose Staatenbündnisse; auch die von Homer G. Adams geführte GCC musste immer häufiger eingreifen, um all jene vor dem sicheren Hungertod zu retten, die sich mit ihren Autonomiebestrebungen und Großmachtphantasien übernommen hatten.

Politisch war diese Entwicklung ein zweischneidiges Schwert. Zum einen lieferte sie dem nach galaktischem Konsens strebenden Perry Rhodan Argumente gegen die nun schon seit Jahrhunderten anhaltende Erosion allgemeiner moralischer Grundsätze. Zum anderen erlaubte sie den großen Machtblöcken wie dem Imperium Dabrifa, dem Carsualschen Bund oder der Zentralgalaktischen Union, als Sammelbecken der Unzufriedenen zu fungieren und sich als Fürsprecher der angeblich vom solaren Imperialismus Unterdrückten zu profilieren.

Koronam gehörte zweifellos nicht zur Gruppe der Ideologen, Hasardeure und politischen Wirrköpfe, die ihr Sternenreich mit wenig mehr als heißer Luft und ein paar guten Vorsätzen errichtet hatten. Er mochte auf den ersten Blick dekadent und eitel wirken, doch das war er keineswegs. Die Maramond-Kolonie präsentierte sich in ihrer gesellschaftlichen Struktur für so manchen überkommen und kulturell erstarrt, aber als Wirtschaftsfaktor und somit potenzieller Geschäftspartner befand sie sich auf der Höhe der Zeit.

»Wie ich sehe, ist der Ruf, der Euch vorauseilt, nicht übertrieben, Imperiarch«, sagte ich. »Ihr habt das Wesentliche im Blick und lasst Euch nicht ablenken. Und ich hoffe, Ihr glaubt mir, wenn ich Euch versichere, dass ich das nicht als Schmeichelei verstanden wissen will.«

»In Sachen Leumund müsst auch Ihr nicht zurückstehen, Lordadmiral«, gab Koronam I. zurück. Dann verzogen sich seine wulstigen Lippen zu einem Grinsen.

»Was dessen Güte anbetrifft … nun, da kommt es wohl darauf an, wen man fragt.«

»Allerdings«, nickte ich. »Aber warum sollte man sich auf das Urteil anderer verlassen, wenn man sich selbst eine Meinung bilden kann?«

Koronam I. neigte den Kopf und trat einen Schritt zurück. Wie auf Kommando setzte getragene Musik ein, in der ich sofort die von Upoc da Gonozal komponierte Interpretation des altarkonidischen Caycon und Raimanja-Themas erkannte. Nach dem Tod Orbanaschols III. hatte Upoc, ein Halbbruder meines Vaters, den Thron als 209. Imperator des Großen Imperiums bestiegen und zu Ehren des ermordeten Gonozal VII. dessen Herrschernamen angenommen. Ich fand das Werk zwar alles andere als gelungen, registrierte jedoch die damit verbundene Geste.

Vier massige Naats schleppten eine gewaltige Sänfte herbei, und die beiden jungen Frauen halfen dem unwillig schnaufenden Imperiarchen hinein. Nachdem Koronam I. nach mehrmaligem Hin- und Herrutschen sowie wiederholter Neuordnung der zwei Dutzend Kissen eine bequeme Sitzposition gefunden hatte, gab er mir mit einem knappen Winken zu verstehen, dass ich neben ihm Platz nehmen sollte. Ich gehorchte, und kurz darauf trugen uns die drei Meter großen Riesen vom fünften Planeten des Arkon-Systems einmal quer durch den Thronsaal zu einer festlich gedeckten Tafel.

Die jahrtausendelange Unterdrückung und Versklavung der Naats gehörte zu jenen Abschnitten arkonidischer Geschichte, auf die ich alles andere als stolz war. Insbesondere die adligen Vertreter meines Volkes hatten die mit ihrem klobigen Körperbau und den kurzen Säulenbeinen plump und unbedarft wirkenden Hünen stets als Lebewesen zweiter Klasse betrachtet und auch so behandelt. Glücklicherweise waren diese Zeiten vorbei. Die auf Maramond anwesenden Naats waren freiwillig hier und wurden für ihre Dienste am Hof des Imperiarchen fürstlich entlohnt.

