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WIE SAG ICH’S MEINEM MANN?

Über das Zusammenleben mit einer anderen Spezies

Stefanie Luxat

Für meinen Mann Christian,
unsere Tochter Ruby & unseren Schwiegersohn in spe.

Vorab

Hi!

Wie schön, dass du vorhast, dieses Buch zu lesen. Wenn das, was ich mir vorgenommen habe, aufgeht, solltest du damit eine sehr lustige Zeit haben. Ich hatte sie beim Schreiben, Erleben und Zuhören der Geschichten, die ich hier erzähle. Ja, das ist wirklich alles so passiert. Bei uns und bei Freunden.

»Aber ist dir das nicht zu intim, dein Leben in Büchern mit anderen zu teilen?«, werde ich häufiger gefragt. Ich habe vor diesem Buch schon eins über das Thema Heiraten veröffentlicht. Das haben mittlerweile mehrere tausend Menschen zu Hause. Und nein, ich habe es keine Sekunde bereut, weil ich immer wieder höre, wie unsere Geschichten anderen Paaren Mut und viel Spaß machen. Zu wissen, dass man nicht allein in einer bestimmten Situation ist, dass andere Ähnliches erleben, ist doch oft schon sehr beruhigend, nicht wahr? Wenn andere erzählen, wie sie es schaffen, über gewisse Dinge zu lachen statt daran zu verzweifeln – das finde ich sehr inspirierend. Dieses Feedback bekomme ich auch zu den »Wie sag ich’s meinem Mann?«-Kolumnen auf meinem Blog. Immer wieder höre oder lese ich: »Ach Quatsch, das ist ja wie bei uns! Oh wie gut das tut, das zu lesen!« und »Woher kennst du denn meinen Mann so gut? Habt ihr eine Affäre?« Ich liebe solche Kommentare, plus das laute Lachen vor dem Bildschirm, von dem die Leserinnen und Leser erzählen. Oh ja, es melden sich auch Männer zu Wort. Und manchmal ist sogar die Frau der Mann in der Beziehung. Sprich, er ist stilsicher im Dekorieren und sie die größte Häufchenmacherin. Das brachte mich auf die Idee, einen befreundeten Psychologen den sehr lustigen Test »Sind Sie der Mann oder die Frau in Ihrer Beziehung?« für dieses Buch entwickeln zu lassen.

Nur ein paar streng ausgesuchte Experten kommen hier zu Wort. Dieses Buch hat nicht den Anspruch, als ernst zu nehmender Beziehungsratgeber daherzukommen. Es möchte lieber ein Buch für humorvolle Stunden und viele lustige »So geht’s mir auch! Juhu, ich bin nicht allein«-Momente sein. Falls der eine oder andere Expertentipp dann doch hilft – umso besser!

Natürlich werde ich ganz oft gefragt: »Und dein Mann ist mit diesem Buch einverstanden?« Er gehört zu der seltenen Gruppe von Männern, der wichtig ist, was ihren Frauen wichtig ist. »Wenn es dein Traum ist, ein Buch über dieses Thema zu schreiben, Schatz«, sagte er, »dann unterstütze ich dich dabei.« Ja, er ist ein toller Mann. Für mich der beste. Und, ehrlich gesagt, hat er mich ja so kennengelernt. Vor mehr als acht Jahren suchte ich als Redakteurin der Zeitschrift Maxi Single-Männer für einen Artikel. Als ich ihn traf, habe ich ihn mir einfach selbst geangelt und geheiratet – und statt eines Artikels gleich ein ganzes Buch darüber geschrieben.

Mittlerweile leben wir seit acht Jahren in Hamburg zusammen, haben eine frisch geborene Tochter und führen eine basisdemokratische Beziehung – zu, ich würde mal sagen: meinen Gunsten. Weil ich viel über Einrichtungsthemen schreibe, diverse Experten kenne, ein Wohn- und ein Heiratsbuch veröffentlicht habe und über meinen Blog erfolgreich selbst designte Produkte verkaufe, nehme ich dies natürlich als knallhartes Argument, einfach treffsicherer in Fragen Interior Design und Zusammenleben zu sein als mein Mann. Wobei er als Anwalt von Berufs wegen wiederum ein Ass in ausgiebiger Argumentationsführung ist. Und dennoch: ich liebe ihn sehr (soweit ich weiß, er mich auch) und ebenso die Auseinandersetzungen mit ihm. Das sei nur kurz erwähnt, weil mich mal eine Kolumnenleserin fragte, ob es denn soooo schlimm sei, mit meinem Mann zusammenzuwohnen. Sie hatte da, glaube ich, mächtig was falsch verstanden. Einem »Schatz, mach wie du meinst!«-Typen wäre ich längst davongelaufen.

Ich darf zwar ein ganzes Buch mit Geschichten über meinen Mann und Menschen aus unserem Freundeskreis schreiben, aber er bekommt immerhin ein paar Seiten am Ende dieses Buches, bei denen ich keinerlei Mitspracherecht habe. Dass wir zwei ein glückliches Paar sind, dafür gibt es ein Beweisvideo, Darin wird sehr viel gelacht. »Gut so«, sagt Paarberater Michael Mary im Interview: »Solange Sie gemeinsam über Ihre Macken lachen können, brauchen Sie keine Paartherapie!«

So, in diesem Sinne hoffe ich jetzt, dass du oder vielleicht sogar ihr ebenso viel lachen könnt. Vielleicht treffen wir uns ja bald mal persönlich. Ich habe auf meinem Blog eine Seite eingerichtet (www.ohhhmhhh.de/wiesagichsmeinemmann), auf der alle News zu diesem Buch gesammelt werden: wann ich wo auf Buch-Tour bin, was für Events und tolle Verlosungen es gibt und vieles mehr.

Aber jetzt erst mal: Ganz viel Spaß beim Lesen & alles

Liebe,

Steffi

Wer ist eigentlich diese Steffi?

Stefanie Luxat ist Journalistin, Bloggerin und Buchautorin. Als Journalistin hat sie unter anderem den Wohn- und Kreativbereich bei der Zeitschrift Brigitte geleitet, als Design- und Stil-Redakteurin beim Magazin STERN gearbeitet, hat viel über weibliche Gefühle für Frauenzeitschriften wie Allegra, Maxi, Myself, Petra und ELLE geschrieben und genau das macht sie heute als freie Journalistin. Sie beliefert diverse Magazine mit Wohn- und Wohlfühlthemen und hat gerade das Buch Wie aus einer Wohnung ein Zuhause wird veröffentlicht. Ihr Debüt Einfach heiraten! Das Hochzeitsbuch wurde 2013 ein Bestseller und ist bereits in der zweiten Auflage erschienen. Ihren Food- und Designblog Ohhh... Mhhh... (www. ohhhmhhh.de) lesen täglich um die sechstausend Menschen, bei Facebook (facebook.com/ohhhmhhh) folgen dem Blog über 16.000 Fans.

Und hier gibt es das Video zu sehen, das beweist, dass sie und ihr Mann noch nicht kurz vor der Scheidung stehen.

Kolumne eins

Wie schafft man seine nicht so hübschen Möbel raus aus der Wohnung?

Das erste Mal die Wohnung eines Mannes zu betreten, war für mich immer ähnlich spannend wie der erste Sex. Wobei es zu Letzterem selten gekommen ist, wenn Ersteres nicht stimmte. Ich habe mal mit einem Mann sehr gut geküsst, aber als ich bei ihm daheim die orangefarbenen Wände in Wischtechnik sah, war alles vorbei. Für manche sind das vielleicht nur Zimmerwände, mich aber fragten sie: »Ist dir auch sein rotes Barocksofa aufgefallen? Guck mal, wie verkrampft er da drauf sitzt ...«

Ich weiß, das klingt oberflächlich, man kann alles umstreichen, neue Möbel kaufen, sich einigen, aber wie viel Sinn macht es, aufeinander zuzugehen, wenn der eine vom Nord- und der andere vom Südpol losläuft? Da ist man doch ewig unterwegs! Außerdem hat man ja in einem gewissen Alter sein Leben bewusst gestaltet. Wenn die Couch also die Grundeinstellung eines Menschen widerspiegelt – wie groß ist dann die Chance auf gemeinsames Glück einer Lümmelsofabesitzerin mit einem Barocksofaliebhaber?