Koronam I. hatte wahrhaftig weder Kosten noch Mühen gescheut und eine bemerkenswerte Auswahl an Speisen und Getränken aufgeboten. Dominierend war dabei die arkonidische und terranische Küche, doch ich entdeckte auch epsalische, topsidische und bluessche Spezialitäten.

Die Naats setzten unsere Sänfte etwa in der Mitte des mindestens achtzig Meter langen Tisches auf dem Boden ab. Um uns herum ließen sich die übrigen Gäste nach und nach auf gepolsterten, hochlehnigen Stühlen nieder. Natürlich fanden nicht alle achthundert Platz. Ich durfte also davon ausgehen, dass die, die sich zu uns an die Tafel gesellten, allesamt hohe Würdenträger oder anderweitig bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auf Maramond waren. Auf jeden Fall legten sie eine merkliche Eile an den Tag. Ob sie dabei einer festgelegten Sitzordnung folgten oder sich einfach willkürlich verteilten, vermochte ich nicht zu sagen.

In dem vorübergehenden Durcheinander fiel mir ein älterer Mann mit schlohweißem, schütterem Haar auf. Sein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht wirkte angespannt, die unter buschigen, ebenfalls weißen Brauen liegenden Augen irrten für einen Moment ziellos umher. Dann schob er seine massige Gestalt durch eine Traube aus festlich gekleideten Arkoniden und ließ sich auf einen Stuhl fallen, der der Sänfte schräg gegenüber stand.

Du irrst dich nicht, hörte ich das Wispern des Extrasinns in meinem Kopf. Er hat dich beobachtet.

Während sich die restlichen Stühle nun zügig füllten, behielt ich den geheimnisvollen Mann unauffällig im Auge. Es handelte sich ganz offensichtlich um einen Terraner oder zumindest um einen Kolonialterraner – und im Gegensatz zu so gut wie allen anderen männlichen Gästen war er allein. Seine Kleidung unterschied sich nicht von den farbenfrohen Jacken und Hosen, die die übrigen Gäste trugen, doch ich konnte sehen, dass er sich darin nicht wohl fühlte. Je länger ich ihn betrachtete, desto mehr kam er mir als Fremdkörper vor, als jemand, der einfach nicht in diese bunte Schar passen wollte.

In den folgenden zwei Stunden schob ich die Gedanken an den seltsamen Alten jedoch erst einmal beiseite und konzentrierte mich auf die vor mir ausgebreiteten erlesenen Köstlichkeiten, die ausnahmslos höchsten Ansprüchen genügten. Der Höhepunkt kam allerdings erst am Schluss, denn gegen Ende des Gelages – und als etwas anderes mochte ich es nicht bezeichnen – reichte mir der Imperiarch eine kleine, silberne Schale. Überrascht musterte ich das hauchdünne Täfelchen, das – von einem schwachen Prallschirm geschützt – darauf lag: Tal’gathor, landläufig auch als Arkons Blut bezeichnet.

Tal’gathor wurde aus dem farblosen Mark des im Arkon-System unter Naturschutz stehenden Gathor-Strauchs hergestellt. Die in Scheiben geschnittene Rohmasse lag über Monate in einer fein abgeschmeckten Zuckerlösung und erreichte so ihre volle Reife. Dieser Prozess erforderte nicht nur Geduld, sondern vor allem höchste Präzision in der Verarbeitung, denn das empfindliche Mark durfte vor dem endgültigen Verzehr auf keinen Fall mit Sauerstoff in Berührung kommen.

»Bereit, Lordadmiral?«, fragte Koronam I. und ließ sich von einem Naat eine zweite Schale für sich selbst reichen. Der Imperiarch hatte sich die ganze Zeit über von seinen beiden Frauen füttern lassen, ein Schauspiel, das ich mit stiller Erheiterung verfolgt hatte, doch nun scheuchte er die Mädchen ungeduldig beiseite. Dem Genuss Tal’gathors gab man sich ganz und gar hin. Jede Ablenkung kam einem Frevel gleich.

Ich nickte, und mit einem Mal herrschte wieder diese absolute Stille, wie ich sie bereits bei meiner Ankunft kurz nach der Nennung meines Namens erlebt hatte. Jeder der im Thronsaal anwesenden Gäste schien den Atem anzuhalten.

Mit einem Daumendruck desaktivierten Koronam I. und ich gleichzeitig das schützende Prallfeld über unseren Schalen. Das darunter verborgene Vakuum füllte sich leise zischend mit Luft. Vorsichtig nahmen der Imperiarch und ich das dünne, auf fünf Grad Celsius gekühlte Täfelchen zwischen Zeigefinger und Daumen und legten es auf die Rückseiten unserer Handflächen. Ich versuchte mich zu erinnern, wann ich zum letzten Mal Tal’gathor gegessen hatte. Es musste Ewigkeiten her sein.

Gebannt starrte ich auf das etwa vier mal vier Zentimeter große Konfekt, spürte die Kälte auf der Haut. Dann geschah es. Das geleeartige Mark überschritt – von meiner Körperwärme und dem Luftsauerstoff angeregt – die kritische Temperatur und wechselte abrupt die Farbe. Blitzschnell schob ich mir das nun scharlachrote Täfelchen unter die Zunge und schloss die Augen. Der Geschmack war überwältigend und mit Worten kaum zu beschreiben. Er explodierte geradezu auf meinem Gaumen und breitete sich mit Lichtgeschwindigkeit nach allen Seiten hin aus. Eine unvergleichliche Mischung aus fruchtiger Süße, herber Würze und einem Anflug von pfeffriger Schärfe.

Doch mit dem viel zu früh schwindenden Aroma kam das schlechte Gewissen. Ich wusste selbstverständlich, dass mir der Imperiarch nicht das zwar ebenfalls sündhaft teure, jedoch aus dem Mark von Zuchtsträuchern gewonnene Tal’gathor serviert hatte. O nein! Was ich soeben genossen hatte, war der reine und unverfälschte Geschmack von wild wachsendem Gathor gewesen. Die Sträucher fand man nur in einigen wenigen Bergregionen von Iprasa, dem siebten Planeten des Arkon-Systems. Ihre Ernte war streng verboten. Woher auch immer Koronam I. sein Tal’gathor bezog – er hatte fraglos einen hohen Preis dafür bezahlt.

Nach dem Essen trugen die Naats den Imperiarchen und mich zum Thronsessel zurück. Fleißige Helfer hatten inzwischen eine weitere Sitzgelegenheit direkt neben dem Platz des Herrschers aufgestellt, und in der Folgezeit durfte ich erfahren, dass Koronam nicht nur ein vollendeter Gastgeber, sondern auch ein charmanter Plauderer war. Er zeigte sich über die angespannte politische Situation in der Milchstraße im Detail informiert und vertrat äußerst vernünftige Ansichten bezüglich der zu treffenden Maßnahmen. Je länger der Abend dauerte, desto zuversichtlicher blickte ich den für den kommenden Tag geplanten Verhandlungen entgegen.

Den alten Mann, der mir an der Tafel aufgefallen war, sah ich nicht mehr, obwohl ich immer wieder Ausschau nach ihm hielt. Die Gäste hatten sich über den gesamten Thronsaal verteilt, standen in kleinen und größeren Gruppen zusammen, lachten, tranken oder suchten eine der von dicken Vorhängen verborgenen Logen auf, um sich privateren Vergnügungen hinzugeben. Als ich mich schließlich verabschiedete, war der 4. Februar 3113 schon einige Stunden alt.

Ursprünglich hatte ich beabsichtigt, in meine Kabine an Bord der TULIS zurückzukehren, doch Koronam I. wollte das nicht akzeptieren. Zwei Naats führten mich stattdessen in einen nicht weit vom Thronsaal entfernten Flügel des Regentenpalasts, in dem man eine Suite für mich vorbereitet hatte. Mit der unter meiner USO-Galauniform verborgenen Spezialausrüstung überprüfte ich die weitläufigen Räumlichkeiten innerhalb weniger Minuten auf eventuelle Abhöreinrichtungen. Meine Unterkunft war sauber, doch das hatte ich auch nicht anders erwartet.