Jetzt lebe ich seit acht Jahren mit meinem Mann zusammen. Als ich das erste Mal in seine Wohnung kam, dachte ich: Hier könnte ich leben. Er hatte ein »Best-of-Ikea« gepaart mit besonderen Stücken. Bei unserem Zusammenziehen passierte etwas Seltsames: Aus den Kisten krochen Sachen, die mir plötzlich auf dem gemeinsamen Territorium gar nicht mehr gefielen! Eine Freundin riet mir: »Du hast nur eine Chance, es muss alles mit in die Wohnung und dann verschwindet auf seltsame Weise alles Stück für Stück ...«

Mein Mann stand genauso verwundert vor einigen meiner Sachen. »Was sind denn das alles für Döschen, Fläschchen, Kistchen? Bunkerst du für Zeiten, falls es mal keine Dekoartikel mehr gibt? Wie andere Dosenfutter?«

Jedes Möbelstück wurde genau angeschaut, denn es repräsentierte uns jetzt gemeinsam. Man hängt ja keine Schilder daran: »Hässlich, oder? Gehört meinem Mann!«

Mein Mann liebt Frieden. Er streitet sich als Anwalt tagsüber eh schon genug und wie die meisten seiner Spezies führt er gern ein entspanntes Leben ohne große Komplikationen, bis auf den Auf- oder Abstieg seines Fußballvereins. Das machte ich mir gemeinerweise zunutze. Er hatte einen Lesesessel: eine Birnenfigur mit nur drei Beinen, aus Leder. Jedes Mal, wenn ich versuchte, mich auf ihn zu setzen, hing ich zwei Sekunden später auf halb acht. Ich ahnte, dass mein Mann diesen Sessel auch nicht wirklich liebte. Es ging um etwas Schlimmeres: das Prinzip. Wahrscheinlich fürchtete er, irgendwann nackt auf dem Holzfußboden zu sitzen, wenn er immer sofort nachgab.

Ich spürte, Konfrontation würde dieses Ungetüm nicht aus der Wohnung bringen und versuchte es subtiler. Ich setzte mich zur Sportschau in den Sessel: »Ach, dieses Leder ist so rutschig, irgendwie auch so kalt, ich glaub, der wackelt!« Dann: »Du sitzt nie in deinem Sessel.« Und schließlich: »Hättest du nicht auch lieber ein zweites Sofa, auf dem du dich langmachen kannst?«

Zwei Wochen später zog der Sessel aus. Das Friedensangebot – du verlierst den Sessel, aber du gewinnst ein Sofa – war ausschlaggebend. Es hilft ja nichts, in Beziehungen muss man manchmal die Merkel machen: Mundwinkel nach unten, die Hände ins diplomatische Dreieck legen, den Rücken durchdrücken. Und nicht nachgeben. Mal sehen, ob das auch beim nächsten Projekt klappt: Ich möchte den Flur puderfarben streichen. Meine Kollegin Jutta, Innenarchitektin, sagt: »Erzähl ihm doch einfach, das sei beige!« Jutta ist übrigens seit zwei Jahrzehnten verheiratet.

Kommentare

»Ich bin erst vor einigen Monaten mit meinem Freund zusammengezogen und unser größter Streitpunkt war sein hässliches Ungetüm von Marmortisch. Und wenn ich sage Marmortisch, dann meine ich nicht den mit nur der Platte aus Marmor, nein dieser blöde Tisch besteht komplett aus Marmor und ist für einen Couchtisch wirklich extrem riesig. Aber nein, aus Prinzip wollte er sich davon nicht trennen, denn er ist ja soo furchtbar praktisch (geht niemals kaputt und so). Im Endeffekt ist er auf unserm Balkon gelandet und ich warte auf den ersten Frost! Eine Bekannte von mir hat sich nach Zusammenzug ganz furchtbar über die Pflanzen ihres Freundes aufgeregt. Nachdem es nichts gebracht hat, sie mit kochendem Wasser zu gießen, hat sie den Pflanzen einfach die Wurzeln abgeschnitten und dann wieder schön in den Topf gepackt. Als sie dann (endlich) eingegangen sind, hat sie ihren erstaunten Freund wegen des Verlusts seiner Pflanzen sehr bedauert.« Anna-Sophie

»Ich habe meinem Freund zwei hübsche Kisten gekauft, die sehen sogar so gut aus, dass sie auch als Accessoire rumstehen dürfen. Und ich meinte zu ihm, er soll da alles reinpacken, was er behalten will, da rede ich ihm nicht drein. ›Und hier, hier und hier kannst du etwas ausstellen! Und wenn es dir dann langweilig ist, kannst du es einfach mit etwas aus deiner Kiste tauschen!‹ Ist bis jetzt nicht passiert. Der Plan ist aufgegangen!« Sandra

Kolumne zwei

Warum können sich Männer keine zwei Meter etwas merken?

Mein Mann meint es nicht böse, der will nur spielen. Nur leider nicht mit der Frau von der Reinigung, wo unsere Sachen seit Wochen auf Abholung von ihm warten. Die Geschäftsführerin, eine toughe Türkin um die fünfzig, hat alle Kunden bestens im Griff. Außer meinen Mann. Das wird Ärger geben, wenn er da endlich auftaucht. Aber das ist nicht der Grund, warum er es immer und immer wieder vergisst. Obwohl er hoch und heilig jeden Tag aufs Neue schwört, daran zu denken. Aber dann beginnt der Tag, sein Job, er rettet heldenhaft den und den vor dem und dem Problem, hat alles tipptopp im Griff, vergisst nichts. Nach der Arbeit – ach Mensch, ist ja auch schon so spät, die Reinigung schon zu – geht er zum Fußball oder macht sich direkt auf den Heimweg, ab auf die Couch mit dem IPad. Darauf spielt er dann dieses Spiel, wo er eine Farm bewirtschaften muss. Welch Ironie! Die Biokiste, die wir eigentlich einmal die Woche bekommen wollen, hat er bis heute nicht organisiert. Hauptsache, seine digitalen Kühe haben was zu essen. Da kann die analoge ruhig mal hungern!

Vom Prinzip her finde ich seine Einstellung, sich nur um das Akute und Wichtigste zu kümmern und sonst möglichst viel zu tun, woran er Spaß hat und worin er Entspannung findet, ja gut. Das ist eine faszinierende Grundeinstellung, mit der Männer auf die Welt kommen. Ich versuche mir das auch regelmäßig abzuschauen. Anstrengend ist nur, dass er die Dringlichkeit mancher Dinge nicht erkennt beziehungsweise er mich damit in den Wahnsinn treibt, wenn ich das Gefühl habe, ihm wie eine Mutter hinterherzurennen, um ihn an Sachen zu erinnern. Sexy ist das nicht. In solchen Momenten sieht man mehr ein ungezogenes Kleinkind vor sich als den unglaublich heißen Kerl, den man dringend vernaschen will.

Manchmal sage ich zu ihm: »Ach, wärst du doch nur wie O.!«

»Du meinst O., den dessen eigene Putzfrau Pedant genannt hat?«, fragt er dann immer. »Ich meine O., der immer an alles denkt, alles gleich erledigt, alles schön wegräumt, der immer so strukturiert und geordnet ist.«

»Hast du nicht mal gesagt, dass er dich ganz kirre macht mit seinen tausend Untersetzern und dem ständigen Aufgespringe?«

»Natürlich nicht!«

»Und der soll dann sexy und voll der heiße Typ im Bett sein?«

Das Problem am Verheiratetsein mit einem Anwalt oder generell nach mehreren Jahren Beziehung ist: Der andere weiß genau, welche Knöpfchen er drücken muss, damit man an die Decke geht oder einfach aufgibt, weil man weiß, was kommt. Wobei – bei der Präsentation, die ich letzte Woche mit unserem IPad hielt, hätte ich gern vorher gewusst, was kommt. Ich saß in einem schnieken Konferenzraum mit wichtigen Menschen, alles war sehr gediegen und konzentriert, ich zeigte meine Ideen auf dem IPad und plötzlich blinkte quer über die Präsentation eine Nachricht: »Die Kühe brauchen Futter!« Und noch eine: »Sie können Ihre Orangen jetzt ernten!«, »Sie müssen noch ausmisten!« Es ging immer so weiter. Ich hatte keine Ahnung, wie man das ausstellt. Das wusste nur mein Mann. Den ich in dem Moment am liebsten direkt für Bauer sucht Frau angemeldet hätte!