Ich nahm noch einmal Verbindung mit der TULIS auf und gab dem diensthabenden Offizier in der Zentrale einige letzte Anweisungen. Der Leichte Kreuzer parkte auf dem größten Raumhafen der Stadt. Dann zog ich mich aus und programmierte die Automatik der in den Boden des Badezimmers eingelassenen Riesenwanne, die sich innerhalb von Sekunden mit heißem, leicht parfümiertem Wasser füllte. Eine halbe Stunde später lag ich im Bett, das genug Platz für die komplette Besatzung eines Leichten Kreuzers geboten hätte. Alles in allem hatte ich mich heute wirklich köstlich amüsiert, und das kam auf offiziellen Empfängen nicht gerade häufig vor.

Mit diesem Gedanken schlief ich ein.

 

Ein leises Geräusch ließ mich aufschrecken. Ich blieb still liegen und lauschte, doch das sanfte Kratzen wiederholte sich nicht. Hatte ich mich getäuscht?

Nein, wisperte der Extrasinn. Jemand war an der Tür.

Durch die hohen Fenster des Schlafraums fiel der blasse Glanz der Sterne. Der Himmel war zwar bedeckt, doch es drang ausreichend Helligkeit durch die Wolken, um die Umgebung in ein diffuses Halbdunkel zu tauchen. Lautlos schlug ich die dünne Bettdecke beiseite und stand auf. Mein Blick fiel auf die schwach leuchtende Anzeige meines Armbandchronometers. In Terrania war es jetzt sechs Uhr morgens, und auch in Korogor würde die Sonne in Kürze aufgehen. Ich hatte höchstens zwei Stunden geschlafen.

Langsam ging ich zur Tür hinüber, die mit einem einfachen Kodeschloss gesichert war. Ich kontrollierte den Speicher der Mikropositronik. Niemand hatte sich daran zu schaffen gemacht.

Schau auf den Boden, hörte ich das Flüstern des Extrasinns in meinem Kopf.

Ich tat wie mir geheißen, bückte mich und hob das kaum fingerlange Papierschiffchen auf, das jemand unter der Türritze hindurchgeschoben haben musste. Für lange Sekunden starrte ich es einfach nur an. In meinem fotografischen Gedächtnis regte sich eine Erinnerung.

Ich faltete die dünne weiße Folie behutsam auseinander. Die wenigen Worte, die darauf standen, waren so groß geschrieben, dass ich sie auch im herrschenden Halbdunkel lesen konnte:

Palastgarten, grüner Pavillon. Rhaen braucht Hilfe.

Rhaen! Der Einsatz auf Ferrol im Wega-System! Wie lange war das schon her? Fünfzehn, nein, beinahe zwanzig Jahre.

Während ich mich anzog, rief ich mir die damaligen Ereignisse ins Gedächtnis zurück. Ich hatte Rhaen Tolsom in Thorta, der Hauptstadt des ferronischen Zentralplaneten, kennengelernt. Die von der terranischen Kolonialwelt Reddeye stammende Agentin der Solaren Abwehr hatte dort den Gataser Üliyt Eyt Trüühl, den Kopf einer milchstraßenweit operierenden Bande von Waffenschiebern, gestellt, war dann jedoch in einen Hinterhalt geraten. Da die USO in diesem Fall eng mit dem solaren Geheimdienst zusammengearbeitet und Üliyt Eyt Trüühl wenige Tage zuvor zwei meiner Spezialisten brutal gefoltert und ermordet hatte, war das Einsatzkommando auf Ferrol von mir persönlich angeführt worden. Leider hatten wir den Gegner unterschätzt, der nicht nur über modernste Ausrüstung verfügt hatte und uns zahlenmäßig überlegen gewesen war, sondern der offenbar auch Verbindungen bis in die höchsten Regierungskreise besessen hatte. Da sich weder die SolAb noch die USO offiziell hatten zu erkennen geben und Hilfe von den örtlichen Behörden erwarten können, waren wir gezwungen gewesen, uns im Verlauf der Kampfhandlungen in die Kanalisation Thortas zurückzuziehen und dort mehrere Tage auszuharren. Um nicht von den ausschwärmenden Suchtrupps des Gatasers geortet zu werden, hatten wir sämtliche Energieerzeuger inklusive der Funkgeräte abgeschaltet und uns in mehrere Gruppen aufgeteilt. Die interne Verständigung war über Papierschiffchen erfolgt, die wir nach einer Idee Rhaen Tolsoms durch die Rohrleitungen und Abwasserkanäle geschickt hatten. Zu meinem nicht geringen Erstaunen hatte die schlanke Frau mit den langen, rotblonden Haaren die entsprechenden Pläne in- und auswendig gekannt.