»Ach, aber dein Mann ist so toll und macht so viel für dich!«, sagen meine Freundinnen und Schwestern gern, wenn wir uns treffen und jemand das »Wir haben es alle nicht so einfach«-Lied anstimmt und ich versuche, mitzusingen. Er ist auch wirklich toll und mein größter Unterstützer. Hilft mir bei jedem Projekt, zu jeder Tages- und Nachtzeit, liebt mich bedingungslos und sorgt immer für Essen, inklusive Einkaufen, weil ich das so hasse. Ich tue aber auch viel für ihn. Unsere kompletten Sozialkontakte organisiere ich zum Beispiel. Ich notiere mir alle Geburtstage, auch die seiner Familie und Freunde. Denke an die Geschenke, verabrede uns mit Freunden und der Familie zum Essen. Ich schreibe alle Karten, zum Geburtstag oder aus dem Urlaub. Meine Fake-Unterschrift in seinem Namen sieht mittlerweile besser aus als das Original.

Da kann er ja wohl mal daran denken, bei der Reinigung vorbeizufahren und den Müll mit runterzunehmen. Kann er nicht. Zumindest nicht immer (er sagt, ich solle schreiben, dass er das wohl manchmal sogar ohne Hinweis mache. Is klar, Schatz ...). Die Tür macht also »klack«, er ist zur Arbeit, aber der Müll bleibt hier. Das war das letzte Mal, schwöre ich mir, ich habe keine Lust, mir auch noch seine To-do-Liste zu merken, meine ist schon ellenlang. Also baue ihm abends nach seiner Ankunft zu Hause eine To-do-Liste in lebensechter Größe: einen Erinnerungsaltar vor der Haustür. Eine Art Türsteher, der signalisiert: »Du kommst hier nicht raus ohne das alles, Freundchen!« Die neuen Sachen für die Reinigung hängen auf einem Kleiderbügel an der Türklinke. Daneben der Müllbeutel und das Leergut. Und darüber: ein Zettel, damit auch ja nichts falsch verstanden wird (»Ach Schatz, das vor der Tür sollte ich mitnehmen? Ich dachte, das hast du dir für morgen zurechtgelegt!« Nix da!), mit genauer Adressierung und Aufgabenstellung: »Schatz, bitte nimm diesen Müll mit runter«, »Bring diese Sachen in die Reinigung, hol die alten Sachen ab!«, »Nimm dieses Leergut mit und bring es heute Abend beim Einkaufen weg!« Genau, ich habe es ihm in kurze klare Botschaften verpackt, die er schon kennt und anscheinend ja auch versteht. Aus seinem Lieblingsspiel. Es funktioniert fantastisch. Ich baue an zerstreuten Tagen auch gern mal für mich die Weglaufsperre auf, damit ich am nächsten Tag nichts vergesse. Der einzige Haken ist: spontaner Besuch am Abend. Dann wirds kurz hektisch, dann rufe ich panisch: »Sekunde, ich muss noch kurz den Weg frei machen!«

Kommentare

»Mein frischgebackener Ehemann spricht neuerdings von ›Zielerreichung‹! Wir haben nach der Hochzeit vor vier Wochen vereinbart, dass jeder wöchentlich kleine To-do-Listen bekommt: Auf seiner stand diese Woche: 1. Hemden abholen (was für ein Zufall), 2. Heizung reparieren (steht auf der To-do-Liste seit fünf Wochen), 3. Versicherung anrufen. Er kam gestern freudestrahlend nach Hause (nachdem ich mich wieder fast an der Heizung verbrannt hätte) und sagte mir, er habe diese Woche eine Zielerreichung von 33 Prozent!, er habe nämlich die Hemden abgeholt. Das sei doch großartig und dass ich auch mal stolz sein könnte auf ihn. Dann drehte er am Ehering und sagte, ich würde ja jetzt eh im festen Sattel sitzen (und nicht mehr runterkommen). In diesem Sinne: Es leben die Ehemänner!« Katrin

»Habe meinen Mann gerade beim ›Mais ernten‹ gestört, weil ich ihm von hier vorgelesen habe. Er meinte lachend: ›Da siehst du es, alles ist in Ordnung! Da lebt auch keiner anders als wir!‹ Irgendwie lässt mich das Gefühl, ein Eigentor geschossen zu haben, jetzt nicht mehr los!« Susanne

»Ich musste total schmunzeln, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Denn diese Weglaufsperren kommen mir wahnsinnig bekannt vor. Nur, wenn mein Liebster es mal wieder eilig hat, klettert er einfach über mein Meisterwerk drüber. Weil ich es dann gar nicht einsehe oder es ebenfalls eilig habe, mache ich beim Gehen das Gleiche (jaja), und am Ende schließen wir Wetten ab, wie lange wir den Stapel vor der Tür noch so aushalten. Ach so: an Besuch ist in dieser Zeit natürlich nicht zu denken!« Caro

Kolumne drei

»Schatz, ich bin ein Partypupser. Werde du doch bitte auch einer!«

Heute ist mal nicht mein Mann schuld, heute bin ich es. Wir sind jetzt fast acht Jahre zusammen, drei davon verheiratet. Vor fast acht Jahren, als wir frisch verknallt waren, besuchten wir noch Partys. Wir hätten theoretisch auch zu Hause bleiben können, wir nahmen ja eh kaum jemand anderen wahr. Wir küssten uns fast ohne Unterbrechung, kuschelten unsere Körper wund, schauten uns immer wieder an wie Wunder, waren in unserer eigenen Welt. Von außen drang nur hin und wieder ein »Ey, get a room!« zu uns durch. Wir brauchten keinen Alkohol, waren betrunken vor Liebe. Aber: wir waren immerhin auf einer Party. Wir konnten sagen: Wir waren dabei! Wenn auch nicht mittendrin.

Irgendwann, so nach zwei, drei Jahren, als wir unsere Umwelt wieder wahrnahmen, nicht mehr ununterbrochen aneinanderklebten, wurde ich den Partys kritischer gegenüber. Ich war gerade dreißig geworden. Vielleicht hatte es damit zu tun? Hatte ich schon das Gefühl, alles gesehen und alles gefeiert zu haben? Ich begann, mich auf dem ein oder anderen Fest zu fragen: »Was mache ich hier? Was soll ich hier? Wäre es nicht cooler, sich jetzt ins Bett zu kuscheln und eine Serie zu schauen? Nur: Wie sage ich es meinem Mann?« Ich wurde immer schneller müde, mir fehlte der Antrieb, aus dem Stehgreif einfach so rocken zu können, den so viele unserer Freunde hatten. Ich brauchte dafür irgendwie mehr. Manche wollten sich einfach nur volllaufen lassen und ihre nervige Arbeitswoche und sonstige Probleme ertränken oder wegtanzen. Mir ging es auch unter der Woche gut, ich musste nichts kompensieren. Und wenn, fand ich es absurd, meinen schönen Samstag dafür einem Kater widmen zu müssen.

Genau so sagte ich es meinem Mann. Gott sei Dank hatten wir in unserer Beziehung die »Ich zeig mich nur von der besten Seite«-Phase früh beendet und waren sehr ehrlich miteinander. Also verließ ich die Partys immer öfter vorzeitig, mein Mann kam später nach. Das war unser Kompromiss fürs Erste. Ich wurde zum Partypupser. Und zog meinen Mann ganz langsam Stück für Stück mit in den Abgrund auf die Couch, von der er bald kaum noch aufstehen würde. Ich kochte ihm abends was Leckeres, Schweres. Ich lieh uns Filme aus, die er schon immer sehen wollte. Ich zog schon nachmittags den Jogger an und betonte, wie sexy ich ihn in seiner Trainingshose finde. Ich lobpreiste die Samstag- und Sonntagvormittage, was man da doch alles Tolles machen könnte, wenn man fit war. Es wirkte. Mein Mann hatte früher eine Top-Partykondition. Organisierte mit seinem Mitbewohner spektakuläre Partys, arbeitete während des Studiums in einem Club hinter der Bar, in knappen Höschen, auf Rollschuhen, mit nacktem Oberkörper – Studio 54, knickknack? Dann kam ich. Und machte ihn zum Partypupser in Wollsocken.

In den letzten Jahren haben wir kaum noch Partys gesehen. Es läuft immer nach demselben Schema ab. Wir hören gute Musik, tanzen zum Beispiel samstags beim Aufräumen ein bisschen durch die Wohnung, sagen: »Mensch, wir müssen echt mal wieder tanzen gehen! So richtig bis morgens, mit guter Musik und herrlichen Drinks!« Bestätigen uns gegenseitig, wie cool das doch wäre, und wie durch Zauberhand veranstaltet ein paar Wochen später tatsächlich ein Freund eine Party. Diesen Samstag tat dies zum Beispiel Freund S., der weiß, wie man richtig feiert und gute Partys veranstaltet. Er fand sogar eine Location, die nur fünfhundert Meter von unserer Wohnung entfernt ist. Fünfhundert Meter. Wir freuten uns seit Wochen auf diese Party. Zu unserer Entschuldigung könnte man jetzt anbringen, dass wir tierisch k.o. von unserer Wohnungsrenovierung waren, plötzlich so hoher Schnee lag – aber zählt das als Ausrede? Der größte Fehler war wahrscheinlich, sich für halb acht eine Massage zu buchen. Obwohl, vor lauter Rückenschmerzen vom Renovieren nicht laufen zu können beziehungsweise sich auf die Tanzfläche legen zu wollen – auch keine gute Idee.