Der Einsatz war schließlich in zweierlei Hinsicht zu einem guten Ende gebracht worden. Zum einen war es uns gelungen, Üliyt Eyt Trüühl zu finden und in Gewahrsam zu nehmen, zum anderen hatten Rhaen und ich festgestellt, dass wir uns nicht nur unter Einsatzbedingungen hervorragend ergänzten. Auch wenn unsere Beziehung lediglich ein knappes Jahr gehalten hatte, dachte ich gerne an die mit ihr verbrachte Zeit zurück. Soweit ich wusste, hatte Rhaen einige Jahre später den Dienst bei der SolAb quittiert und war auf ihre Heimatwelt Reddeye zurückgekehrt.

Ich verließ meine Suite, ohne das Licht anzuschalten. Mara, die gelbe Sonne des Planeten, schickte sich soeben an aufzugehen und warf ihre ersten zaghaften Strahlen durch die Fenster der Suite. Koronam I. hatte es sich am Vortag nicht nehmen lassen, mich schon kurz nach meiner Ankunft im Palast herumzuführen. Dadurch bereitete mir die Orientierung wenig Mühe, zumal die Flure und Gänge ohne Ausnahme äußerst großzügig gestaltet waren – schließlich wurde ausreichend Platz für eine Sänfte mit vier Trägern benötigt.

Der Garten befand sich im hinteren Teil des Gebäudekomplexes und schloss sich direkt an die Privatgemächer des Imperiarchen an. Auf meinem Weg kam ich mehrfach an den mir bereits bekannten schwarz gekleideten Naats vorbei, die sich in regelmäßigen Abständen an der Wand postiert hatten und offenbar Tag und Nacht Wache hielten. Keiner von ihnen hielt mich auf. Im Gegenteil. Sobald sie mich bemerkten, nahmen sie Haltung an und richteten ihre Blicke starr geradeaus.

Die Stille, die zu dieser Stunde herrschte, war beinahe unheimlich. Erst als ich die Mauern des Palasts hinter mir ließ und durch ein breites Portal in die kühle Morgenluft hinaustrat, drang das ebenso lautstarke wie exotische Konzert der einheimischen Vogelwelt an meine Ohren. Ich fröstelte unwillkürlich. In Korogor, das auf dem südlichen der beiden Kontinente Maramonds lag, herrschte fast ganzjährig ein gemäßigtes Klima. In den Nächten sanken die Temperaturen auf knapp unter zehn Grad; tagsüber wurden Werte zwischen zwanzig und dreißig Grad erreicht. Für Arkoniden fast ein wenig zu kalt.

Der grüne Pavillon war nicht zu übersehen. Er bildete das geometrische Zentrum der kreisförmig gestalteten Anlage und bestand aus mehreren hundert, von einem Blütenmeer überwucherten Stahlplaströhren, die sich in gut fünfzig Metern Höhe zu einer Rundkuppel vereinten. Durch die Röhren, so hatte es mir Koronam I. nicht ohne Stolz erklärt, wurde permanent Wasser gepumpt, das durch Millionen winziger Löcher austrat, sich in den Blättern und Stängeln der Pflanzen fing, an ihnen hinabrann und zu Boden tropfte. Wenn die Sonne im Mittag stand und auf den grünen Pavillon schien, bot dieser dadurch einen atemberaubenden Anblick.

Ich blieb einen Moment stehen und sah mich um. Im Dämmerlicht des beginnenden Tages erschien mir der Palastgarten wie der Vorhof zum Paradies. Der Duft der überall sprießenden Vegetation war betörend. Über den gepflegten Blumenbeeten tanzten Insektenschwärme, und durch das jetzt schnell zunehmende Tageslicht erwachten die vielfältigen Farben und Formen zu prächtigem Leben.

Der Pavillon war etwa einhundertfünfzig Meter von mir entfernt. Ein schnurgerader, von sauber gestutzten Hecken gesäumter Kiesweg führte vom Portal direkt darauf zu. Als ich mich in Bewegung setzte, kam mir das Knirschen unter meinen Stiefelsohlen ungewöhnlich laut vor. Es übertönte selbst den Gesang der Vögel.

Natürlich stellte ich mir Fragen. War Rhaen persönlich gekommen? War sie es gewesen, die mir das Papierschiffchen unter der Tür durchgeschoben hatte? Aber warum hatte sie dann nicht geklopft? Oder mich über Funk angerufen? Natürlich war es nicht gerade einfach, einen Direktkontakt zu dem Regierenden Lordadmiral der USO herzustellen, doch als ehemalige SolAb-Agentin waren ihr die Möglichkeiten dazu bekannt.

Die Nachricht lautete ›Rhaen braucht Hilfe‹, warf der Extrasinn ein. Es ist nicht anzunehmen, dass sie von sich in der dritten Person spricht.

Ich kam nicht mehr dazu, etwas zu erwidern, denn in diesem Moment löste sich eine massige Gestalt aus dem Schatten des Pavillons. Sofort erkannte ich den alten Mann mit dem schlohweißen Haar wieder, der mich während des Banketts im Thronsaal beobachtet hatte.

»Lordadmiral«, sagte er mit ruhiger, tiefer Stimme. »Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind.«

Anstelle der bunten Festkleidung trug mein Gegenüber nun eine schmucklose graue Hose und einen langen, ebenfalls grauen Mantel. Das linke Handgelenk zierte eine schwere, silberne Kette.

»Neugier war schon immer meine größte Schwäche«, gab ich zurück.

Der alte Mann lachte verhalten. Dann trat er an mich heran und streckte mir die Rechte entgegen. Ich ergriff sie; sein Händedruck war fest und bestimmt.

»Ich muss mich für die ungewöhnliche Form der Kontaktaufnahme entschuldigen«, fuhr er fort, »aber die Angelegenheit, in der ich unterwegs bin, ist … nun, sagen wir im besten Fall delikat. Mein Name ist Errehart von Hartwich. Ich bin der Oberste Berater des Clansherren und Hohekanzlers von Reddeye Enerich Tolsom.«

»Ist Rhaen etwas passiert?«, fragte ich sofort. Enerich Tolsom war Rhaens Vater, und auch wenn ich ihn niemals persönlich kennengelernt hatte, so wusste ich aus den Erzählungen meiner einstigen Partnerin doch einiges über ihn. Er galt als besonnener und in seiner Ausrichtung grundsätzlich terrafreundlicher Mann, auch wenn Reddeye auf der galaktopolitischen Bühne keine Rolle spielte.

»O nein«, beeilte sich Errehart von Hartwich zu versichern. »Rhaen geht es ausgezeichnet, und sie richtet Ihnen herzliche Grüße aus. Sie ist es auch, die mich zu Ihnen geschickt hat, Lordadmiral.«

»Tatsächlich.« Etwas Geistreicheres wollte mir in diesem Moment nicht einfallen.

»Ich werde Ihnen natürlich alles im Detail erklären«, sprach der Alte weiter, »aber dazu sollten wir uns vielleicht an einem … passenderen Ort treffen. Auf meiner Heimatwelt gehen … merkwürdige Dinge vor sich. Rhaen fürchtet, dass ihr Vater … nun, dass er womöglich nicht allein mit diesen Dingen fertig wird und dass sich daraus Konsequenzen ergeben könnten, die viele Menschen auf Reddeye in große Gefahr bringen.«

»Dann darf ich also annehmen«, sagte ich bedächtig, »dass ich hier nicht in meiner offiziellen Eigenschaft als Lordadmiral der USO stehe.«

Errehart von Hartwich neigte den Kopf und lächelte. Auf seinem faltigen Gesicht glänzten einige der vom grünen Pavillon versprühten Wassertröpfchen.

»Rhaen wendet sich an Sie, weil Sie ein Freund sind, Sir. Und weil sie Ihnen vertraut.«

Ich schwieg für lange Sekunden, suchte den Blick des alten Mannes. Er wich mir nicht aus, und in seinen Augen vermeinte ich so etwas wie ein stummes Flehen zu lesen.