Wir kamen also um halb neun irre entspannt von der Massage und dachten, wir machen es wie in alten Partyzeiten und gehen was essen. Früher nannte man das: Grundlage schaffen, für den Alkohol. Wir fühlten uns leider danach, als hätten wir Schlaftabletten geschluckt. Der perfekte Zustand, um auf die Couch zu sinken oder ins Bett zu fallen, aber sich schick zu machen für eine Party? Die Gäste neben uns im Restaurant bekamen unser Gespräch mit, unser abwechselndes »Ich kann nicht mehr, was machen wir bloß?« – »Aber wir wollten doch so gern ...« – »Warum haben wir nur noch keine Kinder? Dann könnten wir jetzt sagen, der Babysitter hat ein Alkoholproblem, das wir jetzt gerade erst aufgedeckt haben, oder eins der Kinder hat sich so versteckt, dass wir es nicht finden können, was auch immer ...«. Unsere Zuhörer fingen an zu lachen und sagten: »Wir dürfen gleich auf die Couch sinken und sind so glücklich darüber!« Da brach der letzte Widerstand und wir gaben auf, landeten im Bett. Und ich wusste, dass ich am nächsten Morgen mit einem schlechten Gewissen aufwachen würde.

Wir haben oft zu Hause Freunde zu Gast oder sind bei Freunden, schnacken bis früh morgens, essen und trinken zusammen, hängen einfach rum, chillen, wie auch immer man das heutzutage nennt. Silvester haben wir sogar getanzt. In Restaurants sind wir oft die Letzten, weil wir da so gern versacken. Wahrscheinlich liegt das Problem darin, dass aus dem früheren »Grundlage schaffen« das eigentliche Event für uns wurde: der Genuss am wirklich guten Essen, nicht nur der schnelle Döner an der Ecke. Dass man langsam eine gute Flasche Wein zu schätzen weiß, ein Dessert statt eines Wodka-O’s? Beziehungsweise zehn Wodka-O’s? Ich weiß, das muss sich nicht widersprechen: gern gut essen und gut feiern können. Nur, wie bekommen die anderen das hin? Sind wir mit Mitte dreißig zu Langweilern mutiert? Mangelt es uns an dem Gefühl, etwas zu verpassen, wenn wir nicht dabei sind? Legen wir zu viel Wert auf gute Gespräche statt angetrunkenen Smalltalk? Wäre es genau andersherum, wenn wir Kinder hätten oder Singles wären, wären wir dankbar, mal wieder rauszukommen, die Tanzfläche zu rocken? Ist es die Uhrzeit? »Ich könnte ja theoretisch noch feiern«, sagt mein Mann gern. Aber wenn wir dann mal auf einer Party sind und nicht in die Gänge kommen, fragt er leise: »Oder wollen wir nach Hause, uns ins Bett kuscheln?« Sätze wie »Boah, krass, sind wir gestern abgestürzt, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie ich nach Hause gekommen bin!«, die sind halt passé. Statt dem Mörderkater finden sich am nächsten Morgen in der Küche eben Krümel vom Dessert vom Abend zuvor. Ein Rest Cheesecake mit Fruchtsoße im Kühlschrank. Das kleine Glück der Partypupser.

Es gibt doch diesen Trend, dass Mitarbeiter statt zum Lunch in die Disco gehen und eine Stunde dort tanzen. Ich finde, das ist eine ausbaufähige Idee für Partypupser. Ich wünsche mir den Tanztee zurück. Das heißt, eigentlich war ich ja noch nie auf einem, werde jetzt aber mal recherchieren, was es da so gibt und wie man es pimpen könnte für den nächsten Geburtstag. Er könnte sonntags Tatort.