»Na schön«, seufzte ich schließlich. »Kommen Sie heute Abend an Bord der TULIS. Dann werden wir reden.«

»Ich danke Ihnen, Lordadmiral«, stieß Errehart von Hartwich hervor, und es klang unendlich erleichtert. »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen und auch im Namen Rhaens.«

»Danken Sie mir nicht zu früh, mein Freund«, erwiderte ich leise. »Danken Sie mir nicht zu früh.«

Kapitel 3
Atlan

 

Die Verhandlungen verliefen so, wie ich es erwartet hatte. Koronam I. zeigte zwar wenig Begeisterung für ein militärisches Bündnis und verwies auf die traditionelle Neutralität Maramonds, doch an der Aufnahme von Handelsbeziehungen war er sehr interessiert. Insbesondere das dichte Vertriebsnetz der General Cosmic Company, das bis in die entlegensten Winkel der Milchstraße reichte, war ein nicht zu stechender Trumpf, den ich in den Gesprächen ausspielen konnte. Homer G. Adams, der in die Vorbereitungen meiner Goodwill-Tour einbezogen worden war, hatte vier Unterhändler mit weitreichenden Vollmachten an Bord der TULIS entsandt, und diese hatten sich schon mehr als einmal als der entscheidende Faktor erwiesen.

Viele Kolonien waren zwar reich an Bodenschätzen oder stellten hochwertige Güter her, doch es mangelte ihnen an Möglichkeiten, ihre Erzeugnisse zu exportieren. Raumschiffe waren teuer und Transportkapazitäten knapp. Die GCC, neben den Springern Marktführer in Sachen intergalaktischer Logistik, kam mit dem Bau neuer Frachter kaum nach. Kein Wunder also, dass viele meiner Verhandlungspartner in den letzten Wochen nur allzu gern zu Konzessionen bereit gewesen waren, sobald ich ihnen ein bestimmtes Ladevolumen auf den Schiffen der GCC-Transportflotte garantiert hatte.

Nichtsdestotrotz fiel es mir den ganzen Tag über schwer, mich zu konzentrieren. Immer wieder wanderten meine Gedanken zu Rhaen Tolsom. Und immer wieder hörte ich die Stimme Errehart von Hartwichs. Rhaen wendet sich an Sie, weil Sie ein Freund sind, Sir. Und weil sie Ihnen vertraut.

Ich hatte bereits kurz nach dem Treffen mit dem Obersten Berater die Datenbanken der TULIS angezapft und mir alle Informationen besorgt, die dort zum Thema Reddeye zu bekommen waren. Wesentlich schlauer war ich dadurch nicht geworden. Die terranische Kolonialwelt war der dritte von sieben Planeten einer gleichnamigen Sonne und lag am Übergang des Scutum-Centaurus-Spiralarmes in die Kernregion der Milchstraße. Die große Sternendichte und die ungewohnt hohe Konzentration interstellarer Staubwolken, sogenannter Reflexionsnebel, sorgten im Zusammenspiel mit hyperphysikalischen Störeffekten dafür, dass die Navigation in diesem Raumabschnitt erheblich erschwert wurde. Die Entfernung zur Erde betrug stattliche 26.269 Lichtjahre. Damit lag Reddeye eindeutig außerhalb des normalerweise üblichen terranischen Siedlungsradius und weit abseits der meisten Verkehrsrouten.

Die Kolonie bestand seit dem Jahr 2390 und hatte sich den vergangenen gut siebenhundert Jahren eher schleppend entwickelt. Heute lebten rund einhundertfünfzig Millionen Menschen auf Reddeye. Der technische Standard hinkte dem, was auf den meisten zivilisierten Welten der Milchstraße üblich war, deutlich hinterher. Die Reddeyer hatten sich nie um die Aufnahme in eines der diversen Bündnisse bemüht, ja nicht einmal die bloße Nähe zu den großen Machtblöcken der Galaxis gesucht, sondern eine Art milder Isolationspolitik betrieben. Viel mehr war aus den Speichern des Leichten Kreuzers nicht herauszuholen, und ich nahm mir vor, bei nächster Gelegenheit eine entsprechende Anfrage nach Quinto-Center zu schicken.

Auf der sich den Verhandlungen mit Koronam I. und seinen Ratgebern anschließenden Pressekonferenz wirkte ich geistesabwesend. Der Extrasinn musste mich mehrfach ermahnen und aus meinen Grübeleien reißen. Eine ungewöhnlich junge und ausnehmend hübsche Journalistin, die sich als Phaedra Tolmin vorstellte, sprach mich sogar direkt darauf an und wollte wissen, was mich denn wohl so offensichtlich beschäftigen würde. Ich gab eine nichtssagende Antwort und war die nächsten Stunden wütend auf mich selbst.

Kaum zurück auf der TULIS, drängte Mesut Tornip auf ein sofortiges Treffen, um mich auf die nächste Station unserer Reise einzustimmen. Der schlanke Terraner mit der antiken Hornbrille auf der Nase wollte gar nicht mehr von meiner Seite weichen und ließ erst von mir ab, als ich ihm mit einigem Nachdruck klarmachte, dass mir im Moment nicht der Sinn nach einem diplomatischen Briefing stand.

Ich wusste selbst nicht genau, was mit mir los war. Seit ich mit Errehart von Hartwich gesprochen hatte, erfüllte mich eine rätselhafte Unruhe, und die Sorge um Rhaen reichte nicht aus, um diese zu erklären. Abgesehen davon, dass die ehemalige SolAb-Agentin den Worten des Obersten Beraters zufolge in keiner unmittelbaren Gefahr schwebte, konnte sie sehr gut auf sich selbst aufpassen. Auch wenn sie sich seit vielen Jahren nicht mehr im aktiven Dienst befand, hatte sie ihre Ausbildung ganz sicher nicht vergessen.

Was also trieb mich um?

Schuldgefühle?, stichelte der Extrasinn spöttisch.

Blödsinn!, dachte ich zornig zurück.

Du kannst dich selbst belügen, Arkonide, ließ sich der Logiksektor nicht beirren, aber nicht mich. Es ist dir unangenehm, eine deiner abgelegten Gespielinnen wiederzusehen.

Sprich nicht in diesem Ton von Rhaen!, wies ich mein zweites Ich mental zurecht. Und bleib bei deiner verdammten Logik. Von Gefühlen verstehst du nichts.

Das ist wahr, flüsterte es in meinem Kopf. Und dafür bin ich dankbar.

Es waren Momente wie diese, in denen ich meinen Extrasinn verfluchte, vor allem, weil er recht hatte. Rhaen und ich waren zwar nicht im Streit auseinandergegangen, aber auch wenn man eine Beziehung in gegenseitigem Einvernehmen beendete, blieb stets ein bitterer Nachgeschmack. Nach unserer Trennung hatten wir noch zwei- oder dreimal per Funk miteinander gesprochen, dann war der Kontakt eingeschlafen.

Wie hatte ich Rhaens Bitte um Hilfe zu interpretieren? Ich war alt genug, um meine Qualitäten als Ritter in schimmernder Rüstung nicht zu unterschätzen, besaß jedoch auch genügend Realitätssinn, um zu wissen, dass ich nicht jeden der zahlreichen in dieser Galaxis lodernden Brände löschen konnte. Meine ehemalige Partnerin würde mich nicht leichtfertig um Unterstützung bitten. Wie hatte es Errehart von Hartwich ausgedrückt? Auf meiner Heimatwelt gehen merkwürdige Dinge vor sich. Das konnte alles und nichts bedeuten, aber wenn eine hochqualifizierte Geheimagentin die Lage als so kritisch einschätzte, dass sie den USO-Kommandeur persönlich um Unterstützung anging, dann war das nichts, was ich einfach ignorieren durfte.

Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich in meiner Kabine und studierte die neusten Lageberichte. Sie trugen allesamt die Kennung von Decaree Farou, jener Frau, mit der ich nun schon seit über zehn Jahren zusammen war, und die mich während meiner Abwesenheit wieder einmal in Quinto-Center vertrat. Manchmal konnte ich kaum glauben, wie schnell diese Zeit vergangen war. Lagen die Ereignisse um die Tyarez und die CAMOUFLAGE tatsächlich schon wieder so lange zurück?